Regionale Auswirkungen der Verkleinerung eines Home Carriers


Mémoire (de fin d'études), 2010

107 Pages, Note: 1,00


Extrait


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Forschungsfrage
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theorie
2.1 Begriffliche Abgrenzungen und Definitionen
2.1.1 Verkehrsflughafen
2.1.2 Luftverkehrsgesellschaft
2.1.3 Arten von Passagieren
2.1.4 Home Carrier
2.1.5 Hub Flughafen
2.1.6 Erreichbarkeit und Flugangebot
2.1.7 Räumlicher Einflussbereich
2.1.8 Nutznießer des Luftverkehrs
2.1.9 Wirkungszusammenhänge
2.2 Geschichtlicher Abriss der Luftverkehrspolitik
2.3 Einfluss und Bedeutung von Flughäfen
2.3.1 Transportwirtschaftliche Auswirkungen
2.3.2 Volkswirtschaftliche Auswirkungen
2.3.3 Strukturelle Auswirkungen
2.3.4 Der Flughafen als Standortfaktor
2.3.5 Negative Auswirkungen
2.3.6 Unterschiedliche Auswirkungen durch Hub und Non-Hub Flughäfen
2.4 Vergleichbarkeit der USA und Europas

3 Empirie
3.1 Nashville
3.1.1 Nashville International Airport
3.1.2 Räumliches Umfeld und Einflussbereich des Nashville International Airports
3.1.3 American Airlines
3.1.4 Nashvilles Post-Hub Entwicklung
3.1.5 Einfluss und Bedeutung des Flughafen Nashville International Airport .
3.1.5.1 Transportwirtschaftliche Auswirkungen
3.1.5.2 Volkswirtschaftliche Auswirkungen
3.1.5.3 Strukturelle Auswirkungen
3.1.5.4 Nashville International Airport als Standortfaktor
3.1.5.5 Negative Auswirkungen
3.1.5.6 Nashville Airports Bedeutung als Hubflughafen
3.1.6 Abschließende Analyse der Auswirkungen des Rückzugs der AA
3.1.7 Aktuelle Situation
3.2 Zürich
3.2.1 Flughafen Zürich Kloten
3.2.2 Räumliches Umfeld und Einflussbereich des Flughafen Zürich Kloten
3.2.3 Swissair
3.2.4 Zürichs Post Swissair Entwicklung
3.2.5 Einfluss und Bedeutung des Flughafen Zürich Kloten
3.2.5.1 Transportwirtschaftliche Auswirkungen
3.2.5.2 Volkswirtschaftliche Auswirkungen
3.2.5.3 Strukturelle Auswirkungen
3.2.5.4 Flughafen Zürich Kloten als Standortfaktor
3.2.5.5 Negative Auswirkungen
3.2.5.6 Zürich Klotens Bedeutung als Hub Flughafen
3.2.6 Abschließende Analyse der Auswirkungen des Konkurses der Swissair ..
3.2.7 Aktuelle Situation
3.3 Gegenmaßnahmen

4 Ergebnisse
4.1 Beantwortung der Forschungsfrage: Die Auswirkungen der Reduktion eines Home Carriers
4.2 Conclusio

Abkürzungen

Abbildungen

Tabellen

Literatur

Anhang

1 Einleitung

With the nation ’ s biggest airlines retooling and sputtering towards financial recovery, industry experts say it ’ s likely some hubs will continue to shrink, or disappear, stoking fears at the potentially orphaned cities that they ’ ll have more limited airlines service.” (Trottman 2004: B1) oder „Die Misere um den AUA Verkauf lässt Szenarien vergangener Airline Pleiten in Europa und deren dramatischen Folgen für den jeweiligen Hauptflughafen aufleben.“ (Hoffmann 2009: 1) sind Beispiele für Zeitungsmeldungen, die zu lesen sind, wenn eine Fluglinie, droht ihre Aktivitäten an einem Flughafen zu reduzieren. Insbesondere sind die Sorgen groß, wenn es sich um einen Home Carrier handelt, der bis zu diesem Zeitpunkt eine Drehscheibe betrieb. Doch sind die Ängste, dass es zu einem reduzierten Serviceangebot kommt, begründet und wenn ja, welche Folgen zieht dies für die Region nach sich? Es gibt wenige Studien, die sich mit den Auswirkungen verlassener und aufgegebener Hubflughäfen beschäftigen bzw. werden bei den Analysen immer nur Teilbereiche untersucht.

In Zeiten der Globalisierung und fortschreitender europäischer Integration trägt besonders ein Flughafen, mit seinem vielseitigen Angebot an Flügen und Dienstleistungen, wesentlich zur Konkurrenzfähigkeit eines Standortes und der dort angesiedelten Unternehmen bei. Überregionale Erreichbarkeit wird als Qualitätsmerkmal gesehen und in vielen Branchen bei Gründung einer Zweigniederlassung als Anforderung an einen Standort gestellt. Neue Informationstechnologien, die Verdichtung internationaler zwischenbetrieblicher Verflechtungen und veränderte volkswirtschaftliche Produktionsstrukturen verstärken diese Tendenz. Dies lässt sich gut anhand der seit Jahrzehnten steigenden Passagierzahlen und Frachtvolumina beobachten.

1.1 Forschungsfrage

Durch die Liberalisierung der Luftfahrt kam es in den letzten Jahren zu einer Reduktion der dominanten Rolle der Home Carrier von Flughäfen. Es drängten vermehrt neue Fluglinien in den Markt und machten den Flag Carriern ihre Monopolstellung streitig. Flughäfen und in weiterer Folge die Attraktivität der Region sind dennoch sehr eng mit dem Schicksal dieser einen Fluglinie, dem Home Carrier des Flughafens, verbunden. Daraus ergibt sich folgende Forschungsfrage:

Einleitung - Aufbau der Arbeit

Welche regionalen Auswirkungen zieht die Verkleinerung eines Home Carriers nach sich?

Diese Forschungsfrage soll anhand der Analyse anderer Flughäfen, an denen es zu einer Verkleinerung des Home Carriers kam, beantwortet werden. Für diesen Zweck wurden zwei Flughäfen, ein europäischer, Flughafen Zürich-Kloten, und ein US amerikanischer, Nashville International Airport, ausgewählt.

Die Beantwortung folgender Unterfragen ist notwendig, um die Forschungsfrage erarbeiten zu können, bzw. dienen sie dazu die Zielsetzung der Arbeit genauer zu definieren. Sie markieren die wesentlichen Schritte zur Erarbeitung der Aufgabenstellung.

- Welche Wirkungszusammenhänge bestehen zwischen Home Carrier, Flugangebot, Flughafen und Region? In welcher Weise wirkt der Flughafen auf die Region?
- Welche Auswirkungen durch die Verkleinerung des Home Carriers auf seinen Flughafen und die angrenzende Region lassen sich anhand der ausgewählten Beispiele identifizieren?
- Welche Rückschlüsse kann man daraus auf die Auswirkungen der Verkleinerung eines Home Carriers auf das Flughafen Einflussgebiet ziehen?

1.2 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei Hauptteile, den Theorie- und den Empirieteil. In Ersterem (Kapitel 2) werden die theoretischen Grundlagen, die Begriffsabgrenzungen und die Wirkungszusammenhänge zwischen den einzelnen Variablen erarbeitet. Es wird ein Gedankenmodell entworfen, um die Auswirkungen, die ein Flughafen auf die Region hat, erfassen zu können. Im Empirieteil (Kapitel 3) werden die beiden Flughäfen Zürich Kloten und Nashville International Airport näher betrachtet und die erarbeiteten theoretischen Grundlagen auf diese zwei Fälle angewandt. Durch diese zwei Fallstudien sollen Auswirkungen, die mit der Verkleinerung eines Home Carriers einhergehen, identifiziert werden. Anschließend werden in Kapitel 4 die gewonnen Erkenntnisse zusammengefasst. Es wird die Forschungsfrage beantwortet und ein Fazit gezogen.

2 Theorie

2.1 Begriffliche Abgrenzungen und Definitionen

Dieses Kapitel befasst sich mit begrifflichen Definitionen, welche als Basis für die vorliegende Arbeit dienen. Es wird geklärt, was unter einem Verkehrsflughafen (2.1.1), einem Home Carrier (2.1.4) und einem Hub Flughafen (2.1.5) zu verstehen ist. Anschließend wird die Erreichbarkeit (2.1.6) definiert, der räumliche Einflussbereich (2.1.7) abgesteckt und es werden die Nutznießer des Flugverkehrs (2.1.8) identifiziert. Zum Schluss werden in Kapitel 2.1.9 die Wirkungszusammenhänge der Variablen veranschaulicht.

2.1.1 Verkehrsflughafen

„Verkehrsflughäfen sind Knotenpunkte im Netz des Luftverkehrs und dienen der Ankunft, dem Abflug und der Bewegung von Flugzeugen am Boden zum Zwecke des Umschlags oder Transfers von Transportobjekten.“ (Kummer 2006: 131). Die Hauptaufgabe eines Flughafens ist es, Menschen bzw. Fracht einen Wechsel der Verkehrsmittel zu ermöglichen (vgl. Kummer 2006: 131-143; Klußmann und Malik 2007). Darüber hinaus zählt die Wegsicherung in der Luft und am Boden für Flugzeuge, sowie die Erbringung von Zusatzleistungen zu den Aufgaben von Flughäfen. Diese Geschäftsbereiche lassen sich in die zwei Gruppen Aviation und Non-Aviation einteilen, wobei das Gebiet Aviation noch die Teilsegmente Airport und Handling unterscheidet. Der Bereich Airport betrifft die Sicherstellung der infrastrukturellen und betrieblichen Rahmenbedingungen des Flugverkehrs. Diese umfassen unter anderem die Sicherstellung der Pisten-, Vorfeld- und Terminalkapazitäten sowie der landseitigen Ausstattung, die Bereitstellung der Flugsicherungseinrichtungen, die Vorfeld- und Terminalsicherheit und die Feuerwehr. Das Segment Airport beeinflusst maßgeblich die Kapazität eines Verkehrsflughafens. Die bestimmenden Faktoren sind sowohl die luftseitige (u.a. Konfiguration der Landebahnen, Qualität des Instrumentenlandesystems, Rollwege, Vorfeldkapazitäten, meteorologische Rahmenbedingen, Betriebszeiten), als auch die terminalseitige (Design der Terminalanlagen) und die landseitige Infrastrukturausstattung (u.a. Trennung der Verkehrsströme).

Der Bereich des Handlings beinhaltet alle Prozesse und Abläufe, die für die Abfertigung Theorie - Begriffliche Abgrenzungen und Definitionen nötig sind. Diese Dienstleistungen umfassen sowohl boden- als auch luftseitige Serviceleistungen. Unter anderem zählen die Flugplanung, meteorologische Beratung, Check-in, Sicherheitskontrollen, Kabinenreinigung, Catering und Be- bzw. Entladen der Flugzeuge zu dem Segment Handling.

Dem Bereich Non-Aviation sind alle Dienstleistungen zugeordnet, die den Flugverkehr nur mittelbar betreffen. Als solche sind die Gastronomiebereiche, die Hotellerie, die Haustechnik, der VIP Service oder die landseitige Verkehrsanbindung zu nennen. Da eine Entwicklung der Flughäfen von einfachen Verkehrsstationen hin zu Kommunikations- und Handelszentren zu beobachten ist, gewinnt das Segment Non- Aviation zunehmend an Bedeutung. Die reduzierte Abhängigkeit von aeronautischen Erträgen ist ein Vorteil dieser Diversifizierung (vgl. Droß und de Jong 2007: 6). Flughäfen sind nicht mehr allein von dem Erfolg der operierenden Fluggesellschaften und den Entwicklungen am internationalen Flugverkehrsmarkt abhängig, sondern können vermehrt Einnahmen über den Non-Aviation Bereich lukrieren.

Flughäfen bearbeiten zwei verschiedene Märkte, den regionalen Markt und den Transferpassagiermarkt (vgl. Bruinsma et al. 1999: 2). Der erstgenannte betrifft Reisende, deren Herkunft bzw. Destination in der Flughafenregion liegt. In großen Agglomerationen haben Passagiere die Möglichkeit, zwischen mehreren Flughäfen zu wählen. Dadurch entsteht Konkurrenz zwischen Flughäfen, insbesondere in den Bereichen des angebotenen Services und der Erreichbarkeit eines Flughafens. Im Bereich der Transferpassagiere kann ein Flughafen vor allem durch rasche Umschlagzeiten und kurze Distanzen zwischen den Terminals punkten.

2.1.2 Luftverkehrsgesellschaft

Eine Luftverkehrsgesellschaft ist ein Unternehmen, das zu kommerziellen Zwecken Passagiere bzw. Fracht mit Flugzeugen transportiert (vgl. Klußmann und Malik 2007: 185). Zur Messung der Leistungsfähigkeit einer Fluggesellschaft werden gewöhnlich Umsatz, Gewinn jährlich beförderte Passagiere oder Luftfracht, das Streckennetz bzw. der angebotene oder verkaufte Passagierkilometer heran gezogen. In dieser Arbeit werden die Begriffe Luftverkehrsgesellschaft, Fluggesellschaft, Fluglinie und Airline synonym verwendet.

2.1.3 Arten von Passagieren

Man kann verschiedene Arten und Kategorien von Passagieren unterscheiden. Einerseits kann man nach dem Zweck der Reise differenzieren andererseits ist eine Unterteilung nach der Art des Reisenden möglich. Um Statistiken richtig zu verstehen und zu erstellen ist es wichtig eine klare Abgrenzung zu treffen.

Zunächst werden Passagierströme abhängig von der Intention des Fluges in zwei Gruppen geteilt (vgl. Sager et al. 2000: 39 ff.).

- Privatreisen beschreiben Flüge, die aus persönlichen Motiven angetreten werden. Sie können in Verwandtschafts- bzw. Freundesbesuche und Ferienreisen unterschieden werden.
- Geschäftsreisen betreffen Flüge, die zur Verfolgung des Unternehmenszieles absolviert werden. Ihr Zweck ist es die Produktivität einer Firma zu steigern. Folgende Einteilung differenziert Passagiere nach ihrem Ursprungsland und der Reiseart, durch die sie an ihr Ziel gelangen.
- Lokales Fluggastaufkommen: Damit werden Transferpassagiere und jene Fluggäste, denen der betreffende Flughafen als Ursprungs- oder Zielflughafen dient, bezeichnet (vgl. Unique 2008: 50). Das bedeutet mit lokalem Flugaufkommen werden alle Passagiere außer Transitpassagiere beschrieben.
- Transitpassagiere: Darunter sind jene Fluggäste zu verstehen, die an dem betreffenden Flughafen einen Zwischenstopp einlegen. Anschließend setzen sie die Reise entweder in demselben Flugzeug, in dem sie angekommen sind, oder einem anderen mit derselben Flugnummer fort. Transitpassagiere werden nicht zweimal (Ankunft und Abflug) gezählt, sondern gehen nur einmal in die Statistik ein. Diese Gruppe ist nahezu immer von untergeordneter Bedeutung für einen Flughafen.
- Transferpassagiere: Diese Art von Fluggästen unterbricht ihre Reise am betreffenden Flughafen, um sie mit einer anderen Flugnummer fortzusetzen. Sie werden auch Umsteigpassagiere genannt. Sie werden zweimal erfasst, sowohl als Ankommende als auch als Abfliegende. Passagiere nutzen Umsteigverbindungen wenn die Reisezeit, der Preis bzw. die Flugfrequenz gegenüber anderen Flügen konkurrenzfähig sind. Transferpassagiere sind für die Analyse von großer Hubs von Bedeutung. Durch Transferpassagiere vergrößert ein Flughafen sein Einzugsgebiet und ist nicht nur auf lokale Reisende angewiesen (Medenbach 2006: 37). Durch sie werden Hubstrukturen auch in Regionen mit geringerer Population möglich. Viele Flughäfen generieren einen Großteil ihrer Einnahmen durch Transferpassagiere, deshalb herrscht starker Wettbewerb um sie.

2.1.4 Home Carrier

Home Carrier stellen eine besondere Art von Luftverkehrsgesellschaften dar, wobei man unter einer Luftverkehrsgesellschaft ein Unternehmen versteht, deren Geschäftsfeld der kommerzielle Transport von Passagieren und Fracht ist (vgl. Klußmann und Malik 2007: 135). „Home Carrier sind aus Sicht eines Flughafens eine oder mehrere Luftverkehrsgesellschaften, die an genau diesem Flughafen ihre Basis haben.“ (Klußmann und Malik 2007: 135) Oftmals ist die Heimatbasis einer Fluglinie ein Hub in seiner einfachsten Form (vgl. Pompl 2007). Diese Heimatbasis eignet sich besonders zur Weiterentwicklung und Förderung einer Hubbildung, weil an diesen Flughäfen bereits über eine Vielzahl an Slots verfügt wird. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass ein Home Carrier jene Fluglinie ist, die ein Hubnetzwerk betreibt.

Von einem Home Carrier ist ein Flag Carrier (auch National Carrier) zu unterscheiden. Als solche werden jene Fluggesellschaften bezeichnet, die eine herausragende Rolle für ein Land einnehmen (vgl. Klußmann und Malik 2007; Pompl 2006). Die meisten Länder der Welt, haben einen solchen Flag Carrier. Als Ausnahme ist die USA zu nennen. Flag Carrier sind in mehrheitlich staatlichem Eigentum, bzw. waren dies über einen langen Zeitraum hinweg. Oftmals nahmen sie eine Monopolstellung ein, die jedoch im Zuge der Liberalisierung der Luftfahrt beschnitten wurde. Durch diese Flag Carrier wird die Luftverkehrspolitik eines Landes, gegebenenfalls mit Hilfe hoher Subventionen, verfolgt und umgesetzten. Flag Carrier sind oftmals die Home Carrier der wichtigsten Flughäfen eines Landes.

2.1.5 Hub Flughafen

Es gibt keine eindeutige Definition für einen Airline-Hub (vgl. Button und Lall 1999: 79). Das Wort Hub kommt aus dem Englischen und bedeutet Nabe (vgl. Klußmann und Malik 2007: 135; Pompl 2006; Rothfischer 2007: 36). Im Deutschen werden oftmals synonym die Bezeichnungen Drehkreuz, Knotenpunkt oder Drehscheibe verwendet. Damit wird ein Flughafen beschrieben, an dem eine Vielzahl an Flügen einer Flugverkehrsgesellschaft zusammen laufen. Durch Zubringerflüge (sogenannte Spokes bzw. Speichen) werden die Passagiere zu einem Hub gebracht, von wo aus Kurz- und Langstreckenflüge zu einer Vielzahl von Destinationen starten. Fotheringham und O’ Kelly (1989: 171) beschreiben einen Hub folgendermaßen: „a type of facility located in a network in such a manner so as to provide a switching point for flows between other interacting nodes“. Ein solches Drehkreuz wird von einem oder mehreren Home Carriern betrieben. Diese Fluglinie hat genau an diesem Flughafen ihre Basis und verwendet ihn als Knotenpunkt an dem ihre Flüge zusammen laufen. Begründer des Trends zu Hub and Spoke Systemen waren die US Airlines in den späten 70er Jahren (Rothfischer 2007: 36).

Generell wird zur Bestimmung eines Hubs der Prozentsatz der Flüge, die durch ein beherrschendes Flugunternehmen durchgeführt werden, an der Gesamtflugzahl eines Flughafens betrachtet. Ab welchem Prozentsatz von einem Hub gesprochen werden kann, variiert zwischen den einzelnen Ländern und Institutionen. In den Vereinigten Staaten spricht das U.S. General Accounting Office von einem Hub, wenn der Flughafen zu den 75 meist frequentierten des Landes zählt und zumindest 60% aller Flüge durch eine einzige Fluggesellschaft bzw. 85% durch zwei Fluggesellschaften durchgeführt werden. Die Federal Aviation Administration (1990) hingegen klassifiziert Flughäfen in large Hubs, medium Hubs, small Hubs und Non-Hubs. Diese Unterteilung wird durch den Anteil, den ein Flughafen an der Gesamtheit aller abgefertigten Passagiere hat, bestimmt. Nachfolgende Graphik zeigt diese Gliederung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Hub Klassifizierung nach FAA

Quelle: Federal Aviation Administration 1990: V

Die größeren Fluggesellschaften betreiben in der Regel mehrere Hubs. Die Hauptmotivation zur Bildung eines Hubs liegt in der Kostenersparnis. Daneben entstehen durch die Bündelung des Verkehrs an einem zentralen Punkt folgende Vorteile:

Verbundseffekte: Diese entstehen durch die optimale Nutzung von Produktionsfaktoren und Synergieeffekten, die durch die gesteigerte Passagierund Frachtvolumina einhergehen.

Angebotseffekte: Ein Hub kann durch die gleiche Anzahl an Flügen mehr Destinationen anbieten als ein Non Hub Flughafen. Dies wird durch nachfolgende Graphik verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Vorteile eines Netzwerks

Quelle: Pompl 2006: 170

Verstärkt wird dieser Effekt durch Frequent Traveller Programme, da diese das Benützen derselben Airline attraktiver machen.

Marktausschöpfung: Durch das Zwischenschalten eines Hubs kann man den Markt in einem wesentlich größeren Umfang ausschöpfen, da auch wenig frequentierte Ziele miteinander verbunden werden können.

Fortress Effekte: Ein etablierter Hub stellt einen schwer imitierbaren Wettbewerbsvorteil dar. Sowohl die benötigten Investitionen in die Infrastruktur, als auch die notwendigen Slots sind nur schwer aufzubringen bzw. organisierbar. Deshalb errichten Fluglinien oftmals an ihrem Heimatflughafen ihren Hub, da sie dort gegenüber anderen Fluggesellschaften einen Vorteil in Bezug auf bereits erworbene und zukünftig zu erwerbende Slots haben.

Diesen Vorteilen stehen auch einige Nachteile von Hubs gegenüber:

Reisezeit und -komfort: Durch das Umsteigen am Hubflughafen erhöht sich die Reisezeit im Vergleich zu Direktflügen und der Flugkomfort sinkt.

Kapazitätsauslastung: An einem Hubflughafen kommt es in der Regel zu unausgewogenen Kapazitätsauslastungen, da der Flugverkehr in Wellen stattfindet und es mehrmals täglich zu Spitzen kommt. Die Infrastruktur muss dementsprechend angepasst sein, um diese Verkehrsspitzen rasch und zügig bewältigen zu können.

Wettbewerbsintensität: Die Überpräsenz einer Airline kann zu vermindertem Wettbewerb und hohen Flugpreisen führen.

Störfälle: Kommt es am Hubflughafen zu Störfällen breiten sich diese auf das gesamte Streckennetz aus. Hubs sind besonders anfällig auf Störfälle, da sie stark ausgelastet, teilweise sogar überlastet, sind.

Streckenkosten: Diese sind bei Umsteigverbindungen höher als bei Non Stop Flügen.

Abhängigkeit: Der Hub Flughafen ist von einer oder zwei Fluglinien stark abhängig. Sowohl deren Netzwerkentscheidungen als auch finanzieller Erfolg der Airline haben maßgeblichen Einfluss auf das Drehkreuz (vgl. Kanafani und Ghobrial 1984: 17).

Hubs sind von strategischer Bedeutung für Mega City Regionen (vgl. Droß und de Jong 2007: 5). Sie helfen dabei internationale Unternehmen in eine Region zu locken bzw. in dieser zu halten. Als Beispiel kann die deutsche Dependance von Microsoft in direkter Nähe zum Münchner Flughafen genannt werden.

Man kann zwischen zwei Gruppen von Passagieren eines Hubflughafens unterscheiden (vgl. Button und Lall 1999: 82). Erstens die Transferreisenden, die den Flughafen nur als Umsteigeort nutzen, und den Großteil des Passagieraufkommens ausmachen. Für diese Gruppe stellt die Dominanz eines Carriers an einem Hubflughafen kein Quasi- Monopol dar, weil sie frei zwischen mehreren Hubs wählen können und nicht auf einen bestimmten angewiesen sind. Die zweite Gruppe von Passagieren sind die Einwohner der Region um den Hubflughafen. Diese sind die Leidtragenden, wenn eine Hubfluggesellschaft ihre Machtposition ausnutzt. Sie haben in vielen Fällen keine Ausweichmöglichkeit auf einen Alternativflughafen bzw. wäre dies mit erheblichen Umständen verbunden, und deshalb müssen sie ihren Heimatflughafen nutzen.

Größere Flughäfen besitzen oft natürliche Hub Eigenschaften (vgl. Maurer 2002: 320). Durch die große Anzahl an Flugverbindungen entstehen attraktive Umsteigverbindungen, ohne dass eine Airline bewusst diese Drehscheibenfunktion forciert. Diese informellen Knotenpunkte lassen sich zu Hubsystemen ausbauen. Beschließt eine Fluglinie eine neue Drehscheibe aufzubauen, sind unter anderem folgende Kriterien für den Standort dieses neuen Hubs entscheidend:

- geographische Lage
- bestehende Eigen- und Konkurrenzhubs der Airline
- Wettbewerbssituation, Anbindung an bestehendes Verkehrssystem
- größe des Lokalmarktes und des Einzugsgebietes
- problemloses schnelles Umsteigen

Das Gegenteil, das eine Fluglinie beschließt einen bestehenden Hub aufzugeben, ist ebenfalls möglich und bereits mehrmals geschehen. Dieses Phänomen wird „Dehubbing“ genannt. In Amerika lässt sich ein Trend hin zu wenigen, sehr großen Drehscheiben mit hohem Slotanteil beobachten. Nachfolgende Tabelle zeigt eine Zusammenfassung aufgebauter und aufgegebener amerikanischer Hubs sortiert nach den bedeutendsten Fluglinien.

Tabelle 1: Entwicklung amerikanischer Hubs

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Maurer 2002: 321

2.1.6 Erreichbarkeit und Flugangebot

In direktem Zusammenhang zu Flughäfen steht Erreichbarkeit. Diese zu generieren ist Hauptaufgabe einer Verkehrsstation. Erreichbarkeit ist die deutsche Übersetzung des englischen Wortes „access“ und „beschreibt die Möglichkeit mit jemanden oder etwas Kontakt aufzunehmen“ (Medenbach 2006: 72). Bleisch (2004: 9-16) definiert Erreichbarkeit als „die Anzahl an Möglichkeiten für das ökonomische oder soziale Leben, die mit vertretbarem, dem Zweck entsprechenden Aufwand zugänglich sind“. Erreichbarkeit bezieht sich also auf die Dimension der Verkehrsstation und welche Vorteile mit ihr einhergehen. Die Qualität eines bestimmten Punktes im Raum ergibt aus seinen verkehrlichen Beziehungen zu anderen Punkten. Diese Erreichbarkeit ist für die Standortqualität einer Region entscheidend. Von besonderer Bedeutung für Flughäfen ist die Personenerreichbarkeit, da zwar Just-in Time Lieferungen zunehmend an Bedeutung gewinnen, jedoch gesamtwirtschaftlich nur wenig Gewicht haben. Erreichbarkeit kann in innerregionale und überregionale unterteilt werden. Für den Flugverkehr ist die zweite Variante von Interesse, da Zugang bzw. Nutzungsmöglichkeiten anderer Regionen, welche wesentliche Vorteile des Flugverkehrs darstellen, überregionale Erreichbarkeit maßgeblich bestimmen. Die überregionale Erreichbarkeit lässt sich wiederum in interkontinentale, welche einen weltweiten Bereich beschreibt, und interregionale unterscheiden. Diese Unterteilung hat für die Differenzierung von Geschäftsreisetypen Bedeutung. Interregional sind Flugverbindungen, die auf Tagesmeetings mit Anreise in der Früh und Rückreise am Abend ausgerichtet sind, von Interesse. Interkontinentale Geschäftsreisen dauern mehrere Tage und sind nicht durch alternative Verkehrsmittel zu ersetzen. Bei dieser zweiten Gruppe spielt die geographische Lage eines Ortes kaum eine Rolle. Die Qualität wird durch den Zugang zu interkontinentalen Flügen bestimmt. Als Folge ist die Region in Bezug auf ihre interkontinentale Erreichbarkeit von den Flugplänen der großen Fluggesellschaften, die ein Drehkreuz maßgeblich beeinflussen, abhängig. Es ist jedoch zu beachten, dass eine verbesserte Erreichbarkeit nicht nur positive Effekte generiert. Durch die optimierte Anbindung eines Ortes können auch vermehrt Konkurrenten in den Heimatmarkt eindringen. Dadurch sehen sich heimische Produzenten einem, möglicherweise übermächtigen, Konkurrenzdruck gegenüber. Konsumenten können von dieser Entwicklung jedoch profitieren.

Die eben beschriebene Erreichbarkeit wird durch das an einem Flughafen zur Verfügung stehende Flugangebot generiert. Das Flugangebot wird mit der Bedeutung des Begriffs „Streckennetz“ verwendet. Es bezieht sich auf die Anzahl der angebotenen Destinationen bzw. die Summe aller Flugverbindungen ausgedrückt in Kilometer. Mit einem größeren Flugangebot geht eine gesteigerte Erreichbarkeit und bessere Anbindung an den Rest der Welt einher.

2.1.7 Räumlicher Einflussbereich

Der räumliche Einflussbereich eines Flughafens kann sehr ausgedehnt sein, jedoch wirkt er auf unterschiedlich weit entfernte Regionen in ungleicher Weise. Haynes und Fotheringham (1988: 9 ff.) beschreiben in ihrem Gravitationsmodell, dass die Stärke des Einflusses und der Anziehungskraft eines Ortes auf einen anderen von der Distanz zwischen den zwei Punkten abhängt. Orte werden nicht als absolute sondern als relative Punkte um Raum betrachtet. Mit Hilfe dieses Modells können die Wechselwirkungen zwischen zwei Orten festgestellt und dadurch u.a. Passagierströme oder Frachtaufkommen abgeschätzt werden (vgl. Müller et al. 2000: 189).

Um das Gebiet, auf welches ein Flughafen Einfluss ausübt, zu untergliedern, eignet sich auch Hilsingers (1976) Einteilung in Umland, Hinterland und Einflussgebiet. Dieses ist ein wesentlich statischeres Modell als der Gravitationsansatz, jedoch ist es dadurch einfacher zu handhaben. Durch diese simplere räumliche Differenzierung ist es möglich relativ leicht und übersichtlich festzustellen, auf welche Regionen die Veränderungen des Home Carriers und des Flugangebots wie starke Auswirkungen haben.

Flughafen Umland: Dieses ist von Unternehmen geprägt, die ihre Tätigkeit auf den nahe gelegenen Flughafen ausgerichtet haben. Die unmittelbare Nähe stellt einen entscheidenden Standortfaktor dar. Hierzu zählen unter anderem Zuliefer- und Versorgungsbetriebe für den Flughafen oder Speditionsunternehmen. Es gibt jedoch auch Betriebe, die kaum oder gar keinen Bezug zum Flughafen besitzen. Als Arbeitshypothese wird angenommen, dass das Umland von den drei Gebieten jenes ist, das am stärksten von dem nahe gelegenen Flughafen beeinflusst wird und die Auswirkungen der Verkleinerung eines Home Carriers bzw. der Drehscheibenfunktion direkt spürt.

Flughafen Hinterland: Hier befinden sich kaum Zulieferbetriebe für den Flughafen. Dennoch stellt dieser einen wichtigen Standortfaktor für das Hinterland dar. Die Unternehmen nutzen sowohl die transportwirtschaftlichen Vorzüge als auch die interpersonellen Austauschmöglichkeiten zu ihrem Vorteil. Hypothese dieser Arbeit ist, dass Veränderungen des Flugangebots auf diesen Bereich ebenfalls Einfluss haben, dieser allerdings eher indirekt zu spüren ist.

Flughafen Einflussgebiet: Das Einflussgebiet weist keinen direkten wirtschaftlichen Zusammenhang zu dem nahe gelegenen Flughafen auf. Unternehmen, die in diesem Bereich angesiedelt sind, nutzen zwar den Flughafen als Verkehrsstation, jedoch hat dieser keine unmittelbar standortprägende Kraft auf das Flughafen Einflussgebiet. Überwiegend werden Langstreckenflüge nachgefragt, da diese eine längere Anreisezeit rechtfertigen. Auf Grund der Tatsache, dass nur lose Verbindungen zwischen dem Flughafen und dem Einflussgebiet bestehen, wir in weiterer Folge von der Hypothese ausgegangen, dass Veränderungen des Home Carriers des Flughafens nur teilweise Auswirkungen haben. Kommt es zu Veränderungen der Kurz- bzw. Mittelstreckenflüge ist dies für das Einflussgebiet kaum spürbar. Lediglich die Langstreckenflüge bzw. Interkontinentalverbindungen sind von Interesse. Werden diese nicht mehr angeboten, verkleinert sich das Einflussgebiet. Die potentiellen Passagiere weichen auf einen anderen Flughafen aus, der das gewünschte Serviceangebot bietet. Dadurch wird das Einflussgebiet eines Flughafens zum Einflussgebiet eines anderen. Im Weiteren wird davon ausgegangen, dass der Einflussbereich den Einzugsbereich eines Flughafens darstellt.

Eine trennscharfe Unterscheidung der drei Regionen ist nur schwer möglich und auch eine Abgrenzung zu anderen Flughäfen ist nicht immer einfach. Die Einflussbereiche unterschiedlicher Flughäfen können sich überschneiden bzw. kann das Einflussgebiet des einen Flughafens, das Hinterland eines anderen sein. Welchen Flughafen ein Passagier wählt, der sich im Einflussgebiet mehrerer Flughäfen befindet, hängt unter anderem davon ab, welcher zu einer bestimmten Destination die beste Verbindung aufweist (vgl. Rößger et al. 1970). Diese wird über den Bedienungswert gemessen[1]. Geht mit der Verkleinerung eines Home Carriers eine Reduktion des Bedienungswertes einher, verliert ein Flughafen an Konkurrenzfähigkeit und Passagiere, die mehr als einen Flughafen zur Auswahl haben, gehen als Kunden verloren.

2.1.8 Nutznießer des Luftverkehrs

Die Entwicklungen und Veränderungen der Luftverkehrsinfrastruktur haben Einfluss auf unterschiedliche Interessensgruppen (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie 2000: 9). Diese lassen sich in vier Fraktionen unterteilen.

- Primäre Nutznießer: Diese sind die tatsächlichen Verkehrsteilnehmer, die die Flugverkehrsleistungen in Anspruch nehmen. Sie sind direkt von Veränderungen des Home Carriers und möglichen einhergehenden Angebotsreduktionen betroffen. Ihr Nutzen ergibt sich aus der Reisezeit- bzw. Transportkostenersparnis und dem Fahr- bzw. Frachtpreis.
- Sekundäre Nutznießer: Sie profitieren vom Erlös des Verkehrssystems, also dem Gewinn, den der Flughafen abwirft. Auch auf diese Gruppe hat eine Veränderung des Verkehrsaufkommens eine direkte Wirkung.
- Tertiäre Nutznießer: Diese dritte Gruppe repräsentiert die Eigentümer bzw. Nutzer von Standorten, die durch die Verkehrsinfrastruktur profitieren. Sie haben Vorteile durch die verbesserte Erreichbarkeit, die der Flughafen bietet.
- Quartäre Nutznießer: Diese sind die Gebietskörperschaften bzw. deren Regierungen. Ihr Nutzen entsteht durch die Standort- und Erreichbarkeitseffekte die mit Flughäfen einhergehen.

2.1.9 Wirkungszusammenhänge

Das letzte Unterkapitel dient dem Zweck die Wirkungszusammenhänge der eben vorgestellten Variablen zu veranschaulichen. Diese Arbeit ist der nachfolgenden Annahme über Einflussnahme und Auswirkungen der einzelnen Faktoren zugrunde gelegt.

Abbildung 3: Wirkungszusammenhänge

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Den Ausgangspunkt stellen die Fluglinien, insbesondere der Home Carrier eines Flughafens dar. Diese generieren das zur Verfügung stehende Flugangebot und Streckennetz, welche wiederrum direkt die Erreichbarkeit beeinflussen. Flugangebot und Erreichbarkeit sind die wesentlichen Merkmale des Flughafens und maßgeblich für die Vorteile, die mit diesem einhergehen, verantwortlich. Als letzter Teilbereich des hier entworfenen Modells wirkt die Verkehrsstation Flughafen auf die Region und gestaltet diese maßgeblich mit. In welcher Weise dies geschieht wird im Kapitel „Einfluss und Bedeutung von Flughäfen“ erläutert. Zwischen den einzelnen Variablen herrscht Interaktion und so wirkt die Beschaffenheit, Wirtschaftsstruktur und Attraktivität einer Region zurück auf den Flughafen, das Flugangebot und die Airline[2].

2.2 Geschichtlicher Abriss der Luftverkehrspolitik

Heutzutage gibt es nur vereinzelt Regulierungen in der Luftfahrtindustrie. Größtenteils herrscht freier Wettbewerb. Als Folge dessen ist die Branche relativ volatil und Flughäfen, Flugnetzwerken und Einzugsgebiete sind ständigen Veränderungen unterworfen. Das war jedoch nicht immer so. Erst in den letzten Jahrzehnten kam es zu einer Liberalisierung der Luftverkehrsmärkte. Diese ging von den Vereinigten Staaten aus (vgl. Pompl 2007: 397 ff.). Bis in die 70er Jahre war der Luftverkehrsmarkt in den USA strikt reguliert. Die Luftfahrt wurde als „ziviles Militär“ betrachtet und dementsprechend streng kontrolliert. Dem Civil Aeronautics Board (CAB) kamen marktregulierende Aufgaben zu. Unter anderem war es dafür zuständig, destruktive Konkurrenz zu verhindern und den Missbrauch von monopolistischer bzw. oligopolistischer Macht nicht zuzulassen. Zu diesem Zweck wurden in- und ausländische Fluggesellschaften lizenziert, Tarife überwacht, Flugrouten bestimmt und Subventionen verteilt. Da sich in den 70er Jahren die wirtschaftliche Situation der Fluggesellschaften auf Grund von Überkapazitäten, gestiegenen Treibstoffkosten und rückläufiger Nachfrage stark verschlechterte, wurde eine Liberalisierung der Branche immer attraktiver. Insbesondere versprach man sich eine Senkung des Tarifniveaus, einen Anstieg des Leistungsangebots, eine Optimierung des Streckennetzes und vermehrten Wettbewerb. Jedoch gab es auch einige Kritiker, die eine Verschlechterung sowohl für die Fluggesellschaften als auch für die Kunden befürchteten. Sie warnten vor ruinösem Preiswettbewerb, sinkendem Leistungsangebot für kleinere Orte und auf weniger rentablen Strecken, einer Erhöhung der Produktivität zu Lasten des Personals, Entwicklung von monopolistischen Marktstrukturen und einer Reduktion der Sicherheit durch Kosteneinsparungen. Ihre Anfänge nahm die Deregulierung 1972 als das CAB wettbewerbsorientierte Tarife teilweise zuließ. Der zweite Schritt folgte 1975 als die Charterflugbestimmungen gelockert und Aufnahme neuer Strecken erleichtert wurden. Zu der ausschlaggebenden Veränderung kam es 1978 indem der Airline Deregulation Act beschlossen wurde. Durch dieses Gesetz wurde das CAB aufgelassen und seine verbleibenden Aufgabenbereiche wurden dem Department of Transportation (DOT) übertragen. Das aus dem Airline Deregulation Act resultierende System ist heute immer noch vorzufinden und weißt folgende Charakteristika auf:

- Die Tarifgestaltung obliegt seit 1983 allein den Fluglinien.
- Die Netzwerkplanung liegt im alleinigen Entscheidungsbereich der Airlines. Jedoch kann das Verkehrsministerium das Aufrechterhalten von Routen anordnen und subventionieren.
- Der Flugverkehrsmarkt unterliegt den Anti Trust Gesetzen.
- Die FAA setzt weiterhin die Sicherheitsbestimmungen fest.
- Der Vertrieb der Flugtickets ist ebenfalls dereguliert.

Die Deregulierung führte teilweise zu den erwünschten Ergebnissen. Die durchschnittlichen Flugpreise fielen und die Konkurrenzsituation verschärfte sich nur in Maßen, die Sicherheit verschlechterte sich nicht und die Produktivität stieg durch die Optimierung der Streckennetzwerke an. Das Leistungsangebot konnte wesentlich verbessert werden. Die Fluglinien formten Hub and Spoke Netzwerke, um Passagierströme zu bündeln. Dies führte zu einer drastischen Zunahme des Passagieraufkommen an Hub Flughäfen und zu einer Reduktion der Konzentration auf Städtepaare (vgl. Wiezorek 1998: 102).

Nachdem in den USA die Deregulierung umgesetzt wurde und die ersten Ergebnisse positiver Natur waren, wurde diese auch international forciert. In Europa begann 1984 Großbritannien als erstes Land ernsthafte Bestreben hin zu einem freien Luftverkehrsmarkt zu verfolgen. Die Europäische Union (EU) verabschiedete 1987 das erste Liberalisierungspaket, welches die Einführung von Diskonttarifen und die Aufhebung der strikten Kapazitätsverhältnisse beinhaltete. Diesem folgte ein zweites im Jahr 1990, wodurch die Margen der Diskonttarife weiter ausgeweitet wurden. Die vollständige Liberalisierung erfolgt 1992. Nachstehende Tabelle beschreibt die acht Grundfreiheiten des Luftverkehrs.

Tabelle 2: Grundfreiheiten des Luftverkehrs

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Europäisches Parlament 2001

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es durch die Umstrukturierungen in Netzwerken, Fusionen zwischen Fluglinien und freie Tarifgestaltungmöglichkeiten zu Veränderungen des Flugangebots an Flughäfen kam. „In den ersten Jahren der Deregulierung begannen die Luftfahrtunternehmen damit, ihr Streckennetz in Hub and Spoke Systeme umzuwandeln.“ (Wiezorek 1998: 67). An bestimmten Plätzen stieg das Flugangebot stark an, an anderen reduzierte es sich. Der Bedienungswert von Flughäfen, und damit einhergehend ihre Zentralitätsstufe, veränderte sich bzw. ist dieser immer noch Änderungen unterworfen, da die Luftverkehrsbranche eine recht volatile ist.

2.3 Einfluss und Bedeutung von Flughäfen

"Airports play a vital role not only within the macro environment of transportation, but also in the process of increasing the quality of life of their regional economies directly participating in wealth creation. They can thus be considered as leading players in regards to economic, productive, tourist and commercial upgrades of a territory, thanks to the multiplier effect in the number of potential business transactions they may stimulate." (Jarach. 2005: 1)

Der Einfluss, den ein Flughafen auf eine Region ausübt, ist von vielfältiger Natur. Die Bedeutung eines Flughafens kommt durch transportwirtschaftliche Auswirkungen, den volkswirtschaftlichen Einfluss oder den regionalen Nutzen zum Ausdruck (vgl. Butler und Kiernan 1992: 2). Diese drei Wirkungsbereiche werden in den Kapitel 2.3.1, 2.3.2 und 2.3.3 vorgestellt. Anschließend wird in 2.3.4 erläutert inwiefern ein Flughafen einen Standortfaktor darstellt und welche wettbewerbspolitische Auswirkung er auf eine Region hat. Diesen vier positiven Einflussgebieten stehen allerdings auch Nachteile gegenüber. Diese werden in Kapitel 2.3.5 näher betrachtet. Auf Basis dieser fünf Einflussgebiete können Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen, die durch die Entwicklung eines Flughafens entstehen, gezogen werden. Das letzte Unterkapitel „2.3.6 Unterschiedliche Auswirkungen durch Hub und Non-Hub Flughäfen“ befasst sich mit den divergierenden Folgen von Punkt zu Punkt Flughäfen und solchen mit Drehkreuzfunktion. Es werden die Bedeutung und Konsequenzen, die mit Hubs im Gegensatz zu Non-Hubs einhergehen, betrachtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Einfluss und Bedeutung von Flughäfen auf die Region

2.3.1 Transportwirtschaftliche Auswirkungen

"Airports assure significant logistic support in the movement of both short, medium and long-haul passengers and goods to and from a specific geographic area, acting as a gateway of inbound and outbound business and touristic traffic for a territory." (Jarach 2005: 2) Flughäfen spielen eine entscheidende Rolle für die verkehrsmäßige Anbindung eines Landes, da durch sie schneller Austausch und Interaktionen mit vielen Teilen der Welt sicher gestellt werden.

Der transportwirtschaftliche Nutzen entsteht größtenteils durch die gesparte Zeit und die verringerten Kosten im Vergleich zu der nächstbesten Alternative (vgl. Butler und Kiernan 1992: 5). Durch folgendes Modell können die transportwirtschaftlichen Auswirkungen eines Flughafens erfasst und gemessen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Transportwirtschaftlicher Nutzen eines Flughafens

Quelle: Butler, S. und Kiernan, L. 1992: 6

Es soll der Nutzen eines Flughafens, der in Punkt A angesiedelt ist, gemessen werden. Der nächstbeste alternative Flughafen ist C. Ausgangspunkt der Reise oder des Transportes ist Punkt O und die Destination ist B. Der Zeitvorteil entsteht durch die verkürzte Anreisezeit von O nach Punkt A im Gegensatz zu der längeren Anreisezeit zu Punkt B. Darüber hinaus gibt es möglicherweise Zeitvorteile durch die Veränderung der Länge der Flugstrecke zur Destination. Die ersparte Zeit multipliziert mit der Anzahl der Transporte bzw. Passagierreisen, mal dem Wert der Zeit ergibt den gesamten Zeitvorteil. Die Kostenvorteile ergeben sich durch verkürzte Anreisezeit zum Flughafen. Darüber hinaus beeinflussen der gesteigerte Komfort, die Annehmlichkeiten und die höhere Sicherheit, die mit Flugverkehr einhergehen, den transportwirtschaftlichen Nutzen. Negativ stehen diesen Vorteilen die begrenzte Transportkapazität, das Erfordernis einer relativ aufwendigen Bodeninfrastruktur und die notwendige Eingliederung in intermodale Transportketten gegenüber (vgl. Kummer 2006: 78, 79).

2.3.2 Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Rößger et al. (1970: 39) messen den volkswirtschaftlichen Einfluss eines Flughafens durch die Unterscheidung eines Flughafens als Unternehmung und als Verkehrsstation. Bei ersterem Teilbereich werden alle am Flughafengelände tätigen Betriebe zu einer Einheit, einer Unternehmung, zusammengefasst. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Unternehmung ergibt sich durch das Bereitstellen von Arbeitsplätzen, die wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Betrieben und durch betriebsnotwendige Anlagen als standortbestimmender Faktor für andere Wirtschaftseinheiten. Der zweite zu betrachtende Bereich, der Flughafen als Verkehrsstation, wird die Verkehrswertigkeit der Flugzeuge, die Verkehrswege und die Bedienung des Flughafens untersucht.

Ein neuerer Ansatz des Airport Council International (ACI) schlägt folgendes Modell vor: Der volkswirtschaftliche Einfluss eines Flughafens soll anhand von vier Gruppen festgestellt werden (vgl. Hume und Manson 2000: 7; Butler und Kiernan 1992: 15-26; Peter et al. 2006: 7). Zunächst gibt es die direkten Effekte, welche unmittelbar durch den Flughafen entstehen. Zusätzlich wirken Flughäfen auch noch über zwei andere Wege positiv auf die Wirtschaft, indirekte und induzierte Effekte, und haben Einfluss auf die Standortattraktivität der Region.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Wirtschaftliche Bedeutung von Flughäfen

Quelle: Hume und Manson 2000: 2

Direkte Effekte: Diese ergeben sich durch die Tätigkeiten des Flughafens, der Fluggesellschaften, der Geschäfte, der Gastronomie und des Flughafenmanagements. Der direkte Effekt umfasst somit die gesamte Beschäftigung und Wertschöpfung, die auf dem Areal oder in der angrenzenden Region des Flughafens generiert werden und die ohne den Flughafen nicht entstanden wären. Generell gilt jenes Gebiet, welches durch 20 Minuten Fahrtzeit erreichbar ist, noch als angrenzendes Areal. Beispiele für direkte Tätigkeiten des Flughafens sind Instandhaltung und Wartung der Flugzeuge, Transportunternehmen, Catering, Autoverleih oder Restaurants.

Indirekte Effekte: Diese betreffen vorbereitende oder Hilfstätigkeiten für die direkten Effekte, die (fast immer) außerhalb des Flughafenterritoriums, jedoch für den Flughafen erstellt werden. Darunter fallen unter anderem Reisebüros, Hotels oder die Flugzeugindustrie. Theoretisch betreffen indirekte Effekte ebenfalls Tätigkeiten, welche ohne den Flughafen nicht stattfinden würden. Dazu wäre es jedoch nötig, das Passagieraufkommen in zwei Gruppen zu unterteilen, in jene, die ohne den Flughafen nicht kämen und jene, die unabhängig vom Flughafen anreisen. Dies geschieht in der Praxis jedoch nicht, wodurch es zu unscharfen Unterteilungen der Effekte kommt.

Induzierte Effekte: Sie ergeben sich durch die Multiplikatorwirkung der direkten und indirekten Effekte. Das gesteigerte Einkommen durch die zusätzlichen Arbeitsplätze führt zu vermehrten Konsumausgaben, welche wiederum in Beschäftigung und Wertschöpfung resultieren. Induzierte Effekte treten sowohl regional als auch national und global auf.

Katalytische Effekte: „The economic importance of airports stems not only from the fact that they are major generators of economic prosperity, but also because they can act as magnets for a wide range of economic activities. “ (ACI 2000: 15) Durch diese katalytischen Effekte werden die wirtschaftlichen Folgen der besseren Erreichbarkeit einer Region beschrieben. Sie entstehen sowohl durch zusätzliche Konsumausgaben von Touristen und Geschäftsreisenden als auch durch die Wertschöpfung angesiedelter Unternehmen. Durch einen internationalen Flughafen werden Direktinvestitionen angelockt, bestehende Unternehmen gehalten, der Export gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert. Diese katalytischen Effekte sind jedoch nur sehr schwer messbar und werden hauptsächlich qualitativ beschrieben. Dies kann durch eine Vielzahl von Instrumenten geschehen, zum Beispiel durch Umfragen bezüglich der Einstellung gegenüber Wirtschaftsstandorten, Befragungen über wesentliche Standortfaktoren oder Befragungen über die Auswirkung von Flughäfen auf die Standortentscheidung. Darüber hinaus fallen auch andere positive Implikationen, die durch Flughäfen entstehen, in die Kategorie der katalytischen Effekte. Dazu zählen die Weiterentwicklung von Wissen und Fähigkeiten, die Innovationsförderung und die Integration isolierter Regionen und Gesellschaften.

Diese Gliederung des ACI in verschiedene Wirkungsbereiche, die auf eine Region Einfluss nehmen, erinnern an regionale Input-Output Analysen (I-O Analysen) (vgl. Maier et al. 2006: 41 ff.). Diese arbeiten ebenfalls mit direkten und indirekten Effekten sowie der Leontieff Inverse, welche starke Ähnlichkeiten zu den induzierten Effekten aufweist[3].

[...]


[1] „Der Bedienungswert dient als Sammelbegriff für die an einem Flughafen angebotenen Leistungen und wird durch die Parameter: Angebotenes Streckennetz, angebotene Non-Stop Verbindungen, angebotene Direktverbindungen (Zwischenlandung ohne Umsteigen) sowie Angebot an Anschlussflügen mit nützlichen Umsteigzeiten definiert.“ (Trumpfheller 2006: 113)

[2] Dieses Gedankenmodell ist dem Konfigurationsansatz, einer systemischen Theorie, zugrunde gelegt (vgl. Mugler 2008: 153). Durch das Zusammenwirken der Variablen entwickelt sich das System, in vorliegendem Fall das regionale Einflussgebiet des Flughafens, weiter.

[3] Jedoch beschreiben die direkten und indirekten Effekte der Input-Output Analyse andere Bereiche als jene des ACI (vgl. Maier et al. 2006: 45 ff.). Im I-O Modell zählen im Gegensatz zum ACI Modell Vorleistungen zu den direkten Effekten. Erst die Vorleistungen der Vorleistungen werden zu den indirekten Effekten gerechnet.

Fin de l'extrait de 107 pages

Résumé des informations

Titre
Regionale Auswirkungen der Verkleinerung eines Home Carriers
Université
Vienna University of Economics and Business  (Regional- und Umweltwirtschaft)
Note
1,00
Auteur
Année
2010
Pages
107
N° de catalogue
V166644
ISBN (ebook)
9783640861231
ISBN (Livre)
9783640861415
Taille d'un fichier
2280 KB
Langue
allemand
Mots clés
Flughafen, Flughafenumland, Fluglinie, Flughafen Zürich Kloten, Nashville International Airport, Swissair
Citation du texte
Simone Reischer (Auteur), 2010, Regionale Auswirkungen der Verkleinerung eines Home Carriers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166644

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