„Fremd ist der Fremde nur in der Fremde“1. Dies waren Karl Valentins Worte im Jahr 1940. Doch was sagt das Adjektiv ‚fremd’ eigentlich über einen Menschen aus? Zuerst einmal kommt ein Fremder geographisch gesehen aus einer anderen Region, einem anderen Staat oder Wohnraum, weshalb sich die kulturellen Prägungen grundlegend voneinander unterscheiden. Der Fremde ist somit ein Ausländer, der nicht an die Sitten und Bräuche des anderen Landes, in dem er sich befindet, gewöhnt ist.
Die folgende Arbeit setzt sich mit dem Bild des Fremden und dem damit einhergehenden Charakteristikum des Barbarischen auseinander. Im Mittelpunkt steht hierbei die Figur Medeas als Fremde in Korinth in den Werken von Franz Grillparzer und Christa Wolf. Ist es für die Kolcherin überhaupt möglich, sich in das festgesetzte Bild der Griechen zu integrieren? Oder ist sie von Beginn an untrennbar mit dem negativen Bild einer Barbarin verknüpft und ihr Schicksal damit unausweichlich?
Wolf geht jedoch im Gegensatz zu Grillparzer noch einen Schritt weiter. Sie macht das Vorgehen Medeas nicht nur für das Publikum verständlich, sondern inszeniert die Griechen als eigentliche Mörder, die Medea als Sündenbock nutzen, um ihre eigenen Taten zu verschleiern. Welche Rolle spielt bei dieser Version des Dramas das Zusammenspiel zwischen Fremdheit und Barbarentum? Und wie wird das Bild der Griechen, die den Fremden als Barbaren prägten, ins Gegenteil verkehrt? In dieser Hinsicht spielt auch die Entwicklung der Figur Medeas in den beiden Dramen eine entscheidende Rolle, auf die im Laufe dieser Arbeit ebenfalls näher eingegangen werden soll. Darüber hinaus soll geklärt werden, ob am Ende von Grillparzers und Wolfs Drama die Kolcher oder Korinther das Barbarische verkörpern oder ob vielmehr die barbarischen Eigenschaften in die Entwicklung beider Völker miteinfließen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Begriff „Barbar“ in Griechenland
- Grillparzers Trilogie
- Der Gastfreund - die Argonauten - Medea
- Medea in Korinth
- Das Beispiel der Leier
- Die Ehefrau Medea
- Mord und Psychologisierung
- Die Entwicklung Medeas
- Medeas Rache: Der Kindermord
- Christa Wolfs Medea. Stimmen
- Medeas Emigration nach Korinth
- Medeas Verhalten als Grundstein ihres Untergangs
- Kulturelle Unterschiede der Kolcher und Korinther
- Medeas langsamer Untergang
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Figur der Medea als Fremde in Korinth in den Werken von Franz Grillparzer und Christa Wolf und beleuchtet dabei das Konzept des Barbarischen in Bezug auf die Begegnung von unterschiedlichen Kulturen. Die Arbeit analysiert, wie Medea als Fremde in die griechische Gesellschaft eingebunden wird und inwieweit ihr Schicksal von vorgegebenen Konventionen und Stereotypen beeinflusst wird.
- Das Bild des Fremden und des Barbarischen in der Antike
- Die Darstellung der Figur Medea in den Dramen von Grillparzer und Wolf
- Die Rolle von Kultur und Sprache in der Konstruktion von Fremdheit
- Die Psychologisierung der Figur Medea und die Frage nach Schuld und Verantwortung
- Die Konfrontation verschiedener Lebensentwürfe und Denkweisen in den Dramen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt den Leser in das Thema der Arbeit ein und stellt die Relevanz des Begriffs „fremd“ sowie die problematische Geschichte der Bezeichnung „Barbar“ dar. Im zweiten Kapitel wird der Begriff „Barbar“ in Griechenland untersucht und seine Entwicklung vom neutralen Begriff für den Fremden zu einer negativen Zuschreibung erläutert. Kapitel 3 beleuchtet Grillparzers Trilogie „Das goldene Vließ“ und fokussiert auf die Darstellung der Figur Medea, die hier psychologisiert wird und als Opfer der Umstände dargestellt wird.
Das Kapitel über Christa Wolfs „Medea. Stimmen“ befasst sich mit der Darstellung der Figur Medea als tragische Persönlichkeit, die aufgrund von Intrigen und Vorurteilen ihrer Umgebung zunehmend an Einfluss verliert. Die Kapitel 5, 6 und 7 untersuchen Medeas Emigration nach Korinth, ihr Verhalten als Ursache ihres Untergangs und die kulturellen Unterschiede zwischen Kolchern und Korinthern.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Fremdheit, Barbarentum, Kultur und Sprache, Psychologisierung, Schuld und Verantwortung, sowie den Dramen von Franz Grillparzer und Christa Wolf, die als zentrale Quellen dienen. Die Analyse konzentriert sich auf die Figur der Medea und ihre Entwicklung in den beiden Werken.
- Quote paper
- Rebecca Schwarz (Author), 2010, Die Figur Medea in den Werken von Grillparzer und Wolf, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165778