Der Zusammenbruch des Dritten Reiches wird oft als die sogenannte “Stunde Null” bezeichnet.
Doch kann von den nachfolgenden Entwicklungen nicht von einem Neubeginn
in dem Verständnis gesprochen werden, dass etwas vollkommen Neues und noch nie
Gewesenes nun seinen Anfang nehme. Ebenso wenig beschreibt der oft im Zusammenhang
mit den fünfziger Jahren gebrauchte Begriff der “Restauration” das Phänomen dieser
Zeit ausreichend.1 Das Jahrzehnt, das Erich Kästner einmal als die Zeit des “motorisierten
Biedermeier”2 bezeichnet hat, kann vielmehr, wie der Historiker Axel Schildt
ausführt, als ein Spannungsfeld zwischen “`konservativen´ bzw. `traditionellen´ und
`modernen´ bzw. `neuen´ Momenten” gesehen werden3, in welchem sowohl Traditionen
und Kontinuitäten, als auch Modernisierung, koexistieren. Zumeist verfolgt jedoch der
Blick des laienhaften Betrachters das historische Geschehen nicht so differenziert und
neigt eher dazu den Kult, der seit Beginn der 1970er um diese Ära gemacht wird, als einen
Ausschnitt der fünfziger Jahre zu verehren4 Die Präsenz der fünfziger Jahre bis in
die Kultur unserer Zeit ist nicht abzustreiten. Die Begeisterung für „50er-Jahre-Mode“
oder die Gebrauchskunst der damaligen Zeit wie das Wohndesign treibt noch jetzt viele
Faszinierte dazu, in dem Angebot von Flohmarktständen nach geeignetem Material zu
suchen. Wem die 50er Jahre „aus zweiter Hand“ schon zu verbraucht erscheinen, kann
inzwischen die begehrten Wohnutensilien zu teuren Preisen, dafür aber neu produziert,
auch als Designerstücke erwerben.
Diese „epochale Stilisierung“5 findet man noch in Hinblick auf die Musik des Rock´n
Roll, doch eher selten, wenn es sich um den bundesrepublikanischen Film dieses Jahrzehntes
handelt. [...]
1 Vgl. dazu Schildt, Axel: Moderne Zeiten. Freizeit, Massenmedien und “Zeitgeist” in der Bundesrepublik
der 50er Jahre. Hamburg 1995. S.19ff und Schäfers, Bernhard: Die westdeutsche Gesellschaft:
Strukturen und Formen. In: Schildt, Axel; Sywottek, Arnold (Hg.): Modernisierung im Wiederaufbau:
die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre. Bonn 1993. S.307-315. Hier S. 315.
2 So bezeichnete Erich Kästner 1956 seine eigene Gegenwart. Zitiert nach ebd. S.22.
3 Ebd. S.21.
4 Schildt: Moderne Zeiten. S.17.
5 Ebenda.S. 16.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Bundesrepublik in den fünfziger Jahren
- Der politische Kontext
- Gesellschaftliche Entwicklungen
- Der Film in den 50ern
- Das Phänomen der „Halbstarken“
- Jugend in den fünfziger Jahren
- Wer waren die „Halbstarken“?
- Die „Halbstarken“ in der öffentlichen Diskussion
- Der Film Die Halbstarken im Spannungsfeld zwischen Kontinuität und Moder-ne
- Inhalt
- Die Debütanten
- Das Team
- Die Musik
- Die Kamera
- Die Halbstarken als Zeitzeugnis
- Der Vorspann
- Die Schauplätze
- Die Darstellung der „Halbstarken“
- Die Darstellung der Gesellschaft
- Amerikanische Vorbilder
- Darstellung der Ergebnisse
- Ein „relativ“ realistisches Zeitzeugnis
- Der Film im Rahmen des bundesrepublikanischen Films der fünfziger Jahre
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den Film „Die Halbstarken“ (BRD, 1956) im Kontext der Bundesrepublik der fünfziger Jahre und untersucht, wie er das Spannungsfeld zwischen Kontinuität und Moderne widerspiegelt. Die Analyse bezieht gesellschaftliche und politische Aspekte ein und betrachtet den Film als Zeitzeugnis.
- Der politische Kontext der frühen Bundesrepublik und die Herausforderungen der Nachkriegszeit.
- Gesellschaftliche Veränderungen in den fünfziger Jahren, insbesondere die Jugendkultur und die Entstehung des Phänomens der „Halbstarken“.
- Der bundesrepublikanische Film der fünfziger Jahre und seine Rolle in der Gesellschaft.
- Die Darstellung von Jugend und Gesellschaft im Film „Die Halbstarken“ und die Interpretation des Films als Zeitzeugnis.
- Die Analyse des Films anhand von filmischen Elementen wie Inhalt, Kameraführung und Musik.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Zeit der „Stunde Null“ und die Bedeutung der fünfziger Jahre für die Bundesrepublik Deutschland. Anschließend werden der politische und gesellschaftliche Kontext der fünfziger Jahre genauer beleuchtet. Kapitel 3 beschäftigt sich mit dem Phänomen der „Halbstarken“ und betrachtet die Jugendkultur und die öffentliche Diskussion um dieses Thema. Kapitel 4 analysiert den Film „Die Halbstarken“ selbst, indem es auf Inhalt, Produktionsteam, Kameraarbeit und Musik eingeht. Der Film wird dabei als Zeitzeugnis der damaligen Zeit betrachtet. Abschließend werden die Ergebnisse der Analyse zusammengefasst und der Film in den Kontext des bundesrepublikanischen Films der fünfziger Jahre eingeordnet.
Schlüsselwörter
Die Halbstarken, bundesrepublikanischer Film, fünfziger Jahre, Zeitzeugnis, Kontinuität, Moderne, Jugendkultur, Nachkriegszeit, Politik, Gesellschaft.
- Citation du texte
- Nina Neitzert (Auteur), 2003, Der Film "Die Halbstarken" im Spannungsfeld zwischen Kontinuität und Moderne, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16695