Ziel dieser Arbeit ist es, zu erklären, warum sich die Bundesregierung so lange geweigert hat, den Afghanistan-Einsatz als das zu bezeichnen, was er ist - ein Kriegseinsatz - und was letztlich nun doch dazu geführt hat, die Begrifflichkeit der Realität anzupassen.
Dazu wird zunächst die Entwicklung des ISAF-Einsatzes skizziert, um ein breites Verständnis für die Mission zu bekommen. Denn die einzelnen Entwicklungsstadien der Mission haben auch immer eine
gewisse Rückwirkung auf die Situation der Bundeswehr und damit auch auf die Bundesregierung. Die Beantwortung der eigentlichen Frage erfolgt schließlich mithilfe drei verschiedener aber aufeinander aufbauender Thesen.
In der ersten These wird der Frage nachgegangen, warum sich die
deutsche Politik überhaupt so schwer tat und tut, der deutschen Bevölkerung einen offensiven Einsatz seiner Armee zu vermitteln. Die zweite These greift die gewonnen Erkenntnisse auf und behauptet, dass die Bundesregierung das Afghanistan- Mandat immer weiter ausgeweitet hat, obwohl in der deutschen Gesellschaft eine starke Abneigung gegenüber Kampfeinsätzen besteht, weil sie auf Grund ihrer multilateralen Verpflichtungen nicht anders konnte. Um die innenpolitischen Restriktionen dennoch nicht zu überschreiten,begrenzt die Bundesregierung den Einsatz der Bundeswehr auf das geringste militärische Niveau, das bündnispolitisch möglich ist. Dadurch gefährdet sie jedoch den Erfolg der gesamten ISAF-Mission, denn die Taliban haben sich zwischenzeitlich wieder im ganzen Land festsetzen können.
Die dritte These behauptet schließlich, dass durch den Anstieg des Bedrohungspotenzials für die Bundeswehr, verbunden mit eine
veränderten Darstellung der medialen Berichterstattung, die Ablehnung der Bevölkerung gegen eine Beteiligung der Bundeswehr immer größer wurde. Um letztlich dennoch die Unterstützung der
Gesellschaft zu wahren, musste die Bundesregierung eingestehen, dass sich die Bundeswehr in einem Bürgerkrieg befindet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entwicklung des ISAF-Einsatzes
- Das Petersberger Abkommen
- Phase ISAF 1 – ISAF III (Kommando einzelner Führungsnationen)
- Phase ISAF IV - ISAF XI (ISAF unter NATO-Kommando)
- These 1
- Verharmlosung der Politik
- Aufgaben- und Funktionswandel der Bundeswehr
- Begründung des Bundeswehreinsatzes durch die Politik
- Kultur der Zurückhaltung in der deutschen Gesellschaft
- Gründe für die militärische Zurückhaltung in Deutschland
- Die „Salamitaktik“ der Bundesregierung(en)
- Phase I: 1992 – 1994
- Phase II: 1994 - 1998
- Phase III: 1998 - 2001
- Phase IV: seit 2001
- Verharmlosung der Politik
- Fazit These 1
- Multilateralismus in der Deutschland
- Multilateralismus in der Politikwissenschaft
- Multilateralismus in der deutschen Außenpolitik
- Die Bonner Republik
- Die Berliner Republik
- Vor- und Nachteile multilateraler Verpflichtungen
- Deutschlands Außenpolitik in der „(doppelten) Multilateralismusfalle“
- Bundeswehreinsatz in Bosnien-Herzegowina 1994 - 1995
- Bundeswehreinsatz im Kosovo 1998-1999
- Bundeswehreinsatz im Libanon seit 2006
- Bundeswehreinsatz im Kongo seit 2006
- Bundeswehreinsatz vor der Küste Somalias seit 2008
- Ausweg aus der „doppelten“ Multilateralismusfalle?
- Deutsche Caveats in Afghanistan
- NATO-Gipfel 2006 in Riga
- NATO-Gipfel 2008 in Bukarest
- Fazit These 2
- These 3
- Die Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan
- Allgemeine Lageentwicklung
- Die Sicherheitslage im Norden Afghanistans
- 2007
- 2008
- 2009
- 2010
- Die Veränderung der Mediendarstellung in der postheroischen deutschen Gesellschaft
- Einfluss der Medien?
- Opfersensibilität in einer postheroischen Gesellschaft
- Einfluss der Medien!
- 2008 - 64% für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan
- 2009 - 61% für Rückzug der Bundeswehr
- Die Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit untersucht die Entwicklung der Begründungen der Bundesregierung für die Beteiligung der Bundeswehr am ISAF-Einsatz in Afghanistan. Sie analysiert, wie die Politik die wachsende Belastung des Einsatzes für die Bundeswehr und die deutsche Gesellschaft im Laufe der Zeit darzustellen versuchte. Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Wandel des ISAF-Einsatzes von einem Stabilisierungseinsatz zu einem Kriegseinsatz und den damit verbundenen Herausforderungen für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik.
- Die Entwicklung der Begründungen der Bundesregierung für den ISAF-Einsatz in Afghanistan
- Der Wandel des ISAF-Einsatzes von einem Stabilisierungseinsatz zu einem Kriegseinsatz
- Die Rolle der deutschen Medien in der öffentlichen Wahrnehmung des ISAF-Einsatzes
- Die Herausforderungen für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik im Kontext des ISAF-Einsatzes
- Die „Kultur der Zurückhaltung“ in der deutschen Gesellschaft und ihre Auswirkungen auf die deutsche Sicherheitspolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Diplomarbeit ein und beschreibt den Wandel der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik seit der Wiedervereinigung. Sie beleuchtet die Herausforderungen, die sich aus dem Ende des Ost-West-Konflikts und der Erweiterung von EU und NATO ergeben haben, sowie die wachsende Bedeutung des Einsatzes militärischer Mittel in der internationalen Politik. Des Weiteren wird die „Kultur der Zurückhaltung“ in der deutschen Gesellschaft als ein wesentlicher Faktor für die schwierige Debatte über die Rolle der Bundeswehr im Auslandseinsatz dargestellt.
Kapitel II beschreibt die Entwicklung des ISAF-Einsatzes in Afghanistan vom Petersberger Abkommen bis zur Übernahme des Kommandos durch die NATO. Es werden die verschiedenen Phasen des Einsatzes und die damit verbundenen Aufgaben der Bundeswehr dargestellt.
Kapitel III analysiert die These, dass die deutsche Politik den ISAF-Einsatz in Afghanistan verharmlost hat. Es werden die Begründungen der Bundesregierung für den Einsatz und die Kritik an diesen Begründungen untersucht. Dabei wird auch die Rolle der deutschen Medien in der öffentlichen Wahrnehmung des Einsatzes beleuchtet.
Kapitel IV beschäftigt sich mit der These, dass die deutsche Außenpolitik in einer „doppelten“ Multilateralismusfalle gefangen ist. Es werden die Vor- und Nachteile multilateraler Verpflichtungen und die Auswirkungen auf die deutsche Sicherheitspolitik diskutiert. Am Beispiel von Auslandseinsätzen wie in Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Libanon, Kongo und Somalia wird die deutsche Außenpolitik im Kontext des Multilateralismus analysiert.
Kapitel V untersucht die These, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert hat und die deutsche Gesellschaft zunehmend kritisch gegenüber dem ISAF-Einsatz eingestellt ist. Es werden die Entwicklungen der Sicherheitslage in Afghanistan seit 2007 dargestellt und der Einfluss der Medien auf die öffentliche Wahrnehmung des Einsatzes analysiert.
Schlüsselwörter
Die Diplomarbeit befasst sich mit den Themen: Bundeswehr, ISAF-Einsatz, Afghanistan, deutsche Außenpolitik, Sicherheitspolitik, „Kultur der Zurückhaltung“, Multilateralismus, Medien, öffentliche Meinung, Kriegseinsatz, Stabilisierungseinsatz.
- Citar trabajo
- Matthias Linke (Autor), 2010, Die Darstellung der Entwicklung der Begründungen der Bundesregierung für die Beteiligung der Bundeswehr beim ISAF-Einsatz in Afghanistan, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166875