Wie die Babenberger Herzöge von Österreich wurden

Eine systematische Betrachtung zum Aufstieg einer Dynastie


Hausarbeit, 2011

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einführung

2. Der Aufstieg der Babenberger
2.1. Herkunft und Macherhalt bis Mitte des 12. Jahrhunderts
2.2. Die Nachfolge Leopolds III. und der Streit um Bayern

3. Das Privilegium minus
3.1. Die Einigung und der Verzicht auf das Herzogtum Bayern
3.2. Inhalte und Auslegung des Privilegium minus

4. Schlussbetrachtung

5. Literatur

6. Quellen

1. Einführung

Im Jahr 1156 wird an Mariä Geburt in Regensburg ein Babenberger zum Herzog von Österreich. Dies ist der bedeutende Moment, in dem Österreich zu einem eigenständigen Territorium wird. Möglich wurde dies durch den Aufstieg einer Dynastie, die stets besonders bedacht war, ihr Ansehen und ihre Macht auszuweiten – die Babenberger. Innerhalb von nur 200 Jahren schaffte es diese Dynastie ihren Besitz eines unbestimmten Gebiets in Südbayern auf das Herzogtum Bayern auszuweiten. In der vorliegenden Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, wie dies den Babenbergern möglich wurde und warum sie sich 1156 zum ersten Mal mit einer Verkleinerung ihrer Besitztümer zufrieden gaben.

Dazu soll zunächst die Herkunft der Dynastie betrachtet sowie deren Aufstieg bis Mitte des 12. Jahrhunderts nachgezeichnet werden. Hierbei werden auch die genalogischen Verknüpfungen des Aufstieges deutlich gemacht. Anschließend beschäftigt sich die Arbeit mit dem Streit um Bayern in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, um dann eine genauere Analyse der Lösung, des Privilegium minus, welches die oben beschriebene Landeswerdung Österreichs besiegelte, durchzuführen. Das Ergebnis der Analyse wird es ermöglichen, das Handeln des babenbergischen Herzogs im Jahr 1156 nachzuvollziehen.

Die Argumente der vorliegenden Arbeit fußen neben einem breiten Spektrum an Fachliteratur, auch auf relevanten Urkunden und Chroniken. Besonders sind dabei die Werke von Karl Lechner „Markgrafen und Herzöge von Österreich 976 – 1246“[1], Heinrich Appelt„Privilegium minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich“[2] aber auch die Primärquellen „Ottonisepiscopifrisingensischronicasivehistoria de duabuscivitatibus“[3] sowie „Ottonis et RahewinigestaFriderici I. Imperatoris“[4] des Otto von Freising, einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber seiner Zeit und selbst Sohn eines babenbergischen Markgrafen, hervorzuheben. Weiterhin muss hier das Privilegium minus als Quelle selbst aufgeführt werden[5].

Das Thema um die Babenberger und vor allem das Privilegium minus hat die Forschung Jahrzehnte, gar Jahrhunderte beschäftigt. Dabei ging es vor allem um den Nachweis der Echtheit oder der Fälschung des Privilegium minus, wobei es hauptsächlich um die Abgrenzung des Privilegium minus vom Privilegium maius ging. Letzteres war eine gefälschte Erweiterung des Ersten durch Rudolf IV. Trotz der frühen Erkenntnis des Petrarca, der von Karl IV. den Auftrag erhalten hatte, die Echtheit des Maius zu überprüfen, dass es dieses eine Fälschung sei, hielt sich der Glaube an ein echtes Dokument bis Anfang des 19. Jahrhunderts. Erst Wilhelm Wattenbach wies erstmalshistorisch fundiert im Jahr 1852 die Echtheit des Privilegium minus in seiner Abtrennung zum Privilegium maius nach[6]. Es folgten zahlreiche Abhandlungen über eine mögliche Interpolation des Privilegium minus, u.a. von Ottokar Lorenz, Julius von Ficker, Wilhelm Erben,Harold Steinacker oder dem Rechtshistoriker Heinrich Brunner. Schließlich widerlegte Konrad Josef Heilig die Interpolationsthese im Jahre 1944 endgültig[7]. Sodann entstand 1955 das Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger unter Mitwirken von Heinrich Fichtenau und Erich Zöllner. Aus dieser Arbeit ging dann 1958 auch Fichtenaus Werk „Von der Mark zum Herzogtum. Grundlagen und Sinn des Privilegium Minus für Österreich“[8] hervor, auf welches auch in der vorliegenden Arbeit aufgebaut wird. Zum 1000-jährigen Jubiläum des Privilegium minus erschien dann auch die oben genannten Werke Karl Lechners und Heinrich Appelts sowie einer Abhandlung zur Ausstellung über die Babenberger[9], an der Erich Zöllner maßgeblich mitwirkte. All diese Werke untermauern noch einmal die Echtheit des Privilegium minus und erweitern die Argumente Heiligs in formalen, also auch diplomatischen Sinne.

In ihrer Gesamtheit fordert die vorliegende Arbeit im qualitativen und quantitativen Rahmen der Vorgaben nicht, über das bisher erforschte hinauszugehen, ferner erhebt sie jedoch den Anspruch auf Eigenständigkeit ihrer Argumentationsstruktur und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen.

2. Der Aufstieg der Babenberger

2.1. Herkunft und Macherhalt bis Mitte des 12. Jahrhunderts

Bereits im 12. Jahrhundert leitet Otto von Freising[10] die Abstammung der österreichischen Markgrafen ab. Er ist ferner derjenige, welcher der Dynastie den Namen der Babenberger verlieh, wobei sich ihre Angehörigen nie selbst mit diesem dynastischen Titel geschmückt haben[11]. Folgt man Freising, so leitet sich der Name von jenem Geschlecht ab, das seinen Hauptsitz auf dem Domberg zu Bamberg[12] hatte. Er schließt dabei auf eine Verwandtschaft des im 11. Jahrhundert lebenden und seiner väterlichen Linie entstammenden Markgrafen Adalbert (1018-1055) mit dem 906 hingerichteten fränkischen Popponen-Grafen[13] Adalbert[14].

Geschichtsschreiber der Moderne ziehen jedoch nicht Adalbert als Ahnenherr der Babenberger heran, sondern den MarchioLiutpoldus[15], welcher vom römisch-deutschen Kaiser Otto II. 976 die marchiaOsterriche[16] erhielt, nachdem diese dem Markgrafen Burchard verlustig erklärt wurde, weil derselbige sich 974 gemeinsam mit Heinrich dem Zänker, Herzog von Bayern, gegen den Kaiser erhoben und diesem unterlegen hatte[17]. Dies widerspricht Freisings Darstellung zumindest teilweise. Die Namen Adalbert, Poppo und Heinrich tauchen zwar häufig im Geschlecht der Popponen sowie der Babenberger auf, der Name Luitpold[18], zweifelsfrei der populärste Name der Babenberger, findet sich jedoch nicht in den Ahnenreihen der Popponen wieder[19]. Karl Lechner schließt daher eine direkte Herleitung der österreichischen Markgrafen von den ostfränkischen Babenbergern im Mannesstamm aus[20]. Gleichsam hält er eine Verschwägerung nicht für unwahrscheinlich. Dies würde auch die Wiederkehr der Namen erklären, insbesondere tauchen diese bei den Söhnen Luitbolds I. auf, z.B. Heinrich, Poppo, oder Adalbert. Verfolgt man die Argumentation der Namensgebung, so stößt man auf die Nähe zu den Luitpoldingern oder Arnulfingern, bei denen sich nicht nur der Name Luitipold, sondern auch der bei den Babenbergern wiederauftauchende Name Berthold, sowie die Frauennamen Judith und Kunigunde finden lassen[21]. Johannes Aventinus, Historiker und Hofhistoriograph im 15. Jahrhundert, vermutete in seinen Annalen der bayrischen Herzoge als erster eine Verbindung der Babenberger mit den Luitpoldingern, indem er als Vater Luitpolds I. den Herzog Eberhard, als Großvater Herzog Anrulf und als Urgroßvater den 907 erschlagenen Markgrafen Luitpold aufführte[22]. Dies kann zwar nicht in der Form nachgewiesen werden, aber auch Erich Zöllner spricht sich für eine Familienverbindung zwischen Luitpoldingern und Popponen als Ahnen der Babenberger aus[23]. Die genaue Genealogie ist jedoch unbekannt.

Luitpold I. erlag wahrscheinlich 994 einem Mordanschlag in Würzburg und es folgte sein Sohn Heinrich I., einer seiner Brüder, Ernst, wurde kurzzeitig Herzog von Schwaben. Die schwäbische Nebenlinie der Babenberger erlosch jedoch bereits 1038 mit dem Tod seines zweiten Sohns Hermann[24]. In den Folgegenerationen konnten die Babenberger ihren Einflussbereich weiter ausbauen, auch wenn es für die schwäbische Nebenlinie Rückschläge gab, als sich Ernst, der Enkel des Luitpold I. gegen den Kaiser Konrad II. erhob und erlag. So konnte die österreichische Linie unter Ernst (1055-1075), Sohn des Adalberts, ihren Machtbereich über die Mark Österreich hinaus auf die Neumark und Böhmische Mark ausweiten. Luitpold II. (1075-1095), der Sohn Ernsts, konnte die Besitztümer nicht ausweiten. Im Investiturstreit[25] unterlag der auf päpstlicher Seite kämpfende Luitpold II. 1082 dem kaisertreuen Herzog Wratislav von Böhmen und musste sich dem Kaiser unterwerfen konnte aber gleichsam den Besitz der Mark Österreich behaupten[26].

Als sein Sohn Leopold III. die Mark Österreich 1095 übernahm, schien dieser aus dem Schicksaal des Vaters gelernt zu haben und versuchte „ nicht anvorderster Front mitzukämpfen und flexibel, manchmal auch opportunistisch zu sein“[27].Deutlich wurde dies auch in der Auseinandersetzung Kaiser Heinrichs IV. mit seinem Sohn Heinrich V.Ersterem konnten seine Erfolge im Reich wohl keine Befriedigung bringen, sodass er sich in immer neue Konflikte stürzte– am Ende sogar gegen seinen eigenen Sohn Heinrich V.[28], mit dem er sich im Jahr 1105 zur Schlacht gegenüber stand. Otto von Freising beschreibt die Situation folgendermaßen: „ Igiturregnimiserabiliter in se ipso diviso, ex omnibuseiusviribuscoadunatomilite, ferroflammquecrudelitervastataterra in ripaRegnifluminisuterque, scilicet pater et filius, cosedit.“[29] Vater und Sohn standen sich also am Fluss Regen gegenüber, nachdem die Truppen das Land mit Feuer und Schwert verwüstet hatten. Markgraf Leopold III.von Österreich und Herzog Boriwoi von Böhmen gehörten dabei zum Gefolge Heinrichs IV. Dies suchte Heinrich V. zuändern; hierzu schreibt Freising weiter: „Heinricusiunioromnesvirespatres in duceboemiaeBoroeacmarchioneLeopaldo, cuissororemprefactusduxhabuit, foreconsiderans, ipsosmultismodis, promissasororesua, quetuncnuper a FridericoSuevorumduceviduatafuerat, in uxoremmarchioni, inductus, ambobus, utpatremrelinquerent, persuasit.“[30]. Leopold III. wurde also durch Heinrich V. mit dem Versprechen, ihm mit seiner SchwesterAgnes von Waiblingen, die Witwe des kurz zuvor verstorbenen Herzogs Friedrichs von Schwaben, zu vermählen, überredet die Lager zu wechseln. Er verweigerte daraufhin dem Kaiser die Gefolgschaft, was ihm der Herzog von Böhmen gleich tat. Heinrich IV. floh daraufhin und wurde letztlich durch seinen Sohn und den versammelten Fürsten gefangen genommen und abgesetzt[31].

[...]


[1] Vgl. Karl Lechner, Die Babenberger. Markgrafen und Herzöge von Österreich 976 – 1246, Wien, 1985.

[2] Heinrich Appelt, Das Privilegium minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich, Wien, 1976.

[3] Otto von Freising, Ottonis episcopi frisingensischronicasivehistoria de duabuscivitatibus,
ed. Hofmeister, Hannover, 1912°.

[4] Otto von Freising,Ottonis et Rahewini gesta Friderici I. Imperatoris, ed. Waitz, Hannover, 1912b.

[5] Wortlaut des Privilegium minus, In: Heinrich Appelt, Das Privilegium minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich, Wien, 1976, 96-98

[6] Vgl. Appelt 1976, 11f.

[7] Vgl. ebd., 15

[8] Vgl. Heinrich Fichtenau. Von der Mark zum Herzogtum. Grundlagen und Sinn des Privilegium Minus für Österreich, Oldenburg, 1958

[9] Dr. Johannes Gründler, 1000 Jahre Babenberger in Österreich. Niederösterreichische Jubiläumsausstellung im Stift Lilienfeld Mai bis Oktober 1976, Wien

[10] Otto von Freising war der fünfte Sohn Leopold III (der Heilige). Er gehörte demnach selbst zum Geschlecht der Babenberger. Er wurde vermutlich 1112 geboren, wurde 1122 Propst von Klosterberg, 1133 Abt von Morimund, 1138 Bischof von Freising und starb 1158. (vgl. Erich Zöllner, Die Dynastie der Babenberger, In Dr. Johannes Gründler (Hg.),1000 Jahre Babenberger in Österreich. Niederösterreichische Jubiläumsausstellung im Stift Lilienfeld Mai bis Oktober 1976, S. 9-25, hier 24; vgl. Anhang)

[11] Vgl. Lechner1985, 40.

[12] Bei Freising heißt es hier „in castrobabenberg“ (Freising, 1912a, VI, 15, 274,.27)

[13] Die Popponen, sind nach dem Stammvater Poppo benannt und werden auch als die alten Babenberger bezeichnet. Freising beschreibt den älteren Adalbert lediglich als „nobilissimusFrancorumcomes“ (Freising 1912a, VI, 15, 274, 24)

[14] Vgl. Freising 1912a, VI, 15, 274f

[15] Lechner 1985, 39.

[16] Oft auch fälschlicherweise als Ostmark bezeichnet. HeinirchFichtenau leitet dies aus der falschen Übersetzung der gesprochenen Form der MachrchiaOrientalis, Mark Österreich, ab (Fichtenau 1958, 12). Die Reichskanzlei führt die Markgrafschaft im 11. Jahrhundert aber als „marchiaOsterriche“ auf (MonumentaGermaniaeHistorica, SS IV, 41, 574ff)

[17] Vgl. Zöllner 1976, 9.

[18] Liutopld auch teillatinisiert als Leopold aufgeführt (vgl. Zöllner 1976, 10). In dieser Arbeit wird die latinisierte Form v.a. für Leupold III. verwendet, welche für Österreich bis in die Gegenwart unter diesem Namen von hoher Bedeutung ist (siehe dazu Kapitel 3)

[19] Vgl. Ebd., 10.

[20] Vgl. Lechner 1985, 42.

[21] Vgl. Zöllner 1976, 10.

[22] Vgl. Johannes Aventinus, Anales ducumboiariae, V, 2, 19ff , ed. Riezler, Bd III, München, 1882.

[23] Vgl. Zöllner 1976, 10.

[24] Vgl. Lechner 1985, 54.

[25] „Der Investiturstreit bezeichnet jenen epochale Bedeutung erlangenden Konflikt zw. Kgtm. und Papsttum, welcher die Zeitspanne vom Tode Heinrichs III. (1056) bis zum Ausgang der Regierung Heinrichs V. (1125) beherrschte. Die Auseinandersetzungen entzündeten sich an der Frage nach den Modalitäten der Einsetzung von Bf.en und Reichsäbten (→Investitur), führten tatsächl. jedoch weit darüber hinaus.“ (Tilman Struve, Investiturstreit, -problem, In, Lexikon des Mittelalters, Band 5, München 1999, Sp. 479-483)

[26] Vgl. Zöllner 1976, 12f

[27] Walter Pohl/Vacha, Brigitte Vacha, Die Welt der Babenberger, Wien, 1995, 130.

[28] Vgl. ebd..

[29] Freising 1912a, VII, 9, 319, 21ff

[30] Freising 1912a, VII, 9, 321, 9ff

[31] Vgl. Pohl/Vacha 1995, 132.

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Details

Titel
Wie die Babenberger Herzöge von Österreich wurden
Untertitel
Eine systematische Betrachtung zum Aufstieg einer Dynastie
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Fürstliche Dynastien im deutschen Hochmittelalter
Note
2,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
21
Katalognummer
V166117
ISBN (eBook)
9783640819270
ISBN (Buch)
9783640822362
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
babenberger, herzöge, eine, betrachtung, aufstieg, dynastie
Arbeit zitieren
David Jugel (Autor:in), 2011, Wie die Babenberger Herzöge von Österreich wurden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166117

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