Am schlimmsten sind die, die daran glauben

Der Umgang mit totalitären Systemen am Beispiel der Protagonisten des Romans „Der Turm“ von Uwe Tellkamp


Pre-University Paper, 2010

23 Pages, Grade: 14 Punkte


Excerpt


Inhalt:

1. Der Turm und seine Bewohner

2. Grundsätzliche Einstellung der Türmer und politische Ausgangslage

3. Die Protagonisten und ihr Umfeld

4. Die Protagonisten
4.1 Richard Hoffmann
4.2.1 Werdegang
4.2.2 Charaktereigenschaften und Einstellung gegenüber dem System
4.1.3 Doppelleben und Erpressung durch die Stasi
4.1.4 Umgang mit und Reaktion auf die Erpressungsversuche
4.1.5 Depression und Niedergang
4.2 Meno Rohde
4.2.1 Kindheit und Autorentum
4.2.2 Umgang mit der Nomenklatura
4.2.3 Arbeit und Kritik an der Zensur
4.2.4 Verhalten gegenüber Staatsorganen
4.2.5 Der Niedergang Judith Schevolas
4.2.6 Letzte Prüfung und Untergang des Staats
4.3 Christian Hoffmann
4.3.1 Kindheit und Erziehung
4.3.2 Charakterzüge
4.3.3 Verhalten und Probleme im Wehrlager
4.3.4 Restliche Schulzeit und wachsende Nonkonformität
4.3.5 Die NVA
4.3.5.1 Änderung des Verhaltens durch Charakterschwäche
4.3.5.2 Endgültiger Bruch mit dem Regime
4.3.5.3 Rückkehr zum Militär und erneute Schwierigkeiten

5. Problematik der Systemkritik in totalitären Staaten

Alle Zitate mit im Flie ß text vermerkter, eingeklammerter Seitenzahl beziehen sich auf: Uwe Tellkamp: Der Turm-Geschichte aus einem versunkenen Land, Frankfurt am Main, 2008

Die alte deutsche Rechtschreibung wurde in allen Zitaten beibehalten.

1. Der Turm und seine Bewohner

Heutige Quellen über den Alltag der Bürger in der DDR setzen sich überwiegend aus Propagandafilmen der SED zusammen. Es gibt „nur wenige umfangreiche Studien, die das DDR-Bild der Deutschen in umfassender Weise analysiert haben.“1 Diese Filme liefern uns nur begrenzte Einblicke in das damalige Leben, weil sich die Regierung des Arbeiter- und Bauernstaats politisch auf eben jene Bevölkerungsgruppe beschränkte und kaschierte, dass in ihrem Land auch andere Menschen existierten. Menschen, welche ihre exponierten Stellungen, die ihre Familien über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg aufgebaut hatten, nicht dem Allgemeinwohl opfern wollten; die Wissen und Kultur auch jenseits der Mauer suchten. Der Roman „Der Turm“ von Uwe Tellkamp setzt sich als erster Wenderoman mit genau solchen Menschen auseinander.

Die Protagonisten Tellkamps leben in einem Dresdner Villenviertel, das als der „Turm“ bezeichnet wird. Sie scheinen in diesem Viertel über der restlichen Bevölkerung Dresdens und der gesamten DDR zu schweben. Die Bewohner des Turms, im Buch „Türmer“ genannt, bilden eine homogene Enklave inmitten des Sozialismus. Sie unterhalten Abendgesellschaften mit Hausmusik, laden zu Diskussionsrunden über alte Sagen ein und frönen so der Hochkultur. Ihre Verehrung der Bildung geht so weit, dass die Gesellschaftsordnung in diesem Viertel mit den Worten: „Wer nichts w[eiß], sch[eint] nichts zu gelten.“ (S.150) beschrieben wird. Die Bezeichnung „Türmer“ spielt nicht nur auf die Turmgesellschaft in Goethes „Wilhelm Meister“, sondern vor allem auf das Verb „türmen“ an. Die Bewohner fliehen also aus der Gesellschaft des Arbeiter- und Bauernstaates, indem sie innerhalb der Grenzen der DDR bürgerliche Werte leben. Doch die Konfrontation mit dem konträr eingestellten, real existierenden Sozialismus ist auch innerhalb ihrer selbst errichteten Scheinwelt nicht zu vermeiden. Gerade deshalb sehen die Türmer nicht den Staat, in dem sie leben, sondern nur ihr Viertel als ihre wahre Heimat an. So schließt der Autor eine Passage zu Beginn des Werkes, die von einer Bahnfahrt des Türmers Christian Hoffmann berichtet, mit den Worten: „Er war zu Hause, im Turm.“ (S.23)

2. Grundsätzliche Einstellung der Türmer und politische Ausgangslage

Der Roman behandelt den Zeitraum der letzten sieben Jahre in der Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik. Die wichtigen politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und Ereignisse, aber vor allem das alltägliche Leben im Sozialismus, werden aus der Sicht einiger Bewohner der Stadt Dresden geschildert. Die Haupthandlungsträger des Romans gehören ausschließlich dem Bildungsbürgertum an. Von ihnen werden alle Ereignisse kritisch betrachtet und bewertet. Durch die Aversion der Charaktere dem Staat gegenüber sind die Schilderungen zwar in den seltensten Fällen objektiv, können dem Leser so aber das Bild einer diktatorisch und keinesfalls sozial geprägten Gesellschaft vermitteln. Während der Lektüre des Romans werden immer stärker werdende Anzeichen für den sukzessiven Niedergang der DDR erkennbar. Das hier vermittelte Staatsbild, entspricht den historischen Kenntnissen von einem Staat, der „in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre allmählich [seinen] Schrecken [verliert]“ und in dem „die führenden Persönlichkeiten der SED […] kaum noch Hass, sondern vor allem Spottlust […] [erwecken]“2.

3. Die Protagonisten und ihr Umfeld

Im Roman kommen Dutzende von Figuren vor. Drei von ihnen stehen besonders im

Vordergrund: Richard Hoffmann, sein Schwager Meno Rohde und sein Sohn Christian Hoffmann. Anhand dieser Figuren wird besonderes Augenmerk auf drei Berufsfelder gelegt: medizinische Versorgung, Verlagswesen und Militär. Alle Drei sind stereotype Türmer und leben ein gutbürgerliches Leben, wie es in der DDR eigentlich nicht existieren dürfte.

Als Kontrastpunkt zu diesen bildungsbürgerlichen Personen leben im Turm auch Menschen, die zwar besser gestellt sind als der durchschnittliche Arbeiter, die aber dennoch die Ideologie des Staatssystems teilen, obwohl sie keinesfalls den Führungsetagen angehören. Wie die meisten anderen Bürger auch, werden sie von versprochener Gleichheit und Wohlergehen über die real existierende Diktatur hinweggetäuscht. So konstatiert zum Beispiel der Chefarzt der Klinik Richard Hoffmanns: „Wir haben Verantwortung, meine Herren, und es ist leicht, sich an billigen Spötteleien über unser Land zu beteiligen… Aber es ändert nichts, wissen Sie, es ändert nichts… Und gerade Sie, meine Herren […] - wir, wir sollten uns unserer Stellung bewußt sein.“ (S.63)

Mit dem Wirtschaftssystem ihres Staates gehen die Türmer humorvoll um. Sätze wie: „[H]ier gibt´s nur keine Winterreifen. Keine Betten gibt´s im Möbelladen“ (S.353) werden zu oft und gern gehörten Scherzen.

Obwohl sie vom durch Mangelwirtschaft geprägten Staat nicht mit Privilegien versehen, sondern, aufgrund fehlender Systemkonformität, eher benachteiligt werden, verschaffen sie sich eine bevorzugte Behandlung, indem sie ihre Beziehungen spielen lassen. Es kommt dabei oft zu bizarren Situationen. Zu Beginn des Romans will ein Arzt den guten Kontakt zur Tochter eines Kfz-Mechanikers, bei der er eine Abtreibung durchgeführt hat, dazu nutzen, um die Reparatur eines Autos gegen rares Verbandsmaterial zu tauschen. Das Geschäft platzt jedoch, da der Mechaniker seine Tochter verstößt, als er erfährt, dass sie von einem Beamten bei der verhassten Bezirksleitung schwanger war. (vgl. S. 60f) In

Anbetracht der komplexen Verflechtungen, die bei dem Versuch ein komfortables Leben in der DDR zu führen entstehen, wird deutlich, dass die Türmer es keinesfalls leicht haben, jedoch mit den verschiedensten Finessen zur Erhaltung eines gewissen Lebensstandards, aufwarten können.

4.Die Protagonisten

4.1 Richard Hoffmann

4.1.1 Werdegang

Der Roman beginnt mit der Feier zum 50. Geburtstag Richard Hoffmanns. Alle für die Handlung wichtigen Personen sind auf dieser Feier anwesend und werden eingehend beschrieben. So auch Richard Hoffmann selbst: „[A]ls ältester Sohn eines Uhrmachers geboren, w[ächst] [er] zur Zeit des Hitlerfaschismus auf.“ (S.46) Mit 12 Jahren erlebt er mit, wie die Alliierten „[in] der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945“ den „schwerste[n] Luftangriff auf eine Stadt im Zweiten Weltkrieg“3 verüben. Der junge Richard Hoffmann hilft während des Angriffes an einer Flakbatterie4. Da er hierbei „schwere Phosphorverbrennungen“ (S.46) erleidet, muss er anschließend lange Zeit medizinisch behandelt werden. So keimt in ihm der Wunsch auf, selbst Arzt zu werden. Als er aus dem Krankenhaus entlassen wird, „absolviert[e] [er] eine Schlosserlehre und beg[innt] danach das Medizinstudium in Leipzig“ (S.47). Spätfolgen der Luftangriffe, die in Form von „Verwachsungen an der rechten Hand“ (S.47) auftreten, hindern ihn beinahe daran, seinen Wunschberuf, Unfallchirurg, zu ergreifen. Erst eine Nachoperation bei der, auch real existierenden, Vorreiterin der spezialisierten Handchirurgie in der DDR, Leni Büchter5, kann seine Hand vollständig heilen und so die Hindernisse auf dem Weg zum Traumberuf beseitigen. Zum Handlungszeitpunkt hat er seine beruflichen Ziele verwirklicht, leitet als Unfallchirurg die Medizinische Akademie in Dresden und ist mit der dreizehn Jahre jüngeren Krankenschwester Anne, geborene Rohde, verheiratet. Zusammen haben sie zwei Söhne: Den 17-Jährigen Christian und seinen zweieinhalb Jahre jüngeren Bruder Robert.

4.1.2 Charaktereigenschaften und Einstellung gegenüber dem System

Richard Hoffmann gilt unter seinen Bekannten als Liebhaber der klassischen Musik, der Malerei und der bildenden Kunst (vgl. S.51). Seine Interessen sind also die eines stereotypen Bildungsbürgers. Wie die meisten Türmer verhält er sich zumeist unauffällig und entfaltet seine Persönlichkeit im Privaten, beteiligt sich also nicht am Staatswesen.

Jedoch hat Richard Hoffmann einen sehr aufbrausenden Charakter und ein hohes Gerechtigkeitsbewusstsein. Daher spricht er sich des Öfteren klar gegen die Regierung der DDR aus. Er kritisiert, man müsse sich aus politischen Zeitungsartikeln „alles herausklauben und zusammenreimen“ (S.72) und bezeichnet die sozialistischen Zeitungen wie das „Organ der SED-Bezirksleitung Dresden“6, die „Sächsische Zeitung“, als „Käseeinwickelpapiere“ (S.72). Die pazifistische Grundeinstellung, die bei den meisten Menschen der Nachkriegszeit zu finden war, sucht man bei Richard Hoffmann vergeblich. Er spricht sich in der Zeit des Kalten Kriegs klar für die USA und Ronald Reagans Politik des Wettrüstens aus, da er der Meinung ist, „die Russen verstehen nur eine harte Sprache… Totrüsten.“ (S.75)

Der gesamte Aufbau des Staates, der nur danach bestrebt ist, seine Bürger ruhig zu stellen und jede Opposition durch Anbiederung an wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu unterbinden, missfällt ihm zutiefst. Er sagt beispielsweise, als ihm bekannt wird, dass er mit der „Hufeland-Medaille“, einem Medizinerpreis, ausgezeichnet werden soll: „So ein Stück Blech können die sich schenken. Das ist doch nur ein Beruhigungsdrops an deiner Brust“ (S.59). Für wichtiger als besagte Auszeichnungen erachtet er es, alle Kräfte für die Beseitigung der Strukturprobleme, insbesondere im Gesundheitswesen, aufzuwenden. Diese Einstellung gegenüber Staatsauszeichnungen soll sich gegen Ende der DDR auch in der breiten Bevölkerung etablieren und dazu führen, dass bei Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Staates, „einzelne Werktätige die Entgegennahme von Auszeichnungen ablehn[en] [und] den Saal verl[assen]“7. Richard Hoffmann kann also durchaus als Vorreiter oppositionellen Denkens gesehen werden. Auf seine systemkritischen Äußerungen reagiert seine Frau stets ängstlich und ermahnt ihn, sich in der Öffentlichkeit zurückzuhalten. Er hält dagegen, „nicht so ein Taktiker und Schleimer [zu sein], und […]auch [seine] Jungs nicht so erziehen [zu wollen]“ (S.81). Ihm ist klar, welche Gefahren er mit seiner Offenheit eingeht. Auch, dass er als Träger eines höheren Amtes von der Stasi abgehört wird, ist ihm vollkommen bewusst (vgl. S.81). Dennoch spottet er immer wieder über das politische System der DDR, nur um sich danach einzugestehen: „Da lebt man nun schon dreiunddreißig Jahre in diesem Staat, und hat noch immer nicht gelernt, wann es Zeit ist, den Mund zu halten.“ (S.82) Der Arbeit widmet er sich mit schier grenzenloser Begeisterung und Engagement. Hier kehrt er auch von Zeit zu Zeit die querköpfige Seite seines Charakters nach außen. Er versucht einem Patienten zu helfen, seine Wehrpflicht zu umgehen. Dazu stellt er ihm die Bescheinigung: „Beinverkürzung links zwölf Zentimeter“ (S.216) aus und geht das Risiko ein, wegen dieser Falschaussage belangt zu werden.

4.1.3 Doppelleben und Erpressung durch die Stasi

Richard hat ein großes Geheimnis. Er führt ein Doppelleben, das er vor seiner Familie und vor allem seiner Frau verbirgt. Aus einer Affäre mit einer Sekretärin an der Klinik, Josta Fischer, hat er eine Tochter, Lucie. Diese zweite Familie, der auch noch ein früherer Sohn Jostas angehört, besucht er, unter dem Vorwand schwimmen zu gehen, „an jedem Donnerstag, wenn er keinen Dienst hat[te]“ (S.174). Bei jedem Besuch fühlt er sich schuldig und gewöhnt sich den „raschen, nach allen Seiten sichernden Gang eines scheuen, sich beobachtet fühlenden Menschen“ (S.174) an. Jedoch sieht er keinen Ausweg aus seiner Situation, da er seine kleine Tochter um keinen Preis verlieren will. Weil er sich zwischen seinen beiden Familien hin- und her gerissen fühlt, wird er von Selbsthass geplagt und kann an manchen Tagen seiner Ehefrau „Anne nicht mehr in die Augen sehen“ (S.175). Erstaunlich lange ist er in der Lage, sein Doppelleben zu verbergen. Schließlich wird seine Tarnung dennoch aufgedeckt. Das Ministerium für Staatssicherheit kommt auf ihn zu und deutet an, von seinem Geheimnis zu wissen. In den 50er Jahren denunzierte Richard, damals linientreuer Verfechter des Sozialismus, einen jetzigen Kollegen und Freund wegen „ideologischer Ungereimtheiten“ und nahm damit eine kurzfristige Beschäftigung als inoffizieller Mitarbeiten bei der Stasi an. Jetzt will ihn das Ministerium dazu erpressen, sich erneut für die Stasi zu verpflichten und seine Kollegen im Krankenhaus auszuspionieren.

4.1.4 Umgang mit und Reaktion auf die Erpressungsversuche

Nun beginnt Richard die Kontrolle über sein Leben zu verlieren. Vorher hatte er zwar mit seinem schlechten Gewissen zu kämpfen, doch nun liegt sein Schicksal vollständig in den Händen des Staats. Er fühlt sich, als trage er „ein Gefäß in sich, das sich im Verlauf des Lebens allmählich füllt[e], doch bei ihm, jetzt, [sei] es leckgeschlagen, und alles [sei] ausgelaufen“ (S.283). Er wird unleidlich, schreit seine Kinder an und „zieh[s]t sich ins Arbeitszimmer zurück, kaum [dass er] nach Hause gekommen [ist]“(S.284). Seine Frau bemerkt, dass etwas mit ihm nicht stimmt, und fragt ihn, ob er eine Affäre mit einer anderen Frau habe. Es seien ihr „Gerüchte zugetragen [worden]“ (S.285). Zunächst streitet Richard alles vehement ab, revidiert seine allzu heftige Replik dann allerdings teilweise, um nicht unglaubwürdig zu wirken. Er legt ein Teilgeständnis ab und vertraut ihr an, dass er von der Stasi erpresst wird, verschweigt aber seine Affäre. Anne begnügt sich mit dieser Ausrede, obgleich sie zu ahnen scheint, dass mehr hinter den Erpressungsversuchen steckt. Gemeinsam wägen sie die Möglichkeiten ab, die ihnen bleiben. Die Idee einen Ausreiseantrag zu stellen, verwerfen sie schnell, da man Richard „unmissverständlich zu verstehen gegeben [habe], daß [man] ihn nicht [aus der DDR] rauslassen werde[n]“ (S.288). Auch die Angst, das Regime könne ihren beiden Söhnen einen Studienplatz verweigern und somit ihre Zukunft verbauen, lässt Richard zurückschrecken. Deshalb fasst er den Entschluss, das Angebot anzunehmen, jedoch nur „belangloses Zeug ab[zuliefern]“ (S.291). Anne, zuerst Verfechterin der Fluchtidee, sieht schließlich ein, dass Richard damit die einzige Möglichkeit wählt, die die Familie weitgehend unbeschadet überstehen kann.

Richard unterzeichnet also einen Vertrag mit der Stasi und bricht den Kontakt zu seiner Affäre Josta und damit auch seiner leiblichen Tochter ab. In einem klärenden Gespräch droht Josta: „[W]enn du mich verlässt, tue ich mir was an“ (S.374). Das Gespräch verläuft im Sand. Josta wünscht sich, dass Richard sich zu seiner Tochter und zu ihr bekennt; er will weiterhin alles geheim halten. Sie schreibt ihm weiterhin Briefe, droht damit, eines „Tages vor [seiner] Tür zu stehen und eine Entscheidung zu erzwingen“ (S.383) und konkretisiert ihre Selbstmordpläne, die Richard weiterhin nicht ernst nimmt. Dass er dabei irrte, erfährt er kurz darauf, als Josta wegen „Verdacht[s] auf Tabletteneinnahme in suizidaler Absicht“ (S.385) in ein Krankenhaus eingeliefert werden muss. Bis zu ihrer Entlassung muss sich Richard zwangsläufig um die Kinder kümmern. Er geht dieses Risiko pflichtbewusst ein, ist aber, obwohl er die Nähe seiner Tochter genießt, dankbar, als er die Verantwortung auf eine Nachbarin abwälzen kann und sich selber um nichts mehr sorgen muss.

[...]


1 Deutz-Schroeder, Monika; Schroeder, Klaus: „Soziales Paradies oder Stasi-Staat“, Stamsried, 2008, S.20

2 Wolle, Stefan: DDR, Frankfurt am Main, 2004, S. 115

3 „Bombardierung von Dresden“, http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/kriegsverlauf/dresden/index.html, aufgerufen am 9.12.2010

4 Anmerkung: Flak, Abkürzung für Flugzeugabwehrkanone, Geschütz zur Bekämpfung feindlicher Flugzeuge [aus: F.A. Brockhaus GmbH, Der Brockhaus in drei Bänden, Leipzig, 2004³, Stichwort „Flak“, Band 1, S. 737]

5 Buck-Gramcko, Dieter: Ein Leben für die Handchirurgie: 100 Lebensbilder, Heidelberg, 2007, S.38ff

6 „Hauptstaatsarchiv Dresden“, http://www.archiv.sachsen.de/archive/dresden/5513_3131383537.htm, aufgerufen am 9.12.2010

7 Süß, Walter: Staatssicherheit am Ende. Warum es den Mächtigen nicht gelang, 1989 eine Revolution zu verhindern, Berlin, 1999, S.317

Excerpt out of 23 pages

Details

Title
Am schlimmsten sind die, die daran glauben
Subtitle
Der Umgang mit totalitären Systemen am Beispiel der Protagonisten des Romans „Der Turm“ von Uwe Tellkamp
College
Platen-Gymnasium Ansbach
Grade
14 Punkte
Author
Year
2010
Pages
23
Catalog Number
V167715
ISBN (eBook)
9783640852055
ISBN (Book)
9783640851973
File size
543 KB
Language
German
Notes
Kritikpunkte: Synthese, die die verschiedenen Verhaltensstrategien einander gegenüberstellt und stärkere Differenzierung des Totalitarismusbegriffs in Bezug auf die späte DDR wären wünschenswert gewesen
Keywords
umgang, systemen, beispiel, protagonisten, romans, tellkamp, punkte, uwe tellkamp, der turm, figurenkonstellation, ddr, wende, bildungsroman, wenderoman
Quote paper
Tobias Pascher (Author), 2010, Am schlimmsten sind die, die daran glauben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167715

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