In welchen Punkten bezieht sich die Kritische Erziehungswissenschaft auf die Kritische Theorie?


Seminararbeit, 2003

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Die Kritische Theorie
2.1. Zu den Hauptthesen
2.1.1. Gesellschaftsbild und Ziele
2.1.2. Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft
2.1.3. Verhältnis von Theorie und Praxis
2.2. Zur Methodik
2.2.1. Ideologiekritik
2.2.2. Diskursethik

3. Die Kritische Erziehungswissenschaft
3.1. Zu den Hauptthesen
3.1.1. Das Emanzipationspostulat
3.1.2. Verhältnis von Erziehungswissenschaft und Gesellschaft
3.1.3. Verhältnis von erziehungswissenschaftlicher Theorie und Praxis
3.2. Zur Methodik
3.2.1. Ideologiekritik
3.2.2. Handlungsforschung

4. Zusammenfassung

5. Literaturangaben

1. Einleitung

Die Kritische Erziehungswissenschaft in ihrer heutigen sehr differenzierten Ausprägung ist nicht alleine von der Kritischen Theorie beeinflußt worden. Sie ist keinesfalls nur „Pädagogik der Kritischen Theorie“[1], widerspricht deren wissenschaftlichem und gesellschaftlichem Verständnis sogar in einigen Punkten. Um ein vollständiges Bild der theoretischen Bezüge Kritischer Erziehungswissenschaft zu zeichnen, müßte also nicht nur deren Bezugnahme auf die Kritische Theorie, sondern z.B. auch die Selbstkritik der Geisteswissenschaftlichen Erziehungswissenschaft in Betracht gezogen werden, die die Kritische Erziehungswissenschaft ebenso stark beeinflusst hat.[2]

Die Gemeinsamkeiten zwischen Kritischer Theorie und Erziehungswissenschaft liegen jedoch trotz allem nicht nur im Namen, die Beeinflussung durch die Kritische Theorie vor allem Habermas´ ist deutlich erkennbar.[3]

In der vorliegenden Arbeit werde ich also die Gemeinsamkeiten beider Theorien darstellen, ohne dabei auf ihre Unterschiede einzugehen. Ich werde zuerst auf die Kritische Theorie, ihre theoretischen Bezüge, ihr Wissenschaftsverständnis und ihre Methodik eingehen. Anschließend werde ich die Hauptthesen der Kritischen Erziehungswissenschaft skizzieren und abschließend herausarbeiten, in welchen Punkten die Kritische Erziehungswissenschaft der Kritischen Theorie entspricht und inwiefern sie deren Thesen in ihr Wissenschaftsverständnis mit eingebaut hat.

2. Die Kritische Theorie

2.1. Zu den Hauptthesen

2.1.1. Gesellschaftsbild und Ziele

Ziel der frühen Kritischen Theorie war es, einen Zusammenhang aufzuzeigen zwischen den wirtschaftlichen Vorgängen in der Gesellschaft, Veränderungen im kulturellen Bereich und der psychischen Entwicklung des Einzelnen.

Ihrem Selbstverständnis nach ist die Kritische Theorie eine Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Gesellschaftstheorie Marx´, eine Neuinterpretation seiner Überlegungen unter philosophischen, historischen und psychoanalytischen Gesichtspunkten.[4]

Im Gesellschaftsverständnis der Kritischen Theorie lebt der Mensch heute unter einem kapitalistischen Herrschaftssystem, von dem er unterdrückt und von sich selbst entfremdet wird.[5] Dieses System wird unterstützt durch Ideologien, „von Herrschaftsinteresse gesteuerten Rechtfertigungslehren“[6], die über Medien, Erziehung, Kunst und Werbung zum Teil unbewußt weitergegeben werden und das unterdrückerische System festigen und bestätigen. Während traditionelle Theorie durch das Postulat der Wertfreiheit gesellschaftliche Verhältnisse nur reproduziert und unverändert läßt, sieht sich die Kritische Theorie aufgrund der Erkenntnis, Teil der Gesellschaft zu sein, in gesellschaftlicher Verantwortung. Ihr Ziel ist es deshalb, die Gesellschaft zu einer herrschaftsfreien, gerechten und aufgeklärten „Gemeinschaft freier Menschen“[7] zu verändern. Das Erkennen der herrschenden Unterdrückung soll den einzelnen Menschen emanzipieren und so zur Emanzipation der gesamten Gesellschaft führen.

Enttäuscht und desillusioniert von der Niederlage des Sozialismus und der Erfahrung des Holocaust wurden die wissenschaftlichen Veröffentlichung der Vertreter der Kritischen Theorie nach dem zweiten Weltkrieg pessimistischer gegenüber dem Ziel einer gerechten Gesellschaft. Die Kritische Theorie wurde negativistisch, sah sie sich doch durch die Erkenntnis, dass Wissenschaft an sich ambivalent sei und Aufklärung über Entfremdung und Beherrschung nur zu neuer Entfremdung führe (Dialektik der Aufklärung)[8], nicht imstande, ein positives Bild einer besseren Gesellschaft aufzuzeigen.[9]

In den 60er Jahren entwickelte Jürgen Habermas die Kritische Theorie weiter, indem er sie für andere soziologische Theorien von z.B. Kohlberg, Mead, Weber und Piaget öffnete und wieder zu einer positiveren Perspektive führte.[10]

2.1.2. Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft

In der traditionellen Theorie wird eine „Subjekt- Objekt-Trennung“[11] zwischen Wissenschaft und Gesellschaft vollzogen. Traditionelle Wissenschaft sieht sich also isoliert von der Gesellschaft, sie untersucht sie auf gewisse Phänomene hin, ohne selbst Teil von ihr zu sein. Das Wissenschaftsverständnis der Kritischen Theorie unterscheidet sich davon maßgeblich. Wissenschaft ist demnach Teil der Gesellschaft; sie befindet sich in Interdependenz mit ihr.[12] Horkheimer begründet dies damit, dass „die Beziehung von Hypothesen auf Tatsachen . . . sich schließlich nicht im Kopf des Gelehrten, sondern in der Industrie [vollzieht].“[13] Der Forscher muß sich dieser Interdependenz bewußt sein und sein Verhältnis zu Gesellschaft, Forschung und Wissenschaft mitreflektieren.

[...]


[1] Keckeisen, W. „Kritische Erziehungswissenschaft.“ In: Theorien und Grundbegriffe der Erziehung und Bildung. D. Lenzen und K. Mollenhauer (Hrsg.). 118.

[2] Vgl. Krüger, Heinz-H. Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft. 58.

[3] Vgl. Groothoff, Hans-H. „Erziehung zur Mündigkeit bei Adorno und Habermas.“ In: Kritische Theorie und Pädagogik der Gegenwart. F. Hartmut P. (Hrsg.). 76.

[4] Vgl. Krüger, Heinz-H. Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft. 61.

[5] Vgl. Keckeisen, W. „Kritische Erziehungswissenschaft.“ In: Theorien und Grundbegriffe der Erziehung und Bildung. D. Lenzen und K. Mollenhauer (Hrsg.). 119.

[6] Krüger Heinz-H. Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft. 65.

[7] Max Horkheimer, zitiert nach Benner, Dieter: Hauptströmungen der Erziehungswissenschaft. 279.

[8] Vgl. Benner, Dieter: Hauptströmungen der Erziehungswissenschaft. 279/230.

[9] Vgl. Benner, Dieter: Hauptströmungen der Erziehungswissenschaft. 230.

[10] Vgl. Krüger, Heinz-H. Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft. 62.

[11] Gudjons, Herbert. Pädagogische Grundwissen: Überblick-Kompendium-Studienbuch. 19.

[12] Vgl.Keckeisen, W. „Kritische Erziehungswissenschaft.“ In: Theorien und Grundbegriffe der Erziehung und Bildung. D. Lenzen und K. Mollenhauer (Hrsg.).120.

[13] Max Horkheimer, zitiert nach Benner,Dieter: Hauptströmungen der Erziehungswissenschaft. 276.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
In welchen Punkten bezieht sich die Kritische Erziehungswissenschaft auf die Kritische Theorie?
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Pädagogisches Institut)
Veranstaltung
Einführung in die Pädagogik
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
13
Katalognummer
V16735
ISBN (eBook)
9783638214865
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Meiner Meinung nach sehr gute Arbeit, leicht verständlich und trotzdem wissenschaftlich geschrieben. Einziger Kritikpunkt war, dass nicht genug auf die Gemeinsamkeiten eingegangen wurde.
Schlagworte
Punkten, Kritische, Erziehungswissenschaft, Kritische, Theorie, Einführung, Pädagogik
Arbeit zitieren
Marion Klotz (Autor:in), 2003, In welchen Punkten bezieht sich die Kritische Erziehungswissenschaft auf die Kritische Theorie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16735

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