Seit dem Jahre 1807 befand sich Preußen als Staat und Nation in einer politischen und moralischen Krise. Die Fortdauer als politisches Gebilde war ungewiss. Es war ein an Bevölkerung und Ausdehnung um etwa die Hälfte verkleinertes Land mit einer Kriegskontribution von 140 Millionen Francs. Zusätzlich lähmte die Kontinentalsperre Handel und Gewerbe.
Reformen und Reorganisationen des Staates stagnierten. Die öffentliche Meinung war uneinig.
Umso mehr verlangte es nach neuen Möglichkeiten und Wegen, die Masse des Volkes für die bevorstehende kriegerische Mobilmachung zu motivieren. Doch was konnte die ohnehin schon geschwächte und desorientierte Bevölkerung dazu bringen, ihre letzten Kraftreserven für einen bevorstehenden neuen Krieg zu opfern? War es angesichts der bisher großen Verluste nicht ohnehin gleichgültig, was mit ihrem Land geschah? Welche Rolle spielte für sie noch die Monarchie, wenn ein Bürgerlicher wie Napoleon eine Schneise durch ihr Land zog, um gegen den übermächtigen Nachbarn Russland zu kämpfen? Oder galt es gerade jetzt, gemeinsam und geschlossen gegen das „Böse“ zu kämpfen, um deutsche Heimat und Kultur zu retten?
In einem Staat wie Preußen, in dem seit der Französischen Revolution nichts mehr so zu sein schien wie zuvor, in dem es nun eine Vielzahl von politischen und gesellschaftlichen Unruhen gab, fehlte es an Einigkeit und Patriotismus. Und genau diesen scheinbar unüberwindlichen Riss galt es nun zu überbrücken.
Das althergebrachte Gesetz Gottes hatte der Gefahr aus Frankreich getrotzt und die Bedeutung „von Gottes Gnaden“ erfuhr eine neue Aufwertung. Also ging es nun darum, die Rolle Friedrich Wilhelms III zu stärken, seine „absolutistische“ Autorität zu untermauern. Und genau diese Einbeziehung Gottes, des christlichen Selbstverständnisses, sich an dem Krieg „mit Gott für König und Vaterland“ zu beteiligen, war das neue Credo Preußens und seines „neuen religiösen Patriotismus“.
Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit die christliche Religion für die Zwecke des Krieges instrumentalisiert wurde, wie Einfluss auf die Aufgaben der Geistlichkeit und die Rolle der Prediger seitens der Monarchie genommen wurde. Welches waren die bedeutendsten Eckpfeiler ihres Konzepts, wer setzte sie um und wie fand diese Politisierung des Glaubens Eingang in Schrift und Wort jener Zeit?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das Russische Zarenreich als Vorreiter
- 3. Napoleon als „Antichrist“
- 4. Christliche Symbolik in der Propaganda
- 5. „Mit Gott für König und Vaterland“
- 6. Die Rolle der Geistlichkeit
- 7. Die Predigt
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Instrumentalisierung der christlichen Religion in der preußischen Kriegsmobilmachung während der Befreiungskriege. Sie analysiert den Einfluss der Monarchie auf Geistlichkeit und Prediger, die Eckpfeiler der Propaganda und deren Verbreitung in Schrift und Wort. Die Untersuchung basiert hauptsächlich auf den Forschungen Gerhard Grafs und bezieht Predigtquellen aus dem Hannoverschen Raum sowie Flugschriften Ernst Moritz Arndts ein.
- Die Rolle der Religion in der Kriegsmobilisierung
- Der Einfluss des russischen Zarenreichs auf die preußische Propaganda
- Die Bedeutung von Schlüsselpersonen wie Ernst Moritz Arndt
- Die Verwendung christlicher Symbolik und Rhetorik
- Die Entwicklung eines neuen religiösen Patriotismus
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt die politische und moralische Krise Preußens nach 1807, geprägt von territorialen Verlusten, wirtschaftlicher Not und gespaltener öffentlicher Meinung. Sie thematisiert die Notwendigkeit einer effektiven Kriegsmobilisierung und die Frage, wie die Bevölkerung für einen weiteren Krieg motiviert werden konnte. Die Arbeit fokussiert sich auf die Rolle der Religion und den Versuch, durch eine religiös motivierte Propaganda den Patriotismus und die Einheit zu stärken. Das Zitat von Zar Alexander dient als Ausgangspunkt für die Analyse des neuen "religiösen Patriotismus" und der Stärkung der absolutistischen Autorität Friedrich Wilhelms III.
2. Das russische Zarenreich als Vorreiter: Dieses Kapitel beleuchtet den starken Einfluss des russischen Zarenreichs auf die preußische Propaganda. Die guten Beziehungen zwischen den Herrscherhäusern und die Zuflucht deutscher Patrioten in Russland ermöglichten den Informationsaustausch. Der russische Rückzug von Napoleon wurde geschickt propagandistisch genutzt, um die Deutschen zur Erhebung gegen den scheinbar geschwächten Gegner zu bewegen. Das Kapitel analysiert die verschiedenen Medien der Propaganda (Flugschriften, Bilder, Karikaturen), die Rolle von Ernst Moritz Arndt und dessen Schriften ("Die Glocke", "Der Katechismus"), sowie die Betonung der Volkskraft als Vorbild für den deutschen Aufstand. Der Einfluss weiterer Publizisten wie Kotzebue, Fichte und Jahn wird ebenfalls kurz angesprochen, ebenso wie die Entwicklung eines nationalen Gefühls für ein "Großdeutschland".
Schlüsselwörter
Befreiungskriege, religiöse Propaganda, Preußen, Russland, Napoleon, Ernst Moritz Arndt, christlicher Patriotismus, Kriegsmobilisierung, Geistlichkeit, Flugschriften, Nationalgefühl, Großdeutschland.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Instrumentalisierung der christlichen Religion in der preußischen Kriegsmobilmachung während der Befreiungskriege
Was ist das zentrale Thema der Arbeit?
Die Arbeit untersucht, wie die christliche Religion in der preußischen Kriegsmobilmachung während der Befreiungskriege instrumentalisiert wurde. Sie analysiert den Einfluss der Monarchie auf Geistlichkeit und Prediger, die als Eckpfeiler der Propaganda dienten, und deren Verbreitung in Schrift und Wort. Der Fokus liegt auf der Schaffung eines religiös motivierten Patriotismus zur Stärkung der Kriegsmoral und Einheit.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Untersuchung basiert hauptsächlich auf den Forschungen Gerhard Grafs und bezieht Predigtquellen aus dem Hannoverschen Raum sowie Flugschriften Ernst Moritz Arndts ein. Weitere Publizisten wie Kotzebue, Fichte und Jahn werden ebenfalls kurz erwähnt.
Welche Rolle spielte das Russische Zarenreich?
Das russische Zarenreich hatte einen starken Einfluss auf die preußische Propaganda. Die guten Beziehungen zwischen den Herrscherhäusern und die Zuflucht deutscher Patrioten in Russland ermöglichten den Informationsaustausch. Der russische Rückzug von Napoleon wurde propagandistisch genutzt, um die Deutschen zur Erhebung gegen den scheinbar geschwächten Gegner zu bewegen.
Welche Bedeutung hatte Ernst Moritz Arndt?
Ernst Moritz Arndt spielte eine wichtige Rolle als Publizist. Seine Schriften, wie "Die Glocke" und "Der Katechismus", wurden zur Verbreitung der Propaganda genutzt und betonten die Volkskraft als Vorbild für den deutschen Aufstand.
Welche Methoden der Propaganda wurden eingesetzt?
Die Propaganda nutzte verschiedene Medien wie Flugschriften, Bilder und Karikaturen. Ein Schwerpunkt lag auf der Verwendung christlicher Symbolik und Rhetorik zur Stärkung des Patriotismus und der Loyalität gegenüber dem König.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst Kapitel zu folgenden Themen: Einleitung, Das Russische Zarenreich als Vorreiter, Napoleon als „Antichrist“, Christliche Symbolik in der Propaganda, „Mit Gott für König und Vaterland“, Die Rolle der Geistlichkeit, Die Predigt und Fazit.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Befreiungskriege, religiöse Propaganda, Preußen, Russland, Napoleon, Ernst Moritz Arndt, christlicher Patriotismus, Kriegsmobilisierung, Geistlichkeit, Flugschriften, Nationalgefühl, Großdeutschland.
Wie wird die Einleitung beschrieben?
Die Einleitung beschreibt die politische und moralische Krise Preußens nach 1807 und die Notwendigkeit einer effektiven Kriegsmobilisierung. Sie thematisiert, wie die Bevölkerung für einen weiteren Krieg motiviert werden konnte, mit Fokus auf die Rolle der Religion und den Versuch, durch religiös motivierte Propaganda Patriotismus und Einheit zu stärken. Das Zitat von Zar Alexander dient als Ausgangspunkt für die Analyse des neuen "religiösen Patriotismus" und der Stärkung der absolutistischen Autorität Friedrich Wilhelms III.
Wie wird das Kapitel zum Russischen Zarenreich beschrieben?
Dieses Kapitel beleuchtet den starken Einfluss des russischen Zarenreichs auf die preußische Propaganda, den Informationsaustausch durch gute Beziehungen zwischen den Herrscherhäusern und die Zuflucht deutscher Patrioten in Russland. Es analysiert verschiedene Propagandamittel (Flugschriften, Bilder, Karikaturen), die Rolle von Ernst Moritz Arndt und dessen Schriften, die Betonung der Volkskraft und den Einfluss weiterer Publizisten wie Kotzebue, Fichte und Jahn. Die Entwicklung eines nationalen Gefühls für ein "Großdeutschland" wird ebenfalls thematisiert.
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- M. A. Bettina Henningsen (Author), 2004, Die religiöse Propaganda während der Befreiungskriege, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168347