Der Grundgedanke der Balanced Scorecard wurde in den achtziger Jahren von
Kaplan/Norton entwickelt. Hinter diesem Ansatz steht das Erkennen, dass die rein
finanzwirtschaftliche Perspektive erst mit einer beträchtlichen Verzögerung auf operative
Störungen aufmerksam machen kann und eine Ursachenanalyse stets weitere, insbesondere
nicht monetäre Betrachtungsdimensionen integrieren muß. Eine umfassende
Informationsversorgung über das innerbetriebliche Geschehen und das
Unternehmensumfeld ist für eine effektive Unternehmensführung unverzichtbar. Die
Zukunftsorientierung gewinnt mit sich verkürzenden Produktlebenszyklen und wachsender
Volatilität der Märkte, wie es bei der Informations- und Kommunikationstechnologie der
Fall ist, an Wichtigkeit. Frühwarninformationen können bei sich ändernden Markt- und
Wettbewerbsbedingungen von hoher Bedeutung sein.
Der praktische Nutzen einer BSC wird wesentlich davon beeinflusst, inwieweit ihre
Struktur dem Charakter des Unternehmens entspricht. Technisch geprägte Unternehmen
mit ihren klassisch funktionsorientierten Organisationen (bspw. Firmen der
Grundstoffindustrie) benötigen eher eine hierarchisch aufgebaute BSC, während
technologieintensive Unternehmen (bspw. Informations- und Kommunikationsfirmen) eher
Strukturen erfordern, die sich an den Bedürfnissen des Intellektuellen Kapitals orientieren.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
1 Einfuhrung
2 Charakteristik und Grundzuge des Telekommunikationssektors
3 Grunde fur die Einfuhrung einer Balanced Scorecard
4 Das Konzept der Balanced Scorecard
4.1 Erscheinungsformen derBSCinderPraxis
4.2 Strategische Grundlagen
5 Umsetzung der BSC
6 Umsetzung der Balanced Scorecard bei Siemens ICP CD DP Leipzig
6.1 Projektvorgehen inLeipzig
6.2 Erarbeiten der Werksscorecard
6.2.1 Entwicklung derWerkstrategie
6.2.2 Formulierung der strategischen Ziele und Identifizierung der
Ursache-/Wirkungsbeziehungen der BSC
6.2.3 FindenvonMessgroEen
6.2.4 Bestimmung von Zielvorgaben fur die MessgroEen
6.3 Herunterbrechen der Werksscorecard auf Hauptabteilungsebene
6.4 Datenverarbeitungstechnische Umsetzung
6.5 Implementierung der Balanced Scorecard
7 Umsetzung der Balanced Scorecard bei der ISP AG
7.1 Diestrategischen Ziele derISPAG
7.2 Wesentliche Projektschritte bei der Implementierung des
Controlling-Systems der ISP AG
7.2.1 Implementierung eines Executive Cockpits
7.2.2 Roll-out von Cockpits in anderen Unternehmensbereichen
7.2.3 Verknupfung mit anderen Managementprozessen
8 Probleme bei der Umsetzung der BSC in der Praxis
9 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: BSC - Strategie eines Unternehmens in konkrete Aktivitaten ubersetzen (Quelle: Horvath & Partner (Hrsg.), Balanced Scorecard umsetzen, 2001,)
Abb. 2: Strategische Ziele des Werkes Leipzig (Quelle: Greischel, P. (Hrsg.), Erfolgsbeispiele, 2003,)
Abb. 3: Linkage-Modell mit den Treibern fur das Ziel exzellente Geschaftsprozesse (Quelle: Greischel, P. (Hrsg.), Erfolgsbeispiele, 2003,)
Abb. 4: Kundenperspektive der BSC des Werkes Leipzig (Quelle: Greischel, P. (Hrsg.), Erfolgsbeispiele, 2003,)
Abb. 5: Struktur des Herunterbrechens von Zielen (Quelle: Greischel, P. (Hrsg.), Erfolgsbeispiele, 2003,)
Abb. 6: stark vereinfachtes Kausalkettenmodell des Contentbereiches (Quelle: Hoffmann, O., Internet-Start-up, 2000,)
Abb. 7: Probleme bei der Umsetzung der BSC in der Praxis (Quelle: Mountfield, A./Schalch, O., SAP, 1998,)
Umsetzung des Controlling-Steuerungsinstrumentes Balanced Scorecard in ausgewahlten TK-Unternehmen
1. Einfuhrung
Der Grundgedanke der Balanced Scorecard wurde in den achtziger Jahren von Kaplan/Norton entwickelt. Hinter diesem Ansatz steht das Erkennen, dass die rein finanzwirtschaftliche Perspektive erst mit einer betrachtlichen Verzogerung auf operative Storungen aufmerksam machen kann und eine Ursachenanalyse stets weitere, insbesondere nicht monetare Betrachtungsdimensionen integrieren muE.1 Eine umfassende Informationsversorgung uber das innerbetriebliche Geschehen und das Unternehmensumfeld ist fur eine effektive Unternehmensfuhrung unverzichtbar. Die Zukunftsorientierung gewinnt mit sich verkurzenden Produktlebenszyklen und wachsender Volatilitat der Markte, wie es bei der Informations- und Kommunikationstechnologie der Fall ist, an Wichtigkeit. Fruhwarninformationen konnen bei sich andernden Markt- und Wettbewerbsbedingungen von hoher Bedeutung sein.
2. Charakteristik und Grundzuge des Telekommunikationssektors
Im Vergleich zu anderen Markten zeichnet sich der Markt fur Telekommunikation unter anderem durch folgende Charakteristika aus:
- Netzwerk- und Systemguter als besondere Guterkategorien in Systemtechnologien: Systemguter (z.B. Computer) stiften dem Nutzer einen originaren und einen derivativen Nutzen, wogegen Netzwerkguter (z.B. Telefon) keinen originaren, sondern nur einen derivativen Nutzen haben.2
- Netzwerkexternalitaten: Dabei handelt es sich um Auswirkungen, welche die Teilnahme einer Person an einem Netzwerk auf die ubrigen Teilnehmer hat. Im allgemeinen sind dies positive Externalitaten. Man unterscheidet direkte und indirekte Netzeffekte, wobei direkte bei Netzwerkgutern und indirekte bei Systemgutern dominieren.
- Positive Feedbacks: Aufgrund der positiven Netzeffekte steigt der Wert eines Gutes mit zunehmender Verbreitung.
- Lock-In-Effekte: Diese beschreiben Situationen, in denen die Wechselkosten groEer sind als der durch den Wechsel entstehende Nutzen und drucken damit eine unfreiwillige Bindung des Nutzers an einen bestimmten Anbieter aus
- Uberragende Bedeutung von Standards: Ohne definierte Standards ist fur potenzielle Nutzer nicht absehbar, welches System sich durchsetzen wird und somit, mit welchem System sich die angestrebten Netzeffekte realisieren lassen.
- Carrier haben aufgrund der Netzinfrastruktur extrem hohe Fixkosten3
- dynamische Marktentwicklung, die durch Produktinnovationen und eine dadurch entstehende Variantenvielfalt vorangetrieben wird
- durch den sehr wettbewerbsintensiven Markt finden verstarkt Fusionen und Zusammenschlusse statt, die ein Unternehmen von Grund auf verandern konnen und damit auch eine Veranderung des Steuerungssystems und der Performance Messung verlangen
- Es ergeben sich immer groEere Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den Telekommunikations- und den IT- Dienstleistungen4
3. Grunde fur die Einfuhrung einer Balanced Scorecard
Klassische MessgroEensysteme basieren auf finanziellen Kennzahlen, welche vergangenheitsorientiert sind, keine Aussagen uber zukunftige wertschopfende Potenziale treffen und sich deshalb nicht fur eine zukunftsorientierte Steuerung eines Unternehmens eignen. Weitere Ansatzpunkte fur Kritik an klassischen MessgroEensystemen sind:
- eine ungenugende Integration „weicher“, nicht-monetarer Kennzahlen
- vor- und nachgelagerte Stufen im Wertschopfungsprozess (z.B. Lieferanten und Kunden) finden im Fuhrungsinformationssystem zu wenig Beachtung
- sie sind kein geeignetes Kommunikationsinstrument5
- Finanzielle MaEstabe liefern unter Umstanden gar keine oder irrefuhrende Signale hinsichtlich der kontinuierlichen Verbesserung und Innovation innerhalb des Unternehmens
- Klassische Ziel- bzw. Leistungsmessungssysteme zeigen den Fuhrungskraften und Mitarbeitern die Zusammenhange bzw. die Verknupfung zwischen Strategie und Zielsetzung nicht auf
- Die Ableitung von SollgroEen fur die einzelnen Ziele erfolgt oftmals ohne die Einbeziehung der Fuhrungskrafte. Zudem sind die Ziele oftmals zu allgemein und fuhren dadurch zu Konflikten und Trade-offs bei den Fuhrungskraften bzw. Mitarbeitern, die die Ziele erfullen sollen.6
4. Das Konzept der Balanced Scorecard
„Die Balanced Scorecard ist ein effektives und universelles Instrument fur Management und Controlling zur konsequenten Ausrichtung des Handelns (Aktionen, MaEnahmen) einer Gruppe von Menschen (Organisationen, Unternehmen, Institutionen, Bereiche, Abteilungen, Projektgruppen ...) auf ein gemeinsames Ziel.“7
Sie dient zur Umsetzung von Strategien und besteht zumeist aus den vier Perspektiven Finanzen, Kunden, interne Geschaftsprozesse und Lernen/Wissen/Innovation.8 Die strategischen Ziele leiten sich aus der Vision und der Strategie des Unternehmens ab. Die Mission druckt aus, wie das Unternehmen von anderen gesehen werden soll und die Vision was das Unternehmen erreichen will.9 Um die Zielerreichung planen und verfolgen zu konnen, werden den strategischen Zielen entsprechende finanzielle und nicht finanzielle MessgroEen sowie die Soll- und Istwerte dieser MessgroEen gegenuber gestellt. Die strategischen Aktionen zu den einzelnen Zielen sollen die Zielerreichung sicherstellen, wobei jede strategische Aktion Termin- und Budgetvorgaben sowie personifizierte Zustandigkeiten enthalt. Die strategischen Ziele sowie deren MessgroEen, Zielwerte und strategische Aktionen stehen nicht losgelost nebeneinander, sondern vielmehr sind sie durch Ursache-Wirkungsbeziehungen eng miteinander verknupft. Die Identifikation und Darstellung der strategisch relevanten Beziehungen ist eine wesentliche Leistung des BSC- Ansatzes. Erst die Verknupfung der Ziele beschreibt die Strategie vollstandig.10
4.1 Erscheinungsformen der BSC in der Praxis
Die BSC tritt in der Praxis vornehmlich als Management-, Kennzahlen- und als IT-System in Erscheinung.
Die Verwendung als Managementsystem bedeutet, im Managementteam ein gemeinsames Geschaftsmodell zu entwickeln, die strategischen Ziele auf den Punkt zu bringen und uber Kennzahlen messbar zu machen, MaEnahmen abzuleiten und vor allem die Balanced Scorecard mit allen (eingefuhrten) Managementprozessen zu verzahnen.
Wird die BSC im Gegensatz dazu lediglich als Kennzahlensystem genutzt, steht die Tendenz dahinter, in der Praxis den BSC-Prozess „abzukurzen“ und direkt auf die Kennzahlenebene zu lenken. Dabei geht der Bezug zur Strategie und den ubergeordneten Unternehmenszielen leicht verloren. Das Kennzahlensystem bleibt statisch und auf die operative Ebene beschrankt. Ein funktionsubergreifender Diskussionsprozess kommt nicht in Gang.11
Bei der Nutzung der BSC als IT-System gilt zu beachten, dass es um die IT-Unterstutzung des BSC-Prozesses, nicht um den Ersatz der Balanced Scorecard durch die IT gehen sollte. Angesichts des Angebots an optisch verlockenden BSC-Frontends (bis hin zum „management cockpit“ oder „war room“) mit uber Data Warehouse-Losungen anscheinend unbegrenzten Zugriffsmoglichkeiten, sollte man immer daran denken, dass die Uberleitung der Strategie in MaEnahmen ureigenste Managementaufgabe ist.12
4.2 Strategische Grundlagen
Der erste Schritt zum Aufbau einer BSC ist die Schaffung der notwendigen strategischen Grundlagen fur das Unternehmen. Dabei werden z.B. in der strategischen Analyse die Lebenszyklusphase und die kritischen Erfolgsfaktoren (KEF)13 bestimmt, sowie eine SWOT-Analyse durchgefuhrt, mit deren Hilfe die strategische StoErichtung des Unternehmens ermittelt werden kann. Mit der SWOT-Analyse werden die Starken und Schwachen im Unternehmen ermittelt und die Chancen und Risiken des Unternehmens am Markt gegenuber gestellt.14 Die Identifizierung spezifischer Kritischer Erfolgsfaktoren erfolgt durch Gegenuberstellung der Ergebnisse aus Wettbewerbs- und Umfeldanalyse.
Der Vergleich mit den Wettbewerbern auf der Grundlage dieser Faktoren deckt die strategischen Lucken des eigenen Unternehmens auf und gibt Hinweise auf den Aufbau von Ressourcen. Fur die Telekommunikationsbranche konnen folgende kritische Erfolgsfaktoren identifiziert werden: Kundenorientierung, Preis, Kosten, Qualitat, Image, Technikausstattung, Innovationsfahigkeit, Internationalisierung und Unternehmenskultur.15 Diese in weitere einzelne Merkmale detaillierten branchenspezifischen Faktoren konnen als Grundlage fur die Messung von strategischen Lucken des Unternehmens, die Beurteilung der Ressourcen im Hinblick auf den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen, die Entscheidung uber die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens sowie der Umsetzung der strategischen StoErichtung anhand einer Scorecard dienen.16
4 Umsetzung der Balanced Scorecard
Der praktische Nutzen einer BSC wird wesentlich davon beeinflusst, inwieweit ihre Struktur dem Charakter des Unternehmens entspricht. Technisch gepragte Unternehmen mit ihren klassisch funktionsorientierten Organisationen (bspw. Firmen der Grundstoffindustrie) benotigen eher eine hierarchisch aufgebaute BSC, wahrend technologieintensive Unternehmen (bspw. Informations- und Kommunikationsfirmen) eher Strukturen erfordern, die sich an den Bedurfnissen des Intellektuellen Kapitals orientieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: BSC - Strategie eines Unternehmens in konkrete Aktivitaten ubersetzen
(Quelle: Horvath & Partner (Hrsg.), Balanced Scorecard umsetzen, 2001, S. 10)
[...]
1 Vgl. Engel, S./Dr. Grothe, M., o.tel.o, 1999, S. 14
2 Vgl. Heinrich, A., Telekommunikationsbranche, 2002, S. 4 f.
3 Vgl. ebenda
4 Vgl. Binder, B., Measurement, 2004, S. 333 f.
5 Vgl. Heinrich, A., Telekommunikationsbranche, 2002, S. 12
6 Vgl. Knoll, T., Netzbetreiber, 2000, S. 252
7 Friedag, H./Schmidt, Dr. W., Aufsatz Balanced Scorecard, 2002, S. 4
8 Vgl. Engel, S./Dr. Grothe, M., o.tel.o,, 1999, S. 14
9 Vgl. Friedag, H./Schmidt, Dr. W., Kennzahlensystem, 1999, S. 22
10 Vgl. Horvath & Partner (Hrsg.), Balanced Scorecard umsetzen, 2001,S. 417
11 Vgl. Weber, J./Schaffer, U., Erfahrungen, 2001, S. 11 f.
12 Vgl. Weber, J./Schaffer, U., Erfahrungen, 2001, S. 11 f.
13 Unter Kritischen Erfolgsfaktoren (KEF) versteht die betriebswirtschaftliche Forschung die Faktoren, die fur den Erfolg eines Unternehmens verantwortlich sind
14 Vgl. Rolle, C., DVB, 2001, S. 44 f.
15 Vgl. Knoll, T., Netzbetreiber, 2000, S. 106
16 Vgl. Knoll, T., Netzbetreiber, 2000, S. 250
17 Vgl. Friedag, H./Schmidt, Dr. W., Aufsatz Balanced Scorecard, 2002, S. 18
- Arbeit zitieren
- Alexander Barta (Autor:in), 2004, Umsetzung des Controlling-Steuerungsinstruments Balanced Scorecard in ausgewählten TK-Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169221
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