Der BFH entschied in zwei Parallelentscheidungen über die Einkünftequalifikation bei doppelstöckigen Personengesellschaften. Sowohl die Frage, welche Voraussetzungen die Gesellschafter der Obergesellschaft erfüllen müssen als auch die Frage, welche Tätigkeit
die Untergesellschaft zur Erreichung der Freiberuflichkeit ausüben muss, wurde geklärt.
Im vorliegenden Sachverhalt fungierte eine Partnerschaftsgesellschaft aus Ingenieuren und einem Diplom-Kaufmann als Holding und war an zwei Standortpersonengesellschaften und sechs Standortkapitalgesellschaften beteiligt. Es stellte sich die Frage, ob die Gesellschafter der Personengesellschaft als Mitunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielten.
Das FG urteilte übereinstimmend mit dem BFH, dass es sich bei den Tätigkeiten der Gesellschaft nicht um freiberufliche, sondern um gewerbliche Tätigkeiten handelte. Das FG sah die Begründung hierfür allerdings unzutreffender Weise in der Abfärbung der einzelnen gewerblichen auf die gesamte Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Der BFH entschied zu Recht, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um einzelne Tätigkeiten handelte, sondern dass eine rechtlich einheitlich zu würdigende Tätigkeit vorlag. Die Holding hatte selbst überhaupt kein operatives Geschäft – etwa die Erbringung von Ingenieurleistungen – sondern übte im Konzernverbund lediglich die Geschäftsführung aus. Es lagen somit weder die Ausübung eines Ingenieurberufs noch die Ausübung betriebswirtschaftlicher Beratung vor.
Wenn sich Tätigkeitsbereiche einer Personengesellschaft gegenseitig bedingen, was im vorliegenden Sachverhalt der Fall gewesen ist, so liegt eine untrennbare Gesamttätigkeit vor. Die Anwendung der Abfärberegelung ist in diesem Fall nicht gegeben.
Größtenteils geschäftsführende, kontrollierende und koordinierende Tätigkeiten eines Gesellschafters stellen keine Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts dar. Sie sind im Wesentlichen geschäftsführender Natur und sind als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren. Einkünfte aus dieser Tätigkeit stellen Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Abkürzungsverzeichnis
- 1. Problemstellung
- 2. Verfahrensgang
- 2.1. Der Sachverhalt: Partnerschaftsgesellschaft als Holding
- 2.2. Das Urteil des FG Nürnberg vom 22.02.2006, Az. V 280/2004
- 2.3. Das Urteil des BFH vom 28.10.2008, Az. VIII R 73/06
- 3. Prüfung der Qualifikation der Einkünfte der Holding
- 3.1. Prüfung der Qualifikation der Holding als Gewerbebetrieb
- 3.1.1. Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebs i.S.d. §§ 2 Abs. 1 S. 2 GewStG und 15 Abs. 2 EStG
- 3.1.2. Prüfung der Beteiligung der Holding am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
- 3.1.3. Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht der Holding
- 3.1.4. Prüfung der Abgrenzung zur Vermögensverwaltung
- 3.2. Prüfung der Freiberuflichkeit der Partnerschaftsgesellschaft
- 3.2.1. Die Negativmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG
- 3.2.2. Prüfung der Qualifikation der Holding als Ingenieurgesellschaft
- 3.2.3. Gegensätzlichkeit der Auffassungen von BFH und FG zum Vorliegen einer Ingenieurtätigkeit
- 3.2.4. Prüfung der Freiberuflichkeit des Gesellschafters S
- 3.3. Freiberuflichkeit der Obergesellschafter im Hinblick auf die Tätigkeiten der Untergesellschaften
- 3.4. Prüfung der Anwendbarkeit der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
- 3.1. Prüfung der Qualifikation der Holding als Gewerbebetrieb
- 4. Thesenförmige Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Seminararbeit analysiert das BFH-Urteil vom 28.10.2008 (VIII R 73/06) zum Thema Abfärberegelung bei einer Partnerschaftsgesellschaft, die als Holding fungiert. Ziel ist es, die Qualifikation der Einkünfte dieser Holding zu untersuchen, indem die Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebs sowie die Kriterien für Freiberuflichkeit im Kontext der Abfärberegelung geprüft werden. Im Fokus steht dabei die Frage, ob die Tätigkeiten der Holding als gewerblich oder freiberuflich einzustufen sind.
- Einkünftequalifikation von Personengesellschaften
- Abfärberegelung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
- Holding-Struktur in einer Partnerschaftsgesellschaft
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb vs. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit
- Freiberuflichkeit von Ingenieuren und Unternehmensberatern
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Problemstellung erläutert und den Kontext der Abfärberegelung im Steuerrecht darstellt. Anschließend werden die Sachverhalte des vorliegenden Falles sowie die Urteile des Finanzgerichts Nürnberg und des Bundesfinanzhofes zusammengefasst.
Im dritten Kapitel wird die Qualifikation der Einkünfte der Holding anhand der Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebs analysiert. Es werden die Beteiligung der Holding am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, die Gewinnerzielungsabsicht und die Abgrenzung zur Vermögensverwaltung beleuchtet.
Das vierte Kapitel widmet sich der Frage, ob die Partnerschaftsgesellschaft als Holding als freiberuflich tätig anzusehen ist. Hier werden die Negativmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG, die Qualifikation der Holding als Ingenieurgesellschaft und die Freiberuflichkeit des Gesellschafters S im Detail geprüft.
Das fünfte Kapitel behandelt die Auswirkungen der Tätigkeiten der Untergesellschaften auf die Einkünftequalifikation der Obergesellschaft und die Anwendbarkeit der Abfärberegelung. Hier wird die widersprüchliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes in Bezug auf die Abfärbung bei gewerblichen Beteiligungen einer Personengesellschaft diskutiert.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Einkünftequalifikation, Abfärberegelung, Holding-Struktur, Partnerschaftsgesellschaft, Gewerbebetrieb, Freiberuflichkeit, Ingenieurtätigkeit, Unternehmensberatung, und den spezifischen Rechtsnormen wie §§ 2 Abs. 1 S. 2 GewStG, § 15 Abs. 2 EStG, § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
- Citation du texte
- Florian Mahr (Auteur), 2010, Kritische Würdigung des BFH-Urteils vom 28.10.2008 (VIII R 73/06) zur Anwendung der Abfärberegelung bei einer Partnerschaftsgesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168950