In einer Rede vor dem Deutschen Bundestag sagte der damalige Staatsminister im Auswärtigen
Amt, Hans Martin Bury am 19.12.2002: „Wenn es gelingt, dass ein islamisch geprägtes
Land den Weg der Demokratie, der Meinungsfreiheit, der Achtung und Verteidigung der
Menschenrechte, der Gleichberechtigung von Männern und Frauen, der Trennung von Religion
und Staat, der Rechtsstaatlichkeit und der sozialen Marktwirtschaft erfolgreich geht, dann
wird das für Europa und weit über Europa hinaus von unschätzbarem Wert für Frieden, Freiheit
und Sicherheit in der Welt sein.“ In der Tat sah es mit der Eröffnung der Beitrittsverhandlungen
der Türkei schon zwei Jahre später nach Burys Rede im Bundestag danach aus, dass
ein muslimisches Land in den Kreis der EU aufgenommen werden könnte. Nun sind seit dem
Verhandlungsbeginn schon sieben Jahre vergangen ohne dass ein Ende in Sicht wäre. Vielmehr
scheinen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei die EU vor noch nie dagewesene
Probleme zu stellen, die den Beitritt der Türkei verzögern und letztlich sogar zu einem Scheitern
des Beitritts der Türkei führen könnten, welches in der bisher so erfolgreichen Geschichte
der EU-Beitrittsverhandlungen ein ausgesprochenes Novum wäre. Hierüber ist eine ausgesprochen
heftige Debatte entbrannt, die letzten Endes zu der Überlegung führt: „Scheitert die
Türkei an der EU oder scheitert die EU an der Türkei?“
Im Folgenden soll daher zunächst durch die Analyse von drei ausgewählten und stark diskutierten
Problemstellungen – die sicherheitspolitischen Überlegungen zum Türkei-Beitritt, die
Qualität der türkischen Demokratie und der Zypern-Konflikt - ermittelt werden, inwiefern die
Türkei die EU-Aufnahmebedingungen erfüllen könnte, bevor sich dann im zweiten Teil eine
Analyse der ‚absorption capacity’ der EU anschließt, die mögliche Gründe für ein Scheitern
des Beitritts der Türkei seitens der EU ergründen soll.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ist die Türkei bereit für Europa?
- Sicherheitspolitische Überlegungen
- Qualität der türkischen Demokratie
- Spezialfall Zypern
- Zwischenfazit
- Ist die EU bereit für die Türkei? - Die Aufnahmefähigkeit der EU
- Legitimitätskrise und Müdigkeit durch die Ost-Erweiterungen
- Einfluss auf die EU-Gremien sowie die Sprengung des Budgets
- Die europäische Identität
- Geografie
- Religion
- Migration - Integration
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei und beleuchtet die Frage, ob die Türkei an der EU scheitert oder die EU an der Türkei. Hierzu werden die Herausforderungen aus Sicht der Türkei und der EU beleuchtet.
- Sicherheitspolitische Überlegungen und deren Einfluss auf die EU-Mitgliedschaft der Türkei
- Bewertung der Qualität der türkischen Demokratie im Hinblick auf die EU-Aufnahmebedingungen
- Der Zypern-Konflikt als Hindernis für den Beitritt der Türkei
- Analyse der "absorption capacity" der EU und die möglichen Auswirkungen des Beitritts auf die EU
- Die Herausforderungen der europäischen Identität im Kontext der türkischen EU-Mitgliedschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Problemstellung dar und erläutert die Relevanz der Türkei für die EU.
- Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, ob die Türkei bereit für die EU ist. Hier werden die sicherheitspolitischen Überlegungen, die Qualität der türkischen Demokratie und der Zypern-Konflikt beleuchtet.
- Kapitel drei befasst sich mit der Frage, ob die EU bereit für die Türkei ist. Hier wird die "absorption capacity" der EU betrachtet, die mögliche Auswirkungen des Beitritts auf die EU-Gremien, den EU-Haushalt und die europäische Identität.
Schlüsselwörter
EU-Beitritt, Türkei, Sicherheitspolitik, Demokratie, Zypern-Konflikt, "absorption capacity", europäische Identität, Migration, Integration.
- Citation du texte
- Frederik Unden (Auteur), 2011, „Scheitert die Türkei an Europa oder scheitert die EU an der Türkei?“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167104