„Citius, altius, fortius“ oder im Deutschen „schneller, höher, stärker“ – dieser Leitspruch des französischen Barons Pierre de Coubertin aus dem Jahr 1891 drückt den Grundgedanken der modernen Olympischen Spiele aus und ist auch noch heute nach wie vor Leitbegriff für die Olympische Bewegung. Diese Komparative standen zum Ende des 19. Jahrhunderts in engem Zusammenhang mit dem allgemeinen sozialen, wirtschaftlichen und kolonialistischen Rekord- und Expansionsstreben der führenden Industriestaaten und sollten in der Folgezeit eben auch für die Sport- und Olympia-Bewegung des 20. und 21. Jahrhunderts zum Grundsatz werden.
Die modernen Olympischen Spiele sind in den vergangenen 114 Jahren zu einem fest etablierten Bestandteil des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens geworden. Für die Völkerverständigung und Annäherung der unterschiedlichsten Kulturen haben die Olympischen Spiele eine große Bedeutung erlangt. Die Olympische Bewegung expandierte vor allem seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in rasantem Ausmaß, was sich auf Teilnehmer, Zuschauer, Wettbewerbe, Medieninteresse sowie auch die sportliche Leistung bezieht. Die Olympischen Spiele erlebten vor allem durch die Medialisierung der Gesellschaft einen erheblichen Aufstieg und haben inzwischen eine enorme kulturelle, soziale sowie wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Bei den insgesamt 46. Olympischen Spielen und 29. Sommer-Spielen im Jahr 2008 in Peking nahmen 11.126 Sportler aus 204 Nationen an insgesamt 302 Wettbewerben in 28 Sportarten teil. Weltweit verfolgten das Ereignis etwa 4,7 Milliarden Zuschauer im Fernsehen, was rund 70 Prozent der Weltbevölkerung entspricht. Die Einnahmen des Internationalen Olympischen Komitees aus Fernsehrechten und Sponsorengeldern betrugen für die Spiele im Jahr 2008 rund drei Milliarden Euro .
Die Olympischen Spiele hatten zudem einen entscheidenden Einfluss auf die „Versportlichung“ der Gesellschaft im 20. Jahrhundert. Die Expansion der Olympischen Spiele bewirkte einen weltweiten „Sport-Boom“, der vor allem seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Industriestaaten zu verzeichnen ist. Dies bezieht sich sowohl auf den Aktivensport, als auch auf den Zuschauersport. Hierbei hat die Entwicklung der Olympischen Spiele einen entscheidenden Anteil. Darüber hinaus hatten die Olympischen Spiele seit jeher große politische Bedeutung. Bereits die Entstehungsgeschichte der ersten Olympischen Spiele war von erheblichen politischen Widerständen geprägt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Themeneinführung
- 1.2 Inhalt und Untersuchungsziele
- 2. Pierre de Coubertins Olympische Idee
- 2.1 Bedeutung der ersten Olympischen Spiele
- 2.2 Ziele der Olympischen Idee
- 2.3 Deutschlands Bedeutung in der Entstehungsgeschichte der Olympischen Idee
- 3. Willibald Gebhardt und seine Bedeutung für die deutsche Olympia-Beteiligung
- 3.1 Biographie Gebhardts
- 3.2 Gebhardts Engagement für eine Olympia-Beteiligung Deutschlands
- 3.3 Gründung des deutschen Olympia-Komitees
- 4. Einladung Deutschlands zu den Olympischen Spielen
- 4.1 Der olympische Kongress in der Sorbonne
- 4.2 Sport-politische Differenzen als Folge des Deutsch-Französischen Krieges
- 4.3 Coubertins Zwiespalt zwischen nationalen Interessen und Olympischer Idee
- 4.4 Die ,,Gil-Blas-Affäre“
- 5. Innerdeutscher Konflikt um die Beteiligung Deutschlands
- 5.1 Reaktion der Deutschen Turnerschaft
- 5.2 Reaktion von Zentralausschuss und Sportbund
- 5.3 Konflikt zwischen Turnen und Sport
- 5.4 Reaktion der deutschen Politik
- 5.5 Reaktion der deutschen Bevölkerung
- 5.6 Absage der oppositionellen Sportverbände
- 6. Maßnahmen des deutschen Komitees zugunsten einer Olympia-Beteiligung
- 6.1 Innerdeutsche Diplomatiebestrebungen des deutschen Komitees
- 6.2 Kontakte zu Coubertin
- 6.3 Diplomatische Beziehungen zum griechischen Organisationskomitee
- 6.4 Vermittlungsbestrebungen mit Frankreich
- 7. Die Aufstellung einer deutschen „Achtungsvertretung“
- 7.1 Gewinnung einer Turnmannschaft
- 7.2 Protest der Deutschen Turnerschaft und Gegenströmungen
- 7.3 Vorbereitungen der deutschen Olympia-Mannschaft
- 7.4 Das Abschneiden Deutschlands
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Master-Thesis untersucht die Vorgeschichte der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit und konzentriert sich auf die deutsche Beteiligung im Zeitraum von 1894 bis 1896. Die Arbeit analysiert die politischen Hintergründe des deutschen Olympia-Konflikts, die Positionen Deutschlands und Frankreichs sowie die Gründe für die vorläufige Absage Deutschlands. Sie beleuchtet die Reaktionen Deutschlands auf Coubertins Olympische Idee und die Herausforderungen, die die Teilnahme Deutschlands zu scheitern drohten. Abschließend wird untersucht, wie die Teilnahme Deutschlands letztendlich doch durchgesetzt werden konnte.
- Die Olympische Idee von Pierre de Coubertin und ihre Rezeption in Deutschland
- Der innerdeutsche Konflikt um die Olympia-Beteiligung
- Die Rolle des Deutschen Olympia-Komitees und der „Achtungsvertretung“
- Die politische Dimension des deutschen Olympia-Konflikts
- Die Bedeutung des Deutsch-Französischen Krieges für die deutsche Olympia-Beteiligung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einführung in das Thema und die Ziele der Arbeit. Es beleuchtet die historische Bedeutung der Olympischen Spiele und ihren Einfluss auf die Gesellschaft im 20. Jahrhundert. Kapitel zwei skizziert Coubertins Olympische Idee und ihre Rezeption in Deutschland. Kapitel drei widmet sich der Persönlichkeit und dem Engagement von Willibald Gebhardt, der maßgeblich an der Organisation der deutschen Olympia-Beteiligung beteiligt war. Das vierte Kapitel untersucht die Einladung Deutschlands zu den Olympischen Spielen und die damit verbundenen politischen Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich. Kapitel fünf analysiert den innerdeutschen Konflikt um die Olympia-Beteiligung und die verschiedenen Positionen der beteiligten Organisationen und Personen. Das sechste Kapitel beleuchtet die diplomatischen Bemühungen des deutschen Komitees zur Durchsetzung der deutschen Teilnahme. Schließlich widmet sich Kapitel sieben der Aufstellung der deutschen „Achtungsvertretung“ und dem Abschneiden der deutschen Athleten bei den ersten Olympischen Spielen.
Schlüsselwörter
Olympische Spiele, Pierre de Coubertin, Willibald Gebhardt, Deutschland, Frankreich, Sportgeschichte, Politik, Nationalismus, Turnen, Olympia-Konflikt, Achtungsvertretung, Deutsch-Französischer Krieg
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- Master of Arts Christian Werth (Author), 2010, Zur Beteiligung Deutschlands an den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165858