Das Interpretationsverfahren der Objektiven Hermeneutik geht zurück auf den
Frankfurter Soziologen Ulrich Oevermann. Sie stellt eine sozialwissenschaftliche
Forschungsmethode zur Textanalyse dar, welche objektive Bedeutungsstrukturen
rekonstruiert. Dieses Konzept bietet eine Alternative zu den teilweise kritisierten,
rein quantitativen Formen des Messens.
In dieser kurzen Arbeit möchte ich versuchen, die Theorie der Objektiven
Hermeneutik an einem kleinen Textausschnitt anzuwenden. Dem liegt kein
Forschungsinteresse zugrunde, sondern lediglich der Wunsch nach einem
persönlichen tieferen Verständnis dieser Interpretationstechnik durch die praktische
Anwendung. Die ganze Arbeit ist angelehnt an Andreas Wernet1, wobei ich aus
Platzgründen den Schwerpunkt auf die praktische Umsetzung lege und nur einen
knappen und stark verkürzten Überblick über den theoretischen Hintergrund gebe.
In diesem verzichte ich aus genanntem Grund auf viele nennenswerte Details, unter
anderem auch auf die Beschreibung der Entstehung der Objektiven Hermeneutik
und die Kritik an diesem Konzept.
1 Wernet, A.: Einführung in die Interpretationstechnik der Objektiven Hermeneutik. Opladen 2001
1. Einleitung
Das Interpretationsverfahren der Objektiven Hermeneutik geht zurück auf den Frankfurter Soziologen Ulrich Oevermann. Sie stellt eine sozialwissenschaftliche Forschungsmethode zur Textanalyse dar, welche objektive Bedeutungsstrukturen rekonstruiert. Dieses Konzept bietet eine Alternative zu den teilweise kritisierten, rein quantitativen Formen des Messens.
In dieser kurzen Arbeit möchte ich versuchen, die Theorie der Objektiven Hermeneutik an einem kleinen Textausschnitt anzuwenden. Dem liegt kein Forschungsinteresse zugrunde, sondern lediglich der Wunsch nach einem persönlichen tieferen Verständnis dieser Interpretationstechnik durch die praktische Anwendung. Die ganze Arbeit ist angelehnt an Andreas Wernet[1], wobei ich aus Platzgründen den Schwerpunkt auf die praktische Umsetzung lege und nur einen knappen und stark verkürzten Überblick über den theoretischen Hintergrund gebe. In diesem verzichte ich aus genanntem Grund auf viele nennenswerte Details, unter anderem auch auf die Beschreibung der Entstehung der Objektiven Hermeneutik und die Kritik an diesem Konzept.
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Methodologische Grundsätze der Objektiven Hermeneutik
Das Verfahren der Objektiven Hermeneutik versucht, durch Textinterpretation Wirklichkeit zu erforschen. Diese konstituiert sich in Sprache und wird durch den Text als Untersuchungsgegenstand zugänglich. Denn nur über den Text, als Protokoll sozialer Wirklichkeit, ist methodisch Zugriff möglich[2]. Dabei ist das Protokoll nicht bloß als Datenträger zu verstehen, sondern als eigentlicher Gegenstand.
Die Interpretation des Protokolls erfolgt unter Rückgriff auf unser Regelwissen. Jedes soziale Handeln ist regelgeleitet, was nicht umgangen werden kann. Da die Textinterpretation universalen Regeln folgt, ist sie verbindlich. Was die konkrete Lebenspraxis betrifft, sind die Handlungsoptionen in jeder sozialen Situation ebenfalls regelgeleitet und unterliegen einer Sinnstruktur. Die spezifische Fallstruktur entscheidet, welche Handlungsoption realisiert wird. Diese Selektion ist nicht zufällig, sondern folgt ebenso einer Struktur. Jeder Text birgt differierende Bedeutungsstrukturen. Für die Objektive Hermeneutik ist es entscheidend, die latenten Bedeutungsschichten eines Textes aufzudecken. Diese stehen oft (aber nicht immer) im Gegensatz zur manifesten intentionalen Bedeutungsebene. Um diese latenten Sinnstrukturen zu rekonstruieren, darf bei der Interpretation auf keinen Fall aus der Perspektive der Handelnden gedeutet werden. Diese Strukturen zu rekonstruieren ist ein Ziel der objektiv – hermeneutischen Textinterpretation. Gegenstand der Analyse ist soziale Wirklichkeit, die nicht in Kategorien eingeordnet oder subsumiert werden kann. Die Objektive Hermeneutik hat mit ihren Interpretationen Allgemeinheitsanspruch, da in jedem Protokoll das Allgemeine, sowie das Besondere enthalten ist.
2.2. Die Prinzipien der objektiv – hermeneutischen Textinterpretation
- Kontextfreiheit
Bei der Interpretation ist es äußerst wichtig, den Kontext nicht mit einzubeziehen. Nur dann kann man der Gefahr entgehen, die Bedeutung des Textes ausschließlich aus dem Kontext zu erschließen. Diese beiden Dimensionen müssen unbedingt analytisch getrennt bleiben. Erst nach der kontextunabhängigen Interpretation darf der Kontext mit einbezogen werden. Durch diesen Ausschluss des Kontextes wird eine Zirkularität durch das Vorverständnis vermieden. Eine auf dem Vorverständnis beruhende Textinterpretation wäre von diesem abhängig, beliebig und somit nicht wissenschaftlich.
- Wörtlichkeit
Dieses Prinzip verpflichtet die Interpretation, den Text in seiner tatsächlich artikulierten Form zu interpretieren. Auch wenn im Text Widersprüche zwischen Intention und sprachlicher Realisierung auftreten, darf die wörtliche Bedeutungsschicht nicht ignoriert werden. Gerade dort, wo sich Abweichungen der Alltagswahrnehmung entziehen, sollen sie aufgespürt werden. Somit unterscheidet sich die wörtliche Interpretation grundlegend von alltäglicher Interpretation, in welcher oft über sogenannte „Versprecher“ hinweggesehen wird, oder diese gar nicht erst wahrgenommen werden.
- Sequentialität
Nach diesem Prinzip muss die Interpretation streng dem Ablauf des Textes folgen. Dabei darf der einer zu interpretierenden Sequenzstelle folgende Text nicht beachtet werden. Erst nach der Interpretation der Textstelle darf diese in die vorangegangene Textbedeutung eingebettet werden. Die Vorschriften dieses Prinzips gelten nach der Bestimmung eines Textanfangs. Ein Ende wird nicht festgelegt. Die Interpretation kann beendet werden, wenn sich eine rekonstruierte Struktur in einer folgenden Textstelle wiederfindet.
- Extensivität
Bei der Analyse werden geringe Textmengen sehr detailliert und ausführlich bearbeitet. Dabei werden das Allgemeine sowie das Besondere der Struktur im interpretierten Textteil sichtbar. Hinsichtlich der Textelemente, aber auch der Geschichten und Lesarten, muss auf Vollständigkeit geachtet werden. Alle möglichen gedankenexperimentellen Kontexte müssen vollkommen ausgeschöpft werden, um dem Anspruch der Extensivität gerecht zu werden.
- Sparsamkeit
Dieses Prinzip gebietet, nur solche Geschichten und Lesarten zu bilden, die ohne weiteres Wissen (oder Vermutungen) über den Fall erzwungen sind und ohne Probleme kompatibel mit dem Text sind. Um bei der Geschichten – und Lesartenbildung nicht auszuufern, erlaubt das Prinzip der Sparsamkeit nur die Bedeutungsexplikationen, die den Text als regelgeleitetes und wohlgeformtes Gebilde aussehen lassen. Damit es zu keinen beliebigen Fallmutmaßungen kommt, sind nur diejenigen Fallstrukturhypothesen zugelassen, die textlich überprüfbar sind. Somit wendet sich dieses Prinzip gegen dei Tendenz, Mutmaßungen unbegründet, schnell und nicht zwingend anzustellen.
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[1] Wernet, A.: Einführung in die Interpretationstechnik der Objektiven Hermeneutik. Opladen 2001
[2] zur genauen Unterscheidung Text / Protokoll siehe Wernet 2001, S.12
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