Risikomanagement im Krankenhaus


Thèse de Bachelor, 2010

74 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielstellung und Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Risiko
2.1.1 Begriffsabgrenzung Risiko
2.1.2 Risikoarten
2.1.3 Risikowirkungen
2.2 Ursachen für Fehler im Gesundheitswesen
2.2.1 Faktor Mensch
2.2.2 Faktor Technik
2.2.3 Faktor Organisation
2.3 Aufgabenbereiche und Ziele des Risikomanagements
2.4 Gesetzliche Vorgaben
2.5 Risikomanagementprozess
2.5.1 Risikoidentifikation
2.5.2 Risikoanalyse und -bewertung
2.5.3 Risikobewältigung
2.5.4 Risikoüberwachung und -berichterstattung

3 Bestandteile des Risikomanagementsystems
3.1 Hauptelemente des Systems
3.1.1 Risiko-Strategie
3.1.2 Risiko-Organisation
3.1.3 Risikomanagement-Kultur
3.2 Koppelnde primäre Elemente des Systems
3.2.1 Frühwarnsystem
3.2.2 Risikocontrolling
3.2.3 Internes Überwachungssystem
3.3 Koppelnde sekundäre Elemente des Systems
3.3.1 Risikomanagement und Qualitätsmanagement
3.3.2 Risikomanagement und Balanced Scorecard

4 Risikomanagement im Krankenhaus
4.1 Formen des Risikomanagements
4.1.1 Betriebswirtschaftliches Risikomanagement
4.1.2 Klinisches Risikomanagement
4.2 Bestandteile des Risikomanagements in Krankenhäusern
4.2.1 Critical-Incident-Reporting-System –
Zwischenfallerfassung
4.2.2 Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse
4.2.3 Beschwerdemanagement
4.2.4 Klinische Behandlungspfade
4.3 Gründe für die Einführung des Risikomanagements im Krankenhaus

5 Konzept zur Einführung eines Risikomanagements in einem Krankenhaus
5.1 Analyse der Ist-Situation im Krankenhaus
5.2 Verpflichtung und Einsatz der obersten Unternehmens- leitung
5.3 Umsetzung im Rahmen eines Projektes
5.4 Projektdurchführung
5.5 Pilotphase
5.6 Einrichtung des Risikomanagementsystems
5.7 Evaluation

6 Resümee
6.1 Zusammenfassung
6.2 Ausblick

7 Literaturverzeichnis

8 Ehrenwörtliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Interagierende Faktoren einer Organisation

Abbildung 2: Risikokulturen

Abbildung 3: Bestandteile des internen Überwachungssystems

Abbildung 4: Risikomanagement als besonderer Bereich im Qualitätsmanagement

Abbildung 5: Planung des Risikomanagements

Abbildung 6: Projektplan

Abbildung 7: Risikomanagementprozess

Abbildung 8: Risiko-Matrix

Abbildung 9: Position des Risikomanagers im Krankenhaus

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Alle Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen sind permanent Gefahren und Risiken ausgesetzt. Neben den operativen Risiken gibt es Markt-, Kredit- und Liquiditätsrisiken, die das Unternehmertum bedrohen.[1]

Jedes Unternehmen muss für sein wirtschaftliches Überleben Gefahren vermeiden sowie Chancen erkennen und nutzen. Jedoch werden Gefahren oft nicht wahrgenommen und es werden Risiken eingegangen, die die Existenz der Unternehmen bedrohen, dies führt folglich oft zur Insolvenz und Schließung der Betriebe.[2]

Der unachtsame Umgang mit Risiken bringt also oft ökonomische Verluste oder Misserfolge mit sich. Es ist keine leichte Aufgabe die Risiken wahrzunehmen, denn Risiken verbergen sich fast überall.[3]

Die wesentlichen Hauptgründe hierfür sind zum einen der steigende Wettbewerb, der Wandel der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen und zum anderen die wachsende ökonomische Transparenz und die Liberalisierung bzw. Privatisierung der Märkte.[4]

Risikomanagement ist ein unterstützendes Führungsinstrument, durch das die Unternehmensführung im Rahmen ihrer Hauptaufgaben die Gefahren erfassen und bewerten kann. Wird eine Gefahr erkannt, so muss die Führung geeignete Maßnahmen ergreifen, um das Wohl des Unternehmens zu sichern.[5] Bei dem operativen Risikomanagement handelt es sich um einen Prozess, der sich aus Risikoidentifikation, Risikobewertung, Risikobewältigung und Risikoüberwachung zusammensetzt.[6]

Am 1. Mai 1998 ist das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) in Kraft getreten und seitdem sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet Risikomanagement einzuführen.[7]

Zwar schreibt der Gesetzgeber nicht vor wie das betriebliche Risikomanagementsystem zu gestalten ist, jedoch wird eine Mindestanforderung als Basis gesetzt und zwar muss das System so aufgebaut werden, dass es von einem Wirtschaftsprüfer untersucht werden kann.[8]

In den letzten Jahren ist das Thema Risikomanagement im Krankenhaus zunehmend in den Vordergrund gerückt. Das Gesundheitswesen, insbesondere der Krankenhaussektor als Dienstleistungsunternehmen, unterliegt mit seinen klassischen Risiken einerseits einem steigenden Wettbewerbsdruck, z. B. um einweisende Ärzte oder Patienten, und andererseits den immer knapper werdenden wirtschaftlichen Ressourcen und bewegt sich somit auf einem risikoreichen Terrain.[9]

Dies äußert sich zum einen durch die Einführung der Fallpauschalen, einem komplett neuen Abrechnungssystem,[10] und zum anderen durch zunehmende Schadenskosten für Haftpflichtfälle, durch die der Krankenhausträger und deren Versicherer unter steigenden Kostendruck gesetzt werden.[11] Aufgrund dieser Entwicklung prophezeien die Versicherungsexperten, dass das Risiko der Krankenhäuser in naher Zukunft nur noch mit zusätzlichen beträchtlichen Mehrversicherungszuschlägen versicherbar sein wird.[12]

Im Prinzip sind die Fehlerursachen in Krankenhäusern mit denen in den Hochrisikobereichen der Industrie zu vergleichen. Deshalb muss hierbei die Handhabung mit Fehlern und Beinah-Fehlern auf ähnliche Art und Weise erfolgen.[13]

Krankenhäuser sind nicht nur für die Patientensicherheit verantwortlich, sondern sie müssen ebenfalls die wirtschaftlichen Erfordernisse erfüllen. So rücken die ökonomischen Betrachtungen, neben den Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit der Patienten, zunehmend in den Mittelpunkt.[14]

Durch die immer größer werdenden Forderungen auf Schadenersatz von den Seiten der bereits behandelnden Patienten sind an erster Stelle die Haftpflichtversicherungsgesellschaften der Krankenhäuser berührt. Die steigenden Forderungen werden aber wiederum von den Versicherern in Form von steigenden Versicherungsbeiträgen auf die Krankenhäuser zurückverlagert.[15]

Mittlerweile ist das Organisationsverschulden, also Fehler, die durch die organisatorische Struktur eines Krankenhauses entstehen, die zweithäufigste Ursache für die Schadenersatzklagen bei Haftpflichtfällen. Zwar sind die ärztlichen Behandlungsfehler nach wie vor die häufigste Ursache für die Schadenersatzforderungen, diese werden aber zunehmend mit organisatorischen Defiziten in Zusammenhang gebracht.[16] So müssen beispielsweise Ärzte immer öfter in Schadenfällen die Verantwortung übernehmen, obwohl kein direktes Verschulden in Form von Ärztefehlern vorliegt.

Verschärft wird die Lage im Krankenhaus auch durch das Anstreben der zunehmenden Verbindung der Versorgung im ambulanten und stationären Bereich innerhalb eines Krankenhauses.[17] Dies kann folglich zu einer Ansammlung von Komplikationen in Kompetenz- und Kooperationsbereichen an den Schnittstellen führen. Dadurch entstehen wiederum schwerwiegende Koordinationsmängel zwischen den teilweise stark heterogenen Teams, die aus ärztlichem und nichtärztlichem Personal zusammengesetzt sind.[18]

Krankenhäuser unterliegen mehreren Risikokategorien, die vom Risikomanagement beachtet werden müssen.[19]

In einem Unternehmen muss die Einführung eines Risikomanagementsystems gezielt, strukturiert sowie unternehmensspezifisch erfolgen, wobei zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden müssen.[20]

In der Regel wird in Krankenhäusern zwischen betriebswirtschaftlichem und klinischem Risikomanagement unterschieden.[21] Mittels des betriebswirtschaftlichen Risikomanagements sollen ökonomische Risiken intern und extern identifiziert werden, die bestandsgefährdende Merkmale für das Unternehmen aufweisen. Mittels des klinischen Risikomanagements soll die Patientensicherheit in den Mittelpunkt gestellt werden, mit dem Ziel die Qualität der Krankenhausbehandlung in medizinischen und pflegerischen Bereichen so zu gestalten, dass die Organisation vor juristischen Eingriffen und Vorwürfen geschützt wird, um auf diese Weise ein Organisationsverschulden zu verhindern.[22]

Zu beachten wären zudem noch die Ressourcen, die Zuständigkeitsbereiche und sonstige Rahmenbedingungen, wie beispielsweise Managementsysteme, die bereits im Unternehmen existieren.[23] Es ist wichtig, dass die Implementierung des Risikomanagementsystems im Rahmen einer Projektgruppe gezielt stattfindet. Verankert wird das System durch einen anknüpfenden fortwährenden Prozess.[24]

1.2 Zielstellung und Aufbau der Arbeit

Das Ziel der Arbeit ist zu analysieren, wie ein wirksames Risikomanagementsystem in einem Krankenhaus implementiert werden kann.

Um sich dem Thema anzunähern, werden zunächst die Problematik der Krankenhäuser und die Notwendigkeit der Einführung eines Risikomanagementsystems verdeutlicht. Im Anschluss daran werden die allgemeinen Grundlagen zum Risikomanagement erläutert, dabei werden die Inhalte und Aufgaben sowie rechtliche Grundlagen des Risikomanagements beschrieben und der Risikomanagementprozess dargestellt.

Im dritten Teil werden die Hauptbestandteile und die ankoppelnden Elemente des Risikomanagements aufgezeigt. Darauf folgend richtet sich die Thematik im vierten Teil speziell auf Krankenhäuser. Hier werden die Bestandteile des Risikomanagements in Krankenhäusern und Gründe für die Einführung eines Risikomanagements im Krankenhaus beleuchtet.

Im fünften Teil wird das Konzept zur Einführung eines Risikomanagementsystems im Rahmen eines Projektes veranschaulicht. Abschließend werden im Resümee die Schlussfolgerungen und der Ausblick dargestellt.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Risiko

2.1.1 Begriffsabgrenzung Risiko

Für den Begriff Risiko gibt es keine einheitliche Definition, denn die Begriffsabgrenzung ist weder in den gesetzlichen Bestimmungen noch im Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich festgelegt. Ebenso gibt es in der Betriebswirtschaft keine einheitliche Definition für den Risikobegriff.[25]

Im engeren Sinne versteht man unter Risiko eine unvorteilhafte bevorstehende Entwicklung bzw. im weiteren Sinne kann es als ein Störmerkmal betrachtet werden, das das Erreichen der Unternehmensziele beeinträchtigt.[26]

Im Großen und Ganzen kann man die Risiken eines Betriebes als Vorgänge und etwaige Veränderungen beschreiben, die entweder unternehmensintern oder -extern einen negativen Effekt auf den unternehmerischen Erfolg haben.[27]

Wenn ein Risiko jedoch einen positiven Effekt auf die Unternehmensziele hat, dann betrachtet man es als Chance.[28]

2.1.2 Risikoarten

In Unternehmen treten verschiedene Risikoarten auf, es gibt zum einen unternehmensinterne und -externe Risiken. Unternehmensinterne Risiken resultieren aus den unternehmerischen Tätigkeiten und Entscheidungen, dies sind beispielsweise Fehler in der Organisationsstruktur oder im Managementbereich.[29]

Unternehmensexterne Risiken entwickeln sich durch Veränderungen der Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Unternehmensumfeldes. Hierzu gehören beispielsweise Verlust von bedeutenden Kunden oder Naturkatastrophen, die einen negativen Einfluss auf die Unternehmung haben.[30]

Weiterhin gibt es funktionsbereichsbezogene Risiken, die sich aus der eigentlichen Unternehmensfunktion ergeben. Diese Risiken beziehen sich auf die Bereiche der Beschaffung, des Personals, der Produktion, des Marktes, des Absatzes etc. Ein Absatzrisiko wäre beispielsweise die Orientierung an der falschen Zielgruppe.[31]

Zudem unterscheidet man zwischen normativen, operativen und strategischen Risiken.

Normative Risiken resultieren aus der allgemeinen Ausrichtung des Unternehmens.[32] Sie bringen Gefahren mit sich, die durch die unternehmerischen Ziele, Vorhaben und Grundsätze entstehen. Hierbei ist es zu vermeiden den Sicherheitspegel zu hoch anzusetzen, denn in diesen Bereichen ist es nötig, dass Entwicklungen und die damit verbundenen Risiken hin und wieder eingegangen werden, um mit den Veränderungen im Umfeld standhalten zu können.[33]

Strategische Risiken äußern sich über einen Rückgang bzw. Entwicklungshemmung des Erfolges eines Unternehmens. Die Potentiale, die das Unternehmen zum Erfolg führen, sind somit entweder erschöpft oder es können keine neuen erschaffen werden.[34]

Operative Risiken ergeben sich aus mangelhaften Leistungsprozessen. Diese entstehen, wenn der Umgang mit unternehmerischen Ressourcen falsch gehandhabt wird oder wenn man fahrlässig mit gefährlichen Stoffen umgeht, die entweder einen materiellen Schaden oder einen Personenschaden verursachen können.[35]

Des Weiteren gibt es Primär- und Sekundärrisiken, diese entstehen, wenn bestimmte Maßnahmen ergriffenen werden, um ein spezielles Risiko zu verringern. Zwar wird das bestimmte Risiko minimiert, allerdings nicht das Risiko des Gesamtunternehmens.[36] Es kann zu einem Dominoeffekt kommen, d. h. aus Primärrisiken ergeben sich Sekundärrisiken, beispielsweise werden für Prozesse und Abläufe automatische Sicherheitsmechanismen eingeführt, so entsteht bei den Mitarbeitern ein hohes Gefühl der Sicherheit, wodurch Unachtsamkeit resultiert, die folglich zu Schadenverursachung führen könnte.[37]

Die aufgeführten Risikoarten weisen zwar viele unterschiedliche Merkmale auf, dennoch gibt es zwischen ihnen enorme Überlappungsbereiche.[38]

2.1.3 Risikowirkungen

Die aufgeführten Risiken wirken auf das Unternehmen sowohl direkt als auch indirekt ein.[39]

Direkte Wirkungen zeichnen sich dadurch aus, dass die tatsächlich erzielten Ergebnisse niedriger sind als geplant. Ist das der Fall, so bezeichnet man die Risiken als schlagend.[40] Diese negative Ergebnisdifferenz entsteht entweder durch gestiegene Ausgaben, z.B. durch Schadensbeschränkung bzw. -abschaffung, oder durch Umsatzrückgang, z.B. durch Abnahme der Verkaufserlöse. Beide Ursachen führen zu Gewinneinbußen.[41]

Indirekte Wirkungen treten ein, wenn das Unternehmen höhere Risiken eingeht. Demzufolge verlangen die Investoren höhere Risikoprämien, denn das erhoffte Ergebnis und das Kapital der Investoren unterliegen größeren Schwankungen. Deshalb sollten solche Zusatzrisiken nur eingegangen werden, wenn das erhöhte Risiko profitabel ist.[42]

Ebenso orientieren sich die Banken zunehmend an der Höhe der bestehenden Risiken und die Kreditkonditionen werden dem Risiko angepasst. Die Zinsen richten sich also nach den bestehenden Risiken der Unternehmen. Ebenso unterliegen die Prämien der Versicherungsgesellschaften den versicherbaren Risiken. Steigen die Risiken, so steigen auch die Versicherungsprämien der Versicherungsgesellschaften.[43]

Wie sich Risiken auf das Unternehmen auswirken, ist vom jeweiligen Risiko abhängig. Wenn operative Risiken schlagend werden, so folgt oft daraus, dass die Umsätze geringer werden oder dass der Aufwand bzw. die Kosten vorübergehend steigen, beispielsweise durch das Begleichen der Schadenersatzforderung aufgrund von mangelnder Leistungserbringung.[44]

Handelt es sich allerdings um strategische Risiken, durch die die Erfolgsfaktoren eines Unternehmens benachteiligt werden, so kann sich das auf Dauer negativ auf die Gewinne eines Unternehmens auswirken. Bleibt die Situation so bestehen, so verliert das Unternehmen die Kapitalgeber.[45] Da das notwendige Kapital ausbleibt, entwickelt sich die negative Unternehmenssituation zu einer Krise. Die Existenz des Unternehmens ist aufgrund von Schulden und Insolvenz bedroht oder sogar zerstört.[46]

2.2 Ursachen für Fehler im Gesundheitswesen

2.2.1 Faktor Mensch

„Fehlleistungen gehören zum menschlichen Handeln“.[47] Es zeichnet einen Menschen aus, dass er die Leistungen selbstständig, strategisch und geplant erbringt. Diese sind allerdings immer mit Fehlern verbunden, die hin und wieder vorkommen. Hierbei spalten sich die Ursachen bei komplizierten Umständen in zwei Ebenen. Zum einen gibt es Gründe der kognitiven und zum anderen Gründe der motivationalen Art.[48]

Die kognitiven Gründe beziehen sich einerseits auf das beschränkte Auffassungsvermögen des Gedächtnisses, was oft zur Vergesslichkeit und bei langwierigen Aufgabenstellungen zur Vernachlässigung der Gesamtbetrachtung der Zusammenhänge führt. Andererseits beziehen sich die kognitiven Ursachen auf die Fähigkeit bewusst zu denken, denn bei einem menschlichen Individuum ist dies eingeschränkt.[49] Das bedeutet, dass ein Mensch sich zur gleichen Zeit mit nur wenigen Aufgaben auseinandersetzen kann, weil sonst Fehler entstehen, da der Mensch dazu neigt komplizierte Sachlagen vereinfacht zu betrachten, wodurch wichtige Details außer Acht gelassen werden.[50]

Die motivationalen Gründe beziehen sich zum einen auf den Selbstschutz der Kompetenzwahrnehmung, das führt dazu, dass eigene Fehler vom Individuum nicht anerkannt bzw. nicht weiter verfolgt werden, um die eigenen Fähigkeiten nicht zu kritisieren. Und zum anderen wird den derzeitigen Problemen mehr Beachtung gewidmet als den Entwicklungen, die für die Zukunft weit größere Bedeutung haben bzw. den größeren Schaden verursachen können.[51]

Des Weiteren lässt sich das menschliche Handeln auf zwei Ebenen darstellen. Die erste Ebene bezieht sich zum einen auf die Steuerung des menschlichen Handelns, diese umfasst das bewusste Handeln, was Schritt für Schritt, mit Bedacht ausgeführt wird und mit einem Aufwand verbunden ist und zum anderen bezieht sie sich auf das automatische Handeln, was in der Regel unbewusst und schnell verläuft.[52] Die zweite Ebene umfasst die Sachverhalte der aktuellen Sachlage.[53]

„Die beiden Extreme bilden „Routinesituationen“ und „völlig neuartige Problemstellungen““.[54]

Aus diesen beiden Ebenen lassen sich drei weitere Ausführungsebenen ableiten.[55] Die erste Ebene bezeichnet man als die fähigkeitsbasierte Ebene, hier entstehen Fehler, weil gewohnheitsmäßig, unkonzentriert und routiniert gehandelt wird. Handeln auf der regelbasierte Ebene bedeutet, dass gewohnte Problemstellungen durch angeeignete Regeln gelöst werden, dabei können Fehler entstehen, wenn man nicht die richtige Regel anwendet.[56]

Die dritte Ebene ist die wissensbasierte Ebene. Auf dieser Ebene entstehen Fehler, wenn Menschen mit völlig neuen Problemen konfrontiert werden und diese aufgrund eines lückenhaften Wissensstandes nicht lösen können.

Bei diesen Problemlagen ist schnelles Handeln von Nöten, da es sich meist um Notfallsituationen handelt.[57]

Weiterhin unterscheidet man zwischen Fehlern in der Planung und in der Ausführung. Treten Defizite bereits in der Handlungsplanung auf, so kann das geplante Ziel nicht erreicht werden. Fehler in der Ausführung entstehen, wenn Unstimmigkeiten zwischen dem geplanten Handeln und dem tatsächlichen Handeln herrschen. Hierbei wird auch nicht das geplante Ergebnis erzielt. Die Ursachen dafür sind oft Unaufmerksamkeit bei Routinearbeiten oder Vergesslichkeit, beispielsweise wird ein Prozessschritt versehentlich ausgelassen.[58]

Ein weiterer Punkt des menschlichen Fehlverhaltens sind Verstöße. Entweder handelt der Mensch versehentlich falsch oder mit Absicht, allerdings ohne Hintergedanken Schaden zu verursachen.[59]

Verstöße lassen sich in drei Kategorien unterteilen.[60] Zum einen sind es Verstöße, die notwendig sind, diese kommen vor, wenn Organisationsmängel vorliegen und man somit von den Richtlinien abweichen muss. Zum anderen sind es Routineverstöße, diese ereignen sich, wenn gewisse Arbeitsschritte ausgelassen werden, um den Arbeitsvorgang zu vereinfachen.

Von optimierenden Verstößen spricht man, wenn der Mensch die Regeln missachtet, um seinen persönlichen Interessen nachzugehen, zum Beispiel um der Langeweile zu entfliehen.[61]

Weiterhin treten Fehlerursachen im Gesundheitswesen im technischen Bereich auf.

[...]


[1] Vgl. Sieber, B., Ökonomische Betrachtungen zum Risikomanagement im Krankenhaus, 2007, S. 41.

[2] Vgl. Ibers, T., Hey, A., Risikomanagement, 2005, S. 17.

[3] Vgl. Ebd., S. 17.

[4] Vgl. Sieber, B., Ökonomische Betrachtungen zum Risikomanagement im Krankenhaus, 2007, S. 41.

[5] Vgl. Oesch, K., Wenn das Risikomanagement den Blick auf die Chancen verstellt, Stand: 03.04.2009 (Internet).

[6] Vgl. Ebd.

[7] Vgl. Ibers, T., Hey, A., Risikomanagement, 2005, S. 19.

[8] Vgl. Ebd., S. 23.

[9] Vgl. Graf, V., Felber, A., Lichtmannegger, R., Risk Management im Krankenhaus – Eine Einleitung, 2003, S. 11.

[10] Vgl. Paula. H., Patientensicherheit und Patientenmanagement im Pflege und Krankenhausalltag, 2007, S. 131.

[11] Vgl. Sieber, B., Ökonomische Betrachtungen zum Risikomanagement im Krankenhaus, 2007, S. 41.

[12] Vgl. Ebd., S. 41.

[13] Vgl. Pietrowski, D., Ennker, J., Kleine, P., Warum Risikomanagement im Krankenhaus?, 2007, S. 7.

[14] Vgl. Pietrowski, D., Ennker, J., Kleine, P., Warum Risikomanagement im Kranken-haus?, 2007, S. 7.

[15] Vgl. Ebd., S. 7.

[16] Vgl. Ebd., S. 7 f.

[17] Vgl. Ebd., S. 8.

[18] Vgl. Ebd., S. 8.

[19] Vgl. Ebd., S. 8.

[20] Vgl. Gietl, G., Risikomanagement für Geschäftsprozesse, 2006, S. 80.

[21] Vgl. Gurcke, J., Falke, J., Mildenberger, D., Klinisches Risikomanagement als unverzichtbarer Bestandteil der Planung, Organisation und Umsetzung von Qualitätsmanagement – ein Praxisbericht, 2006, S. 20 f.

[22] Vgl. Kahla-Witzsch, H. A., Platzer, O., Risikomanagement für die Pflege: Ein praktischer Leitfaden, 2007, 13 f.

[23] Vgl. Gietl, G., Risikomanagement für Geschäftsprozesse, 2006, S. 80.

[24] Vgl. Ebd., S. 80.

[25] Vgl. Graebe-Adelssen, J., Risk Management – Die Sicht von außen, 2003, S. 19.

[26] Vgl. Ebd., S. 19.

[27] Vgl. Ebd. S. 19.

[28] Vgl. Kahla-Witzsch, H. A., Praxis des klinischen Risikomanagements, 2005, S. 14.

[29] Vgl. Romeike, F., Risikoidentifikation und Risikokategorien, Wiesbaden 2003, S. 168, zitiert nach Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 20.

[30] Vgl. Ebd., S. 20.

[31] Vgl. Ebd., S. 20.

[32] Vgl. Meinecke, H., Integriertes Risiko-Management für Unternehmenseigentümer, Bamberg 1997, S. 42, zitiert nach Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 21.

[33] Vgl. Holst, J., Risikomanagement im Lichte des KontraG, Göttingen 1998, S. 43, zitiert nach Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 21.

[34] Vgl. Ebd. S. 21.

[35] Vgl. Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 21 f.

[36] Vgl. Dahinden, R., Risiken im industriellen Umfeld – Aspekte einer ganzheitlichen, umweltorientierten Risikobeurteilung, St. Gallen 1991, S. 119 ff., zitiert nach Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 21.

[37] Vgl. Meinecke, H., Integriertes Risiko-Management für Unternehmenseigentümer, Bamberg 1997, S. 42., zitiert nach Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 21.

[38] Vgl. Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 22

[39] Vgl. Schierenbeck, H., Value Controlling: Grundlagen wertorientierter Unternehmensführung, München/Wien 2001, S. 314 ff., zitiert nach Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungs-empfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 22

[40] Vgl. Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 23.

[41] Vgl. Ebd., S. 23.

[42] Vgl. Ebd., S. 23.

[43] Vgl. Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement – Implikationen, Methoden und Gestaltungsempfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 22.

[44] Vgl. Schierenbeck, H., Value Controlling: Grundlagen wertorientierter Unternehmensführung, München/Wien 2001, S. 314 ff., zitiert nach Middendorf, C., Klinisches Risikomanagement - Implikationen, Methoden und Gestaltungs-empfehlungen für das Management klinischer Risiken in Krankenhäusern, 2006, S. 23.

[45] Vgl. Ebd., S. 23 f.

[46] Vgl. Ebd., S. 24.

[47] Middendorf, C., Aufgaben, Inhalte und Ansatzpunkte des Risikomanagements, 2007, S. 68.

[48] Vgl. Schnaub, H., „Exception error“: Über Fehler und deren Ursachen beim Handeln in Unbestimmtheit und Komplexität, 1996, S. 13 f., zitiert nach Middendorf, C., Aufgaben, Inhalte und Ansatzpunkte des Risikomanagements, 2007, S. 68.

[49] Vgl. Ebd., S. 68.

[50] Vgl. Ebd., S. 68.

[51] Vgl. Ebd., S. 68.

[52] Vgl. Rasmussen, J., Human Errors: A Taxonomy for Describing Human Malfunction in Industrial Installations, 1982, S. 316 f., zitiert nach Middendorf, C., Aufgaben, Inhalte und Ansatzpunkte des Risikomanagements, 2007, S. 69.

[53] Vgl. Ebd., 69.

[54] Ebd., S. 69.

[55] Vgl. Ebd., S. 70.

[56] Vgl. Ebd., S. 70.

[57] Vgl. Ebd., S. 71.

[58] Vgl. Reason, J. T., Menschliches Versagen, Heidelberg 1994, S. 28 und 84 ff., zitiert nach Middendorf, C., Aufgaben, Inhalte und Ansatzpunkte des Risikomanagements, 2007, S. 71.

[59] In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass die Verstöße ohne böswillige Hintergedanken erfolgen, zwar kann dies durchaus vorkommen, allerdings richtet sich das Augenmerk dieser Arbeit auf unbeabsichtigte Verstöße.

[60] Vgl. Reason, J. T., Managing the Risks of Organizational Accidents, Aldershot/ Burlington/ Singapore/ Sydney 1997, S. 72 ff., zitiert nach Middendorf, C., Aufgaben, Inhalte und Ansatzpunkte des Risikomanagements, 2007, S. 73.

[61] Vgl. Ebd., S. 73.

Fin de l'extrait de 74 pages

Résumé des informations

Titre
Risikomanagement im Krankenhaus
Université
University of Applied Sciences Braunschweig / Wolfenbüttel; Salzgitter
Auteur
Année
2010
Pages
74
N° de catalogue
V166589
ISBN (ebook)
9783640827817
ISBN (Livre)
9783640827954
Taille d'un fichier
898 KB
Langue
allemand
Mots clés
Management, Risiko, Krankenhaus, Risikomanagement Qualitätsmanagement, System, CIRS, Klinsiche Behandlungspfade
Citation du texte
Anastasia Popow (Auteur), 2010, Risikomanagement im Krankenhaus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166589

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