Empowerment als Managementkonzept in Organisationen der Sozialwirtschaft

Der Einfluss von Empowermentprozessen auf die Mitarbeiter und deren Umsetzung am Beispiel der Radebeuler Sozialprojekte gGmbH seit deren Gründung


Mémoire (de fin d'études), 2007

118 Pages, Note: 1,8


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Warum Management in Organisationen der Sozial-wirtschaft? – Eine Einführung zur Notwendigkeit von Management
2.1 Zum Management im Allgemeinen
2.2 Zum Sozialmanagement im Besonderen
2.3 Die Hintergründe für Sozialmanagement

3 Einführung zum Empowerment
3.1 Begriffliches
3.2 Die historischen Wurzeln von Empowerment und dessen Bedeutung für den gesellschaftlichen Kontext Deutschlands

4 Die Empowermentkonzepte aus den unterschiedlichen Kontexten von Sozialer Arbeit und Management im Vergleich
4.1 Empowerment als Konzept in der Sozialen Arbeit
4.1.1 Die Auslegungen der Bedeutung von Empowerment im sozialarbeiterischen Kontext
4.1.2 Die Philosophie der Menschenstärken – Grundprinzipien und Wertebasis
4.1.3 Die Methoden des Empowerments
4.1.4 Die neuen Rollen der professionellen Helfer
4.1.5 Empowerment und Organisationsentwicklung – Der Empowermentzirkel nach Herriger
4.1.6 Stolpersteine – Hindernisse für das Empowermentkonzept in der Sozialen Arbeit
4.2 Empowerment als Managementkonzept in Unternehmen der Wirtschaft
4.2.1 Die Ziele von Empowerment
4.2.2 Die Voraussetzungen für die Initiierung von Empowermentprozessen
4.2.3 Die Strategie des Empowerments – Wie kann Empowerment umgesetzt werden?
4.2.4 Die neuen Rollen der Manager
4.2.5 Die Auswirkungen von Empowermentprozessen für die Mitarbeiter
4.2.6 Stolpersteine – Hindernisse für Empowerment als Managementkonzept
4.3 Vergleich der beiden Konzepte – Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für ein Management in Organisationen der Sozialwirtschaft

5 Empowerment in Organisationen der Sozialwirtschaft am Beispiel der Radebeuler Sozialprojekte gGmbH – eine analytische Betrachtung des Empowermentunter-nehmenskonzeptes und dessen Auswirkungen auf die Mitarbeiter seit Bestehen des Unternehmens
5.1 Das Unternehmenskonzept der RaSop gGmbH
5.1.1 Die Vision
5.1.2 Die Entwicklung
5.1.3 Die Organisationsstruktur
5.1.4 Das Selbstverständnis zum Empowerment
5.2 Management durch Empowerment – Empowermentprozesse im Unternehmen seit 2000
5.2.1 Die Führung
5.2.2 Die Planung
5.2.3 Die Organisation
5.2.4 Die Personalentwicklung
5.2.5 Die Kontrolle
5.3 Schlussfolgerungen und Ausblick

6 Fazit

7 Anhang
7.1 Strategie des Managements durch Empowerment
7.2 Tabelle zum Vergleich der Empowermentkonzepte
7.3 Organisationsstruktur der Radebeuler Sozialprojekte gGmbH mit Darstellung der Arbeitsbeziehungen
7.4 Die 10 Gebote des Empowerment der Radebeuler Sozialprojekte gGmbH
7.5 Bericht zur Evaluation des aktuellen Standes zur Umsetzung des Empowermentunternehmenskonzeptes in der Radebeuler Sozialprojekte gGmbH

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Empowerment – ein Wort, welches in unserem Sprachgebrauch inzwischen geläufig ist. Empowerment ist nicht nur einfach ein Wort, sondern es werden damit die verschiedensten Inhalte, Bedeutungen und Erwartungen verbunden und spielt in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen eine Rolle.

Empowerment kennen vor allem die Mitarbeiter in Sozialarbeit und Sozialpädagogik im Zusammenhang mit einem bestimmten Stil im Umgang mit den Adressaten ihrer Tätigkeit. Im Bereich der Wirtschaft nutzen Manager die Methoden des Empowerments im Umgang mit ihren Mitarbeitern dazu, die Wirtschaftlichkeit und Effizienz ihrer Unternehmen zu erhöhen. In vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen tritt es ebenso auf. Empowerment ist nicht so neu wie manchmal gedacht wird, denn der Ursprungsgedanke von Empowerment reicht bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurück.

In der Radebeuler Sozialprojekte gGmbH (im weiteren Verlauf RaSop gGmbH genannt) werden die Empowermentansätze aus den Kontexten Soziale Arbeit und Wirtschaft seit dem Jahr 2000 miteinander vereint. Empowerment begleitet mich als Mitarbeiterin der RaSop gGmbH in meiner täglichen Arbeit, der Betreuung, Begleitung und Beratung von suchtkranken und psychisch kranken Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Empowerment ist für mich Konzept[1], Haltung und Methode, die mich nicht nur in der Arbeit mit den Klienten begleitet, sondern weil es vor allem bei der RaSop gGmbH als Unternehmensphilosophie, Arbeitsstil und Managementkonzept gelebt wird. Als Mitarbeiterin bin ich seit dem Gründungsjahr 2000 in diesem Unternehmen angestellt. Das Arbeitsklima unter den Mitarbeitern und der Führungsstil der Unternehmensleitung auf einer partnerschaftlich-verantwortungsvollen Basis sind für mein Empfinden beeindruckend-einmalig und scheinen in der Trägerlandschaft der Sozialarbeit selten zu sein. Die überraschten und erstaunten Reaktionen in Gesprächen mit Mitarbeitern von anderen Trägern und mit berufsbegleitenden Mitstudentinnen, denen ich von „meiner Firma“ berichtete, geben Anlass, die schon vor einiger Zeit gestellte Frage nach dem „Was ist eigentlich so besonders an der RaSop gGmbH?“ endlich zu beantworten. Empowerment spielt mit all seinen Facetten dabei eine wesentliche Rolle, wenn es auf der ersten Seite des Unternehmenskonzepts der RaSop gGmbH beschrieben wird und als Firmenphilosophie seine Bezeichnung findet. Mir stellten sich folgende Fragen, welche ich mit dieser Arbeit beantworten möchte:

- Inwieweit gleichen sich die Empowermentkonzepte aus den unterschiedlichen Kontexten von Sozialer Arbeit und Management?
- Eignet sich Empowerment als Managementkonzept für die Organisationen der Sozialwirtschaft?

Der Fokus dieser Arbeit ist auf Empowerment in der Verbindung zwischen Management und Sozialer Arbeit in Organisationen der Sozialwirtschaft gerichtet.

Mit dem Begriff „Organisationen der Sozialwirtschaft“ beziehe ich mich hier auf die Gesamtheit der Unternehmen und Träger des Non-Profit- und Profitbereiches, welche in ihrer Aufgabenausrichtung im weitesten Sinne soziale Dienstleistungen anbieten. (vgl. Wöhrle, S. 79ff) Im allgemeinen Sprachgebrauch werden diese Organisationen auch als soziale Organisationen bezeichnet, was missverständlich ist, da jede Organisation durch die hergestellten Beziehungen der darin organisierten Menschen immer auch eine soziale ist. Ich verwende diese Bezeichnung dennoch gelegentlich als Synonym für „Organisationen der Sozialwirtschaft“, da diese als im allgemeinen und brancheninternen Sprachgebrauch üblich ist. Den Begriff „Soziale Arbeit“ verwende ich in dieser Schreibweise, weil dieser für mich alle Bereiche der Arbeitsfelder Sozialarbeit und Sozialpädagogik einschließt und traditionell als Sammelbegriff für beide Fachrichtungen gilt. Benutze ich die Begriffe „Mitarbeiter“ und „Sozialarbeiter“ schließen sie immer beide Geschlechter ein.

Im ersten Kapitel widme ich mich einführenden Erläuterungen zum Management und der Begründung zur Notwendigkeit von Management in Organisationen der Sozialwirtschaft. Im zweiten Kapitel erläutere ich den Begriff „Empowerment“, dessen unterschiedliche Bedeutungsvarianten, werde die historische Entwicklung von Empowerment nachvollziehen und den Empowermentansatz nach seiner gesellschaftlichen Bedeutung für Deutschland einordnen. Im dritten Abschnitt betrachte ich die beiden Empowermentansätze aus den unterschiedlichen Kontexten von Sozialer Arbeit und Management. Im Teil zum Empowerment in der Sozialen Arbeit beschreibe ich Ausführungen zur Philosophie der Menschenstärken, zu den Rollen der professionellen Helfer, sowie den Dimensionen und Ebenen von Empowerment in der Sozialen Arbeit und werde Hindernisse bei der Umsetzung von Empowerment skizzieren. Im Abschnitt zum Empowerment in Unternehmen beschreibe ich die Ziele von Empowerment in Unternehmen der Wirtschaft und die Voraussetzungen für die Initiierung von Empowermentprozessen. Ich werde auf die Strategie des Managements durch Empowerment und die neuen Rollen der Manager betrachten, sowie die Auswirkungen von Empowermentprozessen auf die Mitarbeiter anreißen. Der Fokus in diesem Kapitel richtet sich auf die Umsetzung von Empowermentprozessen in den Unternehmen. Zum Schluss dieses Kapitels werde ich die beiden Ansätze nach ausgesuchten Kriterien miteinander vergleichen. Am Ende kann ich die beiden oben genannten Fragen beantworten.

Im vierten Teil der Arbeit analysiere ich am Beispiel der RaSop gGmbH die Entwicklung des Empowermentunternehmenskonzepts seit deren Gründung anhand der Arbeitsweise und Managementstrategie des Unternehmens, auch mit Zuhilfenahme eigener Arbeitserfahrungen. Ich bin mir diesbezüglich der Brisanz meiner eigenen Rolle bewusst und werde mich gezielt auf der sachlich-kritischen Ebene bewegen, um Interessenkonflikte von vorn herein zu minimieren. Diese Arbeit wurde durch Interesse der Unternehmensleitung der RaSop gGmbH inspiriert, da für diese Arbeit die Ermittlung des aktuellen Standes zur Umsetzung des Empowermentunternehmenskonzeptes evaluiert wurde. Die Ergebnisse und interessanten Erkenntnisse dieser Untersuchung lasse ich in den vierten Abschnitt einfließen. Im fünften und letzten Teil meiner Arbeit fasse ich meine Ausführung in einem Fazit zusammen.

Während dieser Arbeit habe ich Wissen zu den Fragestellungen spezifisch sammeln können. Besonders interessant war für mich die erstmalige Auseinandersetzung mit einem Managementthema im Zusammenhang mit Sozialer Arbeit. Während der Vorbereitung und der Bearbeitung des Themas war es schwierig, geeignete Literatur zu recherchieren. Vor allem die weite Verbreitung englischsprachiger Literatur schränkte meine Möglichkeiten ein, da ich nur über begrenzte und für wissenschaftliche Arbeit nicht geeignete Englischkenntnisse verfüge. Ich habe ausschließlich deutschsprachige Literatur verwendet, welche sich mit Empowerment in der Sozialen Arbeit und in Unternehmen der Wirtschaft beschäftigen. Die Erkenntnisse und die Inhalte der Beiträge aus diesen beiden Gebieten habe ich in meine Ausführungen einfließen lassen und darauf Bezug genommen.

Während ich mich mit Empowerment in der Sozialen Arbeit bereits intensiv in meinen Arbeitsprozessen und im Vorfeld dieser Arbeit vertraut gemacht hatte, war für mich die Faszination von Empowerment im Zusammenhang mit Management umso spannender. In diesen Bereich musste ich mich komplett neu einarbeiten.

Diese Einleitung möchte ich nun mit einem Zitat von Kenneth Blanchard (2003) beschließen, welches mir während der gesamten Erarbeitung des Themas Inspiration und Motivation war und ich als einen der Leitsätze zum Empowerment unabhängig vom Kontext bezeichne: „Die Menschen besitzen bereits die Macht durch ihr Wissen und ihre Motivation. Empowerment bedeutet, diese Macht zu aktivieren.“

2 Warum Management in Organisationen der Sozialwirtschaft? – Eine Einführung zur Notwendigkeit von Management

Befasst man sich erstmals mit dem Thema Management in Organisationen der Sozialwirtschaft landet man unweigerlich zuerst bei der Frage, was Management grundsätzlich bedeutet und warum es in der jetzigen Zeit auch für Organisationen der Sozialen Arbeit eine zunehmend bedeutsame Rolle spielt.

Dieses Kapitel zum Management und insbesondere zum Sozialmanagement soll zum besseren Verständnis dienen und die allgemeinen Zusammenhänge zwischen Management und Organisation der Sozialwirtschaft erläutern, um anschließend in die detaillierte Arbeit zum Empowerment einzusteigen.

2.1 Zum Management im Allgemeinen

Die Definition

Schaut man in den Duden kommt das Wort „Management“ aus dem englischen Sprachgebrauch vom Verb „to manage“, was übersetzt bedeutet „handhaben“ oder „leiten“. (vgl. Stichwort „Management“) Dieses ursprünglich aus dem lateinischen Wort „manum agere“ stammende Wort ist in den deutschen Sprachgebrauch übernommen wurden. (vgl. Schwarz, 2001, S. 28)

Der Begriff „Management“ bezeichnet alle Leitungsaufgaben und -funktionen, die in arbeitsteiligen Organisationen zur Leistungserstellung und zur Leistungssicherung erfüllt werden müssen. Zu den wichtigsten Aufgaben des Managements zählen im Rahmen der Unternehmenspolitik die Entwicklung einer grundsätzlichen Zielrichtung des Unternehmens und die Festlegung der für diese Zielerreichung notwendigen Strategien der einzelnen Geschäftseinheiten. (vgl. ebd.)

Die Bedeutung

Der Managementbegriff hat zwei Bedeutungsvarianten, zum einen „Management im funktionalen Sinn“ und „Management im institutionalen Sinn“.

Management als Funktion umfasst die Beschreibung aller Prozesse und Funktionen, welche in arbeitsteiligen Organisationen notwendig sind, wie z.B. Planung, Führung, Kontrolle, Koordination und Organisation eines Unternehmens. Die einzelnen Managementfunktionen fallen unabhängig von ihrer Gewichtung in allen Bereichen einer Organisation an. (vgl. Schwarz, 2001, S. 28)

Management als Institution beschreibt die Personen oder Personengruppen, die die Managementaufgaben wahrnehmen, sowie ihre Tätigkeiten und Rollen.

(vgl. Stähle 1999, S. 71 in Merchel, 2006, S. 18) In einem Unternehmen sind dies alle Personen, die auch mit einem Direktionsrecht gegenüber Mitarbeitern ausgestattet sind. Also gehören verschiedene Personen aus allen Ebenen eines Unternehmens zum Management. Im deutschen Sprachgebrauch werden überwiegend leitende Angestellte als Manager bezeichnet. (vgl. Schwarz, 2001, S. 28)

Die Funktionen

Management richtet sich in erster Linie auf die Bewältigung betrieblicher Steuerungsprobleme. Managementaufgaben fallen, wenn auch in unterschiedlichem Umfang und in unterschiedlichen Modalitäten, auf mehreren Ebenen einer Organisation an. Die Zuordnung der Managementaufgaben ist abhängig vom Konzept einer Organisation und schwankt meist deutlich zwischen den verschiedenen Hierarchieebenen. In den meisten Organisationen hat Management die Funktion der Unternehmensleitung, die sich als Leitung soziotechnischer Systeme in personen- und sachbezogener Hinsicht mit Hilfe von professionellen Mitteln definiert. Diese Unternehmensleitung wird noch einmal in drei Funktionen unterteilt, die Funktion der Gestaltung, die Funktion der Lenkung und die Funktion der Entwicklung. (vgl. Merchel, 2006, S. 20) „Management…hat also die Aufgabe, ein als soziales System verstandenes Unternehmen, das sich als Bestandteil seiner spezifischen Umwelt verhalten und bewegen muss, zielgerichtet zu gestalten und weiterzuentwickeln, um auf diese Weise für den Erhalt des Systems Sorge zu tragen.“ (Merchel, 2001, S. 20)

Die Handlungsebenen

Management findet auf drei Handlungsebenen statt. Auf der normativen Ebene geht es um den Umgang mit den unternehmenspolitischen Wert- und Interessenkonflikten. Aufgabe des Managements ist es, rechtzeitig gegenüber allen unternehmerischen Bezugsgruppen intern und extern unternehmenspolitische Verständigungs- und Glaubwürdigkeitspotentiale aufzubauen, auf deren Tragfähigkeit es im Konfliktfall zur Erhaltung der Unternehmensbasis ankommt. (vgl. Merchel, 2001, S. 21) Auf der strategischen Ebene geht es um die Erarbeitung und fortlaufende Überprüfung einer Unternehmensstrategie, mit der sich das Unternehmen langfristig auf dem Markt etablieren kann. Das Management muss die Aufgabe bewältigen, die Vorraussetzungen zur Beherrschung von Ungewissheit und Komplexität, der das Untenehmen in seiner Umwelt ausgesetzt ist, zu schaffen. (vgl. ebd., S. 21) Auf der operativen Ebene geht es um „die unmittelbare Steuerung des laufenden unternehmerischen Wertschöpfungsprozesses“ (Ulrich/Fluri, 1992, S. 19 in Merchel, 2006, S. 21). Dazu müssen alle Probleme im Zusammenhang mit der optimalen Nutzung betriebswirtschaftlicher Ressourcen und der effektiven und effizienten Ausnutzung der betrieblichen Produktivitätspotentiale gelöst werden. (vgl. ebd., S. 21)

Die Technik

Der Begriff der „Managementtechnik“ ist ein Sammelbegriff zur Bezeichnung von Führungstechniken bzw. Führungskonzepten, z.B. Management durch Zielvorgaben, Management durch Delegation, Management durch Motivation oder Management durch Abweichung oder Ausnahmen. Wichtig an dieser Stelle zu benennen ist die Tatsache, dass mit einer Kategorisierung von Managementtechniken Missverständnisse entstehen können. Nicht alle Konzepte halten was sie versprechen oder geistern wie Zauberformeln durch die Literatur. Auch können Managementtechniken nicht als Rezeptur für jede Situation oder jedes Problem in den Unternehmen gelten. An dieser Stelle ist die professionelle Aufmerksamkeit und Differenzierungsfähigkeit der Managementebenen jedes einzelnen Unternehmens gefragt. (vgl. Schwarz, 2001, S. 29ff)

Die Theorien

Eine einzigartige Vielfalt von Publikationen befasst sich damit, den Komplex Management oder wenigstens Teilaspekte zu erklären. Man kann direkt von einem Überangebot von Managementkonzepten sprechen, die alle dazu dienen, den Erfolg eines Unternehmens zu steigern und zu sichern. (vgl. Simon, 2002, S. 19) Die einzelnen Theorien werden an dieser Stelle nicht detaillierter erläutert, da dies im engen Sinn nicht Gegenstand dieses Kapitels ist, aber der Vollständigkeit dient.

Geht man in der Geschichte zurück in die Zeit der Manufaktur- und Fabrikorganisation des 18. Jahrhunderts als die Tätigkeit des Managens entdeckt wurde, findet man Grundaussagen zur Unternehmens- und Mitarbeiterführung, welche auch heute noch einen hohen Gültigkeitswert haben. (vgl. ebd., S. 22) Die im Laufe der Zeit stattgefundene managementtheoretische Entwicklung kann man aufbauend auf ein Modell von Richard Scott[2] in vier Hauptperioden ordnen, in denen sich jeweils bis heute bedeutende Managementtheorien, -ansätze und -strategien wieder finden:

- die Periode des rationalen Handelns im geschlossenen System (1900 bis 1925/30) u.a. mit dem Taylorismus, dem Fordismus und dem Bürokratiemodell von Max Weber.
- die Periode des sozialen Handelns im geschlossenen System (1925 bis 1955) u.a. mit der XY-Theorie von McGregor und der Leadership-Theorie von Barnards.
- die Periode des rationalen Handelns im offenen System (1955 bis 1970) u.a. mit der Strategy-and-Structure-Theorie von Chandler und den situationsorientierten Ansätze z.B. von Lawrence und Losch.
- die Periode des sozialen Handelns in offenen Systemen (seit 1970) u.a. mit Lean Management als Schlüsselbegriff für alle modernen Produktionskonzepte und dem Postschlanken Management, das auf einer ressourcen-basierten Strategie beruht.

(vgl. Simon, 2001, S. 26ff)

Unternehmen sind heute also nicht mehr nur vorwiegend ökonomische, industrielle oder technologische Organisationseinheiten, sondern entwickeln sich zu differenzierten System-Umwelt-Modellen mit hoher Komplexität, welche zur Erreichung ihrer Ziele weitere fachlich qualifizierte Subsysteme vorhalten müssen, wie z.B. neben Planung, Forschung, Materialbeschaffung und Qualitätskontrolle auch Controlling, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. (vgl. Schwarz, 2001, S. 23)

In der heutigen Zeit einer schnelllebigen Entwicklung der modernen Gesellschaft sind die Anforderungen an die Managementkonzepte, die Führungskräfte und die MitarbeiterInnen in den Organisationen gestiegen. Moderne Organisationen müssen sich entsprechend den komplexen Anforderungen entwickeln und auf die Veränderungen und Entwicklungen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld reagieren können. Dies trifft nicht nur für Wirtschaftsunternehmen, sondern auch in Abwandlung und Anpassung an ihre spezifischen Aufgabenstellungen für Organisationen der Sozialen Arbeit mit ihren Träger und Einrichtungen zu.

Der folgende Abschnitt ist deshalb einer spezifischen Form von Management gewidmet, dem Sozialmanagement. Nimmt man den Begriff des Managements, wie eingangs beschrieben, stellt sich die Frage, ob sich Sozialmanagement als besondere Form des Managements vom Management im Wirtschaftsbereich so grundlegend unterscheidet?

2.2 Zum Sozialmanagement im Besonderen

Der Begriff des Sozialmanagements ist in der Erläuterung diffus, weil man diesem zwei Bedeutungsvarianten zumessen kann. Mit Sozialmanagement kann man einerseits einen bestimmten Gegenstandsbereich kennzeichnen, auf den das Management zielt, demnach dem Management von Organisationen der Sozialwirtschaft, und man kann andererseits damit eine spezifische Form des Leitens und Gestaltens von Unternehmen und Betrieben in den Vordergrund stellen, folglich eine „soziale Form“ des Managements. (vgl. Merchel, 2006, S. 28) Oft wird dieser Begriff mit einem konkreten Konzept gleich gesetzt, was nicht der Fall ist. Eher ist es eine inzwischen gebräuchliche Begriffsformulierung der Fachszene, die den Gegenstandsbereich „Einrichtungen im Bereich der Sozialen Arbeit“ mit dem Handlungsfeld des Managements verbindet. (vgl. Gehrmann/Müller, 1993, S. 32) Schwarz spricht davon, Sozialmanagement als eine Verfahrensweise zur Optimierung der Wirkungen professionellen Handelns durch problemangemessene Organisationsstrukturen zu bezeichnen. (Schwarz, 2001, S. 64)

Bezug nehmend auf die beiden Bedeutung von Management ist zu prüfen, ob sich die Managementstrukturen aus dem gewerblichen Bereich für die spezifischen Aufgabenstellungen in der Sozialwirtschaft eigenen und nutzbar gemacht werden können. Sozialmanagement bezeichnet ein Konstrukt, das versucht bei der Bearbeitung von Handlungsproblemen in den Organisationen unter Einbeziehung der unterschiedlichen Wissensstände zu Managementaufgaben diese zu lösen, wie z.B. Leitung, Finanzsteuerung, Innovationsanforderungen und Controlling. Management im sozialen Bereich hat die Anforderung, die spezifischen Sinnbezüge der Sozialen Arbeit in deren Einrichtungen zu beachten.

Sozialmanagement muss heute als Anforderung der sozialen Arbeit begriffen werden, die nicht aus der Profession heraus entstanden ist, sondern die aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung an die soziale Arbeit heran getragen wurde. Die soziale Arbeit ist aufgefordert in Zeiten von Ökonomisierung, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit Management als normative Aufgabe zu akzeptieren. Sozialmanagementaufgaben können heute in keiner sozialen Einrichtung und bei keinem Träger außen vor gelassen werden. (vgl. Merchel, 2006, S. 25) Spricht man von Sozialmanagement verbindet man primär auch die Anforderungen an die sozialen Organisationen und Träger ihre Dienste und Einrichtungen effizienter, effektiver und wirtschaftlicher zu führen. Grundsätzlich ist das kein anderer Anspruch an das Management als im gewerblichen Bereich auch.

In den 80er Jahren, zu Beginn der Sozialmanagementdiskussion, wurden vor allem die Organisationen der freien Träger, später auch der behördlichen Träger damit angesprochen. Der Managementbegriff im sozialen Bereich hatte vorwiegend einen ökonomischen Hintergrund, der sich mit Begriffen wie Markt, Kunden, Marketing, Innovation, Effizienz und Effektivität verband. Heute steht Sozialmanagement als gleichwertige Anforderung unabhängig vom Trägertyp. (vgl. Merchel, 2006, S. 27) Der Sozialmanagementbegriff spiegelt auch die Spannung zwischen den Denkweisen des Sozialbereiches und des Wirtschaftbereiches wieder. Geht es doch darum, vor der Diskussion um die Wirtschaftlichkeit von sozialen Dienstleistungen den Managementgedanken für die Akteure der sozialen Arbeit akzeptabler zu machen, weil

- Sozialmanagement in Kreisen der Sozialarbeiter immer noch als Instrument der „Herrschenden“ angesehen wird, was mit ihrem eigenen Selbstverständnis als „Vertreter der Schwachen“ kollidiert.
- Sozialmanagement mit den humanen Idealen der Sozialarbeiter nicht vereinbar wäre, weil es technizistisch wäre und somit als unmenschlich angesehen werde.
- Sozialmanagement den Vorwurf „System gegen Menschlichkeit“ schüren würde. Sozialmanagement würde hauptsächlich die Systemstrukturen sehen und nicht das Individuum.
- Sozialmanagement die notwendige Freiheit bei der Betreuung der Einzelfälle begrenzen würde und
- Sozialmanagement als industrienah und somit sozialfeindlich wäre, weil alles was im Bereich der Wirtschaft und Industrie an Instrumenten zur Verbesserung von Organisationskulturen entwickelt worden ist, grundsätzlich, selbst wenn es nachweislich nützen würde, häufig abgelehnt wird.

(vgl. Gehrmann/Müller, 1993, S. 39f)

Sozialmanagement bezeichnet vor diesem Hintergrund und dem Hintergrund der beiden Bedeutungsvarianten deshalb eine eigene Theorie und Praxis, welche die ethnischen Ansprüchen an Soziale Arbeit in den Einrichtungen involviert und die Effektivität des sozialen Handelns methodisch und systematisch verbessert.

Da im Sinn der Effizienz in sozialen Einrichtungen nicht die „Steigerung der Produktion“ das Ziel von Management sein kann, wird dort vor allem auf die Weiterentwicklung der Persönlichkeiten sowohl der Klienten als auch der Mitarbeiter der Fokus gelegt. „Hauptziele des Sozialmanagement sind die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Organisation einerseits und die Förderung der Organisationsmitglieder anderseits.“ (Schwarz, 2001, S. 65) Dies erfordert eine Methoden- und Konzeptvielfalt des Managements in den Organisationen der Sozialwirtschaft, bei dem ethische Gesichtpunkte, Partizipation, Transparenz und Nachvollziehbarkeit vor Effizienzmaßstäben unter Beachtung von betriebswirtschaftlichen und ökonomischen Aspekten stehen.

Notwendig bei der Entwicklung von Sozialmanagementkonzepten in den jeweiligen Organisationen ist die genaue Reflexion der sozialpolitischen und situativen Bedingungen, der Aufgabenstrukturen und der professionellen Anforderungen, um das anderorts entwickelte Managementwissen zu nutzen und bewältigen zu können.

An dieser Stelle ist noch einmal zu wiederholen: Der Begriff des Sozialmanagements bezeichnet also kein konkretes Managementkonzept, sondern eher eine Kategorie von betriebwirtschaftlichen Sichtweisen mit der Aufgaben, Strukturen und Prozesse in sozialen Organisationen zu planen, zu organisieren und zu entwickeln sind, um Institutionen zu profilieren und neben dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit auch die Besonderheiten des sozialen Kontextes ins Management zu integrieren.

(vgl. Merchel, 2006, S. 30ff)

2.3 Die Hintergründe für Sozialmanagement

Erstmals taucht Sozialmanagement Ende der 1970er Jahre im Bereich der sozialen Arbeit auf. Entgegen der damaligen Entwicklung in der sozialen Arbeit spielte Sozialmanagement kaum eine Rolle und wurde in den Fachdebatten wenig beachtet. Erst Anfang der 90er Jahre gelang es, Fragen des Managements und der Organisationsgestaltung in den Fachdiskussionen zu verankern, so dass ein regelrechter Sozialmanagementboom ausgelöst wurde. Für die Entwicklung von Managementkonzepten sind die Hintergründe für diesen Boom relevant, da mit diesen auch die Notwendigkeit von Sozialmanagement begründet wird:

Die Situation der öffentlichen Finanzen und die Veränderung der Finanzierungsmöglichkeiten: Nachdem bis Mitte der 1980er Jahre mit dem Ausbau sozialstaatlicher Angebote und Leistungen in der BRD die sich verstärkenden oder neu aufkommenden sozialen Problemen bearbeitet wurden, ist im Laufe der weiteren Entwicklung deutlich geworden, dass mit einer Ressourcenausweitung im Bereich der Sozialen Arbeit, dieser Logik der Problembewältigung nicht entsprochen werden konnte. Zunehmend gerieten vor allem die Kommunen unter einen Finanzierungsdruck für die Angebote der Sozialen Arbeit. Man sprach von einer beginnenden „Krise des Wohlfahrtsstaates“, in der die für die Soziale Arbeit elementare Ebene der Sozialpolitik unter verstärkten Finanzierungsdruck geriet und intensivere Überlegungen zur künftigen Sozialarbeit erforderte. Im Zuge zunehmender Finanzierungsprobleme verstärkten sich die Gedanken, Fragen der Effektivität und der Wirtschaftlichkeit an die Arbeitsweisen der leistungserbringenden Träger und Einrichtungen zu stellen. Ursachen der kommunalen Finanzprobleme waren vor allem die Aufgabenverschiebung von Bundes- und Länder- auf Kommunenebene, die wachsenden Anzahl von sozialen Problemen sowie die finanzielle Belastung durch die Unterstützung beim Aufbau der Infrastruktur in den „neuen“ Bundesländern. (vgl. Merchel, 2006, S. 51f) Wirtschaftliche Veränderungen im Großteil des Bundesgebietes, Veränderungen in der Alters- und Sozialstruktur der Bevölkerung, die Finanzierungskonsequenzen der deutschen Einheit, Fehlentwicklungen in den Gemeindefinanzsystemen, Eingriffe des Bundes und der Länder in die kommunalen Aufgaben und deren Erfüllung haben in den Kommunen vielfach dazu geführt, dass sich die Finanzlage weiter verschärft und vor dem Hintergrund defizitärer Verwaltungshaushalte Größenordnungen annimmt, die viele Kommunen kaum noch aus eigener Kraft bewältigen können. (vgl. Karrenberg/Münstermann, 1999, S. 437 in Merchel, 2006, S. 52)

Einerseits ist also ein wachsender Bedarf an sozialen Leistungen zu verzeichnen, der andererseits auf eine zunehmend schwieriger werdende Finanzlage stößt, welche besonders die für viele Bereiche der Sozialen Arbeit zuständigen Kommunen trifft. Der Staat versucht mit einer Umsteuerung in der Sozialpolitik, bei der die Soziale Arbeit unter Druck gerät, dieser Problematik entgegenzuwirken, so dass drei Modernisierungsstrategien entstehen, die des „organisierten Wettbewerbes“, die des „Kontraktmanagements“ und die des „aktivierenden Sozialstaates“. (vgl. Dahme/Kühnlein/Wohlfahrt, 2005 in Merchel, 2006, S. 53) Gezielt wird damit ein neues Verständnis von Sozialstaat zu initiieren versucht, die einen Wandel in den Organisationen der Leistungsträger sozialer Dienste erfordert. Kommen Organisationen der Sozialwirtschaft dieser Entwicklung zu unbedingter Kostenersparnis nicht entgegen, riskieren sie ihre eigene Existenz. Sie werden folglich durch die Veränderung der sozialstaatlichen Politik und der öffentlichen Finanzierung dazu gezwungen, ihre internen Abläufe, Verfahren und Strukturen betriebswirtschaftlichen Prozessen und Optimierungen zu unterziehen, was sich auf alle Bereiche in den einzelnen Einrichtungen auswirkt und Denkweisen und Methoden des Management erforderlich macht. In Zeiten knapper Kassen stehen somit nicht nur die bisher erbrachten Leistungsentgelte, sondern auch die Vergabeverfahren von öffentlichen Fördergeldern auf dem Prüfstand, mit dem sich sowohl freie als auch öffentliche Träger beschäftigen müssen. Damit soll eine größere Transparenz hinsichtlich der zu erbringenden und dementsprechend auch zu finanzierenden Leistungen erzeugt werden, die die Träger gezielt zu einer betriebwirtschaftlichen Modernisierung zwingen will. Die Träger müssen also mit den Methoden des Sozialmanagement etwas tun, um dem weiter anhaltenden Kosten- und Finanzdruck zu begegnen und ihre eigenes Fortbestehen zu sichern. (vgl. Merchel, 2006, S. 54f)

Die Legitimationsprobleme von Einrichtungen der Sozialen Arbeit: Die freien Träger haben durch das Subsidiaritätsprinzip[3] und seinem Trägerpluralismus als Ordnungsprinzip, sowie dem Grundsatz der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen freien und öffentlichen Trägern sowohl den Anspruch auf die Förderung ihrer Aktivitäten als auch vielfältige Möglichkeiten zur Mitgestaltung und Einwirkung auf die Gestaltung sozialpolitischer Prozesse erhalten. Die freien Träger haben deshalb diese Stellung, weil die Mehrdimensionalität des Subsidiaritätsgrundsatzes häufig auf die formale Frage des Vorranges oder Nachranges bei der Auswahl von Trägern verkürzt wird. Damit führt das sozialethische und sozialpolitische Grundsatzprinzip „Subsidiarität“ zu dieser privilegierten Stellung der freien Träger. Dennoch befindet sich diese Legitimationsbasis der freien Träger in einem Prozess des schleichenden Abbaus. Im normativen Bereich des Subsidiaritätsgrundsatzes gibt es kaum Zweifel, auf der operativen Ebene der Sozialpolitik gibt es hingegen deutliche Tendenzen für die Aufweichung der Privilegierung der freien Träger. (vgl. ebd., S. 56)

Vor dem Hintergrund der von den Kommunen propagierten Verwaltungsmodernisierung im Sinn einer „Neuen Steuerung“ werden vorrangig Fragen der Wirtschaftlichkeit und Orientierungen an Qualitätsstandards an die feien Träger gestellt. Somit werden die freien Träger als Leistungserbringer einer Dienstleitung betrachtet. Mit einer Form des „Kontraktmanagements“ (Leistungs- und Zuwendungsverträge) werden die freien Träger für das Erbringen von sozialen Leistungen nach betriebswirtschaftlichen Kriterien durch die öffentlichen Finanzgeber geprüft und konkurrieren demzufolge hinsichtlich der Kosten und der Qualität untereinander. Der Maßstab „Vertrauen“ verliert seinen Bonus und wird weitgehend durch die Forderung der öffentlichen nach Rechenschaftslegung, sowohl in finanzieller als auch in fachlicher Hinsicht, ersetzt. Damit sind die Träger gezwungen, sich ihrer tatsächlichen Leistungen und Wirkungen bewusst zu werden, unabhängig von solchen Aspekten wie z.B. einem spezifisch weltanschaulichen Profil, welches eher eine untergeordnete Rolle in der Vertragsbeziehung spielt. (vgl. Merchel, 2006, S. 57f) Effizienz, Effektivität und Qualität sind zukünftig die Bezugsparameter und Legitimationskategorien, die Einfluss auf den Fortbestand sozialer Dienstleistungsbetriebe mit all ihren Trägerformen haben. (vgl. ebd., 2006, S. 58) Mit diesen veränderten Legitimationskategorien sind alle Träger dazu gezwungen, sich mit entsprechenden Managementmethoden und -konzepten auseinanderzusetzen.

Die Ausweitung wettbewerblicher Elemente: Schon im vorangegangen Abschnitt war die Rede von veränderten Legitimationsmustern für die Einrichtungen der Sozialen Arbeit. Damit einher geht eine Veränderung in den Anbieterstrukturen. Statt der politischen Aufteilung und Zuteilung von Organisationsdomänen werden Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und Qualitätsmerkmale zu den entscheidenden Steuerungskategorien, welche eindeutig zu Elementen des Wettbewerbs zählen. Diese Ausweitung des Wettbewerbs zielt erstens auf den Preis-Leistungs-Wettbewerb zwischen den Trägern verbunden mit der Ausweitung des Zugangs zum Anbietermarkt (trägerorientierte Perspektive) und zweitens auf den Wettbewerb um die potentiellen Adressaten sozialer Leistungen (nutzerorientierte Perspektive). (vgl. Merchel, S. 59)

In der trägerorientierten Perspektive geht es darum, Kosten zu reduzieren und Qualitätsreserven zu mobilisieren und damit einen Anreiz für die Träger zu haben, ihre Leistungen entsprechend am Wettbewerb auszurichten. Da Kosten- und Preisvergleiche für die Finanzierer der sozialen Leistungen (zum Großteil die öffentlichen Träger) den Vorteil der Markttransparenz haben, können sie selbst ihr „Kaufverhalten“ gegenüber den Leistungserbringern steuern. Damit wird eine erhöhte Trägerkonkurrenz provoziert, was zur Folge hat, dass z.B. solche wirtschaftlichen Mechanismen wie Ausschreibungen auch Einzug in den Bereich der Sozialen Arbeit halten können (siehe z.B. Ausschreibungen für berufliche Bildungsträger). Die betriebswirtschaftlichen Risiken werden zunehmend auf die Einrichtungen und Organisationen der Sozialen Arbeit übergehen und erfordern von diesen eine Veränderung der Rahmenbedingungen. (vgl. ebd. S. 60)

So ist es heute nicht mehr verwunderlich, dass sich zunehmend privatgewerbliche Träger auf dem Gebiet der sozialen Dienstleistungserbringung tummeln. Vor allem im Bereich der Altenpflege ist in den letzten Jahren ein Anstieg privater Träger zu verzeichnen, was sich auf die zunehmende Notwendigkeit zu erbringender Leistungen durch gesetzliche Veränderungen zurückführen lässt. Aber auch im Bereich der Jugendhilfe ist eine Erweiterung der Trägerpalette durch die Öffnung des Kinder- und Jugendhilfegesetztes für andere Trägerformen, der zunehmenden Kooperationsbereitschaft der Jugendämter mit bisher weniger berücksichtigten Trägern wahrzunehmen und auch Ambitionen zur privat-gewerblichen Existenzgründung im sozialen Bereich, die vermehrt als „natürliche Personen“ auftreten (z.B. Kleinstheime, Einzelbetreuungsformen).

Die nutzerorientierte Perspektive richtet sich darauf, dass vermehrt Wert darauf gelegt wird, dem Nutzer über die Möglichkeiten von „Subjektfinanzierungen“ soziale Dienstleistungen anzubieten und sich selbst die für ihn erforderliche Hilfsform in entsprechender Qualität und Leistungsumfang zu suchen. Der Leistungsberechtigte wird zum unmittelbaren Steuerelement für die Anbieter sozialer Dienstleistungen, die gezwungen sind, sich verstärkt an den individuellen Bedürfnissen und Qualitätsanforderungen der Nutzer auszurichten und mit anderen Leistungserbringern zu konkurrieren. So werden differenziertere Angebote auf den „Markt der Sozialen Arbeit“ gebracht. (vgl. Merchel, 2006, S. 62)

Beide Aspekte des Wettbewerbs machen es wiederum notwendig, dass sich die Organisationen der Sozialwirtschaft mit den Fragen des Managements in ihren Einrichtungen auseinander setzen. Sie müssen betriebswirtschaftliche Kosten- und Leistungskalkulation in ihre Gesamtorganisation einbringen und ein entsprechendes Konzept entwickeln, um ihre Einrichtung am Leben zu erhalten. Dennoch ist davor zu warnen, durch wettbewerbliche Elemente eine generelle Marktstrukturierung der Sozialen Arbeit zu forcieren. Dadurch, dass Soziale Arbeit großteilig aus Steuergeldern finanziert wird, ist die Debatte um einen Wettbewerb auch ein inszenierter Wettbewerb, der durch politische Steuerungsverfahren in Gang gebracht wurde. In den Zeiten begrenzter Kassen und knapper Finanzbudgets werden damit politische und ökonomische Steuerungsformen legitimiert.

Kritik an der Form der Erbringung von sozialen Dienstleistungen: In diesem Abschnitt geht es nicht explizit um die vielschichtige Fachdebatte und die sozialpolitische Bewertung zur Form der Erbringung von Sozialleistungen. Vielmehr sollen einige Aspekte und die verschiedenen Facetten, die vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Einführung von Managementkonzepten in Organisationen der Sozialwirtschaft stehen, beleuchtet werden.

Immer mal wieder ist aus den verschiedensten gesellschaftlichen Richtungen die Debatte über die Art und Weise der Erbringung sozialer Leistungen aufgeflammt. Bei der praktischen Bearbeitung dieser Kritik spielte vor allem einen Rolle, ob es möglich ist, mit Methoden aus dem Reservoir des Managements im Sinne einer ökonomischen Steuerung gekoppelt mit einer verstärkten fachlichen Reflexion dieser zu begegnen. (vgl. Merchel, 2006, S. 65) Vor allem folgende kritisch- fachliche Argumente, denen mit dem Methodenschatz des Managements hilfreich begegnet werden kann, wurden gegenüber den Einrichtungen und Trägern genannt:

- Kritik an entmündigenden Formen der Hilfeleistung und damit mangelnde Beteiligung der Adressaten von sozialen Leistungen
- Kritik an der Flexibilität der Organisationen und geringe Berücksichtigung der Lebenswelt der Adressaten bei der Hilfegestaltung
- Kritik an zu geringer Transparenz und an einer zu großen Subjektivität der Qualitätskriterien und Qualitätsbeurteilung
- Kritik an der mangelnden Herausbildung von dezentralen Strukturen und Strukturen einer transparenten, gestuften Verantwortlichkeit
- Kritik an der mangelnden Vermittlung zwischen administrativen Strukturen und fachlichen Handlungsprinzipien
- Kritik an der Abtragung der fachlichen und weltanschaulichen Profile einzelner Träger Sozialer Arbeit

(vgl. dazu Merchel, 2006, S.66ff)

Durch die Kritik an diesen Punkten werden Anregungen und Ansatzpunkte für eine Lösung dieser Probleme mit der Entwicklung von Managementkonzepten gegeben. Gelingt es den Trägern und Einrichtungen diese Ressourcen zu begreifen und für sich zu nutzen, können sie den sich verändernden sozialpolitischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen und den internen Fachdebatten produktiv begegnen.

Managementdefizite bei den Trägern und Einrichtungen: In Zeiten knapper Kassen kamen die Träger und Einrichtungen vor dem Hintergrund der Prüfung ihre Betriebsführung auf Effizienz und Effektivität immer wieder in Erklärungsnöte. Ihnen wurde und wird vorgeworfen, dass sie nicht oder kaum in der Lage wären, die heutigen wirtschaftlichen Finanzierungsbedingungen mit einem entsprechenden Management zu bewältigen. Wenig Transparenz, bürokratische Strukturen und fehlende Koordination in den Abläufen und Strukturen wurden ebenso diagnostiziert wie die mangelnde Professionalität und Innovationsfähigkeit des Managements und der Verwaltung. (vgl. Merchel, S. 68) Nicht nur aus sozialwissenschaftlicher Sicht, sondern auch von politischer und regierungsamtlicher Seite wurde diese heftige Kritik geäußert. Merchel schreibt: „Die Notwendigkeit, angesichts der massiven, an das Zentrum öffentlicher Legitimation gehender Vorwürfe, Betriebsabläufe kritisch zu überprüfen und mit Hilfe von Managementwissen und Managementmethoden einen Modernisierung der Einrichtungen zu erreichen, wurde offensichtlich.“ (Merchel, S. 69)

Die Träger erhofften sich, dass sie mit der Profilierung von Sozialmanagement dem Modernisierungsdruck entgegnen können, aber dass die einhergehenden Veränderungen in ihre eingespielten Strukturen und Traditionen nicht all zu sehr eingreifen würden – ein Trugschluss. Gleichzeitig wurde aus den eigenen fachlichen Reihen kritisiert, dass es den Einrichtungen wenig gelingt, ihre eigentlichen aufgabenbezogenen sozialen Ziele mit den internen Abläufen zu vereinbaren. Diese Ziele würden zu wenig im Mittelpunkt der internen Organisation der Einrichtungen und Träger stehen, sondern eher beziehungslos nebeneinander. Vor allem in den Dimensionen Beteiligung, Mitbestimmung und Eigenverantwortlichkeit geht der qualitative Moment des „Sozialen“ unter bzw. ist in den sonstigen Bereichen nur wenig präsent, so dass es zuerst darum gehen sollte in den Sozialunternehmen das „Soziale“ zu rehabilitieren. (vgl. Oppl, 1991, S. 177 in Merchel, 2006, S. 70) Durch die intensive Kritik hat sich seit der Verstärkung der Sozialmanagementdiskussion in den Einrichtungen und bei den Trägern ein Wandel vollzogen, der deutlich zeigt, dass Missmanagement und Korruption schwerer geworden ist. Die Träger werden nach betriebswirtschaftlichen Kriterien neu geordnet, die Konzepte und Strategien des Sozialmanagements implementiert. So geht diese Neuordnung der Organisationen heute weit über die Übernahme von modernisierten Managementvokabular und einer äußerlichen Anpassung hinaus. (vgl. Merchel, 2006, S. 70)

Vor diesen Hintergründen für die Diskussion um Sozialmanagement ist es bedeutsam, das gesamte Bündel der unterschiedlichen Faktoren zu begreifen und nicht nur unter dem Aspekt des finanziellen Drucks. Schlagworte wie „BWLisierung“ der Sozialen Arbeit nützen wenig und spiegeln nur die Eindimensionalität dieser Interpretation wieder, weckt unweigerlich Abwehrreaktionen und ist für eine produktive Implementierung von Managementmethoden und einer sachliche Auseinandersetzung mit Sozialmanagement wenig dienlich. (ebd., S. 71) Zur Zusammenfassung dieses Kapitels zeichnet eine Zitat von Joachim Merchel die Notwendigkeit von Management in Organisationen der Sozialwirtschaft noch einmal nach: „Sozialmanagement ist also nicht nur zu verstehen als eine aktuelle Reaktion auf einige kurzfristig entstandene und in absehbarer Zeit wieder bewältigte Schwierigkeiten, sondern als ein Versuch, pragmatische Antworten zu finden und Perspektiven für Einrichtungen der Sozialen Arbeit zu entwickeln, um in der Situation tief greifender struktureller Probleme in Sozialer Arbeit und Sozialpolitik weiterhin sowohl fachlich und politisch als auch hinsichtlich der Ressourcen handlungsfähig zu bleiben.“ (2006, S. 72) Die gesellschaftlichen Bedingungen, in welche die Soziale Arbeit mit ihren Einrichtungen eingebettet ist, erfordern heute nun mal auch eine Intensivierung ökonomischen Kalküls. Deshalb wäre es realitätsfern und blind, dies nicht zu sehen, zu akzeptieren und in seine Arbeit einzubeziehen.

3 Einführung zum Empowerment

Nach der allgemeinen Einführung zum Management und Sozialmanagement wird mit diesem Kapitel der Einstieg zum Thema „Empowerment“ mit einer Begriffsbestimmung, der historischen Herkunft und der Relevanz von Empowerment in Deutschland gelingen.

3.1 Begriffliches

Das Substantiv „Empowerment“ kommt aus dem englisch-amerikanischen Sprachraum vom Verb „to empower“. Im Wörterbuch wird das Verb „to empower“ mit „ermächtigen“ oder „bevollmächtigen“ aus dem Englischen übersetzt. „to empower“ meint demnach, jemanden zu etwas zu bemächtigen oder jemandem die Vollmacht zu erteilen, etwas zu tun. (vgl. Stark, 1996, S 17 und Miller/Pankofer, 2000, S. 8). Eine Richtung geht dahin, jemandem zu bemächtigen oder zu bevollmächtigen. Eine zweite Richtung geht zum „to be empowered“, was soviel bedeute, wie ermächtigt oder befugt sein, also im weitesten Sinne etwas übertragen zu bekommen, nämlich die Macht oder Kraft, etwas tun zu können.

Das Themen „Macht“ und „Kraft“ stehen in den beiden Übersetzungsvarianten im Zentrum. Empowerment steht folglich in seiner Bedeutung immer im Zusammenhang mit menschlichem Tun, Sein oder Werden.

Sucht man nach Literaturangeboten zum Thema „Empowerment“ findet man Tangenten zu den verschiedensten gesellschaftlichen Kontexten in denen Empowerment heute eine Rolle spielt und in denen es theoretisch und praktisch weiterentwickelt wird (siehe auch Einleitung):

in der Sozialen Arbeit > Haltung und Handlungsansatz auf der Basis von Vertrauen in die Stärken der Adressaten Sozialer Arbeit und Partnerschaftlichkeit zwischen Klienten und Professionellen

im Gesundheitswesen > Gesundheitsselbsthilfe chronisch kranker Menschen (z.B. Selbsthilfegruppen), Schaffung neuer Versorgungsstrukturen, die ein eigenständiges, soziales Leben fördern

in der Erziehung > Entwicklung pädagogischer Ansätze aus der Empowermentperspektive mit dem Blick auf größere Partizipationsmöglichkeiten von Schülern

in der Politik und Ökonomie > Erläuterung von Fragen solidarischer Ökonomie in Zeiten der „Krise des Sozialstaates“ bei der Verteilung von Ressourcen

in der Philosophie > Diskussion zu den personalen und sozialen Bedingungen von Empowerment im Sinne eines gelingenden Lebens

in der Arbeits- und Organisationspsychologie/Management > Einzug von Empowermentkonzepten in die Unternehmenskulturen, durch Partizipation und Eigenverantwortung der Mitarbeiter erfolgt eine Steigerung der Produktivität

in der Gemeindepsychiatrie/-psychologie > Entwicklung flächendeckender Angebote, die eine an den Menschenrechten orientierte ambulante Versorgung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen gewährleistet

(vgl. Miller/Pankofer, 2000, S. 11ff)

Der Schwerpunkt dieser Diplomarbeit liegt auf Betrachtungen zum Empowerment aus den Kontexten der Sozialen Arbeit und des Managements. Ist die grundlegendste und einfachste Bedeutung von Empowerment die wörtliche Übersetzung, dann bedeutet Empowerment also Selbstbefähigung und Selbstermächtigung. (vgl. Herriger, 2002, S. 18)

3.2 Die historischen Wurzeln von Empowerment und dessen Bedeutung im gesellschaftlichen Kontext Deutschlands

Der Geburtsort der Idee und der Praxis von Empowerment ist in der Bürgerrechtsbewegung der schwarzen Minderheitsbevölkerung der USA zu finden. Empowerment wurde vor allem von Gruppen eingefordert, deren Teilhabe an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen sonst eher gering ist. Überall dort, wo benachteiligte Gruppen für Entscheidungs- und Beteiligungsmöglichkeiten kämpfen, wird das Empowermentkonzept herangezogen. (vgl. Miller/Pankofer, 2000, S. 10) Im Jahr 1976 erschien Barbara B. Salomons Buch „Black Empowerment. Social work in oppressed communities“, in dem erstmals das Empowermentkonzept in Bezug auf eine neue Kultur des Helfens für die soziale Praxis publiziert wurde. Salomon selbst kann als Erfinderin des Begriffs „Empowerment“ angesehen werden. Der Empowermentgedanke an sich ist jedoch älter, da die Inhalte von Empowerment auf ein System normativer Verpflichtungen, Grundüberzeugungen und berufsethischen Standards hinweisen, das so alt ist, wie die beruflich-entgeltliche Sozialarbeit selbst. (vgl. Herriger, 2003, S. 19) Eng verbunden mit dem Begriff „Empowerment“ ist in der psychosozialen Praxis der Name des Gemeindepsychologen Julian Rappaport, welcher Mitte der 80er Jahre das Empowermentkonzept als eine mögliche theoretische Grundlage einer gemeindeorientierten psychosozialen Praxis benennt. (vgl. Stark, 1996, S. 18)

Seine Wurzeln hat das Empowermentkonzept demnach in der sozialen Praxis und wird dort sowohl in der Theorie als auch in der Praxis kontinuierlich weiterentwickelt.

Mitte der 1980er Jahre wurde in den USA das Empowermentkonzept auch für Unternehmen interessant und war eng mit dem Begriff „Partizipation“, was soviel bedeutet wie Beteiligung, Mitwirkung oder Einbeziehung, verbunden. Empowerment beschreibt dabei ebenfalls den Sachverhalt einer Ermächtigung oder Bevollmächtigung der Beschäftigten in einer Organisation mit dem Ziel, die Mitarbeiter mit neuen Kompetenzen und Verantwortung auszustatten und sie zu befähigen eigenständige Entscheidungen im Rahmen ihres Arbeitsgebietes zu treffen, um damit die Produktivität und Effizienz im Unternehmen zu steigern. (vgl. Beisheim, 1999, S. 225)

Anhand von der Erscheinung und Herausgabe von Publikationen ist die zeitliche Bedeutlung von Empowerment in Deutschland ersichtlich. Wolfgang Stark und Norbert Herriger waren die ersten Sozialwissenschaftlicher, die sich mit dem Empowermentkonzept und dessen Übertragung in den deutschsprachigen Raum seit Ende der 1980er Jahre beschäftigen. Nach meinen Recherchen erschienen die ersten Veröffentlichungen zum Empowerment um 1989 in Deutschland in der Fachpresse. Kontinuierlich hält seitdem das Empowermentkonzept mit dieser Bezeichnung als neuer Handlungsansatz in Deutschland Einzug in die psychosoziale Praxis und wird sozialwissenschaftlich weiterentwickelt.

Unter dem Druck von Einsparungen im sozialen Bereich wird in der heutigen Zeit vermehrt auch in der Politik darüber diskutiert, inwieweit bürgerliches Engagement zur Verbesserung der Situation eines Stadtteils, einer Gruppe oder einzelner Menschen beitragen könnte. Der Schwerpunkt bei solchen Überlegungen liegt dabei auf den Selbststeuerungsmechanismen anstelle der Dominanz von Professionellen. Vor diesem Hintergrund wäre neu zu diskutieren inwieweit sich diese Einschränkungen auf die professionelle Soziale Arbeit auswirken. (vgl. Thiele, 2002, S. 43) Einige Aspekte des Wandels in der Sozialen Arbeit wurden dazu bereits im vorigen Kapitel mit den Ausführungen zu den Hintergründen von Sozialmanagement genannt. Empowerment ist heute kaum noch aus dem sozialwissenschaftlichen Kontext weg zu denken und ist in allen Bereichen der Sozialen Arbeit präsent.

Im Managementbereich hält Empowerment als ein modernes Organisationskonzept ca. 1995 mit der Veröffentlichung des Buches von Scott und Jaffe „Empowerment - Mehr Kompetenz den Mitarbeitern“ im deutschsprachigen Raum Einzug. Das Informationszeitalter stellt die Unternehmen der Wirtschaft vor neue Herausforderungen und verlangt nach neuen Ideen für das Überleben im Wettbewerb. Die größten Potentiale für Veränderungen und Weiterentwicklung im Kampf um Kundschaft und Technologien liegen dabei bei den Talenten der Mitarbeiter selbst. (vgl. Simon, 2002, S. 372) Die Wirtschaftsunternehmen haben das erkannt und nutzen heute gezielt die Ideen des Empowerments. Die zunehmende Zahl der Veröffentlichungen zum Thema Management durch Empowerment (Blanchard, 2003) deutet auf ein erhöhtes Interesse nach innovativen Konzepten zur Organisationsentwicklung hin. Vor allem in Klein- und mittelständigen Betrieben fließen Ideen des Empowerments in die Unternehmenskonzepte ein. Aber auch große Wirtschaftsunternehmen und Konzerne, die ihren Sitz im Ausland haben, bestehen darauf, dass ihre Filialen und Zweigstellen in Deutschland nach dem gleichen Konzept arbeiten (z.B. Hewlett Packard, Unilever).

In den Leitbildern, Selbstverständnissen und Kulturen der Unternehmen, nicht nur im Bereich der Sozialen Arbeit, sondern auch in der Wirtschaft tauchen die Grundsätze und Ideen des Empowerments, auch wenn es explizit nicht so genannt wird, auf oder es lassen sich zumindest Parallelen erkennen.

4 Die Empowermentkonzepte aus den unterschiedlichen Kontexten von Sozialer Arbeit und Management im Vergleich

Empowerment nur wörtlich übersetzt sagt wenig über dessen verschiedene inhaltliche Bedeutungen aus. Inwieweit dieser Begriff in der Bedeutung der beiden Kontexte in dieser Übersetzung mit Inhalten gefüllt wird, ist der Gegenstand dieses Kapitels. Empowerment ist laut meinen Erfahrungen mehr als ein Konzept – es ist auch Haltung, Überzeugung, Arbeitsweise oder Methode.

4.1 Empowerment als Konzept in der Sozialen Arbeit

4.1.1 Die Auslegungen der Bedeutung von Empowerment im sozialarbeiterischen Kontext

Empowerment bedeutet sinngemäß „Selbstbemächtigung“ oder auch “Stärkung von Autonomie und Eigenmacht“ und ist eine Sammelkategorie für alle Arbeitsansätze in der psychosozialen Praxis, die die Menschen zur Selbstentdeckung ihrer Stärken ermutigen und ihnen Hilfestellungen bei der Aneignung von Selbstbestimmung und Lebensautonomie vermitteln. Das Ziel der Empowermentpraxis ist es, die vorhandenen, aber oft verschütteten Fähigkeiten der Adressaten sozialer Dienstleistungen zu autonomer Alltagsregie und Lebensorganisation zu stärken und Ressourcen freizusetzen, damit sie ihre eigene Lebenswege und Lebensräume frei gestalten können. (vgl. Herriger 4, 2002, S. 262)

Zwei Auslegungen lassen sich unterscheiden:

Empowerment als Selbstbemächtigung problembetroffener Personen

Es bezeichnet hier einen selbstinitiierten und eigengesteuerten Prozess der Herstellung von Selbstbestimmung in der Gestaltung des eigenen Lebens. Es betont den Aspekt der Selbsthilfe und der aktiven Selbstorganisation der Betroffenen.

Empowerment als professionelle Unterstützung von Autonomie und Selbstgestaltung

Hier richtet sich der Blick auf die Seite der Mitarbeiter psychosozialer Dienste, welche die Prozesse der Aneignung von Selbstgestaltungsprozessen anregen, fördern und unterstützen, sowie die Ressourcen für Empowermentprozesse bereitstellen. (vgl. Herriger 1, 2002, S. 11ff)

Empowerment versteht sich hier weniger als Methode, sondern vielmehr als professionelle Haltung im sozialen Handeln, welche die Förderung von Potentialen der Selbstorganisation fokussiert. (vgl. Galuske, 1998, S. 270)

4.1.2 Die Philosophie der Menschenstärken - Grundprinzipien und Werte-basis

Empowerment ist ein Einladung an alle psychosozial Tätigen zum Perspektivenwechsel, nach eigenem Verständnis ein Gegenrezept gegen den Defizitblick-Winkel. Es ist der Abschied von traditionellen Sichtweisen auf die Klienten, die in ihren Identitätsentwürfen, in ihren lebensgeschichtlichen Erfahrungshorizonten und Bindungsnetzwerken oft nur allein in Kategorien von Mangel, Unvermögen und Schwäche wahrgenommen wurden. (vgl. Herriger 4, S. 262) Empowerment durchbricht die

Überdimensionalität professioneller Hilfen und Helfer, die den Klienten oft eine eigene Hilflosigkeit anerzogen haben und fördert die meist verschütteten Selbsthilfepotentiale der Adressaten von Sozialer Arbeit.

Das Empowermentkonzept bricht mit diesem Blick auf die Defizite der Biographie der Klienten und stellt sie als kompetente Akteure dar, welche über das Vermögen verfügen, ihr Leben in eigener Regie zu gestalten und Lebenssouveränität zu gewinnen. (vgl. Herriger 4, S. 262)

Das Modell der „Philosophie der Menschenstärken“ ist grundlegend und leitend für die Empowermentpraxis der Sozialen Arbeit und umfasst folgende sechs Bausteine:

- Das Vertrauen in die Fähigkeit jedes einzelnen zur Selbstgestaltung und zu gelingendem Lebensmanagement
- Die Akzeptanz von Eigen-Sinn und der Respekt auch vor unkonventionellen Lebensentwürfen der Klienten psychosozialer Arbeit
- Das Respektieren der eigenen Wege und der eigenen Zeit des Klienten und der Verzicht auf strukturierte Hilfepläne und eng gefasste Zeithorizonte
- Der Verzicht auf entmündigende Expertenurteile über die Definition von Lebensproblemen, Problemlösungen und wünschenswerten Lebenszukünften
- Die Orientierung an der Lebenszukunft des Klienten
- Die Orientierung an einer „Rechte-Perspektive“ und ein parteiliches Eintreten für Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit

(vgl. Herriger 1, 2002, S. 72ff)

Der letzte Baustein des Models der Menschenstärken verweist auf den ethischen Werterahmen hin, in welchem sich das Empowermentkonzept bewegt. Jeder Mensch ist Träger von Freiheitsrechten, wie Selbstbestimmung, Gleichheit, Teilhabe und Mitbestimmung. Diese Rechte bieten der Sozialen Arbeit ihre praxisethische Basis und Legitimation. Empowerment wahrt diese Rechte verpflichtend und vertritt diese parteilich engagiert im Sinne einer Verwirklichung dieser Freiheitsrechte der Menschen. (vgl. Herriger 1, 2002, S. 78)

Drei ethische Grundüberzeugungen prägen das Empowermentkonzept, sein Menschenbild und sein methodisches Handeln:

- Die Wahrung von Selbstbestimmungsrechten, das heißt die Bewahrung des Rechtes auf Eigen-Sinn und Unterschied. Das setzt von den Mitarbeitern sozialer Dienste eine sensible selbstreflexive Eingrenzung der eigenen „Expertenmacht“ voraus.
- Das Eintreten für soziale Gerechtigkeit, das heißt die gesellschaftlichen Strukturen sozialer Ungleichheit zu thematisieren und den Menschen ein kritisches Bewusstsein für die Muster der sozial ungleichen Verteilung von Lebensgütern und gesellschaftlichen Chancen zu vermitteln und das Wissen über die Veränderbarkeit dieser Strukturen zu festigen.
- Das Einlösen von Rechten auf demokratische Partizipation, das heißt auf die Stärkung der Teilhabe der Bürger an Entscheidungen, die ihre Lebensgestaltung und ihre direkte soziale Umwelt betreffen, zu zielen. (vgl. Herriger 1, 2002, S. 78f)

Die Philosophie der Menschenstärken mit ihren Grundüberzeugungen ist nicht kritiklos. Es ist es wichtig, das Modell der Philosophie der Menschenstärken nicht mit missionarischen Eifer und Scheuklappen zu verbreiten, sondern als Möglichkeit und normativen Leitfaden zu begreifen, der das Denken in Kategorien von Lebensmöglichkeiten fokussiert. Eindeutig richtet sich der sensible Blick insbesondere auf das Erlernen von Bewältigungsstrategien, das Auslösen von Lernprozessen und Erfahrungen, die dazu beitragen, sich mit den Wechselfällen des Lebens zu beschäftigen und zukünftige eigene Lebensmöglichkeiten unter Einbeziehung der aktuellen Lebenssituationen und der persönlichen Eigenheiten der Adressaten zu eröffnen. (vgl. ebd. S. 81) Es geht in dieser Philosophie darum, das eigene Vermögen wieder zu entdecken und die eigenen Kontrollkompetenz über seine Leben wieder zu erlangen. Das funktioniert nur in der Auseinandersetzung im sozialen Umwelt- und Netzgefüge, in dem das Individuum involviert ist. Nicht ein Ego-Mensch steht im Mittelpunkt, sondern dessen soziale Bezogenheit und seine Hoffnungen auf die produktive Kraft der Ressource Solidarität. (vgl. Herriger 1, 2002, S. 82)

4.1.3 Methoden des Empowerments

Empowerment ist im Hinblick auf die Methodik offen, bedient sich der vielfältigsten Instrumente und verknüpft diese miteinander. Dabei vollziehen sich Empowermentprozesse auf vier Ebenen, die nachfolgend dargestellt werden. (vgl. ebd., S. 83)

Die individuelle Ebene

Die individuelle Ebene wird auch die Ebene der Einzelfallhilfe genannt. Vorwiegend aus dem Handlungsfeld von Beratung und sozialer Einzelfallhilfe entstammen die Beispiele für die praktische Umsetzung des Empowermentkonzeptes. Den betroffenen Personen aus der erlernten Hilflosigkeit einen Ausweg zu zeigen, das ist die Gemeinsamkeit bei diesen personenbezogenen Arbeitsansätzen. Sozialarbeiter sollen Hilfestellungen und Unterstützung vermitteln, die die Situation von Machtlosigkeit, Resignation und Demoralisierung der betroffenen Klienten aufheben und sie wieder dazu befähigen, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen, ihr Vertrauen in das eigene Vermögen zur Lebensgestaltung stärken und verschüttete Kraftquellen an Kompetenz entdecken. (vgl. Herriger 2, http://www.empowerment.de/grundlagen-text.html, verfügbar am 15.2.07)

Das Empowementkonzept setzt hier die methodische Werkzeuge Ressourcendiagnostik (vgl. Herriger 2, http://www.empowerment.de/grundlagentext.html, verfügbar am 15.2.05), Unterstützungsmanagement (Case Management[4] ) (vgl. Galuske, 1998, S. 271) und Biografiearbeit (vgl. Herriger 1, 2002, S. 103 ff) ein.

Die Ebene der Gruppenarbeit bzw. der sozialen Netzwerke

Empowerment ist nicht nur das Ergebnis einzelfallbezogener Settings[5] von Beratung und Begleitung, sondern vielmehr auch das gemeinschaftliche Produkt von Menschen, die sich zusammenfinden, ihre Kräfte bündeln und gemeinsam beginnen, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen. In den Blick rücken hier Gruppenprozesse und bürgerliches Engagement in den unterschiedlichsten Handlungsfeldern, wie Selbsthilfe, ehrenamtliche Mitarbeit oder die Mitarbeit in bürgerschaftlichen Initiativen. In diesen Feldern sind Empowermentprozesse in der sozialen Gemeinschaft eingelagert und es vollzieht sich die Entfaltung personaler Kräfte in der stärkenden Gemeinschaft mit anderen. In der sozialen Praxis richtet sich der Fokus daher auf die Inszenierung, den Aufbau und die Weiterentwicklung von förderlichen Netzwerkstrukturen. Diese unterstützen dann wiederum die Selbstorganisation der Menschen. (vgl. Herriger 1, 2002, S. 118) Hier kommen die beiden Methoden Netzwerkberatung und Netzwerkförderung zum Einsatz. (vgl. Herriger 2, http://www.empo-werment.de/grundlagentext.html, verfügbar am 15.2.07)

Die institutionelle Ebene

Empowerment auf der institutionellen Ebene zielt auf die Eröffnung von neuen Gestaltungsspielräumen für ziviles Engagement (Bürgerbeteiligung) sowie auf die Gestaltung der Arbeitsplatzstrukturen, in welche die soziale Arbeit eingebunden ist (Organisationsentwicklung).

Bei der Bürgerbeteiligung geht es um die Schaffung von Instrumenten und Verfahren zur Teilhabe der Bürger an Programmplanung, Dienstleistungsgestaltung und Entscheidungsfindung im Kontext von Verbänden, Sozialverwaltungen und kommunalpolitischen Gremien. Gemeint sind hier vor allem das aktive Einflussnehmen der Bürger und das Einbringen von Erfahrungen engagierter Bürger in die oben genannten Organisationen.

Bei der Organisationsentwicklung steht der Umbau organisatorischer Muster auf dem Programm, sowie die Schaffung von Arbeitsstrukturen, die es den professionellen Helfern ermöglichen, die Gestaltungsfreiräume für ihren beruflichen Alltag zu vergrößern und Arbeitsstrukturen zu schaffen, die eine Arbeit nach dem Empowermentkonzept ermöglichen. (vgl. Herriger 1, 2002, S. 145)

Die (lokal)politische Ebene

Die lokalpolitische Ebene zielt auf die Entwicklung von Verfahren einer formalen demokratischen Mitwirkung der Bürger. Dabei geht es um die Chance der Bürger zum Beispiel in Bürgerbeiräten, Ausschüssen der Stadträte, in Bürgerparlamenten oder Bürgerprojekten mitzuarbeiten. Sie tragen dann Mitverantwortung für eine verbesserte lokale und kommunale Lebensqualität. Diese kritischen Akteure in der Öffentlichkeit sind „Experten in eigener Sache“ und tragen der eigenverantwortlichen Gestaltung der sozialräumlichen Umwelt Rechnung. (vgl. Herriger 1, 2002, S. 184)

[...]


[1] Konzept vom lateinischen „concipere“ = erfassen, in sich aufnehmen. Allgemein wird der Begriff „Konzept“ dafür verwendet, um einen Plan, ein Programm oder einen Entwurf für ein Vorhaben zu bezeichnen. (vgl. http://www.langenscheidt.de/?fremdwb=Konzept verfügbar am 8.2.07)

[2] Richard Scott ist Management-Professor an der Stanford University (vgl. Simon, 2001, S. 23)

[3] Das Subsidiaritätsprinzip fordert, dass staatliche Eingriffe und öffentliche Leistungen grundsätzlich nur unterstützend und nur dann erfolgen sollen, wenn die jeweils tiefere hierarchische Ebene nicht in der Lage ist, die erforderliche (Eigen-)Leistung zu erbringen. (vgl. Spieker, 2003)

[4] Case Management als einzelfallbezogene Handlungsform implementiert die Erhebung, Koordination, Planung, Steuerung und Evaluation von Versorgungsangelegenheiten, Sach- und Dienstleistungen. Der Prozess orientiert sich am Bedarf. Zentrales Element ist die persönliche Interaktion, die auf der Beziehung zwischen dem Case Manager und dem Klienten (-system) beruht. (Stichwort „Case Mangement“ zit. n. Reis, 2002) Relevant im Case Management ist die Unterscheidung von Fallmanagement (Optimierung der Hilfe im konkreten Fall) und Systemmanagement (Optimierung der Versorgung im Zuständigkeitsbereich). (vgl. „Was ist Case Management?”)

[5] Als Setting wird im sozialpädagogischen Sprachgebrauch der gestaltete Rahmen einer Hilfe bezeichnet.

Fin de l'extrait de 118 pages

Résumé des informations

Titre
Empowerment als Managementkonzept in Organisationen der Sozialwirtschaft
Sous-titre
Der Einfluss von Empowermentprozessen auf die Mitarbeiter und deren Umsetzung am Beispiel der Radebeuler Sozialprojekte gGmbH seit deren Gründung
Université
University of Applied Sciences Mittweida
Cours
Sozialmanagement
Note
1,8
Auteur
Année
2007
Pages
118
N° de catalogue
V168784
ISBN (ebook)
9783640871735
ISBN (Livre)
9783640871810
Taille d'un fichier
1367 KB
Langue
allemand
Annotations
Die vorliegende Arbeit wurde mit einem hohen Schwierigkeitsgrad bewertet, da es kaum verfügbare und vergleichbare Forschungsdaten und deutschsprachige Literatur nur im sehr begrenzten Maß gibt. Eine Veröffentlichung wurde dringend vom betreuenden Professor empfohlen.
Mots clés
Empowerment, Sozialwirtschaft, Sozialmanagement, Mitarbeiter, Management
Citation du texte
Petra Vogel (Auteur), 2007, Empowerment als Managementkonzept in Organisationen der Sozialwirtschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168784

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