Alfred Döblin arbeitete an seinem Südamerika-Werk während dem Exil in Paris in den Jahren 1935 und 1937. Durch das Berufsverbot seine ärztliche Tätigkeit weiter auszuüben, wird automatisch das Schreiben zu seiner Hauptbeschäftigung und einziger Einnahmequelle. Döblin selbst sah sein Werk stets als Trilogie. Doch unterschiedliche editorische Eingriffe in das Gesamtwerk „Amazonas“ führten dazu, dass die zusammenhängenden Bücher auseinandergerissen wurden und somit die Kernaussage Döblins schwer zu erfassen war. Dies kann aber nicht allein der Grund gewesen sein, weshalb Döblins Amazonas-Trilogie, sowohl von der zeitgenössischen als auch der gegenwärtigen Forschung, weitestgehend gemieden oder vernachlässigt wurde. Die existierenden Rezensionen sind wissenschaftlich kaum verwertbar, da sie entweder ideologischen Inhalts sind oder sich ausschließlich mit der im Roman dargestellten Religion und Döblins damit einhergehenden Konversion zum Christentum beschäftigen. Ein weiterer Grund für das Schattendasein des Südamerika-Werkes wird wohl auch Döblins frühe Annahme der französischen Staatsbürgerschaft gewesen sein, welche die deutsche Bevölkerung seiner Person gegenüber nicht gerade positiv stimmte. Hinzu kommt die Kritik an seinem „unüberlegtem“ Schreibstil und der teilweise fehlerhaften historischen Recherche. Alles in allem gelingt es dem Roman nie aus dem Schatten von Döblins wohl bekanntestem Werk „Berlin Alexanderplatz“ herauszutreten.
Angesichts des Umfangs des Werkes und seiner Vielschichtigkeit, erhebt die folgende Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das zu bearbeitende Gebiet musste also stark eingegrenzt werden und beschränkt sich hier größtenteils auf das zweite Buch „Der blaue Tiger“, in dem ich versuche anhand des Textes und des Erzählstils Kritik an totalitären Machtstaaten nachzuweisen. Da sich Döblin in großen Passagen dem Schicksal der Jesuitenrepubliken und ihrer Entwicklung zuwendet, eignen sich jene am Besten zur genauen Erörterung des Themas.
Ungewöhnlich erscheint zunächst Döblins Themenwahl: im französischen Exil schreibt er von Exotik, Fremdheit und christlicher Missionierung. Die „Vielsträngigkeit der Handlung“ , das sich nicht festlegen auf eine einzige Epoche oder einen bestimmten geographischen Handlungsort, lässt erkennen, dass Döblin in seiner Trilogie thematisch weit über das Gebiet des Amazonasflusses hinausgeht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Döblins Amazonas-Trilogie als Exilroman
- Darstellung einzelner Machtstaaten in „Der blaue Tiger“
- Europa
- Die Siedler und Indios
- Die Reduktionen
- Bischof Felix
- Der Unentschlossene
- Kritik des Bischofs an den Jesuiten
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Alfred Döblins Amazonas-Trilogie, insbesondere das zweite Buch "Der blaue Tiger", mit dem Ziel, die Kritik an totalitären Machtstaaten herauszuarbeiten, die in Döblins Darstellung der Jesuitenrepubliken im Amazonasgebiet zum Ausdruck kommt.
- Die Darstellung der Machtstrukturen im Europa des 16. Jahrhunderts und die Kritik an der europäischen Eroberung Südamerikas
- Die Gegenüberstellung von Siedlern und Indios sowie die Analyse des Verhältnisses zwischen Natur und Zivilisation
- Die Jesuitenrepubliken als alternative Gesellschaftsmodelle und ihre Kritik an totalitären Strukturen und Unterdrückung
- Die Rolle des Bischofs von Assomption als Vertreter einer humanistisch-ästhetischen Lebenshaltung und seiner Kritik an den Jesuitenrepubliken
- Döblins zeitkritische Reflexionen und die Verbindung der historischen Erzählung mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Problemen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein, stellt Alfred Döblins Amazonas-Trilogie vor und erläutert den Forschungsstand zu dem Werk. Sie stellt auch die zentrale Forschungsfrage der Arbeit vor, nämlich die Analyse der Kritik an totalitären Machtstaaten in Döblins Roman.
- Döblins Amazonas-Trilogie als Exilroman: Dieses Kapitel untersucht die Amazonas-Trilogie als Exilroman und zeigt, wie Döblins eigene Erfahrungen im französischen Exil die Thematik und den Erzählstil des Romans prägen.
- Darstellung einzelner Machtstaaten in „Der blaue Tiger": Dieses Kapitel analysiert die Darstellung von Machtstrukturen in "Der blaue Tiger" und beleuchtet die Kritik an Europa, den Siedlern und den Indios. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Darstellung der Jesuitenrepubliken und ihrer Entwicklung.
- Bischof Felix: Dieses Kapitel fokussiert auf die Figur des Bischofs von Assomption und analysiert seine Rolle als Kritiker der Jesuitenrepubliken sowie sein persönliches Verhältnis zu den Indios.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Fokusthemen der Arbeit sind: Alfred Döblin, Amazonas-Trilogie, Exilroman, Jesuitenrepubliken, totalitäre Machtstaaten, Kritik, Südamerika, Geschichte, Zivilisation, Natur, Indios, Europäer, Bischof von Assomption, Zeitkritik.
- Citation du texte
- Jacqueline Turpel (Auteur), 2009, Die Jesuitenrepubliken als Kritik an totalitären Machtstaaten in Döblins Amazonas Trilogie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165803