Das Anfang der 1990iger Jahre entwickelte Konzept der Public Private Partnerships (PPP) dient der gemeinsamen Ausführung und Finanzierung von öffentlichen Vorhaben durch öffentliche und privatwirtschaftliche Akteure und kommt aufgrund politischer und ökonomischer Rahmenbedingungen seit Beginn des 21. Jahrhunderts auch verstärkt in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zum Einsatz. Die vorliegende Arbeit untersucht diese Partnerschaften am Beispiel der österreichischen „Wirtschaftspartnerschaften“ aus organisationssoziologischer Perspektive und legt den Fokus dabei auf deren Zustandekommen und den Prozess ihrer Aushandlung. Durch hermeneutische Vorgehensweise und unter Anwendung qualitativer Methoden wird auf Basis der Negotiated Order Theory untersucht, mit welchen Strategien die beiden Akteure ihre unterschiedlichen – und oft widersprüchlichen – Organisationsinteressen durchzusetzen versuchen und diese schlussendlich in eine gemeinsame und beidseitig akzeptierte Lösung zu integrieren vermögen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Public Private Partnerships in der Entwicklungszusammenarbeit
1.1 Der entwicklungspolitische Kontext
1.2 Public Private Partnerships in der Entwicklungszusammenarbeit
1.2.1 Das Konzept
1.2.2 Definition und Abgrenzung
1.2.3 Akteure und Zielsetzungen
1.2.4 Partnerschaft und Zielkonflikte
1.2.5 Kritik
1.3 Public Private Partnership in der österr. Entwicklungszusammenarbeit
1.3.1 Entstehungshintergrund
1.3.2 Das Instrument
1.3.3 Status Quo
2. Organisationsoziologische Verortung von Public Private Partnerships
2.1 Organisationssoziologie als Disziplin
2.2 Organisationssoziologische Perspektiven
2.2.1 Agenturtheorie
2.2.2 Neoinstitutionalistische Organisationstheorie
2.2.3 Negotiated Order Theory
3. Methodik
3.1 Erkenntnisinteresse und Forschungsfragen
3.2 Stand der Forschung
3.3 Methodisches Vorgehen
3.3.1 Methodologische Positionierung im Interpretativen Paradigma
3.3.2 Das qualitative Interview
3.3.3 Die Themenanalyse
3.3.4 Das Forschungsdesign
4. Empirik
4.1 Der empirische Prozess
4.2 Das empirische Feld
4.2.1 Das Instrument der Wirtschaftspartnerschaft
4.2.2 Ablauf der Antragstellung
4.2.3 Anforderungen an Wirtschaftspartnerschaften
4.3 Die Akteure des empirischen Felds
5. Ergebnisse
5.1 Handlungsmotivationen
5.1.1 Gründe für die Zusammenarbeit
5.1.2 Projekt-Typen
5.2 Konfliktfelder
5.2.1 Interorganisationale Konflikte
5.2.2 Intraorganisationale Konflikte
5.3 Strategien der Aushandlung
5.3.1 Einhaltung formaler Kriterien als Voraussetzung
5.3.2 Voranpassung
5.3.3 Verwendung einer gemeinsamen Sprache
5.3.4 Perspektivenübernahme
5.3.5 Gegenseitige Akzeptanz und neues Rollenverständnis
5.3.6 Inklusion externer Berater
5.4 Wirtschaftspartnerschaften als Negotiated Order
6. Reflexion
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
Die globalen Problemlagen der Gegenwart stellen die Akteure der internationalen Entwicklungszusammenarbeit vor große Herausforderungen und verlangen neue, alternative Wege zu deren Lösung. Die alten großen Entwicklungsziele Bekämpfung von extremer Armut und Hunger, Verankerung genereller Primärschulbildung, Stärkung der Rolle der Frauen, Senkung der Kindersterblichkeit, Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern, Sicherung ökologischer Nachhaltigkeit und Bekämpfung von HIV, Malaria und anderen schweren Krankheiten - wurden im Jahr 2000 durch die Vereinten Nationen zwar in neuer Form bekräftigt (vgl. UN 2000), scheinen aber allen Bemühungen zum Trotz nach wie vor in weiter Ferne.
Zur tatsächlichen Erreichung dieser Ziele - so der öffentliche Tenor - bedürfe es des Zusammenspiels aller globalen Stakeholder und der Bildung umfassender Allianzen, wobei aber nicht nur öffentliche und zivilgesellschaftliche, sondern auch privatwirtschaftliche Akteure einen Beitrag leisten können und sollen .
So lassen sich in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit seit den späten neunziger Jahren verstärkt neue Formen der Kooperationen zwischen entwicklungspolitischen und privatwirtschaftlichen Akteuren feststellen.
Grundgedanke dieser öffentlich-privaten Kooperationen ist dabei, privates wirtschaftliches Interesse zur Erfüllung öffentlicher Ziele zu nutzen und mit dem kommerziellen Erfolg der involvierten Unternehmen gleichsam entwicklungspolitische Effekte zu stimulieren. Durch die Realisierung dieser - viel zitierten - Win-Win-Situationen erhofft man sich neben betriebswirtschaftlichem auch entwicklungspolitisch relevanten Nutzen, etwa durch eine nachhaltige wirtschaftliche Belebung im Gastland, die Schaffung neuer Arbeitsplätze, den Transfer von Know-How oder die Einführung internationaler Sozial- und Umweltstandards.
Trotz grundlegend unterschiedlicher organisationaler Zielsetzungen werden diese öffentlich-privaten Kooperationen - auch Public Private Partnerships genannt - von Seiten der öffentlichen Gebergemeinschaft äußerst positiv bewertet und als vielversprechende und zukunftsreiche Alternativen zu traditionellen Formen der Entwicklungszusammenarbeit eingeschätzt.
So existieren mittlerweile an die 30 Programme dieser Art, von bi- und multilateralen Gebern finanziert und gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Unternehmen durchgeführt. Zusätzliche Programme befinden sich in Planung - diese „neue Form der Entwicklungshilfe“ wird allem Anschein nach auch in Zeiten rückgängiger öffentlicher Mittel weiter an praktischer Relevanz gewinnen und zunehmend auf die Praxis der Entwicklungszusammenarbeit wirken.
Ungeachtet der wachsenden Bedeutung des Themas steht dessen wissenschaftliche Untersuchung zum größten Teil noch aus. Bisher vor allem aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Perspektive analysiert, wurde das Phänomen noch kaum als Untersuchungsgegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung entdeckt und, daraus resultierend, in Hinblick auf seine sozialen Aspekte nicht erforscht. Dabei ergäbe sich durch das Zusammenspiel unterschiedlichster Akteure mit teils antagonistischen Interessenslagen ein breites Spektrum an Fragen und Problemstellungen, die einer sozialwissenschaftlichen Untersuchung äußerst zugänglich wären.
Die gegenständliche Arbeit stellt einen der ersten Versuche dar, das junge Phänomen der Public Private Partnerships aus seinem betriebswirtschaftlichen, rechtlichen Kontext zu lösen und einer genuin soziologischen - einer organisationssoziologischen - Analyse zu unterziehen. Die Untersuchung fokussiert dabei auf die mikrosoziale Interaktionsebene und stellt die Aushandlungsprozesse zwischen den beteiligten Organisationen und ihrer Akteure in ihren Mittelpunkt. Durch die Analyse interorganisationaler Aushandlungsprozesse soll die grundlegende Frage beantwortet werden, wie privatwirtschaftliche und öffentliche Akteure trotz unterschiedlicher Handlungsprämissen und Organisationsziele miteinander arbeiten, ihre organisationsspezifischen Interessen in eine kollektiv akzeptierte Lösung integrieren und somit schließlich erfolgreich kooperieren können.
Die relative Neuheit des Phänomens und das theoretische und empirische Vakuum des Stands der Forschung lassen eine explorativ-qualitative Forschungsstrategie sinnvoll erscheinen. Aus diesem Grunde erfolgt der empirische Zugang über das interpretative Paradigma und gelangen qualitative Gesprächs- und Auswertungsverfahren zum Einsatz.
Als empirisches Feld dient das Programm der Wirtschaftspartnerschaften, welches seit 2005 durch die Austrian Development Agency (ADA) abgewickelt wird und das Konzept der Public Private Partnerships in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit zur praktischen Anwendung bringt. Die organisationssoziologische Einbettung erfolgt schließlich über die interaktionistische Negotiated Order Theory.
Der Aufbau der Arbeit gliedert sich in sechs Teile.
Im ersten Kapitel wird das Phänomen der Public Private Partnerships in einen entwicklungspolitischen Kontext gestellt (Kap.1.1) und hernach in Hinblick auf Konzept (Kap. 1.2.1), Definition (Kap. 1.2.2), Akteure und Zielsetzungen (Kap. 1.2.3),
Partnerschaft und Zielkonflikte (Kap. 1.2.4) und Kritik (Kap.1.2.5) detailliert dargestellt. Zusätzlich wird das österreichische Programm der Wirtschaftspartnerschaften beschrieben und kurz auf Entstehungshintergrund (Kap.1.3.1), Inhalt (Kap. 1.3.2) und Status Quo (Kap. 1.3.3) eingegangen.
Im zweiten Kapitel erfolgt die organisationssoziologische Verortung von Public Private Partnerships. Nach einer kurzen Darstellung der Organisationssoziologie als Disziplin (Kap. 2.1) werden - mit der Agenturtheorie (Kap. 2.2.1), dem Neoinstitutionalismus (Kap. 2.2.2) und der Negotiated Order Theory (Kap. 2.2.3) drei bedeutende und zur Analyse des Phänomens anwendbare Organisationstheorien dargestellt. Nach einer kritischen Analyse ihrer Erklärungskraft und analytischen Tragfähigkeit in Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand wird schließlich für die Verwendung der Negotiated Order Theory plädiert.
Das dritte Kapitel ist der Methodik und Vorbereitung auf die empirische Arbeit gewidmet. Nach Darstellung des Forschungsinteresses (Kap. 3.1) und des Stands der Forschung (Kap. 3.2) wird die methodische Vorgehensweise (Kap. 3.3) - und mit ihr die methodologische Positionierung (Kap. 3.3.1), das qualitative Interview (Kap. 3.3.2), die Themenanalyse (Kap. 3.3.3) und das Forschungsdesign (Kap. 3.3.4) - detailliert dargestellt.
Das vierte Kapitel gibt einen Überblick über die empirische Arbeit, indem der Forschungsprozess nachgezeichnet (Kap. 4.1), das empirische Feld dargestellt (Kap. 4.2) und dessen Akteure beschrieben werden (Kap. 4.3).
Die Ergebnisse der empirischen Arbeit werden schließlich im fünften Kapitel diskutiert: Nachdem Handlungsmotivationen der Beteiligten (Kap. 5.1) und inter- und intraorganisationale Konfliktfelder (Kap. 5.2) dargestellt wurden, werden sechs spezifische Strategien der Aushandlung und Zusammenarbeit vorgestellt (Kap. 5.3) und die Ergebnisse schließlich in die Negotiated Order Theory integriert (Kap. 5.4).
Das sechste Kapitel dient schlussendlich der Reflexion und zeigt Anknüpfungspunkte für weiterführende Forschung auf.
1. Public Private Partnerships in der Entwicklungszusammenarbeit
1.1 Der entwicklungspolitische Kontext
Die sozialen, ökonomischen und politischen Veränderungsprozesse der letzten Jahrzehnte haben auch auf die Strukturen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit gewirkt. Die hohen entwicklungspolitischen Ansprüche, denen sich die internationale Gemeinschaft verschrieben hat, erfordern neue Formen der Kooperation und machen Allianzen zwischen unterschiedlichsten Akteuren notwendig. Neben Regierungen, Entwicklungsinstitutionen und zivilgesellschaftlichen Initiativen haben sich so nach und nach privatwirtschaftliche Unternehmen zu bedeutenden Akteuren der internationalen Entwicklungspolitik gewandelt.
Dabei ist die Einbindung des privaten Sektors in Agenden der Entwicklungszusammenarbeit - in Form von so genannten Public Private Partnerships (siehe Definition Kap. 1.2.2) - als Produkt jahrzehnterlanger Strukturveränderungen und als Resultat einer Kette aufeinander folgender entwicklungspolitischer Paradigmen zu verstehen (vgl. Eberlein 2005: 146).
Die internationale Entwicklungspolitik fokussierte nach dem Zweiten Weltkrieg über vier Jahrzehnte hinweg auf die Stärkung nationaler Regierungen in der Dritten Welt, die durch technische und finanzielle Hilfe in der effizienten Gestaltung ihrer Aufgaben unterstützt werden sollten. Entwicklung wurde in diesem Kontext als Modernisierungsprozess konzipiert, der die Umwandlung traditionaler in moderne Gesellschaften ermöglichen und somit die Verbesserung der sozio-ökonomischen Bedingungen in den betroffenen Ländern beschleunigen sollte. Zentraler Akteur in diesem Prozess war der Staat, die Bevölkerung und deren Organisationen wurden lediglich als Träger traditioneller Werte, als Modernisierungshemmnisse und damit als „Nicht-Akteure“ von Entwicklung betrachtet (vgl. Lapeyre 2005: 25).
Anfang der 1980iger Jahre wurde diese Sichtweise - und mit ihr die zentrale Stellung des Staates in der Entwicklungspolitik - durch die neoliberale Wende nachhaltig erschüttert und durch ein neues Paradigma ersetzt. Nachdem die kreditfinanzierten Entwicklungsbestrebungen der Länder der Dritten Welt nicht zum erhofften wirtschaftlichen Aufschwung und dem Anschluss an die Industrienationen geführt hatten, sondern ganz im Gegenteil diese - durch hohe und vielmals ineffizient eingesetzte Kredite - gestützte Vorgehensweise den Beginn einer weltweiten Schuldenkrise markierte, wurde durch den von Weltbank und IWF propagierten Washington-Konsensus mit Beginn der 1980iger Jahre ein neues Paradigma der Entwicklungspolitik eingeführt (vgl. Eberlein 2005: 149). Dieses führte zu einer Entmachtung und Schwächung des öffentliches Sektors und relativierte die zentrale Stellung des Staates in der Entwicklungspolitik: „ Der öffentliche Sektor verlor seine Position als Entwicklungsmotor zugunsten des inländischen oder transnationalen Privatsektors, der die Rückkehr auf den Wachstumspfad gewährleisten sollte. “ (Lapeyre 2005: 25).
Damit waren die 1980iger und die frühen 1990iger Jahre geprägt von Liberalisierung und Strukturanpassung - im Sinne einer Beseitigung struktureller Schwächen in Staatshaushalt, Außenhandel und Infrastruktur -, forciert von den internationalen Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit und angestrebt durch Maßnahmen wie der Öffnung von Märkten für ausländische Investitionen, der Privatisierung staatlicher Betriebe, der strikten Sparpolitik des öffentlichen Sektors und der Förderung von Exportprodukten zur Erwirtschaftung von Devisen (vgl. Eberlein 2005: 149). Konsens herrschte über die Notwendigkeit einer Neuverteilung der Rollen zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor: Der Staat sollte sich aus seinen traditionellen Tätigkeiten - wie etwa der Bereitstellung von Infrastruktur herausziehen und sich in erster Linie der Liberalisierung der Wirtschaft widmen. Damit stand nicht mehr die Stärkung von Regierungen, sondern die Stärkung von Märkten im Zentrum der Entwicklungspolitik (vgl. ebd. 2005: 149).
Die Erwartungen, die an diese Politik gestellt wurden, konnten nicht erfüllt werden, ihre Auswirkungen müssen - vor dem Hintergrund empirischer Analysen1 - als negativ bezeichnet werden. Die Liberalisierung des Handels- und des Finanzsektors schwächte die einheimische Produktion und schädigte vor allem lokale kleine und mittlere Unternehmen, in der Landwirtschaft erhöhten die Strukturanpassungen Ernährungsunsicherheit und marginalisierten die ländliche Bevölkerung. Die restriktive öffentliche Ausgabenpolitik minderte die Qualität des Bildungs- und Gesundheitssektors und führte durch den massiven Abbau von Regierungsstellen zugleich zu einer Erhöhung der Arbeitslosenraten und einer steigenden Anzahl der „neuen Armen“ in den Ländern des Südens. Die in der Folge sinkende Nachfrage nach Konsumgütern schädigte die Investitionsbereitschaft und setzte eine Negativspirale in Gang: „ So riefen die Anpassungsprogramme statt einer Lösung zur Reduzierung des Schuldenüberhangs neue strukturelle Probleme hervor.“ (Eberlein 2005: 149)
Die Sensibilisierung für die weitreichenden negativen Auswirkungen dieser entwicklungspolitischen Praxis und die „dramatischen sozialen Kosten der Strukturanpassungsprogramme “ (Lapeyre 2005: 25) führte um die Jahrtausendwende zu einem erneuten Paradigmenwechsel mit dem Konsens zur Armutsbekämpfung (vgl. Spanger / Wolff 2003: 15f; Eberlein 2005: 149; Lapeyre 2005: 25). Die Reduktion von Armut stellt dabei das Hauptziel aller Entwicklungsanstrengungen dar, sie erfolgt durch eine im nationalen Rahmen selbstbestimmte, demokratisch und partizipativ gestaltete Politik2 (vgl. Spanger / Wolff 2003: 1). Obwohl die Grundideen des Washington-Konsenses nach wie vor existieren und von den Internationalen Finanzinstitutionen realpolitisch umgesetzt werden, wird im Rahmen des neuen Paradigmas die Eigenkompetenz der Empfängerstaaten zur Gestaltung von Entwicklung wieder stärker berücksichtigt (vgl. Six / Langthaler / Obrovsky 2007: 7). In seiner Rolle als zentraler Akteur der Entwicklungspolitik gilt der Staat als rehabilitiert und wird - insofern er die Prinzipien guter Regierungsführung3 verwirklicht - als positive Kraft anerkannt. Als die neuen Hauptprinzipien der Entwicklungszusammenarbeit gelten nun Partizipation, Ownership, Empowerment und öffentlich-private Partnerschaften (Lapeyre 2005: 25).
Durch diese Prinzipien - vor allem durch „Partnerschaft“ und „Ownership“ - kann die selbstbestimmte Rolle der Empfängerstaaten aufrechterhalten bleiben und gleichzeitig - der privatwirtschaftliche Sektor aktiv in die Agenden der Entwicklungszusammenarbeit inkludiert werden. Damit schlägt die gegenwärtige strategische Ausrichtung der internationalen Entwicklungspolitik eine Brücke zwischen der theoretischen Einsicht des Scheiterns des bisherigen Konsenses auf der einen, und der dringend benötigten Partizipation des privatwirtschaftlichen Sektors auf der anderen Seite (vgl. Six / Langthaler / Obrovsky 2007: 7). Denn obwohl der Staat seine Rolle als zentraler Gestalter von Entwicklung im Zuge der späten 1990iger Jahre wiedererlangt hatte, wurde zur gleichen Zeit das Problem mangelnder Finanzierung immer offensichtlicher und wurde der Privatsektor als potentieller Geldgeber und neuer, aktiver Akteur der Entwicklungszusammenarbeit entdeckt und forciert.
Im Jahr 2002 stellten die Konferenz der Vereinten Nationen über die Entwicklungsfinanzierung von Monterrey und der Weltgipfel der UN über die nachhaltige Entwicklung von Johannisburg die Inklusion des Privatsektors und Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren in den Mittelpunkt der Umwandlungen der Entwicklungszusammenarbeit, indem sie sie zu „ einer der verheißungsvollsten neuen Perspektiven hinsichtlich der Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung machten. “ (Lapeyre 2005: 31). Diese Neubesinnung auf die Notwendigkeit privatwirtschaftlichen Engagements in der Entwicklungszusammenarbeit speist sich dabei in erster Linie aus den Erfahrungen der späten 1990iger Jahre und der immer offensichtlicher werdenden Finanzierungslücke. Durch die Formulierung von klaren und quantifizierbaren Zielen - die im Jahr 2000 definierten Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen4 - und einem präzisen Zeitplan zu deren Umsetzung, konnte der zur Zielerreichung notwendige Mittelbedarf errechnet und mit insgesamt 78,5 Mrd. USDollar beziffert werden5.
Dieser Betrag entsprach dem Zweieinhalbfachen der bisherigen Leistungen und konnte durch traditionelle Quellen der Entwicklungsfinanzierung allem Anschein nach nicht aufgebracht werden (vgl. Betz 2001: 9).
Während jedoch die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit stagnierte und deren Ausgaben anteilig im Jahr 2000 nur mehr 20% der gesamten Ressourcenflüsse vom Norden in den Süden ausmachten, zeigte sich im privatwirtschaftlichen Sektor ein gegenteiliger Trend (vgl. Martens 2001: 33). Rasant steigende Aktivität westlicher Unternehmen in Entwicklungsländern führte zu einer kontinuierlichen Erhöhung privatwirtschaftlicher Kapitalflüsse ab den 1990iger Jahren.
Direktinvestitionen6 erhöhten sich kontinuierlich und stiegen von 7,7 Mrd. US-Dollar im Jahr 1980 auf 379,1 Mrd. US-Dollar im Jahr 2006. Dieser Trend ist nach wie vor ungebrochen: „ Kommerzielle Investitionen in Entwicklungsländer wachsen damit deutlich schneller als Zuflüsse von Entwicklungshilfe, und ihr Volumen ist deutlich höher.“ (Altenburg 2010: 9)
Sowohl internationale Institutionen als auch Empfängerländer begannen eine neue Perspektive auf privatwirtschaftliches Engagement zu entwickeln und große Hoffnungen in sie zu setzen (vgl. Altenburg 2010: 8; Nuscheler 2005: 540). Besonders private Direktinvestitionen werden - auch von früher investitionskritischen Akteuren - seit Ende der 1990iger äußerst positiv bewertet: „ Die Vereinten Nationen und speziell die UNCTAD überschlagen sich geradezu in Auslassungen über den Beitrag transnationaler Konzerne zu Wachstum, Technologietransfer und Exportsteigerung. “ (Martens 2001: 31). Damit wurde privates Kapital zum neuen Hoffnungsträger der Entwicklungsfinanzierung hochstilisiert (vgl. Martens 2001: 31).
Mrd. US-Dollar). Diese Globalen Öffentlichen Güter decken allgemeine globale Probleme wie den Schutz der Ozonschicht, die Abwehr globaler Finanzkrisen oder die Förderung der internationalen Sicherheit und werden aus öffentlichen Entwicklungsmittel gespeist. Schätzungen zufolge werden rund 15% der Mittel der ODA (Official Development Assistance) für die Bereitstellung der GPDs ausgegeben und sind daher nicht mehr für die Entwicklungszusammenarbeit im engeren Sinn nutzbar (vgl. Martens 2002: 34)
Die Erreichung der Entwicklungsziele - insbesondere das der Armutsbekämpfung - wird im öffentlichen und fachlichen Diskurs seit der Jahrtausendwende unabdingbar an die aktive Partizipation privatwirtschaftlicher Unternehmen geknüpft, eine Lösung der globalen Probleme scheint ohne deren finanzielle und organisatorische Ressourcen nicht möglich (vgl. Körting 2008: 292). Auch im Monterrey Konsensus „ erscheinen Handel und ausländische Direktinvestitionen als Motoren von Wirtschaftswachstum und Entwicklung und zugleich als Promotoren der Armutsbekämpfung.“ (Nuscheler 2005: 88).
Aus diesen Überlegungen leitet sich für die Akteure der internationalen Entwicklungspolitik der Auftrag ab, private Finanzflüsse für Entwicklung zu mobilisieren und strukturelle Rahmenbedingungen für die Nutzung des privatwirtschaftlichen Potentials zu schaffen. Trotz der negativen Erfahrungen aus der Zeit der Washington Konsensus besteht die - finanzielle - Notwendigkeit, den Privatsektor aktiv in die Agenden der Entwicklungszusammenarbeit einzubinden. Für die internationale Gebergemeinschaft und deren Akteure entsteht somit „ die besondere Aufgabe, private Finanzflüsse für Entwicklung zu mobilisieren () und ihre Mittel verstärkt zur Mobilsierung privater Investitionen einzusetzen.“ (ADA 2010: 6). In der entwicklungspolitischen Praxis geschieht das in steigendem Maße durch öffentlich-private Kooperationen, sogenannte Public Private Partnerships.
1.2 Public Private Partnerships in der Entwicklungszusammenarbeit
1.2.1 Das Konzept
Der Gedanke der öffentlich-privaten Partnerschaften - Public Private Partnerships hat erst in den frühen 1990iger Jahren Eingang in die internationale Entwicklungszusammenarbeit gefunden (vgl. Engels 2000: 2). Als logisches Resultat aus den sich in der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit abzeichnenden Trends (siehe Kap. 1.1) auf der einen, und den Reformbestrebungen des öffentlichen Sektors auf der anderen Seite, wurden privatwirtschaftliche Akteure verstärkt und aktiv in Projekte der Entwicklungspolitik einbezogen. Ging es zunächst - von den internationalen entwicklungspolitischen Institutionen vorgegeben - um die Mobilisierung privaten Kapitals für Infrastrukturprojekte, haben sich in Folge sehr schnell neue spezifische Formen der Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatwirtschaft dauerhaft etabliert (vgl. Engels 2000: 2).
Heute wird eine Vielzahl an Kooperationsformen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren unter dem Begriff der Public Private Partnerships zusammengefasst (siehe Definition in Kap. 1.2.2). Die Grundidee des Konzepts besteht jedoch immer darin, privates wirtschaftliches Interesse für die Erfüllung von traditionell staatlichen Aufgaben zu nutzen und dadurch sogenannte Win-win-Situationen zu realisieren. Die Unternehmen müssten dabei ihre kommerziellen Interessen nicht aufgeben, ganz im Gegenteil: „Das Konzept geht davon aus, dass die Unternehmen nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Gewinnerzielungsabsicht als Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit geeignet seien. Bei aller Unterschiedlichkeit unternehmerischer und entwicklungspolitischer Zielsetzungen gebe es auf der Ebene der Wirkungen Kongruenzen, die sich entwicklungspolitisch nutzen lassen.“ (Engels 2000: 4). Damit beschreiben Public Private Partnerships gemeinsame Vorhaben von Staat und Wirtschaft, die sowohl einen entwicklungspolitischen Nutzen erbringen und gleichzeitig betriebswirtschaftlich sinnvoll sind und damit im Interesse der beteiligten Privatunternehmen liegen. Aus der Zusammenarbeit erwartet man sich eine Aufteilung der Risiken und positive Synergieeffekte - durch die Kooperation sollen die Stärken und Potentiale der beiden Welten zusammengeführt und somit die Effizienz entwicklungspolitischer Projekte erhöht werden. Außerdem kann die öffentliche Hand auf diese Weise einem ihrer zentralsten Probleme - dem Fehlen finanzieller Mittel - begegnen und durch die Inklusion des privatwirtschaftlichen Partners Aktivitäten realisieren, die ohne dessen Kapital nicht zu Stande kämen. Durch die Kombination dieser beiden - lange Zeit als diametral zueinander stehend gedachten - Akteure sollen gemeinsame Ressourcen genutzt und somit Ziele effizienter und erfolgreicher erreicht werden.
Um den vagen Terminus der Public Private Partnerships zu konkretisieren, verschiedene Modelle des Konzepts voneinander abzugrenzen und das Forschungsfeld einzuengen, wird im Folgenden der Versuch einer Definition vorgenommen.
1.2.2 Definition und Abgrenzung
Die Auseinandersetzung mit dem Konzept der Public Private Partnerships erweist sich in der Entwicklungszusammenarbeit als äußerst schwierig: Zum einen sind im öffentlichen und fachlichen Diskurs eingefahrene und emotionsgeladene Positionen zu beobachten, zum anderen - eng mit dem ersten Umstand zusammenhängend - lässt sich das Konzept wegen seiner vielzähligen unterschiedlichen Bedeutungen kaum konkretisierend umreißen. Trotz der Brisanz des Themas und seiner starken Verbreitung in der entwicklungspoltischer Agenda existiert kein allgemeiner Konsens über die die Bestimmung des Begriffs Public Private Partnership: „Es gibt keine anerkannte Definition des Konzepts PPP, welche den verschiedenen
Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit als Referenz dienen
könnte“ (Schuemperli Younossian / Dommen 2005: 11).
Auch abseits der entwicklungspolitischen Sphäre herrschen DefinitionsSchwierigkeiten, wenngleich sich ob der längeren Historie des Modells in Bereichen außerhalb der Entwicklungszusammenarbeit7 in der Literatur ein relativer Konsens über den Inhalt von Public Private Partnerships erkennen lässt (vgl. Leonhard et al. 2007: 13). Mit unterschiedlichen Foki8 versteht man hier unter einer Public Private Partnership eine
„ innovative, meist vertraglich geregelte, längerfristig angelegte Zusammenarbeit zwischen Akteuren des privaten und öffentlichen Sektors
(), die dem Erreichen komplementärer Ziele dient.“ (Manning 2003: 1)
In diesem Sinne konstituiert sich eine Public Private Partnership aus mindestens zwei Akteuren, wobei einer dem öffentlich Sektor und einer dem privatwirtschaftlichen Sektor zuordenbar sein muss9.
Dem öffentlichen Sektor werden in der Literatur Verwaltungen, Gebietskörperschaften, Anstalten oder Staatsbetrieben zugeschrieben, dem privatwirtschaftlichen Sektor Unternehmen in privatem Eigentum (Manning 2004: 95). Diese beiden Akteure arbeiten auf Basis eines vertraglichen Regelwerks in partnerschaftlicher Zusammenarbeit an der Erreichung komplementärer - also beidseitiger, sich einander ergänzender - Ziele.
Ähnlich zu Manning, doch mit einem stärkeren Fokus auf Aufgabenverteilung und Zielspezifizierung beschreibt Caton das Konzept:
„PPP bezeichnet die Zusammenarbeit von Staat und Privatfirmen, um bestimmte Vorhaben öffentlichen Interesses zu realisieren. Durch eine PPP werden Risiken und v.a. die Kosten für öffentliche Güter () auf Privatanbieter übertragen. Diese erhalten im Gegenzug Einnahmen aus dem Betrieb, die entweder direkt vom Staat oder von den Nutzern stammen.“ ( Caton 2007: 458f)
Auch hier steht der Aspekt der Zusammenarbeit im Mittelpunkt, es werden aber Handlungsfeld und Rollen der Partner spezifiziert: Der private Akteur übernimmt eine ehemals öffentliche Aufgabe und stellt deren Erbringung durch ausreichenden Mitteleinsatz (Geld, Personal, Kow-How, Technik etc.) sicher. Er trägt also Kosten und Risiken, wird dafür aber vom staatlichen Akteur entlohnt.
Auch Osbourne und Gabler fokussieren in ihrer Begriffsbestimmung auf die Rollenverteilung zwischen den Akteuren und verstehen Public Private Partnerships - metaphorisch - als „das Rudern und Steuern eines Bootes“ (Osbourne / Gabler 1992). Dieser Vorstellung zufolge legt der Staat in der Zusammenarbeit die Regeln fest und bestimmt die Richtung - er „ steuert “ -, während das private Unternehmen für die operative Durchführung des Vorhabens zuständig ist und „ rudert “. Auch in diesem „Boot“ ist die Zusammenarbeit vertraglich geregelt und wird - durch die Ergänzung der Kompetenzen der beiden Partner - ein gemeinsames Ziel besser und effizienter erreicht (vgl. Eberlein 2005:147).
Die effizientere Erreichung von Zielen durch kooperatives Handeln zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren nimmt auch bei Public Private Partnerships im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit eine zentrale Stellung ein, ebenso werden andere zentrale Definitionselemente von Public Private Partnerships - Kooperation, Komplementarität, Risikenteilung, Langfristigkeit - in die Begriffsbestimmung aufgenommen. So wird eine Public Private Partnership in der Entwicklungsarbeit verstanden als „ eine freiwillige, projektbezogene Zusammenarbeit zwischen Akteuren aus dem öffentlichen und privaten Sektor. PPP erfüllt gemeinwohlorientierte Aufgaben, wobei öffentliche und privatwirtschaftliche Interessen zum beiderseitigen Nutzen zur Deckung gebracht werden.“ (Clemens-Ziegler / Loock 1998: 10)
Die Definition nach Clemens-Ziegler und Loock formuliert dezidiert die Erfüllung von gemeinwohlorientierten Aufgaben als Ziel einer Public Private Partnership. Als solche Aufgaben des Gemeinwohls werden Aktivitäten verstanden, die in erster Linie im öffentlichen Interesse stehen und der Allgemeinheit dienen. Auch wird der projektbezogene Charakter der Zusammenarbeit betont und damit die inhaltliche und zeitliche Begrenzung des Zusammenwirkens herausgestrichen10.
Umgesetzt auf die entwicklungspolitische Praxis handelt es sich bei Public Private Partnership also um Projekte, die zeitlich begrenzt und mit einem gemeinwohlorientierten - in diesem Fall entwicklungspolitischen - Ziel durchgeführt werden. Das Projekt muss sowohl dem öffentlichen Partner - einem öffentlichen Akteur der Entwicklungszusammenarbeit - als auch dem privaten Akteur - einem Unternehmen der Privatwirtschaft - Nutzen verschaffen.
So formuliert das Deutsche Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) - eine der ersten Institutionen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, die Public Private Partnerships in ihre entwicklungspolitische Arbeit implementiert hat - Public Private Partnerships als
„ das Zusammenwirken von Staat und der privaten Wirtschaft bei Vorhaben, die einen entwicklungspolitischen Nutzen erbringen und gleichzeitig im Interesse der beteiligten Privatunternehmen liegen.“ (BMZ 2001: 1)
Diesem Verständnis nach handelt es bei einer Public Private Partnership um ein konkretes entwicklungspolitisches Projekt, dessen Erfolg im Interesse beider Partner - dem öffentlichen und dem privaten - liegt und durch das Zusammenfließen öffentlicher und privater Beiträge von Synergieeffekten profitiert.
Mit dieser praxisnahen Konzeption einer Public Private Partnership wird auf Programmebene ein konkretes Instrument der entwicklungspolitischen Praxis beschrieben, wie es in der operativen Praxis der Entwicklungszusammenarbeit seit Mitte der 1990iger-Jahre existiert und gegenwärtig von 8 bilateralen und fast 20 multilateralen Gebern eingesetzt wird (vgl. Bürkle / Palenberg 2009: 25).
Instrumente wie die PPP-Fazilität des Deutschen BMZ, das Private Sector Investment Programme (PSI) der Niederländischen EVD, die Global Development Alliances (GDA) der US-Amerikanischen USAID oder die Wirtschaftspartnerschaften der Austrian Development Agency11 stellen dabei einen klar definierbaren Typus einer Public Private Partnership dar und sind demnach klar von den vielzähligen, teils diffusen Konzeptionen von Public Private Partnerships abzugrenzen.
Nach Schuemperli und Dommen besteht das zentrale Problem bei der Auseinandersetzung mit dem Konzept der Public Private Partnerships in der Tatsache, dass sich der Begriff auf drei unterschiedliche Analyseebenen bezieht und im öffentlichen Diskurs nicht differenziert wird: Während die erste Ebene auf das neue Entwicklungsparadigma und die öffentlich-diskursive Forderung nach stärkerer Beteiligung des Privatsektors an Entwicklungsagenden fokussiert, werden auf der zweiten Ebene die unterschiedlichsten Beziehungen zwischen internationalen Organisationen, Regierungsstellen und Privatunternehmen unter dem Begriff der Public Private Partnership zusammengefasst. Erst auf der dritten Ebene befasst sich die Analyse mit der neuen Rollenverteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor und konkreten Kooperationsformen zur Durchführung entwicklungspolitischer Projekte (vgl. Schuemperli Younossian / Dommen 2005: 11ff).
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll Public Private Partnership auf der dritten Analyseebene untersucht und als eine zeitlich begrenzte Kooperation zwischen einem öffentlichen und einem privaten Akteur verstanden werden, die gleichzeitig entwicklungspolitischen und betriebswirtschaftlichen Nutzen bringt und im Rahmen eines nationalen entwicklungspolitischen Förderprogramms - dem österreichischen Programm der Wirtschaftspartnerschaft der Austrian Development Agency durchgeführt wird (vgl. Kap. 1.3).
Exkurs: PPP - Ein Triggerwort
Der Terminus Public Private Partnerships wird ob seiner starken öffentlichen Verwendung und medialen Präsenz von einigen Autoren als sogenanntes „Triggerwort“ klassifiziert (vgl. Schuemperli Younossian / Dommen 2005; Latouche 2001). Triggerwörter verweisen nicht direkt auf analytische Konzepte, sondern dienen viel eher dazu, Reaktionen hervorzurufen und Anziehungskraft auszuüben. Das geschieht in der Regel durch die Verwendung emotional besetzter Wörter, in gegenwärtigen Fall mit dem Sympathie erweckenden Wort der Partnerschaft:
„ Mit dem Wort der Partnerschaft wird so implizit ausgesagt, dass die Teilnehmer sich gegenseitig Respekt erweisen, eine bestimmte Gleichstellung untereinander erfahren und dass sie sich gemeinsam für ein geteiltes Ziel engagieren.“ (Schuemperli Younossian / Dommen 2005: 14)
Ob seines analytischen Defizits ist einem Triggerwort jedoch meist ein recht kurzer Lebenszyklus beschert. Sobald nämlich Fachleute beginnen, dem Triggerwort eine technische Bedeutung zuzuordnen und analytische Inhaltselemente beizusetzen und das geschieht in der Regel mit populären Begriffen des öffentlichen Diskurses verliert es an emotionalen Reiz. In diesem Sinne ist es die Operationalisierung des Begriffs, der zu dessen Aussterben führt. Nach Ansicht von Latouche geschieht dies auch mit Public Private Partnership: „ Dem Wort öffentlich-private Partnerschaft dürfte eine kurze Lebensdauer beschieden sein: Es hat sich erst ab Anfang der 90iger Jahre verbreitet, nähert sich aber bereits der Schlussphase. “ (Latouche 2001: 39) Bisher scheint sich diese Annahme nicht bewahrheitet zu haben, ist der Begriff doch in der medialen und politischen Kommunikation nach wie vor prominent vertreten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die weitere Entwicklung dieses „Triggerworts“ gestaltet.
1.2.3 Akteure und Zielsetzungen
Wenn die Einbindung mindestens eines öffentlichen und eines privaten Akteures als konstitutives Merkmal einer Public Private Partnership vorausgesetzt wird (siehe Kap. 1.2.2), dann bringt dies das Zusammentreffen und die Kollision unterschiedlicher organisationaler Ziele und Interessenslagen und die Notwendigkeit ihrer Integration mit sich. Damit wird durch das Konzept der Public Private Partnerships implizit eine begriffliche Dichotomie zwischen der privaten und der öffentlichen Sphäre geschaffen: „Wer eine Partnerschaft begrüßt, setzt zunächst das Vorhandensein zweier getrennter, jedoch auf gleicher Ebene stehender Akteure voraus, deren separate Handlungsorientierungen durch die Partnerschaft für ein gemeinsames Ziel () fruchtbar gemacht werden können.“ (Ulrich / Wettstein 2005: 45) Es wird damit - sowohl von Befürwortern als auch von Kritikern - von gegebenen, oft diametralen Motivationslagen ausgegangen, die miteinander harmonisiert und in Einklang gebracht werden müssen.
Die zentrale Differenz zwischen dem öffentlichen und dem privaten Akteur ist auf struktureller Ebene zu finden und betrifft die organisationale Zielsetzung: Während sich öffentliche Organisationen tendenziell am Gemeinwohl orientieren, beabsichtigen privatwirtschaftliche Organisationen in erster Linie Gewinnerzielung und Gewinnmaximierung (vgl. Eichhorn 1995: 174). Zusätzlich zu diesen Eigenschaften schreibt LaPalombara der öffentlichen Welt die strukturellen Merkmale Zieldiffusität, Rechenschaftspflicht, Passivität und normative Ausrichtung zu, während das wesentliche Strukturmerkmal von Unternehmen auch für sie in der rein ökonomischen, nutzenmaximierenden Handlungsrationalität begründet liegt (vgl. LaPalombara 2001: 557)
Diese strukturellen Differenzen zwischen der öffentlichen und privaten Welt spiegeln sich in der Aushandlung von Public Private Partnerships wider und müssen zum Zwecke einer erfolgreichen Zusammenarbeit miteinander in Einklang gebracht werden (vgl. Manning 2004: 99).
Analog zu den strukturellen Gegensätzen unterscheiden sich die beiden Partner auch bezüglich der praktischen Interessen und Motive, die sie zur Durchführung einer Public Private Partnership bewegen (vgl. Schuemperli Younossian / Dommen 2005: 21f; Manning 2004: 99; Clemens-Ziegler / Loock 1998: 3; Eberlein 2005: 148).
Die Beweggründe, aus denen Akteure des Privatsektors eine Public Private
Partnership eingehen, stehen mit dem strukturellen Merkmal der nutzenmaximierenden Handlungsrationalität in enger Verbindung und sind größtenteils betriebswirtschaftlich motiviert. In der Literatur wird rein wirtschaftlichen Interessen die größte Relevanz eingeräumt, sie werden auch in empirischen Studien von Unternehmen selbst als zentrale Motivatoren genannt (vgl. Manning 2004: 99). Demnach erhoffen sich privatwirtschaftliche Akteure durch die Teilnahme an einem Public Private Partnership Projekt unter anderem Gewinnmaximierung und Erzielung eines höheren Einkommens durch Verkauf der produzierten Güter und Dienstleistungen, eine Erweiterung des Marktes, einen besseren Zugang zu neuen Märkten, gemindertes Eigenkapitalrisiko oder eine generelle Steigerung der betrieblichen Effizienz (vgl. Schuemperli Younossian / Dommen 2005: 21; Manning 2004: 99). Neben diesen direkt-wirtschaftlichen Überlegungen besteht von Seiten der Unternehmen auch die Erwartung, die Kommunikation mit Entscheidungsträgern der Verwaltung intensivieren und langfristig die politischen und juristischen
Rahmenbedingungen beeinflussen zu können (vgl. Schuemperli Younossian / Dommen 2005: 22). Schließlich erwarten Unternehmen auch, durch die Durchführung eines Public Private Partnership Projektes an öffentlichen Sympathien zu gewinnen und das Image der Firma und ihrer Produkte oder Dienstleistungen verbessern zu können (vgl. Manning 2004: 99). Die Beweggründe der Unternehmen lassen sich demnach auf wirtschaftliche, politisch-strategische und marketingtechnische Überlegungen zurückführen12.
Für den öffentlichen Sektor macht die Partizipation an Public Private Partnerships aus unterschiedlichen Gründen Sinn. Die zentrale Motivation für das Bündnis mit der Privatwirtschaft ist dabei ebenfalls finanzieller Natur und betrifft erwartete Ersparniseffekte. Durch die Auslagerung ehemals öffentlicher Aufgaben an den Privatsektor können budgetäre Engpässe überwunden und sonst nicht finanzierbare Investitionen getätigt werden. Vor allem in der Entwicklungszusammenarbeit erhofft man sich, durch privates Kapital den kontinuierlichen Rückgang öffentlicher Entwicklungsgelder kompensieren zu können (vgl. Eberlein 2005: 148). Daneben geht man aber auch davon aus, dass sich durch die Inklusion privater Akteure Effizienz, Innovationsfreudigkeit und Dienstleistungsqualität im öffentlichen Sektor erhöhen und die technischen Fachkenntnisse der Unternehmen transferiert und genutzt werden können (vgl. Schuemperli Younossian / Dommen 2005: 22).
Prinzipiell wird angenommen, dass privatwirtschaftliche Unternehmen durch spezifische, ihnen zugeschriebene Charakteristika - höhere Effizienz, besseres Markt- und Kundenverständnis, größere technische Expertise - in der Lage sind, öffentliche Dienste und somit auch entwicklungspolitische Aufgaben besser, effizienter und kostengünstiger ausführen zu können (vgl. Clemens-Ziegler / Loock 1998: 3). Neben diesen Professionalisierungs- und Rationalisierungseffekten erhofft man sich aber auch im öffentlichen Sektor, durch Public Private Partnerships in der Bevölkerung positiver wahrgenommen zu werden und das Image verbessern zu können (vgl. Manning 2004: 99). Die Beweggründe des öffentlichen Sektors sind vielfältiger als die des privaten, lassen sich aber unter einen wirtschaftlichen, einen technisch-inhaltlichen und einen marketing-technischen Bereich subsummieren.
1.2.4 Partnerschaft und Zielkonflikte
Trotz der offensichtlichen strukturellen Unterschiede der beiden Partner und deren unterschiedlichen praktischen Interessen, geht das Konzept der Public Private Partnership von der Möglichkeit einer - für beide Seiten fruchtbaren Zusammenarbeit aus. Dabei wird angenommen, dass sich kommerzielle und entwicklungspolitisches Interessen überschneiden und sich trotz der unterschiedlichen Zielsetzungen Nutzen für beide Akteure der Partnerschaft ergeben (vgl. Engels 2000: 4).
Wenn man - wie Reinhold (1991: 438) - Partnerschaft als „Prinzip des vertrauensvollen Zusammenwirkens von Personen oder Organisationen unterschiedlicher Zielsetzung“ auffasst, kann das Ziel der Zusammenarbeit im Rahmen von Public Private Partnerships in der Realisierung einer Win-WinSituationen zum beiderseitigen Nutzen gesehen werden (vgl. Budäus / Grüning 1996: 281). In diesem Sinne besteht für beide Partner eine Nutzenaussicht, die die Transaktionskosten der Zusammenarbeit übersteigt (vgl. De Haas / Kraemer 2000: 7) und sich durch die Kombination komplementärer Stärken und den daraus entstehenden Synergieeffekten ergibt.
Dabei muss weder der private noch der öffentliche Akteur von seinen organisationalen Zielsetzungen absehen, denn auf Ebene der Wirkungen soll eben ihrer beider Handeln zu sowohl betriebswirtschaftlich als auch entwicklungspolitisch erwünschten Resultaten führen. Dieser Vorstellung zufolge kommt das intrinsische Verhalten des Unternehmens nicht nur der Organisation selbst zu gute, sondern analog dazu auch dem Umfeld, in dem es agiert (siehe Abbildung 1):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Logik der Zusammenarbeit
(in Anlehnung an ADA 2009b: „Erfolgskreislauf der Wirtschaftspartnerschaften“)
Indem Unternehmen in Entwicklungsländern investieren und wirtschaftliche Strukturen aufbauen, erschließen sie neue Märkte, erhalten Zugang zu neuen Absatz- und Einkaufskanälen und optimieren Produktions- und Vertriebsstrukturen. Gleichzeitig werden - idealiter - durch solche Vorhaben vor Ort Arbeitsplätze und Einkommensquellen für die lokale Bevölkerung geschaffen, Know-how und neue Technologien transferiert, Umwelt- und Ressourcenschutz forciert und Arbeitsbedingungen in Industrie und Landwirtschaft verbessert. Zur Erreichung dieser entwicklungspolitisch relevanten Ziele besteht nun die Rolle des öffentlichen Akteurs im Rahmen einer Public Private Partnership darin, bestmögliche Bedingungen für das unternehmerische Handeln zu schaffen und sie in diesem inhaltlich und finanziell zu unterstützen (vgl. Adam 2000: 274).
In diesem idealtypischen - und von den öffentlichen Gebern kommunizierten - Szenario besteht eine klare Rollenaufteilung zwischen öffentlichem und privatem Akteur und eine prinzipielle Übereinstimmung über die grundlegenden Ziele der Zusammenarbeit. Diese Zielkomplementarität existiert jedoch auf einer derart generellen Ebene, dass trotz ihres Bestehens konkrete Zielkonflikte nicht ausgeschlossen werden können und in der alltäglichen Praxis als gegeben angenommen werden müssen (vgl. Manning 2004: 10). Für Kritiker sind es ebendiese Zielkonflikte, die eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen privaten und öffentlichen Akteuren verunmöglichen (vgl. Engels 2003: 1; Höring 1998: 19, Wegener 2000: 103; vgl. dazu auch Kap. 1.2.5).
Um eine konstruktive Zusammenarbeit trotz partieller Zieldifferenzen zu ermöglichen und das partnerschaftliche Agieren im Public Private Partnership Projekten zu formalisieren, haben sich in der Praxis spezifische Kriterien etabliert, die für eine Teilnahme an einem Projekt erfüllt werden müssen und die Kooperation in wesentlichen Punkten reglementieren. Die Voraussetzungen tangieren dabei im Wesentlichen die potentiellen Schnittstellen der Interessenslagen der beiden Akteure und betreffen - wie durch das BMZ (und ähnlich durch die Austrian Development Agency; siehe Kap. 4.2.3) formuliert - die Bereiche „Kompatibilität“ (Vereinbarkeit mit entwicklungspolitischen Zielvorgaben und Förderkonzepten), „Komplementarität“ (Ergänzung öffentlicher und privater Beitrag zur effizienteren Zielerreichung), „Subsidiarität“ (Notwendigkeit zusätzlicher und nicht ohnehin unternehmerisch getätigter Vorhaben) und den „Eigenbetrag der Unternehmen“ (vgl. Engels 2000: 44). Der Umgang mit diesen Kriterien bietet dabei großen Interpretationsspielraum und stellt ein wesentliches Thema der öffentlichen Kritik am Konzept der praktischen Umsetzung von Public Private Partnerships dar.
1.2.5 Kritik
Public Private Partnerships werden - sowohl im wissenschaftlichen als auch im politischen und öffentlichen Diskurs - äußerst kontrovers diskutiert und dabei sehr unterschiedlich bewertet. Seit seinem Aufkommen hat das Konzept zu teils heftigen und emotional geführten Disputen geführt, wobei sich eine starke Polarisierung der Meinungen unter Verwendung ideologischer Argumentationsmuster feststellen lässt (vgl. Fröde 2003: 31).
Dabei sind sich aber sowohl Befürworter als auch Kritiker einig, dass die
Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren Konfliktund Risikopotentiale in sich birgt: „Grundsätzlich ist unbestritten, dass sich aus den unterschiedlichen Zielsetzungen und Ansprüchen staatlichen und privaten Handelns in den Beziehungen zu Entwicklungsländern auch Probleme und Risiken ergeben.“ (Engels 2000: 44)
Als eines der zentralsten Risiken wird dabei generell die Einbindung des privatwirtschaftlichen Sektors in die Entwicklungszusammenarbeit und die Unvereinbarkeit der dabei aufeinander treffenden Zielsetzungen gesehen (vgl. Engels 2001:117; Heydenreich 2010: 14). Kritisiert wird, dass Unternehmen mit ihren Kernaktivitäten kommerzielle - und eben nicht entwicklungspolitische Interessen verfolgen und durch ihr opportunistisches Agieren nicht für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben geeignet seien. Aufgrund der Gegensätzlichkeit der Aufgaben der beiden Akteure sollten diese nicht vermischt werden, denn: „Hier gibt es Schnittmengen, aber keineswegs eine Interessenkongruenz.“ (Heydenreich 2013: 14) Dennoch kommt es - wie Collenberg bemerkt - zu einer Umkehrung der traditionellen Rollenverteilung der Entwicklungszusammenarbeit, indem durch Public Private Partnerships Privatunternehmen plötzlich zu Initiatoren entwicklungspolitischer Projekte werden (vgl. Collenberg 2006: 12). Das wirtschaftliche Eigeninteresse der Unternehmen kann dabei zwar in vielen Fällen mit entwicklungspolitischen Zielen kongruent sein, steht aber in anderen in direktem Widerspruch zu diesen.
So zeigt sich bei Public Private Partnership-Projekten - wie bei anderen Arten von Direktinvestitionen auch - etwa ein geographisches Ungleichgewicht: Länder mit besonders instabilen politischen Verhältnissen, wirtschaftlichen Problemen und starker Armut - also exakt jene, die der Entwicklung am meisten bedürfen - sind signifikant seltener Zielländer von Public Private Partnership-Projekten als besser gestellte Nationen13 (vgl. Nuscheler 2005: 540). Damit stehen betriebswirtschaftliche Interessen den entwicklungspolitischen gegenüber: Während privatwirtschaftliches Engagement vor allem in einem politisch und wirtschaftlich stabilen Umfeld angestrebt wird, sind entwicklungspolitische Aktivitäten vor allem da gefragt, wo diese Stabilität noch nicht in ausreichendem Maße gegeben ist. Durch die Priorisierung der betriebswirtschaftlichen Position führen Public Private Partnerships in diesem Sinne zu einer Verstärkung der regionalen Disparitäten zwischen den Ländern des Südens. So kritisieren vor allem NPOs - wie etwa die Deutsche Welthungerhilfe - den entwicklungspolitischen Wert von Public Private Partnerships:
„Wenngleich solche Projekte im Einzelfall durchaus positive Entwicklungswirkungen haben können, ist die Gefahr groß, dass durch sie knappe Entwicklungshilfegelder überwiegend in Länder und Sektoren fließen, die zwar für Unternehmen interessant sind, die aber für die Verwirklichung der Millenniumziele und die Bekämpfung der extremen Armut nicht prioritär sind.“ (Welthungerhilfe 2004: 19)
Damit ist auch ein Thema angesprochen, dass in unterschiedlichen Varianten seit Beginn der Entwicklungszusammenarbeit eines ihrer zentralen Streitpunkte darstellt und auch bei der Diskussion um Public Private Partnerships prominent ins Feld geschickt wird, nämlich das Thema der Außenwirtschaftsförderung. Die Kritik basiert dabei vor allem auf dem Vorwurf, die Geberländer verfolgten mit dem Konzept lediglich politische Eigeninteressen und nutzten Entwicklungspolitik - nun nicht mehr verdeckt, sondern offen und politisch legitimiert - zur Förderung ihrer eigenen Außenwirtschaft (vgl. Engels 2000: 41; Höring 1998: 6; Manning 2003: 11). Dabei steht in der kritischen Diskussion die Frage im Mittelpunkt, ob die Entwicklungszusammenarbeit durch ihre Annäherung an die Privatwirtschaft an Zukunftsfähigkeit gewonnen hat oder sie durch Exportsubventionierung, Wirtschaftsförderung, Förderung von Privatisierung in den Partnerländern und Unterstützung wirtschaftlicher Globalisierung ihre „Ideale verrät“ (Engels 2000b: 149). Verschärft wird diese Kritik zugleich noch durch den Umstand, dass die Gelder der Entwicklungszusammenarbeit kontinuierlich im Sinken begriffen sind und die Auszahlung ebendieser Gelder an Wirtschafstreibende vor allem von NPOs als problematisch und schwer legitimierbar dargestellt wird (vgl. Eberlein 2005: 152). Einen zentralen Kritikpunkt stellen in diesem Zusammenhang potentielle Mitnahmeeffekte der Unternehmen - also Subventionen für Leistungen, die Unternehmen auch ohne Public Private Partnership in gleicher oder ähnlicher Weise durchgeführt hätte - dar (vgl. Fröde 2003: 30). Erste empirische Studien (etwa Altenburg / Chahoud 2002) schätzen den Umfang solcher Mitnahmeeffekten als hoch ein, auch wenn diese quantitativ nicht präzise erfassbar sind (vgl. Altenburg / Chahoud 2002: 7, 37, 53 f.)
Ein weiterer Kritikpunkt und zugleich ein Umstand, der einer Versachlichung der Diskussion entgegensteht, ist das Fehlen systematisch gesammelter Erfahrungswerte und umfassender Evaluierungen14 (vgl. Höring 2003: 76; Heydenreich 2010: 14). In der Praxis der Entwicklungszusammenarbeit konnte sich bisher kein systematisches Evaluierungs- und Monitoringsystem etablieren, vielmehr bestehen je nach Geberorganisation spezifische, oft recht pragmatische Formen des Berichtswesens mit stichprobenartigen Einzelfallstudien (vgl. Bürkle / Palenberg 2009: 15). Das Fehlen gesicherter Daten und vergleichbaren empirischen Materials erschwert die Erfolgs-Bewertung von einzelnen Public Private Partnership -Vorhaben im Speziellen und die Beurteilung des Konzepts im Allgemeinen. In der Diskussion weitgehend unumstritten ist die Forderung, dass die Verwaltungen der Partnerländer und die direkten Nutznießer der Projekte umfassender an der Planung und Durchführung der Maßnahmen beteiligt werden müssen und das Konzept der Public Private Partnerships stärker in die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit integriert werden muss (vgl. Wegener 2000: 114, Engels 2001: 43; Altenburg 2010: 11f). Damit werden von Kritikern zwei zentrale Vorgaben der Paris-Erklärung15 - Allignment und Harmonisation - eingefordert. Mit Allignment ist die Einbindung aller Geberaktivitäten in nationale Strategien und Institutionen gemeint, mit Harmonisation die bessere Abstimmung mit anderen Akteuren der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (vgl. Six / Langthaler / Obrovsky 2007: 9). In beiden Fällen wird Nachholbedarf konstatiert: Zum Einen sind es nach wie vor europäische Unternehmen, die Projekte im Norden konzipieren und dann im Süden durchführen, ohne lokale Akteure - politische Institutionen, Organisationen der Zivilgesellschaft oder die Bevölkerung - in diesen Prozess ausreichend mit einzubeziehen (vgl. Altenburg 2010: 11).
Zum anderen ist die Abstimmung innerhalb der Gebergemeinschaft in Hinblick auf Public Private Partnerships kaum vorhanden, existieren doch momentan fast 30 biund multilaterale Programme parallel nebeneinander (vgl. Bürkle / Palenberg 2009: 25).
Während an diesem letzten Kritikpunkt konstruktiv gearbeitet werden und die Erreichung und Harmonisation und Allignment mittelfristig geplant werden kann, lassen sich die ideologisch gefärbten Diskussionen entlang wirtschaftlicher Fragen und der Argumentationslinie „Die Gewinne privat, die Kosten dem Staat“ (Eberlein 2005: 11) nur schwer versachlichen. Solange umfassende Evaluationen ausbleiben und Argumente der empirischen Basis entbehren, kann von einem Fortbestand des öffentlichen Disputs um das Thema ausgegangen werden. Auch wenn von vielen als destruktiv wahrgenommen, sollte der Wert ebendieser Dispute nicht unterschätzt werden: „Gerade die frühen Kontroversen um das PPP-Konzept haben möglicherweise dazu beigetragen, dass sich die Entwicklungszusammenarbeit in diesem Teilbereich vielleicht noch deutlicher als in ihren anderen Sektoren an ihre eigenen Grundsätze erinnert hat.“ (Engels 2000: 44)
1.3 Public Private Partnership in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
1.3.1 Entstehungshintergrund
Im Rahmen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) findet das Konzept der Public Private Partnership mit dem Instrument der Wirtschaftspartnerschaften praktische Anwendung. Dieses existiert seit 2005 und wird seither operativ durch die Austrian Development Agency (ADA) abgewickelt16.
Dem allgemeinen entwicklungspolitischen Trend zu verstärkter Zusammenarbeit mit wirtschaftlichen Akteuren folgend (siehe Kap. 1.1), wurde mit der Gründung der ADA im Jahr 2004 das Arbeitsfeld „Wirtschaft und Entwicklung“ neu in die österreichische Entwicklungszusammenarbeit aufgenommen. Akkordiert mit der internationalen Gebergemeinschaft wird auch hier der Privatsektor als Entwicklungspartner anerkannt und die Notwendigkeit seiner Partizipation betont:
[...]
1 Eine besonders detaillierte Analyse stellt in diesem Zusammenhang der SAPRIN-Report “Policy Roots of Economic Crisis and Poverty: A Multi-Country Participatory Assessment of Structural Adjustment“ dar. In dieser 2002 erschienenen Studie zeichnet das „Structural Adjustment Participatory Review International Network“ (SAPRIN 2004) anhand der Analyse von 50 Ländern ein umfassendes Bild über die negativen Auswirkungen der Strukturanpassungspolitik dieser Jahre und zeigt auf, wie diese - in eklatantem Gegensatz zur Rhetorik von IWF und Weltbank - zu zusätzlicher Verarmung und gestiegener sozialer Ungleichheit in Ländern des Südens geführt hat.
2 Die Grundlage dieser Strategie stellen die „Poverty Reduction Strategy Papers“ dar. Diese Armutsbekämpfungsstrategien müssen von den Entwicklungsländern unter partizipativer Mitwirkung der Bevölkerung erarbeitet werden und stellen eine unabdingbare Voraussetzung sowohl für die Kreditpolitik als auch für den erweiterten Schuldenerlasses durch IWF und Weltbank dar (vgl. Jakobeit 2000: 244).
3 Gute Regierungsführung - oder Good Governance - meint hierbei die „transparente und rechenschaftspflichtige Verwaltung menschlicher, natürlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Ressourcen innerhalb eines Gesellschaftssystems mit dem Ziel nachhaltiger und ausgewogener Entwicklung. Dies geschieht in einem politischen und institutionellen Umfeld, das die Menschenrechte und demokratischen Prinzipien sowie die Rechtsstaatlichkeit achtet.“ (EC 2010: Cotonou Partnership Agreement, Art. 9.3)
4 Im Rahmen des „Millenniumsgipfels“ der Vereinten Nationen wurden im Jahr 2000 die zentralen Entwicklungsziele der internationalen Gebergemeinschaft definiert. Die insgesamt 8 Ziele (MDGs, Millennium Development Goals) umfassen die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger, generelle Primärschulbildung, Stärkung der Rolle der Frauen, Senkung der Kindersterblichkeit, Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern, Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen schweren Krankheiten, Ökologische Nachhaltigkeit und den Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung (vgl. UN 2000)
5 Dieser im Zuge der Vorbereitung zur Monterrey-Konferenz 2002 errechnete Betrag umfasst neben den Ausgaben für die Erreichung der Entwicklungsziele (50 Mrd. US-Dollar) auch die notwendigen Mittel für Katastrophenhilfe (8,5 Mrd. US-Dollar) und Global Public Goods (20
6 Unter einer ausländischen Direktinvestition ist ein Kapitaltransfer aus einem Herkunftsland in ein Gastland zu verstehen, bei dem auf die unmittelbare Einflussnahme auf die Leitung und Geschäftstätigkeit des ausländischen Unternehmens gezielt wird. Damit unterscheidet sie sich von Portfolio-Investitionen in ausländischen Aktien, Obligationen oder anderen Wertpapiere, die allein auf Gewinnabsichten und nicht an der tatsächlichen Teilnahme an der Führung des Unternehmens fokussieren (vgl. Engels 2001: 111 f).
7 Bereits in den USA der 1930iger Jahre wurden im Rahmen des „New Deal“ unter Präsident Roosevelt erste Kooperationen zwischen staatlichem und privatem Sektor durchgeführt. Ab den 60igern wurde es auch im Wohlfahrts- und Bildungsbereich eingesetzt, in den späten 70igern in der Stadtentwicklungspolitik. Zu dieser Zeit wurde das Konzept schließlich auch in Europa entdeckt und übernommen (vgl. Franken-Wendelstorf 2007: 84f). Heute finden sich Public Private Partnerships in zahlreichen Bereichen, darunter in der Stadtentwicklung, der Infrastrukturentwicklung, der Forschung und Entwicklung, der Wirtschaftsförderung, der kommunalen Ver- und Entsorgung und dem Kulturbetrieb. (vgl. Engels 2000: 41).
8 In unterschiedlichen Varianten auch bei Budäus / Eichhorn 1997: 5 ff.; Gottschalk 1997: 154; Kirsch 1996: 26.
9 Damit ist einer der zentralsten Organisationstypen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit - die Nicht-Regierungs-Organisation (NRO) - aus Public Private Partnerships exkludiert. NRO - im Folgenden als Bezeichnung für alle nicht- staatlichen und nicht-privatwirtschaftlichen Akteure der internationalen Entwicklungszusammenarbeit verwendet (vgl. Schade 2002: 51) - spielen seit Ende des Zweiten Weltkrieges eine tragende Rolle bei der Erbringung von sozialen und humanitären Leistungen in Ländern des Südens und werden in der globalen Debatte - trotz einiger Kritik - nach wie vor wichtigste Alternative zur staatlicher Entwicklungshilfe verstanden (Lenzen 2001: 1).
10 Die durchschnittliche Projektdauer stellt ein klares Differenzierungsmerkmal von Public Private Partnership Projekten innerhalb und außerhalb der Entwicklungszusammenarbeit dar: Während die Laufzeiten bei herkömmlichen PPP-Projekten auf 15 bis 20 Jahre ausgerichtet sind, betragen sie bei entwicklungspolitischen PPP-Projekten durchschnittlich lediglich 2 bis 3 Jahre (vgl. Franken-Wendelstorf 2007: 104).
11 Als empirisches Forschungsfeld und Untersuchungsgegenstand der gegenständlichen Forschungsarbeit werden das Instrument der Wirtschaftspartnerschaften und die Austrian Development Agency im empirischen Teil der Arbeit (Kap. 4.3) detailliert beschrieben
12 Langfristig gesehen führen auch die beiden letzen Bereiche schlussendlich wieder zu einer Erhöhung der Wirtschaftlichkeit. Wie Clemens-Ziegler / Loock aber in ihrer Studie feststellen, wird ihnen von Unternehmen zu Beginn sogar größere Bedeutung zugemessen als rein wirtschaftlichen Überlegungen (vgl. Clemens-Ziegler / Loock 1998: 24).
13 So konzentrieren sich Projekte vor allem auf etwa ein Dutzend stärker entwickelte - in erster Linie asiatische - Staaten, während Vorhaben in anderen Regionen - speziell südlich der Sahara - die Ausnahme bleiben (vgl. Körting 2008: 292).
14 Die Abstinenz umfassender Evaluationsstudien ist u.a. auf methodologische Schwierigkeiten bei der Messung und Bewertung von Public Private Partnership - Vorhaben zurückzuführen. Aufgrund der relativen Neuheit des Konzepts sind Verlaufs-, Ergebnis- und Wirkungskontrollen kaum erprobt und weder theoretisch noch methodisch zur Gänze entwickelt. An das Studiendesign solcher Untersuchungen werden hohe Anforderungen gestellt, da es gleichzeitig entwicklungspolitische als auch betriebswirtschaftliche Parameter bewerten und damit Wirkungen auf unterschiedlichen Analyseebenen erfassen muss.
15 Die Pariser Erklärung - oder „Pariser Deklaration über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit“ - ist ein internationales, am 2.März 2005 unterzeichnetes Konsenspapier über die Grundvoraussetzungen für eine effektivere Entwicklungszusammenarbeit (siehe dazu: Six / Langthaler / Obrovsky 2007: 6ff).
16 Die Austrian Development Agency (ADA) ist die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und als solche für deren operative Abwicklung zuständig. Die Planung der Strategien und Programme obliegt dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA).
- Arbeit zitieren
- Bakk. Daniel Rössler (Autor:in), 2011, Public Private Partnerships in der Entwicklungszusammenarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167454
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