Die s-Graphien in den Drucken Martin Luthers


Dossier / Travail de Séminaire, 1998

25 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhalt

1 Einleitung

2 Untersuchung der s-Graphien in Luthers frühen und späten Drucken:
2.1 Zur Methodik der Untersuchung
2.2 Untersuchung der s-Graphien Luthers in drei Perioden:
2.2.1 Die Drucke der Jahre 1516-1521:
2.2.1.1 Anlaut - 2.2.1.2 Inlaut - 2.2.1.3 Auslaut
2.2.2 Die Drucke der Jahre 1522-1524:
2.2.2.1 Anlaut - 2.2.2.2 Inlaut - 2.2.2.3 Auslaut
2.2.3 Die Drucke der Jahre 1525-1546:
2.2.3.1 Anlaut - 2.2.3.2 Inlaut - 2.2.3.3 Auslaut

3 Das Verhältnis der Orthographie Luthers zu der der Witten­berger Offizinen

4 Die lutherischen s-Graphien in historischer und geographi­scher Sicht:
4.1 Die s-Schreibung vor Luther
4.2 Die s-Schreibung zu Zeiten Luthers:
4.2.1 Anlaut - 4.2.2 Inlaut - 4.2.3 Auslaut
4.2.4 Schlussfolgerung
4.3 Die Entwicklung zum Neuhochdeutschen hin

5 Ergebnisse (mit Übersicht)

6 Literaturverzeichnis:
6.1 Primärliteratur
6.2 Sekundärliteratur

1 Einleitung

Die Frage, ob und in welchem Maße Luthers Schriftsprache das Frühneuhochdeutsche in Bereichen wie Stil, Wortwahl, Grammatik und Or­thographie mittel- und unmittelbar beeinflusst hat, ist umstritten. In Bezug auf die Orthograpie lässt sich Luthers sprachlicher Einfluss wohl am einfachsten nachvollziehen - ein Beispiel sei nur die Großschreibung der Substantive.[1] Die folgende Untersuchung soll sich mit einem Bereich der lutherischen Orthographie befassen, der auch in der heutigen Recht­schreibung vielfach diskutiert wird: die s-Graphien.

Im Vordergrund stehen soll die Frage, welche s-Graphien die Drucke Luthers in verschiedenen Abschnitten seiner Schaffenszeit für die verschiedenen Positionen im Wort benutzen: In einer Frühphase bis etwa 1521, einer Übergangsphase bis zum Jahr 1524 und einer Spätphase, die daran anschließt. Mit dieser zeitlichen Gliederung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich Martin Luther seit dem Beginn seiner Bibelübersetzung (1521/22) in zunehmendem Maße um eine ein­heitlichere Orthographie in seinen Drucken bemühte und folglich versuchte, die bis dahin herrschende Willkür unter den Druckern, aber auch die Inkonsequenzen in seinen Manuskripten zu unterbinden.

Der Stellung im intervokalischen Inlaut soll besondere Aufmerksamkeit gelten, da hier zwei s-Laute verschiedener Herkunft auftreten können: Das urgermanische, intervokalisch stimmhaft ausgesprochene s, bereits im Ahd. meist mit <s> wiederge­geben, und das durch die althochdeutsche Lautverschiebung aus t entstandene, stimmlos artikulierte s, das im Mhd. anfänglich mit <z(z)>, später meist mit <ss> oder <sz> / <ß> gekennzeichnet wurde. Im Wortauslaut wird diese Opposition durch die Auslautverhärtung neutralisiert.

Einer Untersuchung der lutherischen Orthographie dienlich sind nur die Drucke, die in Wittenberg erschienen sind, denn nur hier wurden, bis auf wenige Ausnahmen, die Urdrucke nach Luthers Manuskrip­ten angefertigt und nur hier konnte Luther direkt auf den Drucklegungsprozess Einfluss nehmen. Aus diesem Grund kommen auch nur die Drucke in Frage, die zu seinen Lebzeiten erschienen sind. Angesichts einer größer werdenden Konsequenz in der Orthographie der Drucke erscheint es außerdem angebracht, das Verhältnis der Orthographie des Reformators selbst zu der der Wittenberger Druckereien näher zu beleuchten - insbesondere hier die Rolle der Korrektoren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die bedeutendsten der in Wittenberg für Luther tätigen Drucker

(vgl. Benzing 1994, II, 422).

Schließlich drängt sich die Frage auf, inwiefern sich Luthers Verwendung der s-Gra­phien historisch und geographisch einordnen lässt: Welchem Vorbild, welcher or­thographischen Norm folgt Luther in seinen frühen Dru­cken? Hat der Wandel in Luthers System der s-Graphien den Charakter einer Reform oder handelt es sich nur um eine Anpassung an bestehende Tendenzen? Bleibt noch die Frage nach der Wirkung: Wurde Luthers System zur Norm für kommende Generationen, finden sich Ansätze davon in der heutigen Regelung?

Nicht berücksichtigt wurden die Schreibung von sch und z, sowie die durch die Frakturschrift bedingte rein typographische Unterscheidung zwischen “langem s” (R) am Wortan­fang und im Wortinneren und “rundem s” (s) am Wortende, die seit dem 14. Jahrhundert weitgehend feststand[2] und auch in den Wittenberger Lutherdrucken durchgehend eingehalten wird. Zugunsten einer besseren Übersichtlichkeit wird in der Arbeit auch für R das Zeichen s verwendet.

2 Untersuchung der s-Graphien in Luthers frühen und späten Drucken

2.1 Zur Methodik der Untersuchung

Der folgenden Untersuchung werden die Aussagen über die s-Schreibung des Refor­mators in den beiden Standardwerken zur Luthersprache, Handbuch der Luther­sprache von Heinrich Bach und Grundzüge der Schriftsprache Luthers von Carl Franke zu Grunde gelegt. Diese Aussagen sollen anhand einiger ausgewählter Drucke aus verschiedenen Phasen der Lutherschen Schaffenszeit überprüft und gegebenen­falls ergänzt werden. Entsprechend dem Wandel in der Orthographie der Luther­drucke können diese in drei Perioden eingeordnet werden: Die Periode der frühen Drucke, die durch viele Inkonsequenzen, ja eine gewisse Willkür geprägt ist (1516 bis 1521), die Phase des Wandels, in der es Luther zunehmend gelingt, die Orthogra­phie in seinen Drucken zu vereinheitlichen (1522-1524) und die Periode der späten Drucke, in denen der Prozess der Läuterung abgeschlossen scheint (1525-46). Um die Unterschiede zwischen den verschiedenen Wittenberger Offizinen sowie deren Gemeinsamkeiten bezüglich der Verwendung der s-Graphien zu berücksichtigen, wur­den Lutherdrucke aus fünf verschiedenen Wittenberger Druckereien analysiert, die sowohl hinsichtlich der Bedeutung der bei ihnen gedruckten Werke als auch hinsichtlich der Anzahl der Drucke als die wichtigsten angesehen werden können.[3] Es sind dies die Druckereien von Johann Rhau-Grunenberg, Melchior Lotther dem Jüngeren, Nickel Schirlentz und Hans Lufft sowie die Offizin von Lukas Cranach und Christian Döring. Die einzelnen Drucke wurden jeweils so weit untersucht, bis die Regelmäßigkeiten unter den s-Graphien in den verschiedenen Positionen im Wort deutlich zu erkennen waren, bzw. bis das Fehlen einer Regelmäßigkeit für bestimmte Positionen festgestellt werden konnte. In jedem Fall wurde jedoch ein Abschnitt von mindestens 4000 Wörtern analysiert.

2.2 Untersuchung der s-Graphien Luthers in drei Perioden

2.2.1 Die Drucke der Jahre 1516-1521

In diesem Abschnitt werden primär die Informationen von Heinrich Bach (Handbuch der Luthersprache) berücksichtigt, weil nur er detaillierte Aussagen über die Verhält­nisse in den frühen Lutherdrucken macht. Untersucht wurden die Drucke Puszpsalm 1517, Wucher 1519 und Freyheyt 1520 von Grunenberg sowie Werckenn 1520 von Melchior Lotther d.J.[4]

2.2.1.1 Anlaut

Heinrich Bach findet in allen Lutherdrucken regelmäßig s - im Anlaut und ergänzt, in den frühen Drucken komme auch ß - im Anlaut vor, jedoch nur in ganz wenigen wörtern, in ‘ßo/alßo’ [..] beinah [sic] immer bis 1522/23, außerdem mehrfach in ‘ßondern’ [..] neben ‘sondern/sundern’. In anderen Wörtern seien nur ganz ver­streute belege zu verzeichnen, so in ‘beßorgen’, [..] ‘ßunder’, usw. (BachHandb, 296).

Meine eigenen Untersuchungen können diese Ergebnisse bestätigen: In allen vier Drucken steht im Anlaut regelmäßig s-. Ausnahmen sind ßo, welches immer mit Eszett erscheint, alßo, welches teilweise dominiert, teilweise mit also abwechselt, daneben gelegentlich ßondern, ßonst und auch vereinzelt ßon (Freyheyt 1520), jeweils als Variante zur Schreibung mit s-.

Dort, wo ein ehemals im Anlaut stehendes s durch Präfigierung in zwischenvoka­lische Stellung geraten ist, steht durchgängig einfaches s - (gesund, angesicht, gesagt, besonders, usw).

2.2.1.2 Inlaut

Laut Heinrich Bach entbehrt die schreibung der intervokalischen s-laute in den L-drucken bis 1520 jeglicher regelung. Sowohl nach kurzem als langem vokal stehe durchweg ‘ss’ oder ‘ß’ (‘sß’, ‘ßs’) für mhd. -s-/-ss-/-z(z)-. Die numerische ver­teilung sei in den einzelnen drucken sehr verschieden. So habe eine Seite des Gru­nenbergdruckes WA 2,72 (1519) durchgängig ß in intervokalischer Stellung (laßen, sie wißen, usw.), umgekehrt zeige eine Seite des Grunenbergdruckes WA 2,140 (1519) immer -ss- (sie beyssen, fressen, usw.). Gewöhnlich seien ß und ss jedoch gleichmäßiger verteilt, in manchen Wörtern stehe vorzugsweise ss, in anderen ß. In einigen Drucken bestehe sogar eine klare tendenz, nach kurzvokal -ss-, nach langvo­kal -ß- zu setzen, wobei -ß- auch für nhd. -s- verwendet werde. Einfaches -s- komme generell selten vor (BachHandb, 301f.).

[...]


[1] So werden in den Lutherdrucken ab 1532 ca. 70% aller Substantive großgeschrieben (vgl. Bach 1985b, S. 1444).

[2] Vgl. V.Moser I,1,66; Michel 1959, 457.

[3] vgl. Haubold 1914; Volz 1974; Kettmann 1987.

[4] Vollständige Titel: siehe Literaturverzeichnis.

Fin de l'extrait de 25 pages

Résumé des informations

Titre
Die s-Graphien in den Drucken Martin Luthers
Université
University of Augsburg
Note
1,0
Auteur
Année
1998
Pages
25
N° de catalogue
V166231
ISBN (ebook)
9783640819355
ISBN (Livre)
9783640822522
Taille d'un fichier
640 KB
Langue
allemand
Mots clés
drucken, martin, luthers
Citation du texte
Daniel Winiger (Auteur), 1998, Die s-Graphien in den Drucken Martin Luthers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166231

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