Nach dem ersten Weltkrieg stand die junge deutsche Republik vor der Herausforderung, den wirtschaftlichen Rückstand aufzuholen. Dazu war der Aufbau effektiver, stabiler und sozial verträglicher Strukturen erforderlich. In den frühen Tagen der Weimarer Republik wurden entscheidende Fortschritte in der Entwicklung des deutschen Arbeitsrechts erzielt, allem voran die verfassungsrechtliche Kodifizierung der Koalitionsfreiheit und der Tarifautonomie. Allerdings war die Freiheit bei der Gestaltung der Arbeits- und Lohnbedingungen durch die staatliche Schlichtung eingeschränkt.
Der Gedanke zur Begründung der sozialpolitischen Eingriffe des Staates war, dass, wenn sich schon die im marktwirtschaftlichen Wirtschaftsprozess zwischen den Arbeitsmarktparteien auftretende Konflikte nicht vermeiden ließen, zumindest Regelungsmechanismen existieren sollten, um die Lösung dieser Konflikte zu erleichtern. Jedoch höhlten diese staatlichen Eingriffe die Tarifautonomie aus und entwickelten sich zunehmend zu einem Instrument der Verdrängung der Tariffreiheit. Jahre der politischen und wirtschaftlichen Instabilität in Verbindung mit schweren Arbeitskämpfen führten schließlich zu einer negativen Bilanz der Tarifautonomie.
Warum bewährt sich die Tarifautonomie jedoch heute und nicht in jener Zeit, in der dieses Selbstverwaltungsrecht der Tarifparteien gerade erst errungen und verfassungsrechtlich garantiert worden war?
In der vorliegenden Arbeit soll die historische Entwicklung der Tarifautonomie in der Weimarer Republik dargestellt werden. Das staatliche Schlichtungswesen spielt dabei eine wichtige Rolle, da dieses Instrument dem Staat erhebliche Eingriffe in die Tarifautonomie der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände ermöglichte. Dazu ist es zunächst nötig, die historischen Wurzeln der Tarifautonomie zu beleuchten. Ferner wird die Bedeutung der Weimarer Verfassung dargestellt. Daran schließt sich, mit dem Überblick über die schlichtungsbezogene Gesetzgebung, die Entwicklung der Tarifautonomie und des Schlichtungswesens an. Der Ruhreisenstreit markiert ein entscheidendes Kapitel in dieser Entwicklung. Ferner wird auf die Maßnahmen der Regierungen unter Brüning, von Papen und von Schleicher zwischen 1930 und 1932 eingegangen. Im neunten Kapitel wird auf den Funktionswandel der Schlichtung eingegangen und die Stellungnahmen der Arbeitsmarktparteien dargestellt. Der abschließende Teil der Arbeit fasst die gewonnenen Erkenntnisse noch einmal zusammen.
Inhaltsverzeichnis
- Entwicklung der Tarifautonomie.....
- Historischen Wurzeln………………………………….
- GESETZ ÜBER DEN VATERLÄNDISCHEN HILFSDIENST 1916.
- ZENTRALE ARBEITSGEMEINSCHAFT
- VERFASSUNGSRECHTLICHE ASPEKTE
- VERORDNUNG ÜBER TARIFVERTRÄGE VOM 23.12.1918.
- DEMOBILMACHUNGSVERORDNUNGEN.
- VERORDNUNG ÜBER DIE EINSTELLUNG UND ENTLASSUNG VON ARBEITERN UND ANGESTELLTEN IN DER ZEIT DER WIRTSCHAFTLICHEN DEMOBILMACHUNG VOM 03.09.1919.. ..
- VERORDNUNG ÜBER DIE EINSTELLUNG UND ENTLASSUNG VON ARBEITERN UND ANGESTELLTEN IN DER ZEIT DER WIRTSCHAFTLICHEN DEMOBILMACHUNG VOM 12.02.1920........
- VERORDNUNG ÜBER DAS SCHLICHTUNGSWESEN VOM 30.10.1923.
- RUHREISENSTREIT................
- STELLUNGNAHMEN DER PARTEIEN.
- URTEILE DER GERICHTE.
- REGIERUNGSPHASE DER NOTVERORDNUNGEN
- BEILEGUNG VON SCHLICHTUNGSSTREITIGKEITEN ÖFFENTLICHEN INTERESSES VOM 09.01.1931.
- VERORDNUNG DES REICHSPRÄSIDENTEN ÜBER DIE SCHLICHTUNGSSTREITIGKEITEN ÖFFENTLICHEN INTERESSES VOM 27.09.1931
- ZWEITE VERORDNUNG DES REICHSPRÄSIDENTEN ÜBER DIE BEILEGUNG SCHLICHTUNGSSTREITIGKEITEN ÖFFENTLICHEN INTERESSES VOM 30.09.1931.
- VIERTE VERORDNUNG DES REICHSPRÄSIDENTEN ZUR SICHERUNG VON WIRTSCHAFT UND FINANZEN UND ZUM SCHUTZ DES INNEREN FRIEDENS VOM 08.12.1931.
- VERORDNUNG ZUR VERMEHRUNG UND ERHALTUNG DER ARBEITSANGELEGENHEITEN VOM 05.09.1932.
- SCHLICHTUNG ALS INSTRUMENT POLITISCHER LOHNFINDUNG..\n
- STATISTIKEN
- FUNKTIONSWANDEL DER SCHLICHTUNG
- EINFLUSS AUF DIE VERHANDLUNGSBEREITSCHAFT
- REAKTIONEN DER UNTERNEHMER..\n
- REAKTIONEN DER GEWERKSCHAFTEN.
- ABSCHLIEBENDE BEWERTUNG........
- ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS..\n
- LITERATURVERZEICHNIS..\n
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die historische Entwicklung der Tarifautonomie in der Weimarer Republik. Der Fokus liegt dabei auf dem staatlichen Schlichtungswesen, das dem Staat erhebliche Eingriffe in die Tarifautonomie der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände ermöglichte.
- Die historischen Wurzeln der Tarifautonomie.
- Die Bedeutung der Weimarer Verfassung für die Tarifautonomie.
- Die Entwicklung der Tarifautonomie und des Schlichtungswesens im Kontext der schlichtungsbezogenen Gesetzgebung.
- Der Ruhreisenstreit als ein entscheidendes Kapitel in der Entwicklung der Tarifautonomie.
- Die Maßnahmen der Regierungen unter Brüning, von Papen und von Schleicher zwischen 1930 und 1932.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet die Entwicklung der Tarifautonomie in der Weimarer Republik und die Herausforderungen, vor denen die junge Republik stand. Die Arbeit zeigt auf, wie die staatliche Schlichtung die Tarifautonomie einschränkte und zu einer negativen Bilanz führte.
Kapitel 2 untersucht die historischen Wurzeln der Tarifautonomie und behandelt das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst von 1916, das die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften anerkannte und staatliche Schlichtungsausschüsse einrichtete. Dieses Kapitel beleuchtet auch die Bedeutung der Zentralen Arbeitsgemeinschaft für die Bewältigung der Übergangswirtschaft nach dem Krieg.
Kapitel 3 befasst sich mit den verfassungsrechtlichen Aspekten der Tarifautonomie in der Weimarer Republik.
Kapitel 4 untersucht die Verordnung über Tarifverträge vom 23.12.1918, die einen wichtigen Schritt zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen nach dem Ersten Weltkrieg darstellte.
Kapitel 5 analysiert die Demobilmachungsverordnungen, die die staatliche Einflussnahme auf die Arbeitsbedingungen in der Zeit der wirtschaftlichen Demobilmachung veranschaulichen.
Kapitel 6 behandelt die Verordnung über das Schlichtungswesen vom 30.10.1923 und die sich daraus ergebenden Folgen für die Tarifautonomie.
Kapitel 7 befasst sich mit dem Ruhreisenstreit, einem entscheidenden Kapitel in der Entwicklung der Tarifautonomie. Es analysiert die Stellungnahmen der beteiligten Parteien und die Urteile der Gerichte.
Kapitel 8 untersucht die Maßnahmen der Regierungen unter Brüning, von Papen und von Schleicher zwischen 1930 und 1932, die die Tarifautonomie durch Notverordnungen stark einschränkten.
Schlüsselwörter
Tarifautonomie, Weimarer Republik, Schlichtungswesen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, staatliche Eingriffe, Demobilmachung, Ruhreisenstreit, Notverordnungen.
- Arbeit zitieren
- Denis Reis (Autor:in), 2010, Der Stellenwert der Tarifautonomie in der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166773