Verhaltensberatung und psychoanalytisch-orientierte Beratung im Vergleich

Zwei klassische Gegenpositionen der Psychologischen Tradition im Beratungsalltag


Hausarbeit, 2010

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Grundannahmen der Verhaltensberatung

3.Grundannahmen der Psychoanalytisch- orientierten Beratung

4. Vergleich
4.1 Menschenbild
4.2 Vorstellung von Veränderung und Lernen
4.3 Entstehung von Problemen
4.4 Umsetzung in der Praxis

5.Zusammenfassung

6.Fazit

7.Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Gegenstand dieser Arbeit ist der Vergleich zweier Beratungskonzepte, welche verschiedenen psychologischen Schulen entspringen. Zuerst werden die Grundideen beider Konzepte einzeln dargestellt. Anschließend folgt der Vergleich anhand ausgewählter Fragestellungen, welche das jeweilige Menschenbild, Vorstellung von Veränderung und Lernen, die Erklärung der Entstehung von Problemen, sowie die Umsetzung des jeweiligen Konzeptes in der Praxis umfassen.

Beide Beratungskonzepte werden deshalb unter eben diesen Aspekten betrachtet, weil sie bereits einen Ein- und Überblick über das jeweilige Konzept geben. Um eine Theorie zu verstehen und um sich mit dieser vielleicht auch kritisch auseinander setzten zu können, reicht es nicht aus, sich nur mit den Grundannahmen auszukennen. Das zu Grunde liegende Menschenbild beispielsweise, liefert bereits entscheidende Informationen darüber, wie die Welt und der sich darin befindende Mensch gesehen werden. Dies ist wichtig, denn das Menschenbild bestimmt, wie man an den Menschen und an seine Probleme herangeht. Die jeweilige Vorstellung davon, wie menschliches Verhalten funktioniert, wie Verhaltensweisen erlernt werden und warum oder wodurch Problemverhalten entsteht, ist entscheidend, wenn man einen Menschen beraten will. All diese Fragen sollten im Vorfeld für einen Berater selbst geklärt sein.

Außerdem ist das Ziel der jeweiligen Beratung entscheidend. Will ich eine Verhaltensweise ändern oder will ich dem Verhalten auf den Grund gehen, um eine Änderung desselbigen herbeizuführen? Hier besteht ein Unterschied und genau darin unterscheiden sich der Behaviorismus und die Psychoanalyse, wenn wir unseren Blick auf die Praxis wenden.

Beide psychologischen Schulen gelten als klassische Gegenpositionen, denn, wie in Laufe der Arbeit zu sehen sein wird, beschränkt sich der Behavioristische Ansatz auf das, was beobachtet werden kann, während in der Psychoanalyse gerade das, was nicht offensichtlich ist, also innere Prozesse, unbewusste Motive, von Interesse sind.

Im Rahmen dieser Arbeit können beide Konzepte natürlich nicht umfassend und ausreichend dargestellt werden. Deshalb wird es sich um einen Ausschnitt beider Konzepte, sowie entscheidende Aspekte beider Theorien, die innerhalb der Fragestellungen vergleichend erläutert werden, handeln.

2. Grundannahmen der Verhaltensberatung

Die Verhaltensberatung entwickelte sich aus dem Behaviorismus, der Heute vor allem noch mit den Namen Skinner und Watson in Verbindung gebracht wird. Seine frühen Anfänge jedoch beruhen hauptsächlich auf experimentelle (Tier-) Versuche, die von Iwan P. Pawlow (1849-1936) durchgeführt wurden (vgl. Kriz. 2001.S.109).

Die Grundidee des Behaviorismus´ ist es, menschliches Verhalten mit Hilfe empirischer Forschung zu verstehen. Hierin findet sich eine Abkehr von der zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufkommenden Tiefenpsychologie, denn statt innerer Prozesse, wie Gedanken und Gefühle, welche durch Introspektion (Selbstbeobachtung) zugänglich sein sollen, ist im Behaviorismus nur das von Bedeutung, was auch beobachtbar ist, sprich das Verhalten (vgl. Borgs-Lauf. 2004. S.629). Damit zielten die Vorreiter des Behaviorismus auf die Etablierung der Psychologie als eine wissenschaftliche Disziplin (vgl. McLeod. 2004. S.98).

Wichtige Termini des Behavioristischen Ansatzes sind die Klassische Konditionierung und das operantes Konditionieren.[1]

3. Grundannahmen der Psychoanalytisch-orientierten Beratung

Als Begründer der Psychoanalyse gilt bis Heute Sigmund Freud (1856-1939), der nicht nur die Theorie, sondern auch die Methode der Psychoanalyse prägte und während den Jahren seiner Arbeit weiterentwickelte und modifizierte (McLeod. 2004. S. 61).

Der Psychoanalytische Ansatz geht davon aus, dass dem Menschen die Absichten und Motive des eigenen Handelns nicht bewusst sind. Freud spricht dabei im Zusammenhang mit seinem Persönlichkeitsmodell von dem Vorbewussten, Unbewussten und dem Bewusstsein. Das ES wird mit den animalischen Triebkräften wie Durst, Hunger und Sexualität, sprich Grundbedürfnissen, gleichgesetzt. Sie drängen auf „unverzügliche und rücksichtslose Befriedigung“ (Kriz. 2001. S. 27). Die Triebe selbst teilt Freud in zwei Grundtriebe auf, die sich gegenüber stehen und gegeneinander wirken- Eros und Thanatos (Lustprinzip und Todestrieb) (vgl. Kriz. 2001. S. 29).[2]

Das Über-Ich stellt die Außenwelt mit ihren Moralvorstellungen, Verboten und Geboten dar. Das Kind wächst mit ihnen auf und übernimmt diese in der Art, dass sie sich zu einer inneren Psychischen Instanz weiterentwickeln. Das Über-Ich kontrolliert also die Triebe des ES und agiert als das „Gewissen“.

Die dritte Instanz bei Freud wird als das Ich bezeichnet. Das Ich ist eine Entscheidungsinstanz, die zwischen den Bedürfnissen des ES und der Kontrolle des Über-Ichs vermitteln soll (vgl. Kriz. 2001. S. 28).

Das ES und Über-Ich werden von Freud nun größtenteils dem Unterbewusstsein zugeordnet, welches demnach außerhalb unseres Bewusstseins liegt. Das Ich hingegen, gehört zum Bewusstsein, denn es ist der „rationale Teil des Geistes, der Entscheidungen trifft und sich mit den externen Realitäten auseinander setzt“ (McLeod. 2004. S. 65). Das Vorbewusste hingegen beinhaltet potenzielles bewusstseinsfähiges Material, welches nicht ins Unbewusste verdrängt wurde, sondern nur „zurückgetreten ist, um die Funktionstüchtigkeit des Organismus zu erhöhen“(Kriz. 2001. S. 28).

Konflikte wurzeln in der Kindheit, die in den sexuellen Bedürfnissen des Kindes[3] liegen. Die Libido des Kindes entwickelt sich also anhand verschiedener Lebensphasen (Phasen der Psychosexuellen Entwicklung).

Im ersten Lebensjahr durchläuft das Kind die orale Phase, in welcher es Befriedigung durch den Mund erfährt, wie beispielsweise durch Nuckeln und Saugen beim Gefüttert werden. Die nächste Stufe der Entwicklung erstreckt sich vom zweiten bis zum vierten Lebensjahr und wird anale Phase genannt. Vom fünften bis zum achten Lebensjahr erlebt das Kind eine unreife genitale Phase, die phallische Phase, wobei nach Freud hier „mehr das männliche Genital (der Phallus) eine Rolle spielt“(Kriz. 2001. S. 30).

In diesem Zusammenhang steht der Ödipuskomplex. Freud ging davon aus, dass der Junge bereits sehr früh eine „libidinöse Bindung an die Mutter“ (Kriz. 2001. S.31) verspürt (sich in sie „verliebt“). Die Angst vor einer Bestrafung des gleichgeschlechtlichen Elternteils führt dazu, dass der Junge sich stärker mit dem Vater identifiziert, da er seine sexuellen Bedürfnisse unterdrücken muss. Die Identifizierung soll die Rivalität mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil verdecken (McLeod. 2004. S. 64).

Mit zunehmendem Alter sei dem Kind die eigene Sexualität weniger wichtig (Latenz-Stadium) und spiele erst wieder mit Einsetzen der Pubertät eine wichtigere Rolle, wobei hier dann von der genitalen Phase gesprochen wird (vgl. McLeod. 2004. S. 63).

4. Vergleich

4.1 Menschenbild

Das Menschenbild des Behaviorismus wird mithilfe eines prägnanten Zitats von John B. Watson (1878-1985) deutlich:

Gebt mir ein Dutzend gesunder, wohlgebildeter Kinder, und meine eigene Umwelt, in der ich sie erziehe, und ich garantiere, daß ich jedes nach dem Zufall auswähle und es zu einem Spezialisten in irgendeinem Beruf erziehe, zum Arzt, zum Richter, Künstler, Kaufmann oder zum Bettler und Dieb, ohne Rücksicht auf seine Neigungen, Fähigkeiten, Anlagen und die Herkunft seiner Vorfahren.“

Hieraus wird ersichtlich, dass im Behaviorismus Menschen als Wesen gesehen werden, deren Verhalten gezielt veränderbar und manipulierbar ist. Das, was den Menschen ausmacht, ist vollkommen unabhängig von seinen Erbanlagen, Interessen und Fähigkeiten. Mit der „richtigen“ Erziehung, kann aus jedem Menschen ein Arzt werden. Der Mensch selbst also hat keinerlei Einfluss durch seine eigene Person auf die Umwelt einzuwirken, sondern die Umwelt wirkt auf den Menschen ein. Die inneren Prozesse des Menschen bleiben verschlossen („ Black Box “).

Die Psychoanalyse hingegen sieht den Menschen und sein Verhalten als ein von „unbewussten Kräften“ (McLeod. 2004. 65) kontrolliertes Wesen. Hier werden diese inneren und zum Teil unbewussten Prozesse jedoch nicht als geheimnisvolles und undurchdringliches Mysterium angesehen, die uns verschlossen bleiben. Vielmehr sollen sie mithilfe verschiedener psychoanalytischer Techniken an die Oberfläche kommen (vgl. McLeod. 2004. S. 65).

Der Grund dafür, dass viele unserer Motive und Absichten ins Unbewusste gedrungen sind, ist der, dass der Mensch aufgrund seiner Kindheitstraumata und dem ständigen Konflikt seiner Triebkraft mit der Außenwelt, Abwehrmechanismen entwickelt hat, wie Verdrängung, Projektion oder Reaktionsbildung[4], um seine Ich-Stärke zu schützen, die von oben genannten Konflikten geschwächt werden (vgl. Kriz. 2001. S. 34).

4.2 Vorstellung von Veränderung und Lernen

Lernen und Veränderung werden im Behaviorismus durch folgende Termini erklärt:

Klassische und Operante/instrumentelle Konditionierung.

Die Klassische Konditionierung beruht auf Reiz-Reaktion-Schemata und wurde erstmals von Pawlow an einem Hund durchgeführt. Mit der Konditionierung wird eine Assoziation von einem neutralen Reiz und einem konditioniertem Reiz beschrieben. Pawlow konditionierte einen Hund darauf, auf einen Glockenton mit erhöhtem Speichelfluss zu reagieren, da der Hund lernte, dass auf den Glockenton eine Futtergabe folgte. Beruhend auf den Experimenten Pawlows, führte Watson die Klassische Konditionierung an einem Menschen durch („Little Albert“). Um sein Experiment kurz zu schildern: ein Kleinkind von 11 Monaten wurde so konditioniert, dass es auf eine weiße Ratte mit einer sehr starken Angstreaktion reagiert. (vgl. Kriz, Jürgen. 2001. S. 113). Mary Cover Jones prägte den Begriff der Gegenkonditionierung. Sie untersuchte in Reaktion auf Watson, den „Abbau von Ängsten bei Kindern“ (Kriz, Jürgen. 2001. S. 114).

[...]


[1] Beide Termini stellen Lernprinzipien dar, auf welche an späterer Stelle genauer eingegangen wird

[2] Eros= für Fortpflanzung, Selbsterhaltungstrieb, mit dem Ziel, Bindungen einzugehen und diese zu erhalten/ Thanatos: Zerstörung, Auflösen von Zusammenhängen (vgl. Kriz. 2001. S. 29)

[3] „Lebenskraft“, „emotionale Energie“, Libido= durchläuft in der kindlichen Entwicklung verschiedene Phasen, deren fehlende Bewältigung bzw. fehlende angemessene Bewältigung zu Störungen oder Neurosen im Erwachsenalter führen (vgl. Kriz. 2001. S. 24)

[4] Abwehrmechanismen nach Freud: Verdrängung, Unterdrückung, Reaktionsbildung (z.B. Scham), Isolierung, Ungeschehenmachen, Projektion, Introjektion (Gegenteil der Projektion), Wendung gegen die eigene Person, Verkehrung ins Gegenteil und Subliminierung (vgl.Kriz. 2001. S. 34)

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Verhaltensberatung und psychoanalytisch-orientierte Beratung im Vergleich
Untertitel
Zwei klassische Gegenpositionen der Psychologischen Tradition im Beratungsalltag
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
13
Katalognummer
V167033
ISBN (eBook)
9783640831913
ISBN (Buch)
9783640831975
Dateigröße
496 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verhaltensberatung, beratung, vergleich, zwei, gegenpositionen, psychologischen, tradition, beratungsalltag
Arbeit zitieren
Mendina Morgenthal (Autor:in), 2010, Verhaltensberatung und psychoanalytisch-orientierte Beratung im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167033

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