Vor etwa zwei Jahren stellte Beat Kappeler in der NZZ am Sonntag genüsslich fest, dass die Inflation weltweit besiegt wurde, es seit zehn Jahren keine internationale Finanzkrise mehr gab und die Zahl der Arbeitsplätze sich auf einem Rekordhoch befindet. Bereits einige Monate später, im Herbst 2007, häuften sich die Nachrichten, dass einige Finanzmarktteilnehmer Probleme mit gewissen Positionen haben könnten. Zuerst waren viele der Ansicht, die Krise beschränke sich nur auf den amerikanischen Hypothekenmarkt. So titelte die Neue Zürcher Zeitung am 26. September 2007 noch optimistisch: „Die robuste Verfassung der Weltwirtschaft, die boomenden Schwellenländer, die gute Arbeitsmarktlage in Europa und in den USA“ sprechen dafür, dass sich „die Auswirkungen in Grenzen halten werden“. Leider wissen wir heute, dass sich die Krise auf die Realwirtschaft ausdehnen konnte. Bereits einige Monate später titelte die NZZ am Sonntag, dass nach der Gier die nackte Angst an der Wall Street herrsche. Die Aktienindizes begannen weltweit an Boden zu verlieren. Schnell wurde klar, dass viele Titel überbewertet waren und die erwarteten Gewinne nicht mehr realisiert werden konnten. Doch weshalb brach der SMI von 9'548.09 Punkten während den vergangenen zwei Jahren um über 50 % auf bis 4'234.96 Punkte ein? Kann ein Handeln rein nach den Grundsätzen der modernen Kapitalmarkttheorie einen solchen Einbruch erklären?
Diese Arbeit geht von der Prämisse aus, dass die Modern Finance und die heutigen makroökonomischen Modelle verschiedener Ökonomen nicht alle Phänomene erklären können. Als mögliche Ergänzung zum besseren Verständnis des Marktgeschehens soll daher die Behavioral Finance, zu Deutsch Verhaltensökonomie, miteinbezogen werden. Es handelt sich dabei um eine sehr junge Wissenschaft, welche vor allem in Zeiten grosser Unsicherheit und Verzweiflung an der Börse an Bedeutung gewinnen könnte. Dabei wird bewusst nicht zwischen den verschiedenen Typen von Investoren unterschieden, sondern ein genereller Überblick über die Thematik gegeben wie auch die Theorie der Behavioral Finance und deren praktischen Nutzen bei der Investitionsentscheidung vorgestellt. Dem Leser soll aufgezeigt werden, welche psychologischen Phänomene bewusst oder unbewusst bei allen Individuen wirken und das Verhalten vom Konzept des rational handelnden Individuums weglenken.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historischer Hintergrund
- Old Finance
- Modern Finance
- Portfoliotheorie von Markowitz
- Die Tobin-Separation und die Kapitalmarktlinie
- Das Capital Asset Pricing Model (CAPM)
- Die Markteffizienzhypothese
- Random Walk
- Paradigmawechsel und Grundlagen der Behavioral Finance
- Heuristiken der Individualebene
- Heuristiken der Informationswahrnehmung
- Vereinfachung
- Mental Accounting
- Verfügbarkeitsheuristik
- Vernachlässigung von Informationen
- Selektive Wahrnehmung
- Kontrast-Effekt
- Framing
- Urteilsheuristiken
- Verankerungsheuristik
- Repräsentativitätsheuristik
- Überschätzen von Wahrscheinlichkeiten
- Überschätzen empirischer und kausaler Zusammenhänge
- Inexistente Zusammenhänge
- Relative Bewertung von Ergebnissen
- Prospect Theorie
- Weitere Effekte
- Harmoniebedürfnis und die Theorie der kognitiven Dissonanz
- Verlustaversion
- Regretaversion
- Kontrollbedürfnis und -illusion
- Anomalien der Marktebene
- Trends
- Über- und Unterreaktion
- Herdenverhalten und Bubbles
- Saisonalitäten
- Wochenend-Effekt
- Feiertags-Effekt
- Monatesend-Effekt
- Januareffekt
- Jahresend-Effekt
- Technische Analysen
- Unterstützungs- und Widerstandslinien
- Gleitender Durchschnitt
- Trendlinien
- Empfehlungen für den Investor
- Fundierte Analysen mit längeren Evaluationsphasen
- Definition von Zielen
- Umgang mit Overconfidence
- Ausnutzen von Trends und Saisonalitäten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Grenzen der Modern Finance und makroökonomischer Modelle im Hinblick auf die Erklärung von Marktereignissen, insbesondere im Kontext der Finanzkrise 2007/2008. Sie argumentiert für die Einbeziehung der Behavioral Finance als ergänzende Perspektive zum besseren Verständnis von Marktgeschehen. Der Fokus liegt auf der Analyse individueller und marktebener Verhaltensmuster, die von traditionellen Modellen abweichen.
- Grenzen der Modern Finance und makroökonomischer Modelle
- Einfluss psychologischer Faktoren auf Anlageentscheidungen
- Analyse von Markt-Anomalien im Licht der Behavioral Finance
- Heuristiken und kognitive Verzerrungen im Anlageverhalten
- Praktische Empfehlungen für Investoren
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt den überraschenden Umschwung von Optimismus (Anfang 2007) zu Angst und Unsicherheit an den Finanzmärkten im Herbst 2007, ausgelöst durch die Subprime-Krise. Sie stellt die Frage nach den Ursachen des starken Rückgangs des SMI und argumentiert, dass die Modern Finance und die gängigen makroökonomischen Modelle die Ereignisse nicht vollständig erklären können. Die Arbeit positioniert die Behavioral Finance als ergänzende Perspektive zur Erklärung des Marktgeschehens.
Historischer Hintergrund: Dieses Kapitel skizziert die Entwicklung der Finanzmarkttheorien von der "Old Finance" zur "Modern Finance", einschließlich wichtiger Modelle wie der Portfoliotheorie von Markowitz, der Tobin-Separation, dem CAPM und der Markteffizienzhypothese. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung des Paradigmenwechsels hin zur Behavioral Finance als Reaktion auf die Unzulänglichkeiten der traditionellen Ansätze.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: [Titel des Textes einfügen]
Was ist der Gegenstand dieses Textes?
Dieser Text untersucht die Grenzen der Modernen Finanztheorie und makroökonomischer Modelle bei der Erklärung von Marktereignissen, insbesondere im Kontext der Finanzkrise 2007/2008. Er argumentiert für die Integration der Behavioral Finance als ergänzende Perspektive zum besseren Verständnis des Marktgeschehens und fokussiert auf individuelle und marktebene Verhaltensmuster, die von traditionellen Modellen abweichen.
Welche Themen werden im Text behandelt?
Der Text behandelt die historische Entwicklung der Finanzmarkttheorien (von "Old Finance" zu "Modern Finance"), wichtige Modelle wie die Portfoliotheorie von Markowitz und das CAPM, den Paradigmenwechsel zur Behavioral Finance, individuelle Heuristiken (Informationswahrnehmung, Urteilsheuristiken, relative Bewertung von Ergebnissen), Anomalien auf Marktebene (Trends, Saisonalitäten, technische Analysen) und schließlich praktische Empfehlungen für Investoren.
Welche Modelle der Modernen Finanztheorie werden diskutiert?
Der Text diskutiert die Portfoliotheorie von Markowitz, die Tobin-Separation, das Capital Asset Pricing Model (CAPM) und die Markteffizienzhypothese. Es wird gezeigt, dass diese Modelle die Ereignisse der Finanzkrise 2007/2008 nicht vollständig erklären können.
Welche Rolle spielt die Behavioral Finance im Text?
Die Behavioral Finance dient als zentrale Ergänzung zur Modernen Finanztheorie. Der Text argumentiert, dass die Einbeziehung psychologischer Faktoren und kognitiver Verzerrungen im Anlageverhalten notwendig ist, um Marktgeschehen besser zu verstehen und Anomalien zu erklären.
Welche individuellen Heuristiken und kognitiven Verzerrungen werden analysiert?
Der Text analysiert verschiedene Heuristiken der Informationswahrnehmung (Vereinfachung, Mental Accounting, Verfügbarkeitsheuristik, Vernachlässigung von Informationen), Urteilsheuristiken (Verankerungsheuristik, Repräsentativitätsheuristik), die relative Bewertung von Ergebnissen (Prospect Theorie), sowie den Einfluss von Harmoniebedürfnis (kognitive Dissonanz, Verlustaversion, Regretaversion) und Kontrollbedürfnis.
Welche Anomalien auf Marktebene werden untersucht?
Der Text untersucht Marktanomalien wie Trends (Über- und Unterreaktion, Herdenverhalten, Bubbles), Saisonalitäten (Wochenend-, Feiertags-, Monatsend-, Januar- und Jahresend-Effekt) und die Anwendung technischer Analysen (Unterstützungs- und Widerstandslinien, gleitender Durchschnitt, Trendlinien).
Welche Empfehlungen gibt der Text für Investoren?
Der Text empfiehlt fundierte Analysen mit längeren Evaluationsphasen, die Definition klarer Anlageziele, den bewussten Umgang mit Overconfidence (übersteigertem Selbstvertrauen) und das gezielte Ausnutzen von Trends und Saisonalitäten.
Wie ist der Text strukturiert?
Der Text ist in Kapitel unterteilt, beginnend mit einer Einleitung, gefolgt von einem historischen Hintergrund der Finanzmarkttheorien, einer detaillierten Analyse individueller und marktebener Verhaltensmuster im Kontext der Behavioral Finance und abschließenden Empfehlungen für Investoren. Ein Inhaltsverzeichnis bietet eine umfassende Übersicht.
Für wen ist dieser Text geeignet?
Dieser Text richtet sich an Leser mit Interesse an Finanzmärkten, insbesondere an Studenten und Wissenschaftler, die sich mit den Grenzen der Modernen Finanztheorie und dem Einfluss psychologischer Faktoren auf Anlageentscheidungen auseinandersetzen möchten.
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- Stephan Ulrich (Author), 2009, Behavioral Finance - Grundlagen und praktischer Nutzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167180