Wie erleben Kinder im Grundschulalter den Verlust ihrer durch eine Krebserkrankung verstorbenen Mutter?


Facharbeit (Schule), 2010

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Was bedeutet Trauer?
2.1 Trauer ist Verlust
2.1.1 Trauerphasen nach Verena Kast
2.2 Trauerreaktionen bei Kindern
2.2.1 Unkompliziertes trauern
2.2.2 Kompliziertes trauern z.B. Regression

3. Trauern Kinder anders?
3.1 Faktoren für die Art der Trauer
3.2 Todesverständnis bei Kindern im Alter von 6 bis 10 Jahre

4. Der Verlust in der Kindheit als traumatisches Erlebnis
4.1 Was bedeutet „Trauma"?
4.1.2 Verlust der Mutter als (nicht-) traumatisches Ereignis

5. Methoden und Aufgaben bei der Trauerbegleitung von Kindern
5.1 Trauerbegleitung aus Sicht einer onkologischen Fachschwester .
5.1.1 Interventionen einer effizienten Trauerbegleitung (Selbsthilfegruppe, Trauerfeier, Nachsorge)
5.2 Trauerrituale von Kindern - Bedeutung und Funktion

6. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Tust Du meiner Mama weh?“ fragte mich die 8jährige Anna mit erschrockenen Augen und näherte sich neugierig an das Krankenbett ihrer sich in der Finalphase befindlichen Mutter. „Nein“, erwiderte ich erstaunt und fügte eher wortsuchend hinzu:

„ Ich gebe Deiner Mama eine kleine Spritze, dass sie keine Schmerzen mehr hat!“

Wie eine Einwilligung „ohne Worte“ tritt Anna noch näher ans Bett und schaut zweifelnd und ganz genau zu, als ich ihrer Mutter die Injektion verabreichte.

Diese Situation, vor ungefähr zwei Jahren, machte es zum Anlass, jetzt, im Rahmen der derzeitigen Weiterbildung, mir die Frage zu stellen, wie Kinder, mit der Trauer und dem Sterben ihres geliebten Elternteils umgehen, zurechtkommen; vielmehr wie sie es verarbeiten und wer sie in dieser Lage begleitet.

„Gib'mir Deine Hand- Trauerbegleitung für Kindern“, so sollte ursprünglich der Titel meiner Facharbeit lauten! In meiner Einleitung möchte ich nachträglich eine Begründung dafür abgeben:

Kinder brauchen in dieser extrem schweren Phase ihres Lebens eine emotional sichere Hand, Trauer und Verlust zu verarbeiten!

Erwachsene die sich dieser Situation gewachsen fühlen, sollten dem Kind eine Hand reichen, sie nicht unwissend und alleine lassen und somit einer kindgerechten Trauerbegleitung mehr Beachtung schenken.

In meiner Facharbeit werde ich verschiedene Stationen einer adäquaten und effizienten Trauerbegleitung für Kinder wie Anna, beschreiben, so das auch deren Umfeld, wie z.B. die nächsten Angehörigen, die Kinder in ihrer Art Trauerverarbeitung verstehen und miteinbeziehen.

Der Inhalt meiner Facharbeit entstand nach einer mehrmonatige Literaturrecherche, eigenen Erfahrungen in der Praxis, sowie ein Erfahrungsbericht einer Krankenschwester einer onkologischen Station.

2. Was bedeutet Trauer?

Der Begriff Trauer bezeichnet die durch ein betrübendes Ereignis, namentlich durch den Verlust nahe stehender oder verehrter Personen, oder durch die Erinnerung an solche Verluste verursachte Gemüts stimmung und deren Kundgebung nach außen.

http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Trauer?hl=trauer (16.06.2010)

2.1 Trauer ist Verlust

Der Verlust eines nahen Angehörigen, eines geliebten Menschen stürzt die Menschen in Tiefen und Verzweiflung, die sie vorher oft nicht kannten.

Trauer ist eine ganz normale Reaktion, wenn Erwachsene und Kinder einen nahen Menschen verloren haben. Trauer ist ein Bemühen der Seele, das Geschehene zu begreifen (vgl. Tausch- Flammer &Bickel, 2009, S.46). Die wichtigste Aufgabe von Trauer besteht darin, schwere Verluste zu akzeptieren und das eigene Weltbild der neuen Situation anzupassen. Viele Menschen wollen Verluste nicht wahrhaben. Beim Tod eines geliebten Menschen z.B. verhalten sich manche weiter so, als lebte der Verstorbene noch immer. Sie lassen möglichst alles unverändert, „mumifizieren“ gleichsam den Verstorbenen und stützen so ihre Illusion. Indem man sich häufiger von der Realität überzeugt (auf den Friedhof geht, statt das Bett des Verstorbenen zu beziehen) und sich selbst deutliche Zeichen setzt (indem man etwa die Wohnung der neuen Situation „anpasst“), erleichtert man es sich, den Anschluss zum wirklichen Leben zu finden. Immer mehr Menschen vermeiden es, den Toten noch einmal zu sehen oder gar ihn zu berühren, geschweige denn an seiner Aufbahrung oder Beerdigung aktiv mitzuwirken. Dabei kann ein solcher „letzter Dienst“ den Abschied erleichtern. Manche Hinterbliebenen begeben sich stattdessen lieber auf die Suche nach dem „Schuldigen“ für den Verlust. Dahinter versteckt sich meist der Versuch, das Ereignis nicht zu akzeptieren. Denn wenn es einen „Schuldigen“ gibt, hätte sich das Ganze vermutlich vermeiden lassen und bestünde kein Grund, am weiteren Leben etwas zu ändern.

2.1.1 Trauerphasen nach Verena Kast

Diese Einteilung erfolgt nach Verena Kast und basiert auf Empfehlungen von John Bowlby und Collin Murray Parkes. Diese Theorien rund um den Trauerprozess lehnen sich stark an das Modell der Sterbephasen von Kübler-Ross an und unterscheiden vier Phasen, die meist sukzessive und natürlich nicht streng voneinander getrennt ablaufen.

Erste Phase

Nicht-Wahrhaben-Wollen

Der Verlust wird verleugnet, der oder die Trauernde fühlt sich zumeist empfindungslos und ist oft starr vor Entsetzen: „Es darf nicht wahr sein, ich werde erwachen, das ist nur ein böser Traum!“ Die erste Phase ist meist kurz, sie dauert ein paar Tage bis wenige Wochen.

Zweite Phase

Aufbrechende Emotionen

In der zweiten Phase werden durcheinander Trauer, Wut, Freude, Zorn, Angstgefühle und Ruhelosigkeit erlebt, die oft auch mit Schlafstörungen verbunden sind. Eventuell setzt die Suche nach einem oder mehreren „Schuldigen“ ein (Ärzte, Pflegepersonal ...). Der konkrete Verlauf der Phase hängt stark davon ab, wie die Beziehung zwischen den Hinterbliebenen und dem Verlorenen war, ob zum Beispiel Probleme noch besprochen werden konnten oder ob viel offen geblieben ist.

Starke Schuldgefühle im Zusammenhang mit den Beziehungserfahrungen können bewirken, dass man auf dieser Stufe stehen bleibt. Das Erleben und Zulassen aggressiver Gefühle hilft dem Trauernden dabei, nicht in Depressionen zu versinken. Weil in unserer Gesellschaft Selbstbeherrschung ein hoher Wert ist und abhängig von familiären und gesellschaftlichen Prägungen sogar die Tendenz bestehen kann, Trauer ganz zu verdrängen, bestehen oft große Schwierigkeiten, diese Phase zu bewältigen. Indem die adäquaten Emotionen auch tatsächlich erlebt und zugelassen werden, kann die nächste Trauerphase erreicht werden.

Dritte Phase

Suchen, finden, sich trennen

In der dritten Trauerphase wird der Verlorene unbewusst oder bewusst „gesucht“ - meistens, wo er im gemeinsamen Leben anzutreffen war (in Zimmern, Landschaften, auf Fotos, auch in Träumen oder Phantasien ...). Mit der Wirklichkeit konfrontiert, muss der oder die Trauernde immer wieder lernen, dass sich die Verbindung drastisch verändert hat.

Der Verlorene wird bestenfalls zu einem „inneren Begleiter“, mit dem man durch inneren Dialog eine Beziehung entwickeln kann. Im schlechteren Fall lebt der Trauernde eine Art Pseudoleben mit dem Verlorenen, nichts darf sich ändern, der Trauernde entfremdet sich dem Leben und den Lebenden. Wenn der Verlorene aber zu einer inneren Person wird, die sich weiterentwickeln und verändern kann, wird die nächste Phase der Trauerarbeit erreicht. Besonders hilfreich erweist sich, wenn in dieser Phase des Suchens, des Findens und des Sich-Trennens auch noch ungelöste Probleme mit der verlorenen Person aufgearbeitet werden können. Bisweilen kommt es in der dritten Phase auch zu Wutausbrüchen

Vierte Phase

Neuer Selbst- und Weltbezug

In der vierten Phase ist der Verlust soweit akzeptiert, dass der verlorene Mensch zu einer inneren Figur geworden ist. Lebensmöglichkeiten, die durch die Beziehung erreicht wurden und die zuvor nur innerhalb der Beziehung möglich gewesen sind, können nun zum Teil zu eigenen Möglichkeiten werden. Neue Beziehungen, neue Rollen, neue Verhaltensmöglichkeiten, neue Lebensstile können möglich werden. Dass jede Beziehung vergänglich ist, dass alles Einlassen auf das Leben an den Tod grenzt, wird als Erfahrung integrierbar. Idealerweise kann man sich dann trotz dieses Wissens auf neue Bindungen einlassen, weil man weiß, dass Verluste zu ertragen zwar schwer, aber möglich ist und auch neues Leben in sich birgt (vgl. Kast, 2008).

2.2 Trauerreaktionen bei Kindern

Wie Erwachsene durchlaufen Kinder in ihrer Trauerreaktion mehrere Phasen. Diese Phasen sind kein festes Schema, sondern nur Anhaltspunkte zum Verständnis. Ihr Verlauf wird stark von der Persönlichkeitsstruktur beeinflusst. Kinder zeigen und leben ihre Trauer weniger kontinuierlich als Erwachsene. Das bedeutet, in einem Moment können sie hemmungslos weinen und im nächsten Moment intensiv spielen (vgl. Hirschberg, 2009, S.7).

Trauernde Kinder brechen von Zeit zu Zeit in Tränen aus und jammern; so plötzlich wie der Traueranfall kam, ist er auch schon wieder vorbei, und das Kind spielt fröhlich weiter.

Wenn Kinder sich so widersprüchlich verhalten, denken Erwachsene vorschnell, dann begreifen sie auch nicht den Ernst der Lage und nehmen deshalb die Trauerreaktionen der Kinder nicht ernst. Diese Einstellung kann dazu führen, dass Kinder versuchen, die für sie neuen Gefühle von Schmerz, Wut, Leere Verlassensein und Hoffnungslosigkeit zu unterdrücken. Nach außen funktionieren sie wie gewohnt, so dass die Erwachsenen sich darin bestätigt sehen, Kinder würden den Tod doch ganz schnell wegstecken.

Doch die Sprunghaftigkeit kindlichen Trauerns wirkt als ein natürlicher Schutzmechanismus, der es ihnen nur von Zeit zu Zeit gestattet, Trauer auszudrücken. Sie schützen sich vor Überbeanspruchung. Kinder stolpern in Pfützen der Trauer hinein und springen wieder weiter. Längere Trauerzustände wären eine zu große Bedrohung für ihre sich erst im Aufbau befindende Person (vgl. Ennulat, 2010, S. 59).

Vater und Mutter sind die wichtigsten Bezugspersonen im Leben eines Kindes. Die Besonderheit der Elternbindung führt dazu, dass vor allem jüngere Kinder ihre gesamten Gefühle in ihre engsten Bezugspersonen, die Eltern, investieren. Je jünger das Kind ist, desto intensiver ist diese Bindung, da noch keine Ablösung stattgefunden hat (Furman, 1977, Tonkins & Lambert, 1996).

Bei Trennung und Tod kehren existentielle Ängste zurück, die Bedürfnisse von Kindern nach Sicherheit, Geborgenheit und Liebe sind bis auf das Äußerste bedroht. Was die Folgen des Elternverlusts betrifft, so wird nicht nur im Bezug auf die unmittelbaren Auswirkungen von einem kritischen Ereignis gesprochen, sondern auch im Hinblick auf mittel- und längerfristige Konsequenzen

2.2.1 Unkompliziertes trauern

Wenn die Todesnachricht plötzlich eintritt, löst sie einen Schock aus. Daher ist es wichtig, dass die Todesnachricht in einer ruhigen Situation überbracht wird. Gut ist es, wenn genügend Zeit vorhanden ist, um Schock, Unverständnis und Fragen abzuwarten und auffangen zu können. Kinder sind auf möglichst genaue Informationen angewiesen, da sie ihre Sprachlosigkeit nicht durch Fragerituale überwinden können. Je unerwarteter die Todesnachricht für das Kind eintritt, desto größer ist der Schock. Das Kind erstarrt innerlich und leugnet den Tod. Es zieht sich in sich zurück und versucht so zu leben, als sei nichts geschehen. Dieses Verhalten ist nicht mit Trotz gleichzusetzen, sondern dient der momentanen Entlastung. Im günstigen Fall bestimmt das Kind dadurch selbst, wann und in welchem Maße es sich mit der Todesnachricht konfrontiert (vgl. Hirschberg, 2009, S.7).

2.2.2 Kompliziertes trauern z.B. Regression

Als Regression (lat. regredi-sich zurückziehen) wird ein bestimmtes Verhalten, besonders in belastenden Situationen, bezeichnet, bei dem Menschen auf früher erworbene, besonders kindliche Verhaltensmuster zurückgreifen. Die Phase der Regression im Trauerprozess ist von hoher Emotionalität gekennzeichnet. Dazu gehören weinen, klagen, Wutanfälle, aber auch Scham- und Schuldgefühle. Diese verschiedenen starken Gefühle führen zu einer psychischen Desorganisation.

Bei Kindern, besonders im frühen Schulalter, kommt häufig eine Ursachenpersonalisierung hinzu: Der erlittene Verlust wird auf ein bestimmtes (Fehl)-Verhalten einer anderen oder der eigenen Person zurückgeführt. Das Kind entwickelt folglich Scham- und Schuldgefühle, die es nicht von alleine verbalisieren kann. Wenn sich Kinder in dieser Phase zurückziehen und apathisch wirken, so ist dies im Sinne eines Abwehrmechanismus im Dienst des Ichs zu verstehen. Der Rückzug zeigt an, dass die Seele überbelastet und schonungsbedürftig ist.

Nach Siegmund Freud (1856-1939) gibt es drei verschieden Formen der Regression:

- Vorgänge und Verhaltensabläufe werden auf ein niedrigeres Niveau verschoben: z.B. weinen, jammern.
- Es findet ein Rückzug auf frühere Entwicklungsstufen statt: z.B. Bettnässen oder Verweigerung von Aufnahme fester Nahrung
- Kinder greifen auf archaische Vorstellung- und Denkmuster zurück, in dem sie magische Ansichten vertreten: z.B. „Wenn ich mein Lieblingstier opfere, dann kommt Mama zurück“ (vgl. Hirschberg, 2009, S.8).

Da Vater oder Mutter (im Normalfall) die bedeutungsvollsten Beziehungspartner und die wichtigsten Bezugspunkte im Leben eines Kindes sind, ist der Tod die vernichtendste und tiefgreifendste Verlusterfahrung schlechthin. [...]. Der Tod eines Elternteils ruft im Kind eine existentielle Krise hervor, die neben wirtschaftlichen Einschränkungen und den unmittelbar eintretenden Veränderungen immer auch eine Gefährdung der normalen, gesunden Entwicklung mit sich bringt. (Franz, 2002, S. 119)

3. Trauern Kinder anders?

3.1 Faktoren für die Art der Trauer

Viele Kinder reagieren überhaupt nicht, wenn sie über Trauer reden. Sie führen ihr Leben wie gewöhnlich weiter und zeigen nach außen keine Anzeichen der Betroffenheit. Ihre Handlungen oder Reaktionen müssen uns nicht immer ein genaues Bild über ihre inneren Empfindungen geben. Es ist wichtig, trauern nicht mit weinen zu verbinden. Nicht immer zeigt sich Trauer und Kummer durch Weinen. Kinder verstecken ihre Gefühle oft vor Erwachsenen, manchmal um die Eltern zu schützen. Sie können ihren Kindern helfen, indem sie dafür Verständnis haben, dass sie trauern, aber es jetzt gerade nicht mit Tränen ausdrücken und seine/ihre einzigartige Weise zu trauern akzeptieren. Erwachsene können ein gutes Beispiel für Kinder sein, indem sie ihre eigenen Gefühle ausdrücken. Dem Kind zu vermitteln, das es in Ordnung ist, zu weinen und Gefühle zu zeigen, gibt dem Kind Sicherheit und ermöglicht gemeinsam zu trauern.

Manche Kinder weinen nach dem Tod einer geliebten Person sehr lange nicht, manche weinen vielleicht nach einem Jahr zum ersten Mal. Es ist wichtig zu wissen, dass Trauer verschieden ist und sich auf verschiedenste Weise ausdrücken kann. Vielleicht braucht dieses Kind sehr lange, um die Endgültigkeit des Todes zu realisieren, vielleicht weint es zunächst nicht, weil es die starken Trauergefühle verdrängt, da sie im Moment zu bedrohlich, zu verunsichernd sind, vielleicht ist aber auch das Weinen einfach nicht der Weg dieses Kindes, seine Trauer auszudrücken.

Während Erwachsene und Jugendliche oft über ihre Gefühle, Gedanken und Erfahrungen mit dem Tod sprechen, können oder wollen nicht alle Kinder über ihren Trauerprozess sprechen. Viele sind zu jung oder zu unreif um ihre Gefühle mit passenden Worten auszudrücken. Viele Kinder drücken ihre Gefühle und Gedanken durch Spielen oder andere Aktivitäten aus. Andere werden in sich gekehrt, ärgerlich, aggressiv, störrisch, traurig oder trotzig.

Das wichtigste Kommunikationsmittel der Kinder ist ihr Verhalten. Weil Trauer eine sehr starke, intensive Erfahrung ist, entwickelt sie Energie im Körper. Diese Energie braucht Platz oder einen Weg um sich auszudrücken.

Kinder drücken diese Energie durch Spielen und energiegeladene Aktivitäten wie Laufen oder Schlagen aus, aber auch in ruhigeren Aktivitäten wie Malen, Basteln usw. Obwohl viele Kinder sich nicht mit Worten ausdrücken, kommen ihre Gefühle und Gedanken häufig durch ihr Spiel zum Vorschein. Kinder bemühen sich ihre Welt durch Spielen zu verstehen, es ist ihre Arbeit. Wenn sie zeichnen oder malen, Puppenspiele oder Marionettenspiele veranstalten, sich verkleiden oder im Sand spielen, verarbeiten sie ihre Erfahrungen. www. trauernde - Kinder. de (04.07.2010)

3.2 Todesverständnis bei Kindern im Alter von 6 bis 10 Jahre

Für Kinder im Vorschulalter ist der Tod nach wie vor reversibel: tot sein bedeutet Weggehen, ein Zurückkommen ist möglich. Leben und Tod können jederzeit getauscht werden, Verstorbenen wird das Denk- und Empfindungsvermögen nicht abgesprochen. Ab ungefähr sechs Jahren beginnen Kinder die Bedeutung der Irreversibilität und der Universalität des Todes zu begreifen (Bürgin, Steck & Schwald, 2001). Kinder realisieren, dass zwischen Leben und Tod Unterschiede bestehen. Es entsteht die Einsicht, dass Verstorbene nie mehr zurückkommen. Kinder verstehen, dass es Vorgänge innerhalb des Körpers sind, die den Tod bedingen, nämlich das Aufhören der lebensnotwendigen Körperfunktionen. Als Todesursachen werden vor allem äußere Gründe wie Unfälle oder Gewalt, zum Beispiel als Folge zwischenmenschlicher Beziehungen, angenommen. Ursachen wie Krankheit oder hohes Alter sind schwieriger nachzuvollziehen. Das Kind ist nach wie vor in seinem magischen Denken verhaftet: in dieser Zeit äußern Kinder oft Todes- und Vernichtungswünsche gegenüber anderen Personen.

Diese sind normaler Bestandteil der Entwicklung und entstehen meist aus dem Wunsch heraus, vorübergehend in Ruhe gelassen zu werden oder um einer Situation auszuweichen (vgl. Schweitzer & Niedermann, 2000, S. 111-128). Todeswünsche gegenüber einem Verstorbenen können zu quälenden Schuldgefühlen führen, da ein Kind sich schnell verantwortlich fühlt, wenn wirklich etwas Schlimmes geschieht (Bürgin, 1991, Zeitlin, 2001). Ebenso wird der Tod auch als eine mögliche Bestrafung angenommen, zum Beispiel für „böse“ Menschen. Es sterben auch die bösen vor den guten Menschen.

Als Marie Nagy in ihrer klassischen Studie von 1948 378 Kinder im Alter zwischen 3 und 10 Jahren untersuchte, fand sie „ dass die Kinder jünger als 5 Jahre noch nicht erkennen, dass der Tod unumkehrbar und definitiv ist. In den Gesprächen, Aufsätzen und Zeichnungen der Kinder zwischen 6 und 9 Jahren fand Nagy, dass ein Merkmal der Todes vor Stellung von Kindern, in dieser Gruppe besonders ausgeprägt ist:

Die Kinder personifizieren den Tod. Die Annahme, dass der Tod äußerlich verursacht werde, geht einher mit der Idee, der Tod sei nur eine bedrohliche Eventualität, der man entkommen könne. Zu der Einsicht, dass der Tod irreversibles und universelles Faktum ist, also jeden, auch sie selbst, ereilen wird, gelangen Kinder dann zwischen 9 und 11 Jahren.“

Schon ab diesem Alter entspricht das Todeskonzept von Kindern also weitgehend demjenigen von Erwachsenen. Schon mit Alter um 10 Jahre entwickeln Kinder ein „erwachsenes Todeskonzept“, indem sie die Irreversibilität und Universalität des Todes anerkennen. Davor disponieren alterstypische Todeskonzepte sie zu jeweils alterstypischen Ängsten. Deren Berücksichtigung erleichtert Eltern und Angehörigen die altersangemessene Auseinandersetzung mit dem Kind über den Tod. Indem Eltern und Angehörige eine fragende und nicht-wertende Haltung dem Kind gegenüber einnehmen, erleichtern sie ferner nicht nur sich selbst das Gespräch mit dem Kind - indem sie den Anspruch ablegen, Experten für unbeantwortbare Fragen zu sein, stattdessen eigenes Nicht-Wissen zugeben und dem Kind die Wahrheit sagen -; sie helfen damit auch dem Kind, seine spezifischen Ängste im Gespräch besser ausdrücken und hierdurch bewältigen zu lernen. www.psychologie- psychotherapie.ch (03.08.2010)

4. Der Verlust in der Kindheit als traumatisches Erlebnis

4.1 Was bedeutet „Trauma”?

Der Begriff „Trauma“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „Wunde“. Nach psychologischem Verständnis entsteht ein Trauma in Folge eines extremen, bedrohlichen Ereignisses, welches die Bewältigungsmöglichkeiten der betroffenen Person überfordert und somit seelische Verletzungen verursacht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt den Begriff „Trauma“ als „ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“ (vgl. Drumm, 2007, Facharbeit).

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Wie erleben Kinder im Grundschulalter den Verlust ihrer durch eine Krebserkrankung verstorbenen Mutter?
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Bildungszentrum für Kompetenzentwicklung im Gesundheitswesen Weiterbildungslehrgang für die Pflege in der Onkologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
26
Katalognummer
V165642
ISBN (eBook)
9783640825271
ISBN (Buch)
9783640825653
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kinder, grundschulalter, verlust, krebserkrankung, mutter
Arbeit zitieren
Nicole Ketter (Autor:in), 2010, Wie erleben Kinder im Grundschulalter den Verlust ihrer durch eine Krebserkrankung verstorbenen Mutter?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165642

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