Unternehmensorientierte Dienstleister in Leipzig

Die Bedeutung für den urbanen Büromarkt unter Berücksichtigung der Standortstruktur und -dynamik


Mémoire (de fin d'études), 2009

172 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung und Zielstellung

1. Theorie der Dienstleistungen
1.1 Gesamtwirtschaftler Wandel und Rolle der Dienstleistungen
1.1.2 Veränderung makroökonomischer Rahmenbedingungen
1.1.2.1. Globalisierung und Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen
1.1.2.2. Tendenzen der Flexibilisierung
1.1.2.3. Die Herausbildung der Wissensökonomie
1.1.2.4. Neue Technologien
1.2 Charakterisierung des Strukturwandels unter Einbeziehung makro- und mikroökonomischer Veränderungen
1.3 Der Strukturwandel und die Bedeutung für das Dienstleistungswachstum
1.4 Zusammenfassung

2. Unternehmensorientierte Dienstleistungen
2.1. Das Problem der exakten Abgrenzung unternehmensorientierter Dienstleistungen
2.1.1 Das Problem des Dienstleistungskonzeptes
2.1.2 Die Reflektion unternehmensorientierter Dienstleistungen in der statistischen Berichterstattung
2.1.3 Die Heterogenität des unternehmensorientierten Dienstleistungsbereiches
2.1.4 Die Schnittmengenproblematik
2.2 Wachstumsdeterminanten der unternehmensorientierten Dienstleistungen
2.2.1 Ein komplexeres Unternehmensumfeld
2.2.2 Wachsende Vernetzung des tertiären Sektors mit produzierenden Wirtschaftsbereichen
2.2.3 Externalisierung als Zeichen organisatorischer Neuausrichtung und zunehmender Arbeitsteilung
2.2.4 Wachsende Technologieorientierung und hoher Wissensbedarf im Dienstleistungssektor
2.2.5 Internationalisierung von Dienstleistungen

3. Das Standortmuster und die -dynamik von Dienstleistungsunternehmen in der Theorie
3.1 Die Bedeutung von Agglomerationen als Standort unternehmensorientierter Dienstleistungsunternehmen
3.2 Das innerstädtische Standortverhalten von unternehmensorientierte Dienstleistungen oder die Standortwahl von Bürobetrieben
3.2.1 Die Integration der Immobilienwirtschaft in die statische Analyse von Dienstleistungsstandorten
3.2.1.1 Die Bürostandortforschung
3.2.2 Regulative Wirkung des Bodenmarktes
3.3 Verlagerungsprozesse - Standortdynamik vs. Standortpersistenz
3.3.1 Endogene Stimuli des Verlagerungsprozesses

4. Die Standortbetrachtung Leipzigs
4.1 Die Entwicklung der Stadt Leipzig unter dem Einfluss des Strukturwandels
4.1.1 Die konjunkturelle und wirtschaftsstrukturelle Entwicklung in Leipzig
4.1.1.1 Die räumliche Dimension
4.1.2 Die Rolle der Verkehrsinfrastruktur im Strukturwandel
4.1.3 Die Bevölkerungsentwicklung in Leipzig
4.2 Der Leipziger Immobilienmarkt - Spiegel des wirtschaftlichen Strukturwandels.. 76 Exkurs: Besonderheiten des Büroimmobilienmarktes
4.2.1 Der Büromarkt in Leipzig - Ausgangssituation
4.2.2 Die Entwicklung des Leipziger Büromarktes seit der Wiedervereinigung
4.2.2.1 Der Leipziger Büromarkt im Immobilienzyklus
4.2.2.2 Die Entwicklung wichtiger Kennziffern
4.2.2.3 Fazit
4.2.3 Die Büromarktzonen in Leipzig
4.2.4 Der Struktureffekt
4.2.5 Der Sacheffekt
4.2.6 Die Rolle der Stadtentwicklungsplanung für den Büromarkt

5. Methodik und Untersuchungsdesign
5.1 Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
5.1.1 Der Untersuchungsraum
5.1.2 Die unternehmensorientierten Dienstleister in dieser Arbeit
5.2 Das Untersuchungsdesign
5.2.1 Die Vorleistungen
5.2.2 Das Fragebogendesign
5.2.3 Die Online-Befragung
5.3 Die Datenerhebung
5.4 Eine Methodenkritik

6. Das Standortverhalten der Büroflächennachfrager
6.1 Die Analyse des Standortverhaltens anhand der Vermietungsstatistik

7. Untersuchungshypothesen

8. Empirische Analyse
8.1 Strukturelle Merkmale der unternehmensorientierten Dienstleister
8.2 Die Bedeutung für den Leipziger Büromarkt
8.3 Die Standortstruktur der unternehmensorientierten Dienstleistungen in Leipzig
8.4 Die Standortdynamik der unternehmensorientierten Dienstleistungen in Leipzig
8.5 Beantwortung der Untersuchungsfragen

9. Resümee

Literaturverzeichnis

Anhang
A1 Standortbedingungen privatwirtschaftlicher Bürobetriebe
A2 Karte: Büromarktzonen Leipzig
A3 Fragenbogen der Unternehmensbefragung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Nachfrage- und Absatzhypothese der Sektorentheorie

Abb. 2: Die Rolle von Wissen im Wettbewerb

Abb. 3: Räumlich-sektorale und räumlich-hierarchische Arbeitsteilung

Abb. 4: Funktionale Zweiteilung und räumliche Arbeitsteilung im städtischen Kontext

Abb. 5: Einteilung des Dienstleistungssektors

Abb. 6: Einteilung des unternehmensorientierten Dienstleistungssektors

Abb. 7: Externalisierung mit Verschmelzung von Industrie und Dienstleistungen

Abb. 8: Wissensintensive Dienstleister als Intermediäre im Wirtschaftssystem

Abb. 9: Innerstädtische Standorttendenzen unternehmensorientierter Dienstleistungen

Abb. 10: Innerstädtische Bürostandortverlagerung im Lebenszyklus-Ansatz

Abb. 11: Modell zur Erklärung des Standortverhaltens unternehmensbezogener Büros

Abb. 12: Potential für Standortverlagerung und Standortorientierung bei Bürodienstleistungen

Abb. 13: Entwicklung der Erwerbstätigenzahlen in Leipzig nach Wirtschaftsbereichen

Abb. 14: Entwicklung unternehmensorientierter Dienstleistungsunternehmen in Leipzig 1990-

Abb. 15: Entwicklung Bruttoinlandsprodukt je Einwohner und je Erwerbstätigen in Leipzig 1994-

Abb. 16: Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen in Leipzig 1996-

Abb. 17: Bevölkerungsentwicklung in Leipzig

Abb. 18: Klassischer Immobilienzyklus

Abb. 19: Entwicklung des Leipziger Büromarktes

Abb. 20: Flächenumsatz, Fertigstellungen und Leerstandes am Büromarkt in Leipzig

Abb. 21: Differenzierung des Leerstandes nach Marktwirksamkeit

Abb. 22: Bürobeschäftigte und deren Anteil an der Gesamtbeschäftigung 2001-

Abb. 23: Zentrenstruktur in Leipzig nach FNP

Abb. 24: Gliederung Stadtgebiet in City, Cityrand, Innenstadtrand und Stadtrand

Abb. 25: Büroflächenumsatz nach Branchengruppen 2001-

Abb. 26: Flächenumsatz nach Stadtlagen (*Summe aus Innenstadtrand + Außenbereich)

Abb. 27: Flächenumsatz und Anzahl der Vermietungsfälle nach Bürogrößenklassen 2002-

Abb. 28: Standortorientierung der Anmietungsfälle nach Motiv, Verteilung in %

Abb. 29: Differenzierung der Anmietungsmotive nach dabei realisiertem Büroflächenverbrauch

Abb. 30: Branchenzusammensetzung der Stichprobe

Abb. 31: Firmenstatus

Abb. 32: Firmenstatus nach Branchen

Abb. 33: Unternehmensgrößenklassen

Abb. 34: Firmenstatus und Unternehmensgröße

Abb. 35: Stärke Absatzorientierung auf Unternehmen

Abb. 36: Absatzmarkt Leipzig

Abb. 37: Absatzmarkt Westdeutschland

Abb. 38: Wissensintensität nach Unternehmensgröße

Abb. 39: Standardisierungs-/ Spezialisierungsgrad der Dienstleistung

Abb. 40: Markteintritt und Leipziger Büromarktphasen

Abb. 41: Büroflächennachfrage der unternehmensorientierten Dienstleistungen in Leipzig

Abb. 42: Bürogrößenverbrauch nach Branchen

Abb. 43: Büroflächenverbrauch je Bürobeschäftigten nach Branchen (in m² BGF/ pro Kopf)

Abb. 44: Verteilung der unternehmensorientierten Dienstleister nach Betriebsstatus auf Stadtlagen

Abb. 45: Präferenzräume der unternehmensorientierten Büroflächennachfrager in Leipzig

Abb. 46: Branchenverteilung auf Lagekategorien in Leipzig

Abb. 47: Betriebstypen von unternehmensorientierten Dienstleistungsbüros im Citykern Leipzigs

Abb. 48: Standortfaktoren der Makrolage: Präferenz- und Zufriedenheitsmessung

Abb. 49: Standortfaktoren der Mikrolage: Präferenz- und Zufriedenheitsmessung

Abb. 50: Objektfaktoren: Präferenz- und Zufriedenheitsmessung

Abb. 51: Bedeutung ausgewählter Faktoren der Makrolage nach Stadtlagen

Abb. 52: Bedeutung ausgewählter Objektfaktoren nach Stadtlagen

Abb. 53: Bedeutung ausgewählter Faktoren der Mikrolage nach Stadtlagen

Abb. 54: Rolle privater Interessen bzw. Präferenzen bei der letzten Standortwahl

Abb. 55: Verlagerungshäufigkeit und durchschnittliche Standortpersistenz je Standort

Abb. 56: Verlagerungshäufigkeit nach Markteintrittsphasen

Abb. 57: Häufigkeit aktueller Verlagerungspläne am Leipziger Büromarkt

Abb. 58: Gründe für Verlagerung .

Tabellenverzeichnis

Tab.1: Branchen der unternehmensorientierten Dienstleistungen

Tab.2: Branchen der wissensintensiven unternehmensorientierten Dienstleistungen

Tab.3: Schnittmenge quartärer und unternehmensorientierter Dienstleistungen

Tab.4: Abgrenzung Kultur- und Kreativwirtschaft, Schnittmenge mit dem unternehmensorientierten Dienstleistungsbereich

Tab.5: Bestand und Struktur des Büroflächenangebotes in Leipzig

Tab.6: Benennung und Einteilung der Büromarktzonen Leipzigs nach Stadtlagen

Tab.7: Berechnung selbständiger Bürobeschäftigter in Leipzig 2001-

Tab.8: Berechnung verbeamteter Bürobeschäftigter in Leipzig 2001-

Tab.9: Berechnung Bürobeschäftigenbestand in Leipzig 2001-

Tab.10: Übersicht der für die Büroflächennachfrage relevanten unternehmensorientierten Dienstleistungen

Einleitung und Zielstellung

Im Zuge der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen haben Wissen und Information sowie deren Verarbeitung immer stärker an Bedeutung gewonnen. Auch im 21. Jahrhundert werden beide Produktionsfaktoren Triebkräfte des künftigen wirtschaftlichen Fortschritts darstellen, dabei eine Zeitwende einleitend, die vergleichbar mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert ist. Im Rahmen dieses Umwälzungsprozesses haben Großstädte einen unschätzbaren Standortvorteil gegenüber peripheren Regionen. Dort existieren die Voraussetzungen, die dazu führen, dass sich Träger und Produzenten von Wissen und Informationen in den Großstädten konzentrieren. Dort werden die Rohstoffe der Wissens- und Informationsgesellschaft geschaffen, aufgenommen und in branchenübergreifender Kooperation in Produkte, Verfahren und Dienstleistungen umgesetzt.

Dienstleistungen spielen in diesem Kontext eine große Rolle, nicht umsonst ist der technologische Wandel in der Wirtschaft gleichbedeutend mit zunehmender Tertiärisierung. Grund dafür ist zum einen das Entstehen neuartiger Tätigkeiten. Das äußert sich in der Bedeutungszunahme sowohl der selbständigen als auch der unternehmensorientierten Dienstleistungen. Zum anderen werden aufgrund nachfrageseitiger Veränderungen mehr Dienstleistungen nachgefragt. Dieses Potential entstammt insbesondere der organisatorischen und räumlichen Umgestaltung wirtschaftlicher Tätigkeiten, her- vorgerufen durch flexible Spezialisierung, zunehmende Arbeitsteilung und intersektorale Verflechtun- gen. In diesem immer komplexer werdenden Wirtschaftskreislauf werden unternehmensorientierte Dienstleistungen immer wichtiger. Durch ihren Beitrag ist nachhaltig erfolgreiches Wirtschaften mög- lich. Insbesondere der sekundäre Sektor, der stärker von Rationalisierungseffekten betroffen ist, muss auf die wachsende Zahl unternehmensorientierter Dienstleistungen zurückgreifen können. Die unter- nehmensorientierten Dienstleistungen sind daher ein wesentlicher Baustein der regionalen bzw. urba- nen Wirtschaftsstruktur, die für den nachhaltigen Erfolg einer Region unverzichtbar sind. Sie wirken nicht nur direkt auf unternehmerische Wertschöpfung sowie den Arbeitsmarkt, sondern induzieren darüber hinaus Multiplikatoreffekte bei ihren Kunden.

In dieser Arbeit stehen die unternehmensorientierte Dienstleistungsunternehmen in der Stadt Leipzig im Mittelpunkt. Es geht aber nicht nur um die ökonomische Relevanz dieses Segmentes, vielmehr zielt die Arbeit auf deren Raumwirksamkeit ab. Unternehmensorientierte Dienstleistungen erbringen, ge- mäß ihrem üblichen Tätigkeitsmuster, einen Großteil ihrer Leistungen innerhalb von Büroräumen. Sie sind damit ein Teilnehmer dieses speziellen Ausschnittes eines urbanen Immobilienmarktes. Unter- nehmensorientierte Dienstleister können sich den Eigenheiten eines Büroimmobilienmarktes nicht entziehen und sind gezwungen mit wandelnden Standortbedingungen zu Recht zu kommen. Gleichzei- tig erfüllen sich auf diesem Markt die physischen und metaphysischen Bedingungen, die sie für ihre Geschäftstätigkeit benötigen. Der Büromarkt Leipzig hat sich hierfür angeboten, da zum einen die Dynamik dieses Immobilienmarktes nach der Wiedervereinigung ohne Vergleiche ist und zum ande- ren die unternehmensorientierten Dienstleister hier die stärkste Nachfragegruppe darstellen. Es geht nicht nur darum, die Standortstruktur im Rahmen einer statischen Analyse zu begreifen, sondern auch die aktuelle Dynamik der unternehmensorientierten Dienstleister zu erfassen. Deshalb stand auch der Mobilitäts- bzw. Verlagerungsprozess derartiger Dienste im Fokus.

Bevor es konkret an die Analyse geht, setzt die Arbeit auf eine einführende Vorstellung der global wirkenden Prozesse, die den Strukturwandel ausgelöst haben und weiterhin vorantreiben. Ein Prozess ist besonders für das Wachstum der unternehmensorientierten Dienstleistungen relevant: die Tertiärisierung. In Kombination mit anderen „Megatrends“ hat sie tief greifende sozio-ökonomische Veränderungen in Gang gesetzt, durch die die unternehmensorientierten Dienstleistungen ihre heutige Stellung im Wirtschaftskreislauf erreichen konnten (Kapitel 1). Die unternehmensorientierten Dienst- leistungen, dass wird Kapital 2 zeigen, sind ein äußerst heterogen zusammengesetztes Branchenkon- glomerat, dass es gilt zu erfassen. Weniger das Problem der begrifflichen Unschärfe, dass das Kon strukt Dienstleistung mit sich bringt, sondern die Abgrenzung gegenüber anderen sich entwickelnden Forschungszweigen steht im Mittelpunkt. Die Literaturrecherche ist sehr unübersichtlich und verwirrt angesichts der Fülle an Definitionen und Branchenzusammensetzungen. Ein weiterer Schwerpunkt des zweiten Kapitels ist die Darstellung der konkreten Ursachen für das Wachstum der unternehmensori- entierten Dienstleistungen.

Im Anschluss daran werden im Kapitel 3 die theoretischen Voraussetzungen und Grundlagen zum Verständnis der empirischen Analyse geschaffen. Im Mittelpunkt stehen die Fragen nach der Makro- standortwahl sowie das Verhalten im Stadtgebiet selbst. Der Fokus ist auf Letzteres, die Mirkostandortwahl gerichtet. Es muss hinterfragt werden, warum unternehmensorientierte Dienstleis- ter in vergleichbaren Raumkategorien ähnliche Standortstrukturen ausbilden, wie sie dieses durch ihr eigenes Mobilitätsverhalten definieren bzw. verändern. Kapitel 4 widmet sich dem Raumbeispiel Leipzig, wobei der Büromarktanalyse noch die wirtschaftsstrukturelle vorausgeht. Die Untersuchung des unternehmensorientierten Dienstleistungsangebotes in der Stadt Leipzig ist aufgrund deren Bedeu- tung wegweisend für die Wettbewerbsfähigkeit, deren Attraktivität und deren Positionierung im inter- regionaler und internationalen Standort- und Regionenwettbewerb. Anschließend wird die Untersu- chungsmethodik erklärt und der Untersuchungsgegenstand sachlich wie räumlich eingegrenzt (Kapitel 5). Bevor die Analyse der mittels einer Unternehmensbefragung erhobenen Daten erfolgt, ist der Autor in Kapitel 7 bestrebt aus verfügbarer Sekundärstatistik erste wichtige Indizien und Hinweise zur Standortstruktur und -dynamik von unternehmensorientierten Dienstleistern zu gewinnen. Im explorativen Teil der Arbeit (Kapitel 8) werden die Ergebnisse der Befragung analysiert und zur Klärung der Leitfragen (Kapitel 6) beitragen. Ein Resümee schließt die Arbeit ab.

1. Theorie der Dienstleistungen

Die Volkswirtschaften der führenden Wirtschaftsnationen haben in den vergangenen Jahrzehnten den Weg in Richtung einer Dienstleistungsgesellschaft eingeschlagen, der auch in Zukunft trotz Weiter- und Neuentwicklung von Technologien weiter beschritten werden wird. Dieser Prozess basiert auf einem durchgreifenden wirtschaftlichen Strukturwandel zugunsten des Dienstleistungssektors, der zu Lasten traditioneller, den vormals wichtigsten Bestandteilen der Wirtschaft - Landwirtschaft, Bergbau und Industrie - geht. Durch diese makroökonomischen Umwälzungen wird der wirtschaftlichen Be- deutung von Dienstleistungen seit etwa den 1930er Jahren viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Dies, obwohl volkswirtschaftlich betrachtet die Produktion von Dienstleistungen im Wirtschaftskreislauf schon existiert, seit Marktteilnehmer von der Subsistenzwirtschaft zur Bedarfsdeckung anderer Wirt- schaftssubjekte übergegangen sind. Dienstleistungen wurden traditionell vernachlässigt oder nur ab- wertend bzw. als Residualgröße betrachtet, da nicht wie im Agrar- und Industriesektor Sachgüter her- gestellt werden. Denn als produktiv wurden nur solche Arbeiten anerkannt, an deren Ende produzierte Waren stehen, die man erwerben bzw. verkaufen konnte.

Der Antrieb für die wachsende Reflektierung der Dienstleistung in der wissenschaftlichen Theorie ist die bis heute steigende Bedeutung dieser im Wirtschaftsalltag. Dieser Bedeutungszuwachs ist volks- wirtschaftlich äußerst dramatisch, da er gleichbedeutend mit dem Erreichen einer neuen Entwick- lungsstufe einer Volkswirtschaft ist, der Dienstleistungsgesellschaft. Die dieser Entwicklung zugrunde liegenden Prozesse und Veränderungen sind vielschichtig und wirken langfristig. Sie entstammen der Interdependenz von ökonomischen, demographischen, sozialen und politischen Größen.

Das folgende Kapitel hat zum Ziel, den Wandel der globalen Rahmenbedingungen zu skizzieren in dessen „Schatten“ sich die unternehmensorientierten Dienstleistungen haben entwickeln können. Dazu erfolgt in Punkt 1.1 die separate Einführung in diese „ Megatrends “, die anschließend zusammengeführt werden (1.2). Im Anschluss daran wird die Rolle des Strukturwandels für das Dienstleistungswachstum herausgestellt, bevor in 1.4 ein Fazit gezogen wird.

1.1 Gesamtwirtschaftler Wandel und Rolle der Dienstleistungen

Der Weg einer Volkswirtschaft in die Dienstleistungsgesellschaft ist nichts Ungewöhnliches, sondern spiegelt den normalen Reifeprozess einer Volkswirtschaft wider1. Volkswirtschaften durchlaufen lang- fristig mehrere Entwicklungsphasen, da volkswirtschaftliche Wachstumsfaktoren dynamisch sind2. Mehrere Ansätze bzw. Theorien widmen sich den Veränderungen von Wirtschaftsstruktur oder deren Teilbereichen. Laut Corsten (1990, S. 1) haben Zyklen-, Stufen- und Sektorentheorien das gleiche Ziel: die Bestimmungsgründe für strukturelle Veränderungen zu erfassen und zu beschreiben.

Die Zyklentheorie basiert auf einer eher intrasektoralen Perspektive, die in ein Konzept langfristiger gesamtwirtschaftlicher Entwicklung überführt wird. Ausgangspunkt sind die sog. Basisinnovationen, die Auslöser einer gesamtwirtschaftlichen Krise sind, da sie die traditionellen Kombinationen (d.h. Technologien und Produkte) vom Markt verdrängen. Wirtschaftliche Integration und gesellschaftliche Akzeptanz neuer Kombinationen ergeben im zweiten Schritt neue Wachstumspotenziale, die die volkswirtschaftlichen Verluste des vorangegangenen Abschwungs (über)kompensieren. Die Basisin- novationen sind im Wesentlichen als sektorspezifisch zu charakterisieren, da sie primär durch eine bis wenige Branchen wirkte. Durch die arbeitsteilige Verflechtung ergriffen in der Abschwungphase die Rezessionserscheinungen auch andere Branchen. Gleichwohl sorgte die gesamtwirtschaftliche Vernet- zung auch für das Übergreifen der Fortschritte mitsamt den Multiplikatoreffekten auf andere Sektoren und ermöglichte somit den darauf folgenden gesamtwirtschaftlichen Aufschwung und letztendlich auch den Bedeutungswandel der einzelnen Sektoren zueinander, der typisch für den intersektoralen Strukturwandel sind. Das Aneinanderreihen mehrerer solcher Auf- und Abschwungphasen aufgrund der Implementierung mehrerer neuer (Haupt)Technologien bildet den schematischen Ablauf der Kondratieff-Wellen. Diese sind Symbol der in dieser Theorie vertretenen Ansicht, dass aus der rich- tungweisenden Abkehr von bisher üblichen Technologien und Arbeitsweisen neben zyklischen Kon- junkturschwankungen auch intersektorale Strukturveränderungen auftreten. Der Verdienst der Zyklentheorien ist nicht in der grundlegenden Darlegung des intersektoralen Strukturwandels zu se- hen, sondern erstens in der Implementierung des technologischen Wandels in die Theorie zur wirt- schaftlich-gesellschaftlichen Entwicklung sowie zweitens der Feststellung, dass Innovationen im Rahmen dessen eine bedeutsame Rolle spielen. Auch andere Kritikpunkte lassen das Fazit zu, dass die Theorie nicht vorbehaltlos zur Erklärung des gesamtwirtschaftlichen Strukturwandels herangezogen werden kann3.

Stufen- und Sektorentheorie ähneln sich in ihren Grundaussagen. Schätzl (2003, S. 174) sieht die Sektortheorie auch „nur“ als eine interessante Variante der Stufentheorie. Beide haben das Ziel allge- mein gültige Aussagen zum Entwicklungspfad einer Volkswirtschaft auf Basis historisch-deskriptiver Beobachtungen zu treffen. Die Wirtschaftstufentheorie vertritt die Grundaussage, dass Volkswirt- schaften im Zeitverlauf im Sinne einer evolutionären Weiterentwicklung verschiedene Wachstumsstu- fen durchlaufen bzw. erreichen. Jede dieser Stufen wird dominiert von bestimmten Produktionssekto- ren und -techniken. Wie und wann der Übergang von einer auf die nächste Stufe stattfindet bzw. die Verweilzeit auf einer Stufe beträgt, ist abhängig vom Einfluss des Menschen sowie der Kombination räumlicher, zeitlicher und sachlicher Kriterien. Die Endstufe ist dann erreicht, wenn der Dienstleis- tungssektor dominiert. Rostow (1960), der die aktuellste wirtschaftliche Diskussion über den Stufen- begriff ausgelöst hatte, nennt diese letzte Stufe, das „Zeitalter des Massenkonsums“. Diese Stufe kann aus heutiger Sicht nicht als das maximal anzustrebende Entwicklungsniveau angesehen werden, da einige grundlegende Charakteristika dieser Wirtschaftstufe nicht (mehr) zeitgemäß sind4. Einen Bei- trag zur Prognose der ökonomischen Weiterentwicklung von bereits hoch entwickelten Volkswirt- schaften ist hier nicht mehr zu erwarten. Als Beitrag zur Beschreibung von Entwicklungspfaden in Schwellenländern oder noch mehr in Entwicklungsländern kann sie womöglich noch beitragen, ob- wohl der Theorie die generelle Kritik der fehlenden Integration der Ursachen zur Erklärung der jewei- ligen Entwicklung anhaftet5.

Die Sektorentheorie, bzw. deren bekanntester Ansatz die „Drei-Sektoren-Theorie“ gilt heute als das am weitesten verbreitete Modell zur Beschreibung des intersektoralen Strukturwandels. Die Theorie hat ihren Namen aus der Ordnung der ökonomischen Aktivitäten bzw. der volkswirtschaftlichen Pro- duktion in drei Wirtschaftssektoren: den primären, sekundären und tertiären Sektor. Der Ursprung des Ansatzes basiert auf Beobachtungen von Fisher, Clark und Fourastie, den drei Hauptvertretern dieser Theorie. Sie zeigten, dass die zum tertiären Sektor gehörenden Aktivitäten einen weitaus bedeutende- ren Anteil an der Gesamtbeschäftigung und der Wertschöpfung besitzen, und damit auch am Pro- Kopf- bzw. Volkseinkommen, als gemeinhin angenommen worden ist. Es wird eine korrelative Ver- bindung zwischen dem Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft (gemessen an Pro-Kopf-Einkommen bzw. Volkseinkommen) und den Wirtschaftssektoren unterstellt. Eine Volkswirtschaft ist umso entwi- ckelter, je stärker die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des tertiären Sektors ist. Hinter dieser Annah- me verbirgt sich die Vorstellung von einem typischen, zwangsläufig eintretenden Strukturänderungs muster, das die Verlagerung des Produktions- und Beschäftigungsschwergewichts der Wirtschaftstä- tigkeit vom primären über den sekundären hin zum tertiären Sektor zeigt. Nach Fourastie verläuft dieses Muster in drei Phasen, in denen sich Volkswirtschaften vom ursprünglichen, als agrarischen Zustand (primäre Zivilisation) bezeichneten Ausgangspunkt über eine Übergangsphase (Industrialisie- rungsphase) bis zum Zustand, den er als tertiäre Zivilisation bezeichnet, weiterentwickeln6. Die Ursachen für die Verschiebung der sektoralen Produktions- und Beschäftigungsanteile als Auslö- ser für den gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel sind in nachfrage- (Nachfragehypothese) und ange- botsseitigen (Angebotshypothese) Wirkungsmechanismen zu sehen7. Auslöser dieser Wirkungszu- sammenhänge sind Veränderungen der Faktoren, die für die Abgrenzung der Sektoren gegeneinander genutzt werden8. Während die Nachfragehypothese mithilfe der Einkommenselastizität der Nachfrage argumentiert, nutzt die Angebotshypothese das Kriterium des technischen Fortschritts zur Begründung der Tertiärisierungstendenzen von Volkswirtschaften (vgl. Abb. 1).

Die Nachfragehypothese geht davon aus, dass sich mit zunehmender Erhöhung des Pro-Kopf- Ein- kommens das Nachfrageverhalten der Konsumenten verändert. Gemäß den Untersuchungen von En- gel9 führt gestiegenes Einkommen zu Veränderungen der Bedürfnisstruktur, und zwar derart, dass die Nachfrage nach Dienstleistungen stärker steigt als nach Lebensmitteln und Industriewaren. Die Nach- frage nach Lebensmitteln wird durch eine niedrige Einkommenselastizität, die Nachfrage nach Dienst- leistungen durch eine hohe Einkommenselastizität charakterisiert. Die Produktion wie auch die Be- schäftigung im primären und sekundären Sektor können annahmegemäß ab einem bestimmten Ein- kommensniveau nicht mehr mit dem Einkommensanstieg mithalten, da in der Bevölkerung eine Sätti- gungstendenz bei diesen Gütern einsetzt. Die Grundbedarfsgüterproduktion trifft bei steigendem Ein- kommen nur noch auf eine unterproportional wachsende Nachfrage. Die Nachfrage nach höherwerti- gen Gütern und Dienstleistungen wächst mit steigendem Einkommen dagegen überproportional. Dem- entsprechend sinkt deren volkswirtschaftliche Bedeutung, während der tertiäre Sektor parallel dazu weiter wächst. Die Produktions- und Beschäftigungsstrukturen werden infolgedessen im Zeitablauf zugunsten des tertiären Sektors umgestellt.

Der Kerngedanke der Angebotshypothese beruht auf sektoral differenzierten Produktivitätsentwick- lungen, die im weiteren Verlauf zu Verschiebungen der Beschäftigtenstruktur führen. Die These be- gründet Fourasties Prognose von einer Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft. Es wird ange- nommen, dass die Zuwachsrate der Produktivität im primären Sektor kleiner als im sekundären Sektor, bei beiden aber dennoch jeweils höher als im tertiären Sektor ist. Dieser wiederum ist gekennzeichnet durch eine hohe Arbeitsintensität bei einer nur geringen und wenig steigerungsfähigen Arbeitsproduk- tivität. Im Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung kommt es infolge von Produktivitätsfortschritten im primären Sektor zur Verschiebung von freien Arbeitskräften in den sekundären Sektor. Die hohen Wachstumsraten in diesem Sektor lassen irgendwann auch hier die Kapazitätsgrenze der Beschäfti- gung erreichen. Da der technische Fortschritt im tertiären Sektor nicht so stark zum Zuge kommt10, bleibt dieser arbeitsintensiv bzw. benötigt infolge des Nachfragewachstums nach tertiären Gütern und Diensten durch wachsendes Einkommen (siehe Nachfragehypothese) weitere Arbeitskräfte. Somit wandelt sich auch die Beschäftigtenstruktur in der Volkswirtschaft, da immer mehr im sekundären Sektor freigesetzte Arbeitskräfte in den tertiären Bereich wechseln.

Beide Hypothesen müssen im Zusammenhang gesehen werden. Der technische Fortschritt ermöglicht die Weiterentwicklung der Wirtschaft sowie neue Produktions- und Beschäftigungspotentiale durch Erweiterung der Kapazitätsgrenzen. Erst dadurch ist es möglich auch ein steigendes Pro-Kopf- Einkommen zu generieren. Im weiteren Verlauf unterliegt die Wirtschaft dann diesem intersektoralen Strukturwandel, der in der Dominanz des tertiären Sektors mündet. Dieser Prozess wird als Terti ä risierung bezeichnet und ist Teil eines globalen Entwicklungsprozesses hin zu einer veränderten Arbeitsteilung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Nachfrage- und Absatzhypothese der Sektorentheorie zur Erklärung des Dienstleistungswachstums Quelle: Allbach, 1989, S. 25.

Gemessen an der heutigen Realität haben sich einige Aussagen der Drei-Sektoren-Theorie bestätigt. Die im „Fisher-Clark-Schema“11 und in den Theorien von Fourastie modellhaft skizzierte Entwicklung von einem agrarisch über einen industriell geprägten hin zu einem Staat, deren Produktions- und Be- schäftigungsstruktur stark durch den tertiären Sektor geprägt ist, sind eine Reihe von Industrieländern gefolgt. Die von Fisher (1933, 1939) initiierte, von seinem Schüler Clark (1940) weitergeführte und unabhängig davon von Fourastie (1949) nochmals vertiefte Auseinandersetzung mit dem Konstrukt Dienstleistungen im Rahmen des wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozess in Volkswirtschaften hat den Rahmen für nachfolgende wissenschaftliche Arbeiten zum Thema gesteckt12. Deren sektorale Einteilung bildet immer noch das übliche Grundgerüst intersektoraler Statistiken.

Trotz der theoretischen Kongruenz mit realen Entwicklungen ist die Theorie nicht frei von Kritik13. Mittlerweile sind sogar Theorieinhalte partiell widerlegt worden. Die Hoffnung Fourasties, mit der Tertiärisierung einen Ausweg aus der zunehmenden Arbeitslosigkeit gefunden zu haben14, hat sich bis heute nicht bewahrheitet. Die Drei-Sektoren-Theorie leidet aber keineswegs unter den nicht eingetretenen Prognosen von Fourastie, es sind vor allem Kritiken am gedanklichen Grundgerüst, die die Theorie zunehmend in Frage stellen. Dazu zählt beispielsweise die unzureichend klare Definition bzw. Abgrenzung der Sektoren oder die eines in sich homogenen tertiären Sektors15. Dieser Mangel lässt großen Spielraum für subjektive, bedarfskonforme Festlegungen und erschwert die Vergleichbarkeit. Zudem bleiben in der globalen Betrachtungsweise der Drei-Sektoren-Theorie intersektorale Verflechtungen sowie intrasektorale Strukturveränderungen, die als wichtige Triebkräfte des gesamtwirtschaftlichen Strukturwandels fungieren, unberücksichtigt. Parallel dazu erweisen sich die in der Theorie angenommenen Fundamente des tertiären Sektors (hohe Einkommenselastizität der Nachfrage sowie konstant geringe Produktivitätsentwicklung) zunehmend als haltlos16.

1.1.2 Veränderung makroökonomischer Rahmenbedingungen

Die wirtschaftliche wie gesellschaftliche Entwicklung der Industrienationen ist im 20. Jh. von sehr tief greifenden Prozessen begleitet worden. In dieser Zeit haben nicht wenige Regionen einen wirtschaftli- chen Aufschwung, Abschwung oder sogar beides erlebt. Welchen Stand Regionen in diesem Prozess einnahmen, hing lange Zeit von den ihr innewohnenden Potentialen sowie der Fähigkeit diese zu nut- zen, ab.

Beginnend in den 1960er und dann insbesondere in den 1970er Jahren, sind Prozesse ins Rollen gera- ten, die die Perspektiven zukünftiger wirtschaftlicher sowie gesellschaftlicher Entwicklung neu defi- nierten. Damals eingeleitet wurde die Wandlung der Industriegesellschaft hin zu einer postindustriel- len Gesellschaft. Der Bezeichnung folgend, scheinen also dominierende sektorale Gegebenheiten prä- gend zu sein, passt doch der Wandel zur postindustriellen Gesellschaft in etwa mit der Übernahme des tertiären Sektors als wirtschaftstruktureller Leitsektor überein (siehe Tabelle 1). Wie das folgende Kapitel zeigen wird, kann der Begriff Postindustrialismus nicht nur mit der Dominanz des tertiären Sektors gleichgesetzt werden.

1.1.2.1. Globalisierung und Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen

Die OECD definiert die Globalisierung als einen „Prozess, durch den Märkte und Produktion in verschiedenen Ländern immer mehr voneinander abhängig werden - dank der Dynamik des Handels mit Gütern und Dienstleistungen und durch die Bewegung von Kapital und Technologie“17. Die diesen Prozess charakterisierende weltweite Vernetzung von Güter-, Dienstleistungs- und Finanzmärkten beruht nach Lammers (1999, S. 11) auf drei wesentlichen Ursachen:

(1) stark wachsende privatwirtschaftliche Spielräume im Zuge von Deregulierungen nationaler Märkte und Privatisierung ehem. Staatsunternehmen;
(2) Herstellung der institutionellen Voraussetzungen für einen funktionierenden internationa- len Faktoraustausch durch Schaffung nationalstaatliche Grenzen überschreitende Integrations- räume. Diese Liberalisierung entstammt bi- und multilateralen Absprachen sowie der Etablie- rung internationaler Institutionen (u.a. IWF und die Weltbank), die für die Mitgliedsstaaten einheitliche Rahmenbedingungen schufen und zum Abbau von Interaktionshemmnissen bei- trugen; tums sollten die wachsenden Nachfrage der Privathaushalte nach konsumentenorientierten Dienstleistungen sowie die konstant hohe Arbeitsintensität infolge der hohen Rationalisierungsresistenz tertiärer Dienste sein.
(3) enorme Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Transport- und Kommunikationssysteme durch den technischen Fortschritt. Der Austausch von Waren, Dienstleistungen sowie Wissen über nationale Grenzen hinweg wurde sehr viel kostengünstiger und in manchen Fällen über- haupt erst möglich. Den Unternehmen, die zuvor aufgrund der finanziellen Belastungen durch Transport und Interaktion nicht an einem Auslandsengagement interessiert waren, ergab sich die Chance durch ein Auslandsengagement ihren Unternehmenszielen näher zu kommen, als es die Konzentration auf dem heimischen Markt möglich macht. Die Entwicklung der auslän- dischen Direktinvestitionen (ADI), einem Indikator für internationale Interaktionen, zeigt seit- dem auch einen signifikant Anstieg18.

Der Globalisierungsprozess ist zwingend mit der räumlichen Ebene verbunden. Durch die stark ge- sunkenen Kosten der Raumüberwindung für Güter und Dienstleistungen, aber vor allem für Produkti- onsfaktoren, können immer mehr Unternehmen, Branchen und Staaten an diesem Verflechtungspro- zess teilhaben. Immer mehr Regionen haben somit die Möglichkeit sich ihren Platz im zunehmenden Wettbewerb der Regionen um mobile Produktionsfaktoren zu finden. Die räumliche Arbeitsteilung wird dadurch intensiviert19, der Wertschöpfungsprozess in den Unternehmen gleichzeitig immer kom- plexer. Diesen veränderten ökonomischen, technologischen und institutionellen Rahmenbedingungen müssen Unternehmen und Regionen entsprechend begegnen, um im wachsenden Wettbewerb nicht auf der Strecke zu bleiben. Durch die Globalisierung geht der Distanzschutz gegenüber anderen Un- ternehmen bzw. Regionen zusehends verloren, sie akzentuiert die Vor- und Nachteile der Unterneh- men und Regionen. Auf diesen wachsenden Anpassungsdruck an neue Gegebenheiten im unternehme- rischen bzw. regionalen Umfeld muss reagiert werden20, um die einer stärkeren wirtschaftlichen Öff- nung inhärenten Chancen besser nutzen bzw. den Risiken besser entgegen treten zu können.

1.1.2.2. Tendenzen der Flexibilisierung

Die Flexibilisierung ist ein ökonomisch-gesellschaftlicher Prozess und hatte ihren Ursprung Ende der 1960er/ Anfang der 1970er Jahre, als sich altindustrialisierte Regionen nach einer Prosperitätsphase in den ökonomischen und gesellschaftlichen Zwängen der Fordismuskrise wieder fanden. Diese Krise war gekennzeichnet durch wirtschaftliche Stagnation, Massenarbeitslosigkeit und Deindustrialisierungstendenzen21. Die Gründe, die diese Krise eingeleitet haben, liegen in ökonomischen, technischen und gesellschaftlich-institutionellen Defiziten des fordistischen Akkumulationsregimes und der Regulationsweise.

Die Starrheit des fordistischen Produktionsmodells, das „auf Großserienfertigung und Massenabsatz standardisierter Produkte ausgerichtet war“22, machte eine schnelle Reaktion auf sich immer schneller wandelnde Konsumentenwünsche und kürzere Produktzyklen unmöglich. Auch externe Veränderun gen haben den einzel- und gesamtwirtschaftlichen Veränderungsprozess eingeleitet. Wesentlich hier- bei ist die verstärkte räumliche Arbeitsteilung im Zuge der Globalisierung. Dadurch fallen Nachteile hoch industrialisierter Länder bei der Produktion stärker ins Gewicht. Die internationale Konkurrenz- fähigkeit bei der Massenproduktion verwitterte zunehmend, da sie bei Fertigung standardisierter Pro- dukte bzw. arbeitsintensiver Produktteile komparative Kostennachteile gegenüber anderen Ländern aufwiesen23. Umso bedeutender dieser Faktor für Unternehmen ist, desto eher reagieren diese darauf (u.a. durch Standortverlagerungen).

Das Zusammenspiel dieser Ursachen hat die Absatzmärkte zunehmend volatiler gemacht. Um wett- bewerbsfähig zu bleiben, musste der zunehmenden Konsumentensouveränität, der wachsenden Seg- mentierung des Absatzmarktes24 sowie den drastisch verkürzten Produktlebenszyklen von Seiten der Produzenten begegnet werden. Die Fordismuskrise konnte also nur überwunden werden, wenn grund- legende Veränderungen der Produktionsstrukturen und des politischen Koordinationsmechanismus möglich sein würden. Der Tenor der Regulationstheoretiker ist, dass ein Übergang zu flexiblen Struk- turen das Dilemma des fordistischen Entwicklungszusammenhanges überwinden kann. Die damit propagierte Etablierung einer flexiblen Denkweise in Wirtschaft und Politik kommt den Regulations- theoretikern zur Folge einer strukturellen Neuorientierung und damit dem Übergang zu einer neuen Entwicklungsphase, dem Postfordismus, gleich25. Dieser Bruch in der Entwicklung kapitalistischer Länder ist gekennzeichnet von einem Übergang der stetigen Akkumulation auf hohem Wachstumsni- veau im Fordismus hin zu einer Phase des stark reduzierter Wachstumsraten und unstetiger Akkumu- lationsdynamik in der nachfordistischen Arä, die bis heute anhält26. Die Phase des Postfordismus wird daher auch als Phase der flexiblen Akkumulation bezeichnet, in der flexible Technologien, flexible Arbeits- und Produktionsprozesse sowie individualisierte Konsumnormen und ungewisse Nachfrage- verhältnisse prägend sein werden. Sämtliche Glieder der Produktionskette27 wurden mit neuen Prozes- sen und Rahmenbedingungen konfrontiert und müssen dementsprechend reagieren. Da sich diese Glieder überschneiden und durch Kommunikations- und Abstimmungsprozesse eng miteinander ver- bunden sind, wirken Einflüsse meist auf mehrere Abschnitte dieser Kette gleichzeitig. Dadurch wer- den die Flexibilisierungstendenzen auch wirtschaftsgeographisch interessant, da durch sie Investiti- onsentscheidungen und Verflechtungsbeziehungen bestimmt werden, die großen Einfluss auf räumli- che Arbeitsteilung und sich daran anpassende unternehmerische Standortstrukturen haben28.

Die Flexibilisierung selbst äußert sich einerseits in dem Übergang zu flexiblen Produktionsmodellen auf Basis neuer Technologien und veränderten Managementstrategien (1) sowie andererseits in der Herausbildung einer neuen Regulationsweise (2), die das neue makroökonomische Entwicklungsmus- ter begleitet.

(1) Die Flexibilisierung im Bereich des Akkumulationsregimes hat verschiedene Gesichter29. Der Einsatz neuer Technologien in Form von Computer-, Informations- und Kommunikations technologien in den Produktionsprozessen bricht die Beschränktheit der standardisierten, fordistischen Produktionsstruktur auf. Durch Programmierbarkeit von Maschinen und Anlagen ergeben sich viele neue Möglichkeiten30. Bathelt (1996) weist aber darauf hin, das nicht allein durch technische Flexibilisierungen positive Wirkungen für das Unternehmen möglich sind. Ihre volle Tragweite erreichen sie erst, wenn „ein durchgängiger Einsatz flexibler Maschinen und Anlagen mit technisch-organisatorischen Maßnahmen zur funktionalen Integration der Arbeits- und Produktionsprozesse einhergeht“31. Eine weitere interne Form der Flexibilisie- rung ist die des Arbeitsmarktes, die Veränderungen der Arbeitsorganisation und der Arbeits- teilung beinhaltet. Man unterscheidet hier zwei Gruppen, die numerische und die funktionale Flexibilisierung, wobei erstgenannte für arbeitsorganisatorische Veränderungen und letztge- nannte für neuere Modelle der Arbeitsteilung stehen. Die externe Flexibilisierung betrifft demgegenüber Veränderungen der Unternehmensumwelt und die Anpassung des Unterneh- mens an die neuen Gegebenheiten. Dies betrifft insbesondere die Veränderungen der Verflech- tungs- und Organisationsbeziehungen eines Unternehmens. Ein klassisches Beispiel dieser Flexibilisierungsform ist die Verschlankung des Unternehmens (lean management) bzw. die Verringerung der Fertigungstiefe32. Das vormals starr organisierte und vertikal integrierte Un- ternehmen wird zu Gunsten eines flexiblen Unternehmensnetzwerkes aufgelöst33. Hierzu ge- hören auch die Entscheidungen, welche Produktsschritte im Kernunternehmen verrichtet, wel- che an andere Unternehmen ausgelagert und welche für die Produkterstellung hinzugekauft werden (make-or-buy-Entscheidung). Die Internationalisierung und die Kapitalakkumulation im Unternehmen selbst ermöglicht die räumliche Aufgliederung von Betriebsteilen und Unter- nehmensfunktionen und führt zu Flexibilisierung der Standortwahl, die sich je nach unterneh- merischem Betätigungsfeld auch in weiträumigen, transnationalen Standortnetzen widerspie- geln kann.

(2) „Die Regulationsweise umfasst Normen, Regeln, Gesetze, Konventionen und Machtver- hältnisse und andere institutionelle Zusammenhänge, die den wirtschaftlichen und gesell- schaftlichen Kontext für das Handeln der Akteure bilden“34. Durch Flexibilisierung der Wirt- schaft, wachsender Deregulierung und wachsenden Wettbewerb durch Internationalisierung war der Keynesianismus als Leitbild der Wirtschaftspolitik nicht mehr die adäquate Regulati- onsweise35.

Die zunehmende Flexibilisierung ist wichtiger Bestandteil des wirtschaftlichen Strukturwandels und der zunehmenden Dienstleistungsnachfrage. Gleichwohl soll sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Modell der Massenproduktion in der heutigen Wirtschaft noch immer präsent ist. Das flexible Produktionsmodell ist auch nicht der designierte Nachfolger, vielmehr existieren mehrere Produkti- onsmodelle nebeneinander36, denn nicht alle Wirtschaftszweige und Branchen verfügen über die tech- nischen und marktlichen Voraussetzungen für eine fordistische Massenproduktion bzw. für ein flexib Produktionsschritten dient, soll der Gegenpart langfristig Marktchancen eröffnen, indem offensiver mit Flexibilisierungsstrategien umgegangen wird.

les Produktionsmodell. Unbestritten ist jedoch, dass die Flexibilisierung eine unternehmerische Reaktion auf neue und komplexere Rahmenbedingungen war, ist oder sein kann.

1.1.2.3. Die Herausbildung der Wissensökonomie

Die Globalisierung als ein scheinbar dauerhafter und irreversibler Trend37 verändert die Rahmenbe- dingungen für wirtschaftliche Aktivitäten nachhaltig. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind die wachsende Verflechtung der Märkte und Regionen sowie der intensivere Wettbewerb der Unternehmen und Regionen um mobile Produktionsfaktoren. Durch Globalisierung kann es zu kon- vergenten Entwicklungsprozessen kommen, wenn sich Technologien, Organisationsformen und Lö- sungsprinzipien quasi global ausbreiten und zur Angleichung von Standorteigenschaften an mehreren Orten führen. Dieser als „ Ubiquitification “ bekannte Prozess bedroht die Wettbewerbsfähigkeit von traditionellen Märkten und Unternehmen durch die mögliche Entbettung der lokalen Fertigkeiten und Strukturen (localised capabilities)38. Da man sich der zunehmenden Enträumlichung nur bedingt ent- ziehen kann, müssen sich Märkte und Unternehmen in entwickelten Volkswirtschaften seit den 1970er Jahren veränderten makro- und mikroökonomischen Rahmenbedingungen stellen39.

Träger und Motor der sich globalisierenden Welt sind Informationen und Wissen40, womit diese Pro- duktionsfaktoren auch für Unternehmen in der modernen Wirtschaftswelt immer wichtiger werden. Tatsächlich bestätigen Statistiken41 die wissenschaftliche Theorie. In entwickelten Volkswirtschaften vollzieht sich seit längerem ein Paradigmenwechsel. Wissen ist und wird zum entscheidenden Produk- tions- und Wettbewerbsfaktor. Bereits Bell (1973, S. 41) hat bei seinem Versuch der Charakterisierung der nachindustriellen Gesellschaft dargelegt, das Wissen und Information die Schlüssel für die zukünf- tige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung darstellen werden: „ Ü berall wird der Fort- schritt abh ä ngig von der vorausgehenden theoretischen Arbeit, die die bekannten Daten sammelt und den Weg zur empirischen Best ä tigung weist.“. Castells (1996, S. 32) bestätigt die Vision von der wis- sensbasierten Wirtschaft: “For the first time in history the human mind is a direct productive force not just a decisive element of the production system. Thus computers, communication systems and genetic decoding and programming are all amplifiers and extensions of the human mind. What we think and how we think becomes expressed in goods, sercives, material and intellectual output.”.

Der Paradigmenwechsel, durch den die Ressource Wissen in den letzten Jahrzehnten ein immer größe- res Gewicht gegenüber den klassischen Produktionsfaktoren erlangt, liegt im zunehmenden Standort- wettbewerb begründet. Für Industrieländer wird technischer Fortschritt in Form neuer Produkte und Technologien (Innovationen) als interne Wachstumsdeterminante immer wichtiger. Dieser sichert nicht nur den Produktivitätsvorsprung und damit auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkur- renten, sondern entscheidet auch über die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und des Standor- tes, sowie über den erreichbaren Wohlstand. Wie aus Abb. 2 hervorgeht, beruht der Innovationspro- zess bzw. der technische Fortschritt auf dem Produktionsfaktor Wissen. „ Technischer Fortschritt ent- steht, wenn neues Wissen problembezogen angewendet wird und zur Verbesserung bzw. zur Schaffung neuer Produkte und Prozesse eingesetzt wird. Dies ist besonders dann wichtig, wenn es gelingt, dieses etwa in Form neuer Maschinen oder Organisationsformen kommerziell umzusetzen, die eine kosten günstigere, effizientere und schnellere Produktion erm ö glichen “ (Bathelt, 2002, S. 57). Das heißt im Umkehrschluss, dass Unternehmen zur Sicherung bzw. Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit ständig neues Wissen generieren (sog. first-mover-strategy) oder importiertes Wissen schnell in markttaugliche Anwendungen umsetzen müssen (sog. fast-follower-strategy).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Die Rolle von Wissen im Wettbewerb;

Quelle: Loisel, 2006, S. 9.

Aufgrund der Bedeutung der Ressource Wissen in der modernen Gesellschaft wird auch von einer Wissensökonomie oder Wissensgesellschaft gesprochen. Der Begriff impliziert, dass Wissen erstens der wichtigste Produktionsfaktor ist, zweitens ein immaterielles, wirtschaftlich handelbares Gut und drittens wichtige Komponente materieller Güter ist42. Obwohl Wissen seit jeher für technischen Fort- schritt notwendig war, ist unbestritten, dass sich dessen Bedeutung in der zweiten Hälfte des 20. Jh. drastisch verändert hat. Bei der Nutzung von Wissen entstehen immer größere Mengen marktfähiger immaterieller Informationsgüter, die von Unternehmen als auch von Privathaushalten nachgefragt werden43. Entscheidend gefördert wurde diese Entwicklung durch das Vordringen systemischen Wis- sens gegenüber Erfahrungswissen, durch technischen Fortschritt sowie dem zunehmenden Bestreben für kodifiziertes und damit handelbares Wissen Eigentums- und Urheberrechte zu formulieren und sicherzustellen44. Obwohl die oben genannten Merkmale der Wissensökonomie relativ eindeutig sind, zeigt die fortdauernde Suche nach einer allgemein anerkannten definitorischen Abgrenzung, dass der Begriff Wissensökonomie sehr komplex und schwer zu fassen ist. Zum einen steht er für die Durch- dringung aller Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft mit Wissen, was eine begriffliche Eingren- zung schwierig macht45. Zum anderen steht er für einen Wirtschaftszweige übergreifenden Branchen- komplex, der sich auf die Produktion, Distribution und Verarbeitung von Wissen spezialisiert hat. Ihre Leistung besteht darin, Wissen aus einer Form in eine andere nützliche, vermarktbare Form zu wan- deln und dadurch einem großen Kundenkreis zur Verfügung zu stellen46.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Wissensökonomie gekennzeichnet ist von einer herausragenden Bedeutung von Wissen und Information. Sie steht für den Wandel der materiellen hin zu einer immateriellen Ökonomie, die neben grundlegenden Veränderungen der unternehmerischen Produktions- und Transaktionsorganisation auch Wirkungen auf das unternehmerische Umfeld als auch die räumliche Struktur hat.

1.1.2.4. Neue Technologien

Es ist nichts Neues, wenn Innovationen auftauchen, die quasi so weitreichend sind, dass sie sämtliche Bereiche einer Volkswirtschaft in irgendeiner Form tangieren. Die in der Lage sind, die Produktions- kapazität der Volkswirtschaft zu erweitern und damit zusätzliches ökonomisches Wachstum zu indu- zieren. Innovationen solcher Tragweite werden als Basisinnovationen oder Schlüsseltechnologien bezeichnet. In der modernen Gesellschaft sind die relativ weniger weitreichenden Produkt- und Pro- zessinnovationen stärker in den Fokus gerückt. Neue Technologien gelten als wichtigster Motor öko- nomischer und räumlicher Prosperität. Durch den zunehmenden Wettbewerb zwischen Unternehmen sowie zwischen Raumwirtschaftssystemen um mobile Produktionsfaktoren wird der technologische Fortschritt als interne Wachstumsdeterminante immer wichtiger, da er einen Produktivitätsvorsprung und damit Sicherung bzw. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit verspricht47. Durch die neuen Technologien können neue Märkte erschlossen und traditionelle Märkte verteidigt, bestehende Ar- beitsplätze gesichert und neue geschaffen werden.

Schamp (1995, S. 73f.) sieht in den neuen Technologien ein schwer definier- und messbares Konglo- merat von Schlüsseltechnologien bzw. Technikfeldern, deren herausragende Eigenschaft die Erfindung neuer Produkte ist, die neue Lösungen für moderne, aber auch traditionelle Branchen anbieten und deshalb quer zu allen Branchen in der gesamten Wirtschaft wirken. Als eines der wesentlichsten und auch weitreichendsten Technikfelder der modernen Zeit wird die Informations- und Kommunikations- technik angesehen. Hervorgegangen aus der Verschmelzung von Computer- und Kommunikations- technik in den 1960er/70er Jahren, hat die Informations- und Kommunikationstechnologie48 das Zeit- alter der Digitalisierung eingeleitet. Es ist die bedeutendste und einflussreichste Innovation der jüngs- ten Vergangenheit. Die Produkte, die die Digitalisierung charakterisieren (Internet, Mobilfunk, elek- tronische Massenmedien) „ are generating major global effects at all levels, including individuals, households, local communities, nation-states and, of course, business organizations, especially trans- national corporations “ (Dicken, 2007, S. 77).

Die neuen IuK-Technologien machen es möglich, in einer Phase, in der die Herstellung und Verteilung von physischen Gütern für wirtschaftliche Entwicklung an Bedeutung verliert und Information als Produkt und Produktionsfaktor immer wichtiger wird, wettbewerbsfähig zu bleiben bzw. zu werden. Durch neue IuK-Technologien sowie Neuerungen in der Produktionstechnik

(1) erhöht sich die Konnektivität der internationalen Faktormärkte und gleichzeitig wird die räumlicher Entflechtung wirtschaftlicher Aktivitäten gefördert (siehe Punkt 1.1.2.1);
(2) ist die flexible Produktion und Organisation als Lösung für die Restriktionen des fordistischen Akkumulationsregimes erst sinnvoll (siehe Punkt 1.1.2.2)
(3) verbessert sich der weltweite Zugang zu Informationen und die Umformung des Wissens in marktfähige Produkte (siehe Punkt 1.1.2.3)49.

Diese Punkte spiegeln die im Kapitel 1.1.2 näher beleuchteten Megatrends Globalisierung, Flexibili- sierung und Wissensökonomie wider und zeigen damit, dass der technologische Wandel und explizit die IuK-Technik herausragende Bedeutung für diese „Megatrends“ hat. Ohne IuK-Technik wären diese Trends in der bekannten und sich heute darstellenden Form nicht existent. Insbesondere der dritte Punkt, der den Zusammenhang zwischen Wissen und Digitalisierung andeutet, verdient in einer Zeit, in der traditionelle Standortfaktoren für viele Wirtschaftsbereiche an Bedeutung verlieren, beson dere Beachtung. Pohle (2003, S. 9ff) beschreibt konkrete Wirkungen der IuK-Technik auf alle Stadien des Wissens-/ Informationsprozesses50. Unter all diesen Wirkungen, ist die Tatsache, dass durch IuK- Technologien implizites Wissen leichter in explizites, kodifizierbares Wissen umgewandelt werden kann (Externalisierung), die mächtigste. Denn implizites Wissen, dass alles neue Wissen und alle neu- en Ideen im ersten Moment sind, ist die wichtigste Ressource der Wissensökonomie, weil sie der we- sentlichste Input im Innovationsprozess ist. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass moderne Ge- sellschaften von dem Bemühen angetrieben werden, das personen-, kontext- und beziehungsgebunde- ne implizite in kodifizierbares Wissen umzuwandeln und aus Wissen ein speicherbares, leicht transferierbares und handelbares Gut, sprich einen wirtschaftlichen Wachstumsträger zu machen51.

Die IuK-Techniken machen dieses Bestreben in einem gewissen Rahmen möglich52, denn durch sie ist implizites Wissen leichter formalisier- und handelbar und sorgt für eine viel schnellere räumliche Ausbreitung. Eine direkte Folge dessen ist die Herauslösung von Wissen aus seinen lokalen Bindun- gen, die Entkoppelung des Wissens vom Standort der Entstehung bzw. der ursprünglichen Anwen- dung. Dies hat fundamentale raumwirtschaftliche Rückwirkungen, da sich die Transport- und Transak- tionskosten von kodifizierbarem Wissen durch die technischen Neuerungen im Bereich der IuK- Technik dramatisch verringert haben. Die räumlichen Wirkungen sind daher schon seit längerem Ge- genstand wissenschaftlicher Auseinandersetzungen53. Im Fall der IuK-Technologie ist eine abschlie- ßende und allgemein gültige Klärung schwierig und heute noch nicht abzusehen. Ein Grund hierfür ist sicherlich die Breitenwirkung der IuK-Technik. Das Potential der IuK-Technologien liegt ja nicht in der Ausweitung der Produktion von IuK-Technik selbst, sondern in deren Anwendung in vielen Berei- chen der Volkswirtschaft. Strambach (2004, S. 9f.) bestätigt dieses explizit: der technologische Wan- del im IuK-Bereich hat nicht nur eine technische Ebene, sondern ist auch eng mit Innovationen im nicht-technologischen Bereich verbunden, die sich im organisatorischen Bereich oder im Dienstleis- tungsbereich abspielen.

Die angesprochenen Prozesse (Megatrends), sind nicht komplett neu. Schon im 19. und 20. Jahrhun- dert hat es internationale Wirtschaftsbeziehungen und als bahnbrechend anzusehende Erfindungen gegeben. Der Vergleich mit der Vergangenheit zeigt aber, dass erstens zusätzliche fundamental wich- tige Prozesse (Flexibilisierung, Wissen als dominanter Produktionsfaktor) aufgetreten, und zweitens qualitativ als auch quantitative Quantensprünge bei den bereits existenten Prozessen (Globalisierung, neue IuK-Technologien mit ausgesprochen großer Breitenwirkung) zu beobachten sind.

1.2 Charakterisierung des Strukturwandels unter Einbeziehung makro- und mikroökonomischer Veränderungen

Für die zusammenfassende Betrachtung ist die Berücksichtigung der neuen Gegebenheiten der postin- dustriellen Gesellschaft unerlässlich. Diese beruhen auf zahlreichen Teilprozessen, die die wirtschaft- lichen und gesellschaftlich-institutionellen Rahmenbedingungen nachhaltig verändert haben. Diese Prozesse, vielschichtig in ihren Ursachen und Wirkungen, sind faktisch nicht voneinander zu trennen. Als charakteristisch für den Strukturwandel haben sich folgende Prozesse herauskristallisiert (siehe Kapitel 1.1.2):

(1) Struktureller Wandel von der arbeits- und kapitalintensiven zur informations- und wissens- intensiven Wirtschaft,
(2) Verkürzung der Innovationszyklen und der Produktlebenszyklen,
(3) Zunehmende Flexibilisierungs- und Spezialisierungstendenzen sowie Komplexität des Wirt- schaftens,
(4) Zunehmende globale Integration wirtschaftlicher Aktivitäten, wachsende internationale Ver- netzung und internationale Arbeitsteilung.

Ein essentieller Antreiber des Strukturwandels waren nachhaltige Veränderungen der Nachfrage des produzierenden sowie privaten Sektors54. Das veränderte zunächst die Rahmenbedingungen im produ- zierenden Sektor, insbesondere die der auf Massenproduktion ausgerichteten Produktionszweige. Die Restriktionen des tayloristisch-fordistischen Produktionsmodells hinsichtlich der schnellen Anpassung an Nachfrageveränderungen kamen hier zum Tragen. Volkswirtschaftlich gesehen setzte ein „ filtering down “-Prozess von Produktionen, nach dem Grad ihres Technikgehaltes und dem Grad der Standardisierbarkeit, ein55. Die Anbieter sahen sich im Zuge einer fortschreitenden Segmentierung der Nachfrage kleiner werdenden Marktvolumina, kürzeren Produktzyklen, höheren Ansprüchen an Pro- duktqualität und -vielfalt, aber auch sich neu entwickelnden Nischenmärkten gegenüber, die hohe Ansprüche an die Flexibilität der Unternehmen stellten. Zeitgleich sorgten Tendenzen der Deregulie- rung und Liberalisierung von Märkten für zunehmende internationale Vernetzung von Märkten, die sich u.a. in der Zunahme bestehender wie potentieller Konkurrenten regionaler wie überregionaler Herkunft äußern konnte. Die Wettbewerbskräfte56 haben sich in Abhängigkeit vom Unternehmenskon- text mitunter dramatisch verändert. Infolge dessen war eine neue, ganzheitlichere Betrachtung des gesamten Herstellungs- und Vertriebsprozesses, der gesamten Wertschöpfungskette innerhalb des eigenen Betriebes nötig57. Hervorzuheben sind räumliche Expansion der unternehmerischen Wert- schöpfungskette sowie steigende Bedeutung der unternehmerischen Innovationsfähigkeit bzw. - tätigkeit. Der stärkere Kostendruck infolge höherer Wettbewerbsintensität zwang Unternehmen, die Kosten der Leistungserstellung zu minimieren. Ansatzpunkte dafür finden sich in jedem einzelnen unternehmerischen Funktionsbereich (Beschaffung, Produktion, Verwaltung etc.). Infolgedessen kam es zu vielfältigen Substitutionsprozessen, die es Unternehmen ermöglichten billiger zu produzieren58. Die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens selbst bzw. deren Adaptionsfähigkeit extern erbrachter Innovationen spielt bei der Ausnutzung möglicher Substitutionsvorteile als auch als genereller Input zur Generierung eines möglichen Wettbewerbsvorteils eine gewichtige Rolle. Die Materialisierung neuen Wissens und Implementierung in den Produktionsapparat in Form von Produkt- bzw. Prozess- innovationen waren und sind notwendig, um die unternehmerische Leistungserstellung kostenoptima- ler zu gestalten und dadurch in Zeiten diversifizierter Nachfrage und schnellerer Verbreitung von Pro- dukten und Ideen wettbewerbsfähig zu bleiben59. Der allgemeine technologische Fortschritt spielt hierbei eine sehr große Rolle. Die Entwicklung neuer Technologien schaffte überhaupt erst die Mög- lichkeit der Technisierung/ Rationalisierung des Produktionsapparates. Zweitens haben technische Neuerungen dafür gesorgt, dass die produzierende Seite angemessener auf Nachfrageveränderungen reagieren konnte, da schneller, kundenindividueller und in höherer Qualität produziert und damit mas- sive Produktivitätszuwächse verzeichnet werden konnten60. Und drittens hat er vor allem in Form der neuen IuK-Technik zur wachsenden Bedeutungslosigkeit territorialer Grenzen beigetragen. Unterneh- men ist es möglich, bei ihrer Leistungserstellung regionale Kostenunterschiede (Lohn-, Rohstoff-, Steuerkosten etc.) auszunutzen61.

Durch das Zusammenspiel von technologischem Fortschritt und globaler Ausrichtung von Beschaf- fung und Absatz ergaben sich neue Möglichkeiten für den Unternehmenssektor. Das Bestreben diese auszunutzen war die Triebkraft eines weiteren, den Strukturwandel charakterisierenden Prozesses: die unternehmerische Reorganisation62. Die Regulationstheorie sieht diesen Prozess in Verbindung mit der Flexibilisierung, die die Umwandlung ehemals starr und hierarchisch verknüpfter Produktionsabläufe in ein flexibles Unternehmensnetzwerk neuartiger Verflechtungs- und Organisationsbeziehungen er- möglichte63. Kennzeichen dieser Entwicklung sind Mehrbetrieblichkeit und Plurilokalität sowie stär kere räumlich-funktionale Arbeitsteilung. Mehrbetrieblichkeit64 und Plurilokalität ergaben sich durch zunehmende sachliche und räumliche Segmentierung der vormals an einem Standort, in einem Unternehmen erbrachten Produktionsleistung. Einzelne Arbeitsschritte werden immer häufiger in kleineren, spezialisierten Einheiten erbracht, die dort angesiedelt werden, wo die gegebenen Standortfaktoren der jeweiligen funktionalen Spezialisierung bestmöglich entsprechen.

Sofern diese einzelnen Betriebsteile bzw. sonstigen Unternehmensteilen (Niederlassungen, Filialen, Zweigbetriebe) noch rechtlich dem Stammunternehmen zugeordnet werden kann, spricht man von Aufgabendezentralisierung (vgl. Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3:. Räumlich-sektorale und räumlich-hierarchische Arbeitsteilung;

a) traditionell räumlich-sektoral, b) Steuerungs- und Kontrollzentrum, c) Peripherregion. Quelle: Dicken, 2007, S. 310.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Funktionale Zweiteilung und räuml. Arbeitsteilung im städtischen Kontext;

a) T = 1, Clusterung in zentralen Stadt, b) T = 2, beginnende Dezentralisierung Produktion, c) T = 3, tatsächliche Dezentralisierung Produktion und Zentralisierung von Steuerung und Kontrolle

Quelle: Dicken, 2007, S. 314.

Die in ihrer Autonomie gestärkten Unternehmensteile übernehmen eigenverantwortlich Produktions- aufgaben und sind mit dem Stammunternehmen, das nunmehr als Steuerungszentrale fungiert65, stär- ker über Informations- und Kapitalströme und weniger über Sachgüterströme verbunden (vgl. Abb. 4). Der Fragmentierungsprozess ehemals stark vertikal integrierter Unternehmen hat neben der innerbe- trieblichen Seite, dargestellt durch die Aufgabendezentralisierung, auch eine überbetriebliche Seite66.

Letzterer muss der Prozess der Aufgabenexternalisierung zugeordnet werden. Dieser beinhaltet die komplette Auslagerung (Externalisierung) bestimmter, ehemals selbst erbrachter Funktionen an Fremdfirmen (siehe Punkt 2.2.4.3). Beides, unternehmensinterne Aufgabendezentralisierung als auch Externalisierung, sind mit einer zunehmenden räumlich-funktionalen Arbeitsteilung verbunden, wel- che wie bereits erwähnt eine der eindeutigsten Kennzeichen unternehmerischer Neuorganisation in der postfordistischen Ära ist67.

Als weiteres Charakteristikum des Strukturwandels gilt die globale Ausweitung des geografischen Rahmens von Produktionstätigkeiten68. Aufgrund von Fortschritten im Bereich der Produktions-, Transport- und Kommunikationstechnologien musste bei der räumlich-funktionalen Arbeitsteilung keine Rücksicht mehr auf territoriale Beschränkungen genommen werden69.

1.3 Der Strukturwandel und die Bedeutung für das Dienstleistungswachstum

Die Tertiärisierung und die damit zusammenhängende Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft haben ihre Wurzeln in den zuvor beleuchteten Prozessen des Strukturwandels. Der Bereich der Dienstleistungen ist im Verlauf der letzten 100 Jahre als Träger des Beschäftigtenwachstums in der Bundesrepublik immer bedeutender geworden hat die Rolle des beschäftigungspolitischen Leitsektors vom sekundären Sektor übernommen, und bis heute weiter ausgebaut. .

In qualitativer Hinsicht entspricht die reale Entwicklung durchaus dem von Fourastie prophezeiten Strukturwandel. Zur Erklärung der jüngeren wirtschaftsstrukturellen Entwicklung reicht jedoch die Drei-Sektoren-Theorie nicht aus. Der Grund hierfür liegt in den erst später zum Ausdruck kommenden und für die heutige Situation relevanten Prozessen. Aufgrund dessen konnten sie nicht in die Argu- mentation der Sektorentheorie einfließen, was grundlegende Annahmen der Sektorentheoretiker wert- los erscheinen lässt70. Um zu verstehen, warum Dienstleistungen der wichtigste wirtschaftliche Zweig moderner Ökonomien wurden und sind, sind daher neuere, den sektoralen Strukturwandel thematisie- rende und dabei aktuelle Entwicklungen reflektierende Ansätze zur Erklärung des Dienstleistungs- wachstums heranzuziehen.

Wie Kellerman (1985, S. 135f.) in seiner Erklärung zur Evolution der Dienstleistungsgesellschaft darlegt, sind Veränderungen auf beiden Seiten des Marktes dafür in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig ist zu beachten, dass sich der Dienstleistungssektor im Zuge dieser Veränderungen auch ausdifferen- ziert. Der tertiäre Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung und zur Beschäftigung wird Rahmenbedingungen der Produktion thematisieren (insbesondere Szenario der flexiblen Spezialisierung und der dynamischen Flexibilität (siehe Bathelt 1995; Dicken 2007).

von Teilsegmenten des Dienstleistungssektors unterschiedlich stark geleistet. Es ist daher unerlässlich, den tertiären Sektor für die Untersuchung der Ursachen dessen Wachstums aufzufächern. Gemäß der Zugehörigkeit der Nachfrager zu bestimmten Wirtschaftsbereichen unterscheidet man grob in konsum- bzw. haushaltsorientierte und produktions- bzw. unternehmensorientierte Dienstleistungen. Zur Erklä- rung der Entwicklung und ihrer jetzigen Bedeutung beider Segmente gibt es verschiedene Ansätze und Aussagen. Da die unternehmensorientierten Dienstleistungen im Fokus dieser Arbeit stehen, wird nachfolgend nur skizzenhaft auf den Beitrag der konsumorientierten Dienstleistungen zum Wachstum des tertiären Sektors eingegangen. Eine explizite Auseinandersetzung mit den unternehmensorientier- ten Dienstleistungen erfolgt an anderer Stelle.

Der Beitrag konsumorientierter Dienstleistungen zur Tertiärisierung im Speziellen sowie zum Wirt- schaftswachstum im Allgemeinen hat zwei Gesichter. Fest steht einerseits, dass die Wertschöpfung in diesem Segment stetig zunimmt. Inzwischen gibt es genügend Ansätze, die die konsumgeleitete Tertiärisierung in einem anderen Licht erscheinen lassen: „ Obwohl mit der gestiegenen Nachfrage nach einigen Dienstleistungen die Zunahme einzelner spezifischer Kategorien der Dienstleistungsbe- sch ä ftigung hinreichend erkl ä rt werden kann, müssen wir doch im allgemeinen Fall Erkl ä rungen da- für woanders suchen. [ … ], der gestiegene Konsum (ist) keinüberzeugender Erkl ä rungsfaktor für das stetige und ansehnliche Wachstum [ … ], das wir bei der Besch ä ftigung in Dienstleistungsberufen be- obachten.“(Gershuny, 1981, S. 101). An Aussagekraft verliert die Tertiärisierung, die von einem un- begrenzt wachsendem Dienstleistungssektor ausgeht, beispielsweise durch Gershunys These der Selbstbedienungswirtschaft71. Danach wachsen Dienstleistungsnachfrage und deren Beschäftigtenzahl nicht unendlich. Im Zuge von Rationalisierungsbestreben und wachsenden technischen Möglichkeiten werden rationalisierbare und profitable Bestandteile einer Dienstleistung quasi verstofflicht, indem sie als industriell gefertigtes Sachgüterprodukt den Nachfragern präsentiert werden. Die eigentliche Dienstleistung wird so durch Sachgüterproduktion substituiert. Hinzu kommt die Substitution von Dienstleistungen durch informelle Eigenarbeit. Beispiele für beide Fakten sind Waschmaschinen, Küchengeräte, Bankautomaten, die die Nachfrager unter Umständen mittelfristig (bei langlebigen Sachgütern wie Waschmaschine) unabhängig vom kommerziellen Dienstleistungsangebot macht und sie ermächtigt, zuvor am Markt erworbene Dienstleistungen (Bankleistungen, Wäscherei, etc.) in Ei- genarbeit zu verrichten. Angetrieben von technischen Entwicklungen wird sich diese Entwicklung auch zukünftig fortsetzen und menschliche Arbeit durch Materie plus Eigenarbeit zu ersetzen sein72. Des Weiteren werden Beschäftigungsverluste durch Rationalisierungseffekte infolge moderner IuK- Technik möglich, die die unterdurchschnittliche Arbeitsproduktivität von Dienstleistungen partiell außer Kraft setzt. Auch die früher betriebene Verstaatlichung von Dienstleistungen wird hierzu beitra- gen. Insbesondere Dienste des Transports, der Bildung und des Gesundheitswesens wurden im Sinne einer auf Gemeinwohl orientierten Politik und zur Sicherung gleicher Lebensbedingungen verstaatlicht und wohlfahrtsstaatlich alimentiert. Hinzu kommt der öffentliche Dienst, der aufgrund zunehmender Bürokratisierung der alltäglichen Lebensbereiche und der Wirtschaftswelt in den 1970er Jahren in Westdeutschland und nach 1990 auch in Ostdeutschland deutlich expandierte. Inzwischen sind gesell- schaftliche Veränderungen eingetreten, die der Staat vor dem Hintergrund politischer Zwänge und wachsender Bedeutung einer Haushaltskonsolidierung nicht mehr ignorieren kann73. Öffentliche Dienstleistungen, die bislang kostenlos und gemeinwohlorientiert waren, werden daraufhin privatisiert und der Logik betriebswirtschaftlichen Rentabilitätskalküls unterworfen74.

Nichts desto trotz gibt es auch einige Dienstleistungskategorien, die den Bedeutungsverlust in einigen anderen Kategorien abfedern können. Neben den Dienstleistungen, die aller technischen Rationalisie- rungsmöglichkeiten trotzen, da ein persönlicher Kontakt mit dem Dienstleistungsnachfrager nötig ist (sog. gebundene Dienstleistungen), haben gesellschaftliche Veränderungen auch neue konsum- bzw. haushaltsorientierte Dienstleistungen hervorgebracht, die es in dieser Form u./o. in dieser Menge zu- vor nicht gab. Beispiele hierfür sind die Bereiche Freizeit und Tourismus, die infolge höheren Ein- kommens sowie sinkender Arbeitszeiten verstärkt nachfragt werden. Der demographische Wandel etwa sorgt für eine gestiegene Nachfrage nach Gesundheits- und Pflegedienstleistungen. Für das Seg- ment der konsum- bzw. haushaltsorientierten Dienstleistungen gilt aber, dass es zu heterogen ist, als das man alle relevanten Prozesse auf das Gesamtkonstrukt ummünzen kann. Es existieren vielmehr Bereiche, die vom Beschäftigungsrückgang entweder gar nicht, teilweise oder ganz bestimmt betroffen sind. Grundsätzlich richtig ist aber, dass die ökonomische Bedeutung solcher „vorindustrieller“75 Dienstleistungen nicht der wesentliche Motor der Tertiärisierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahr- hunderts waren und in Zukunft von ihnen keine oder nur geringe Arbeitsplatzbeiträge erwartet werden.

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die unternehmensorientierten Dienstleistungen für Wertschöp- fung und Beschäftigung im tertiären Sektor immer wichtiger geworden sind. Es sind bis heute zahlrei- che Faktoren und Thesen erarbeitet worden, die deren zunehmende Bedeutung zu erklären versuchen (siehe Punkt 2.2.4). Deren Dynamik geht einher mit der generellen Veränderung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systems, die in diesem Kapitel versucht wurde nachzuzeichnen. Das unterneh- mensorientierte Dienstleistungssegment ist nicht nur ein wesentlicher Grundstoff des intersektoralen sondern auch des intrasektoralen Strukturwandels. Es steht zum einen für das Heranrücken des tertiä- ren Sektors an die produktiven Teile der Volkswirtschaft, denn sie sind essentiell mit dem System der materiellen Güter und deren Besitz verzahnt und deren Tätigkeiten tragen zur Erhöhung der Effizienz des materiellen Produktionssystems bei. Zum anderen stehen die unternehmensorientierten Dienstleis- tungen auch im intrasektoralen Vergleich für einen veränderten Stellenwert des Dienstleistungssek- tors. Das unternehmensorientierte Dienstleistungssegment hat inzwischen eine andere ökonomische Funktion erhalten: statt einer ergänzenden Leistung sind sie mitunter von strategischer Bedeutung, da sie für den Entwicklungsstand und die Wettbewerbsfähigkeit (z.B. F&E) verantwortlich sind. Es ist sogar das Segment der Volkswirtschaft mit stabilen Wachstumsraten. Auch die damit verbundenen räumlichen Implikationen (zunehmende Konzentration in großen Zentren, Basis der Stadtökonomie) lassen die unternehmensorientierten Dienstleistungen in einem neuen Licht erscheinen.

1.4 Zusammenfassung

Der Strukturwandel hat enorme Bedeutung für das Dienstleistungswachstum, welches unsere moderne Gesellschaft seit Jahrzehnten auszeichnet und sich hinter dem Begriff „Tertiärisierung“ verbirgt. Die- ser säkuläre, von Notzeiten abgesehen irreversible und universelle Prozess, den alle Staaten unabhän- gig vom Entwicklungsstand durchlaufen werden76, präsentiert sich als vielschichtiger, bisher nicht abgeschlossener Prozess. Die Tertiärisierung steht zwar pauschal für die Evolution zur Dienstleis- tungsgesellschaft und der Begriff allein deutet auf eine Verbindung zum tertiären Sektor hin. Eine undifferenzierte Betrachtung der Tertiärisierung wird der Komplexität des Sachverhaltes nicht gerecht.

Die Heterogenität und die Tatsache, dass sich einzelne Subsegmente des tertiären Sektors durch alternierende Wachstums- und Kontrahierungsprozesse hinsichtlich ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung auszeichnen, zwingen zu einer kritischeren Betrachtungsweise. Die Vergangenheit hat bereits gezeigt, dass die Tertiärisierung mehr ist als der reine sektorale Strukturwandel (Zunahme von Dienstleistungsprodukten), den uns die Sektorentheorie näher gebracht hat. Er steht gleichzeitig auch für einen funktionalen Strukturwandel (Zunahme Dienstleistungstätigkeiten).

Träger des Tertiärisierungsprozesses sind vor allem unternehmensorientierte Dienstleistungen, die von einem weiterhin starken sekundären Sektor profitieren, weil sie vom ihm als vor- und nachgelagerte Dienstleistungen in allen Bereichen des Produktlebenszyklus in Anspruch genommen werden. Das impliziert, dass Erklärungen zur Expansion des tertiären Sektors vor dem Hintergrund intrasektoraler Strukturveränderungen gesehen werden müssen.

Wiederum müssen aber auch intersektorale Veränderungen berücksichtigt werden. Neben dem Tertiärisierungsprozess sind vielschichtige Prozesse mit zahlreichen interdisziplinären Quer-, Rück- und Folgewirkungen in Gang gesetzt worden, die unter starker Einbeziehung neuer technischer Mög- lichkeiten die Fundamente der postindustriellen Gesellschaft gebildet haben und den Strukturwandel kennzeichnen. Das der Tertiärisierungsprozesses zeitlich betrachtet in die gleiche Phase fällt, in der auch diese „ Megatrends77 langsam aber sicher ihren großen Einfluss für Wirtschaft und Gesellschaft entfaltet haben, verdeutlicht zum einen, dass die Tertiärisierung als ein Struktur verändernder Prozess unter mehreren parallel ablaufenden „ Megatrends “ angesehen werden muss. Zum anderen liegt es nahe, dass die Tertiärisierung in Verbindung mit diesen Entwicklungen steht. Die Tertiärisierung im Sinne von Dienstleistungswachstum ist somit kein singulärer Prozess, sondern eingebettet in einen gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel, der seit den 1970er Jahren in beschleunigter Form fortschrei- tet und die postindustrielle Gesellschaft internationaler, wissensintensiver, flexibler handelnd und organisiert und stärker technologisiert hat werden lassen78. Der Begriff Tertiärisierung darf nicht nur gleichgesetzt werden mit dem Bedeutungszuwachs tertiärer Dienste auf Kosten der industriellen bzw. sekundären u./o. primären Wirtschaftsbereiche, vielmehr ist es ein alle Wirtschaftsbereiche umfassen- der Strukturwandel79. Aufgrund der Komplexität der bis hierhin geschilderten Tatsachen zum Struk- turwandel wäre es irreführend, die Tertiärisierung banalisierend als eine sektorale Strukturverschie- bung aufzufassen. Sie steht vielmehr für einen „sektorübergreifenden Wandel der Produktionsstruktur, der vom verschärften Wettbewerbsdruck in globalisierten Weltwirtschaft getrieben wird und auf inno- vationsorientierte Produktdifferenzierungen und stärker vernetzte Produktionsverfahren abzielt. […]“ ( Klodt, 1997, S. 58f.).

2. Unternehmensorientierte Dienstleistungen

In diesem Kapitel werden die unternehmensorientierten Dienstleistungen vorgestellt. Unter Berücksichtigung der Probleme, die sich bei der Definition dieser ergeben, wird geklärt, was unternehmensorientierte Dienstleistungen eigentlich sind und welche Branchen diesem Segment zuzuordnen sind. Im Anschluss daran wird erläutert, welche Determinanten für das Wachstum der unternehmensorientierten Dienstleistungen verantwortlich waren und sind.

In Anlehnung an die ökonomische Bedeutung werden unternehmensorientierte von sonstigen Dienst- leistungen ausgeklammert und sind seit etwa den 1980er Jahren im zunehmenden Maß Mittelpunkt wissenschaftlicher Arbeiten. Im Kern, und das sagt der Name schon, erbringt dieser Dienstleistungsbe- reich einen Großteil seiner Leistungen für den Unternehmenssektor80. Damit ist eine oberflächliche Abgrenzung von solchen Dienstleistungen möglich, die für den privaten Konsumenten erbracht wer- den und für den Endverbrauch zur Verfügung stehen (sog. konsum- oder haushaltsorientierte Dienst- leistungen). Unternehmensorientierte Dienstleistungen sind hingegen als komplementäre Leistungen zu verstehen, die vor, während oder im Anschluss an die Sachgüterproduktion in Anspruch genommen werden. Dabei ist zu unterschieden zwischen solchen, die in der Sachgüterproduktion aufgehen und solchen, die zwar vom produzierenden Sektor in Anspruch genommen werden, aber relativ fertigungs- fern sind, die Produktion „nur“ begleiten oder dieser übergeordnet sind (u.a. Personalentwicklung oder Managementaufgaben)81. Die Trennung zwischen fertigungsnah und -fern liegenden, unternehmens- orientierten Diensten ist jüngerem Datums. Galt es früher als üblich, dass primär die Industrie Nach- frager solcher Dienstleistungen war, berücksichtigt der heute verwandte Begriff, das auch Dienstleister selbst unternehmensorientierte Dienstleistungen nachfragen. Diese Teilmengen bilden zusammen den unternehmensorientierten Dienstleistungssektor82.

Diese grundsätzliche Trennung unternehmens- von haushaltsorientierten Dienstleistungen ist sinnvoll wie bedeutsam, weil eine Ausweitung unternehmensorientierter Dienstleistungen in jeglicher Hinsicht andere Wirkungen nach sich zieht als die Erhöhung konsumorientierter Dienstleistungen. Dennoch ist die Trennung schwieriger, als es auf den ersten Blick scheint. Die statistische Berichterstattung hierzu ist erstens einfach zu lückenhaft und kann für bestimmte Fragestellungen keine erschöpfende Quelle sein83. Zweitens lassen sich Dienstleistungen in der Regel in mehreren Wirtschaftsbereichen absetzen (sog. Mischformen). Und dennoch existiert drittens kein quantitatives Maß, ab der beispielsweise eine vermeintlich unternehmensorientierte Dienstleistung aufgrund ihres Leistungsbeitrags beispielsweise für private Haushalte eher als haushaltsbezogene angesehen werden sollte84. Viertens bedarf der unter- nehmensorientierte Dienstleistungsbereich wegen seiner großen internen Heterogenität einer differen- zierten Betrachtung anstatt es auf der pauschalisierenden Feststellung, dass dessen Leistungen (vor- nehmlich) für den Unternehmenssektor bestimmt sind, beruhen zu lassen. Einer durchaus notwendigen Begriffspräzisierung stehen also erhebliche Erkenntnis- und Abgrenzungsprobleme gegenüber.

2.1. Das Problem der exakten Abgrenzung unternehmensorientierter Dienstleistungen

Unternehmensorientierte Dienstleistungen zu definieren bzw. in ihrer Gesamtheit zu erfassen ist ein äußerst schwieriges Unterfangen. Eine durchdringende Betrachtung scheitert erstens daran, dass es bisher nicht gelungen ist, Dienstleistungen in ihrem Wesen exakt zu beschreiben. Das Konstrukt Dienstleistungen zu definieren, ist ein bis heute ungelöstes wissenschaftliches Problem, wenn man es an der nicht vorhanden, allgemein anerkannten Definition einer solchen misst. Da es sich beim Untersuchungsgegenstand um eine spezifische Teilmenge dieses Konstruktes handelt, müssen damit verbundene Fragen mit in die Betrachtung einbezogen werden (siehe Punkt 2.1.1).

Der Sachverhalt der statistischen Reflektion der unternehmensorientierten Dienstleistungen wird im Punkt 2.1.2 thematisiert. Das Problem beruht im Wesentlichen auf den im Punkt 2.1 behandelten Schwierigkeiten. Hinzu kommt, dass die statistische Berichterstattung den Entwicklungen der Realität hinterherhinkt.

Ein weiteres Problem ist die dieser Teilmenge inhärente Heterogenität. Unter Einbeziehung bestimm- ter Variablen wird versucht, annähernd homogene Gruppen zu bilden, denen unterschiedliche Ent- wicklungsdynamiken zu Teil wurden und werden. Für die Erklärung dieser Entwicklungsdifferenzen war dies aber erforderlich und brachte einen gewichtigen Erkenntnisgewinn (Punkt 2.1.3). Abgeschlossen wird die Problembetrachtung mit Punkt 2.1.4, in dem mit der Schnittmengenproblema- tik ein weiteres Problem vorgestellt wird, dem man sich bei der Betrachtung unternehmensorientierter Dienstleistungen gegenüber sieht und dem man sich vor allem bewusst sein muss. Es geht darum, dass unternehmensorientierte Dienstleistungen Bestandteil zahlreicher anderer Branchenkonglomerate sind, die inzwischen großer wissenschaftlicher Anziehungskraft erfreuen. Es ist weniger ein inhaltli- ches Problem, da sich die Herausbildung anderer Branchenkonglomerate aufgrund (stadt-) ökonomi- scher und gesellschaftlicher Sicht angeboten hatte und berechtigterweise seit Jahrzehnten vertieft wur- de. Es ist eher ein Problem der schwindenden Übersichtlichkeit, denn die wissenschaftliche Auseinan- dersetzung mit anderen Branchengruppen, denen die unternehmensorientierten Dienstleistungen mehr oder weniger stark zugehörig sind, bringt neue Begrifflichkeiten und Erkenntnisse hervor. Diese sind sehr oft auch für die unternehmensorientierten Dienstleistungen insgesamt von Bedeutung, obwohl diese nicht explizit für sie formuliert wurden und werden.

2.1.1 Das Problem des Dienstleistungskonzeptes

Man hat bislang vergeblich versucht Dienstleistungen zu erklären. Die Definitionsversuche lassen sich gemäß ihrer Vorgehensweise in drei Formen unterscheiden. Es gibt die residuale und enumerative Vorgehensweise, sowie den sog. indikativen Ansatz. Dem residualen als auch enumerativen Definiti- onsansatz mangelt es an Präzision und breiter Anerkennung. Sie werden bestimmt von einer kontext- gebundenen Willkürlichkeit und sind daher wenig kritikresistent85. Der indikative Ansatz versucht Dienstleistungen zu definieren, indem Merkmale bestimmt werden, die konstituierend für diese sind. Nach Beaucamp (1995, S. 19) gelingt die wahre Abgrenzung von Dienstleistungen gegenüber sachgü- terbezogenen Wirtschaftsbereichen nur über die Kenntnis konstitutiver Merkmale. Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Wesen einer Dienstleistung, den es beiden anderen Definitionsformen noch mangelte, ist hier zwingend notwendig.

In Anlehnung daran werden in der Literatur mehrheitlich folgende Merkmale zur Charakterisierung von Dienstleistungen im Allgemeinen herangezogen (vgl. u.a. Kulke 2004, Häußer 1999, Ellger 1993, Kemming 1990, Staudacher 1995, Allbach 1989):

- Immaterialität
- fehlende Lager- und Transportfähigkeit
- Kurzlebigkeit
- Interaktionsprozess zwischen Anbieter und Nachfrager (= Existenz eines externen Faktors)
- „uno-actu-Prinzip“ (= Produktion und Verwendung der Dienstleistung fallen zeitlich und räumlich zusammen)
- relativ hoher Anteil menschlicher Arbeitsleistung,
- große Individualität bei fehlender Standardisierbarkeit.

Dieser Kriterienkatalog ist nicht bindend, denn zum einen variieren die genannten Eigenschaften für Dienstleistungen je Autor und zum anderen wird den einzelnen Eigenschaften auch unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Es soll nur ein Auszug dessen sein, was üblicherweise als typisch für Dienst- leistungen gilt86. Letztendlich hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema zur Feststellung geführt, dass erstens nur von einem sehr kleinen Teil dieser Kriterien angenommen wer- den kann, dass ein größtmöglicher Teil der Dienstleistungen diese auch erfüllt87 und zweitens lassen sich Dienstleistungen durch keines dieser Merkmale umfassend erklären und abgrenzen.

Unüberwindbare Hürden bei der Definition allgemein gültiger Eigenschaften von Dienstleistungen sind die Heterogenität des tertiären Wirtschaftsbereiches als auch dessen dynamische Entwicklung. Die Vielfalt des tertiären Sektors macht es unmöglich, Merkmale zu definieren, die alle Dienstleistun- gen gleichzeitig erfüllen. Bestimmte Merkmale werden sogar genutzt um einzelne von anderen Dienst- leistungssegmenten abzugrenzen88. Die dynamische Entwicklung des Dienstleistungssektors verhin- dert die Festlegung von dauerhaft gültigen Dienstleistungsmerkmalen. Der technische und sozioöko- nomische Strukturwandel verändert den Charakter von Dienstleistungen und den Prozess der Dienst- leistungserbringung. Die identifizierten Merkmale treffen auf immer weniger Dienstleistungen zu89. Bisherige Eigenschaften können nur noch in modifizierter Form auf gegenwärtige Verhältnisse über- tragen werden, andere sind heute nicht mehr gültig und wiederum andere sind im Zeitverlauf neu hin- zugekommen. Dies kann man hervorragend an den vermeintlichen Eigenschaften der begrenzten La- ger- und Transportfähigkeit festmachen. Durch die Entwicklungen im Bereich der IuK-Technologie haben viele Dienstleistungen diese Defizite weitgehend überwunden. Durch Nutzung von Speicher- medien sind Dienstleistungen sehr wohl lager- und transportfähig. Dadurch hat gleichzeitig auch das „ uno-actu-Prinzip “ als Charakteristikum für Dienstleistungen an Bedeutung verloren.

Für ein besseres Verständnis, auch im Hinblick darauf, was bestimmte Dienstleistungen charakterisiert und welche Standortanforderungen der Dienstleistungsbetrieb hat, hilft es, sich bewusst zu machen, dass der Dienstleistungsprozess mehrphasig ist (vgl. Corsten 1990, Staudacher 1995 und 2005, Neuhoff 1998)90. Die Dienstleistungserbringung beginnt auf der Anbieterseite mit der Herstellung der Leistungsbereitschaft. Jeder Dienstleistungsanbieter muss im Vorfeld des Kundenkontaktes dafür sorgen, dass er die Leistung im Bedarfsfall auch erbringen kann. Es handelt sich um die so genannte Potentialproduktion, deren Umfang und Art je nach Dienstleistungsart verschieden ist. Hier ist ein Kundenkontakt, sprich die physische Einbeziehung des externen Faktors, nicht zwingend erforderlich. Auf der Nachfrageseite entwickelt sich beim externen Faktor das Bedürfnis ein spezifisches Dienst- leistungsangebot in Anspruch nehmen zu wollen. Ohne dieses Input des externen Faktors kann keine Dienstleistung zustande kommen. Daher handelt es sich bei der Dienstleistungserbringung um einen kombinierten und koordinierten Leistungsprozess, denn der externe Faktor ist quasi der alles entschei- dende Produktionsfaktor. Anbieter und Nachfrager (externer Faktor) einer Dienstleistung treffen auf der Kontaktebene aufeinander. Hier erfolgt die Endkombination, die Verrichtung der eigentlichen Dienstleistung unter konkreter Einflussnahme der Ansprüche und Wünsche des Nachfragers. Wie häufig und in welcher Form der externer Faktor auf dieser Kontaktebene Einfluss auf das Dienstleis- tungsprodukt nehmen muss, ist abhängig von der Art der Dienstleistung. Die Dienstleistung eines Friseurs wird üblicherweise erbracht, in dem der externe Faktor ein Mal, und das persönlich, auf den Anbieter trifft. Bei einer Rechtsberatung beispielsweise sind mehrere Kontakte notwendig, bis die gewünschte Dienstleistung erbracht ist. Der Kontakt muss aber im Verlauf der Dienstleistungserbrin- gung nicht immer in Form von „ face-to-face “-Kontakten erfolgen. An diesen Beispielen wird auch deutlich, dass die Ergebnisse von Dienstleistungen in ihrer Form und auch Dauerhaftigkeit unterschei- den können. Bezug nehmend auf die Mehrstufigkeit des Dienstleistungsprozesses unterscheidet Cors- ten (1990, S. 17) die Merkmale je nach Phasenzugehörigkeit in potential-, prozess- und ergebnisorien- tiert.

Letztlich ist noch zu klären, was bezogen auf das bisher Erwähnte explizit für die unternehmensorien- tierten Dienstleistungen zu berücksichtigen ist? Welche konstituierenden Merkmale könnten sie für sich beanspruchen? Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass unternehmensorientierte Dienstleis- tungen ein Teilbereich des Dienstleistungssektors sind. Sie sind daher ebenso als Wirtschaftsgüter, wenn auch immaterieller Art, akzeptiert, die einen Nutzen stiften, die nur durch Kombination be- stimmter Mengenverhältnisse von Produktionsfaktoren erstellt werden können, die relativ knapp sind und sich somit ein entsprechender Marktpreis abbilden lässt. Sie können aus diesem Grund ebenfalls als marktfähige Verrichtungen für Dritte aufgefasst werden, die das Ergebnis der Kumulation aus Bereitstellung interner Potenziale, der Durchführung Kunden integrierender Prozesse und dem Ange- bot immaterieller Ergebnisse sind. Die meisten der identifizierten konstituierenden Merkmale kommen ergo auch für sie in Betracht. Bei einigen Merkmalen, lässt sich aber feststellen, dass die unterneh- mensorientierten Dienste weit weniger mit diesen korrespondieren. Das führt dazu, dass man diese Abweichungen als charakteristisch empfindet. Das gilt beispielsweise für die Kriterien Dauerhaftigkeit und Standardisierbarkeit der Dienstleistung, Transport- und Lagerfähigkeit, Bedeutung des synchro- nen Kontaktes von Anbieter und Nachfrager. Unternehmensorientierte Dienstleistungen gelten als erklärungsbedürftiger und schwerer standardisierbar. Beaucamp (1995, S. 55) hat weitere allgemein gültige Abgrenzungskriterien definiert. Dabei wird deutlich, dass die Form des Dienstleistungsprozes- ses in der Regel eine andere ist als bei der Erbringung von haushaltsorientierten Dienstleistungen. Bis zur Kaufentscheidung vergehen tendenziell lange Entscheidungszeiträume. Die Inanspruchnahme von unternehmensorientierten Dienstleistungen beruht in der Regel auf rationalen Kaufentscheidungen. Impulsive Kaufentscheidungen sind, wenn überhaupt, nur von untergeordneter Bedeutung. Außerdem kann angenommen werden, dass Faktoren wie Qualität Leistung, professionelle Integrität, Erfah- rungen, Empfehlungen, Personalqualifikation, Spezialisierungsgrad, Kontaktart und Kontaktpersonen die für ihre Leistungen die besten Vorteile bieten. Dies kann als Ursprung der räumlichen Netzbildung von Dienstleistungsaktivitäten angesehen werden (Beispiel: multiple Standortorganisation, Herausbildung von „ front - und back-office “-Bereichen an verschiedenen Standorten) und kann funktionale Standortprägungen zur Folge haben.

für die Nachfrage solcher Dienstleistungen eine höhere Bedeutung haben als der Preis. Wenn man die räumliche Perspektive hinzuzieht, führen diese Abweichungen dazu, dass man unternehmensorientierte Dienstleistungen auch aufgrund der größeren Absatz-/ Transaktionsradien von sonstigen, speziell haushaltsorientierten Dienstleistungen abgrenzen könnte.

Die Bezeichnung „unternehmensorientiert“ zeigt zudem, dass unter Einbeziehung der Variable Funk- tionsorientierung bereits eine Abgrenzung von sonstigen Dienstleistungen in eine möglichst homogene Gruppe erfolgt ist. Man ist quasi der Empfehlung von Kemming (1990, S. 9) gefolgt, der den hetero- genen Dienstleistungsbereich von Fall zu Fall in geeignete, relativ homogene Teilbereiche aufsplitten würde, weil es analytisch nicht gelingt, Dienstleistungen übergreifend und dauerhaft zu definieren. Das die damit erzeugte Branchenselektion aber weit weniger homogen ist als angenommen, wird in Punkt 2.1.3 verdeutlicht.

2.1.2 Die Reflektion unternehmensorientierter Dienstleistungen in der statistischen Berichterstattung

Unternehmensorientierte Dienstleistungen lassen sich in der amtlichen Statistik auf zwei unterschied- liche Arten beschreiben (vgl. Radtke 1996, Häußer 1999, Beaucamp 1995, Corsten 1990, Allbach 1989). Zum einen im Rahmen der strukturellen (auch sektorale oder institutionelle genannt) Einteilung der Wirtschaftsbereiche. Dieser Gliederungsansatz ist outputorientiert, d.h. er verwendet das Produkt bzw. die Tätigkeit des Unternehmens als zentrales Klassifizierungsmerkmal. Derart gestaltet sind die gängigen Wirtschaftszweigsystematiken. Das bedeutet, dass Dienstleistungen, die innerhalb von Pro- duktionsunternehmen verrichtet werden, im sekundären Sektor untergehen, da der Produktionsbetrieb aufgrund des Sachgutcharakters seines finalen Produktes zum sekundären Sektor gezählt wird. Der funktionale Gliederungsansatz hingegen ist inputorientiert. Hier stehen die Tätigkeiten und Berufe der Personen im Vordergrund, unabhängig von deren Unternehmens- und struktureller Branchenzugehö- rigkeit. In Bezug auf Aussagen über den Umfang von Dienstleistungsaktivitäten lassen funktionale Einteilungen bessere und realistischere Ergebnisse zu, denn sie begreift Dienstleistungen nicht unab- hängig vom produzierenden Gewerbe, sondern sieht sie als Ergebnis einer zunehmenden Vertiefung der Arbeitsteilung im Produktionssystem. Die dabei erfassten Erwerbstätigen werden über ihre tat- sächlich ausgeübte Tätigkeit entsprechenden Berufsgruppen zugeordnet. Somit werden unternehmens- internen Tätigkeitsunterschiede viel stärker berücksichtigt und ermöglichen die Identifikation von Dienstleistungstätigkeiten in der Industrie oder Landwirtschaft.

Das größte Problem des strukturellen Ansatzes ist das Ignorieren des Wandels innerbetrieblicher Tä- tigkeitsfelder. Damit kann dieser Ansatz keinesfalls die tatsächliche Stärke des Strukturwandels abbil- den. Bade (1986, S. 696) betont, dass in funktionaler Hinsicht bereits 1950 mehr Personen im Dienst- leistungsbereich tätig waren. Dieser eigentliche Fortschritt geht in der strukturellen Sichtweise völlig unter. Der Strukturwandel, wenn man ihn als den Zeitpunkt interpretiert, zudem mehr Personen im Dienstleistungs- als im Produktionsbereich tätig sind, lag demnach in den 1970er Jahren91. Der funkti- onale Ansatz könnte viele Informationslücken füllen und die reale Entwicklung besser wiedergeben. Die Substitution scheitert bisher an der generell schlechten, für kleinere Raumkategorien gar nicht verfügbaren Datenlage zu Tätigkeitsstatistiken sowie der nur unregelmäßigen Erfassung. Der Wechsel muss aber erfolgen, denn die bisherige Vorgehensweise beim noch dominierenden strukturellen An- satz, Unternehmen nach dem Schwerpunktprinzip92 zuzuordnen wird künftig noch schwieriger. Im intensiven Zusammenspiel von Produktions- und Dienstleistungsbereichen sind (unternehmensorien- tierte) Dienstleistungen Leistungen, die als Vor-, Zwischen- oder Endprodukt in den eigentlichen Pro- duktionsprozess von Sachgütern integriert werden müssen. Dadurch verschwimmen die Grenzen zwi- schen Dienstleistungen und Sachgut (sog. Hybridisierung), es entstehen hybride Produkte (Punkt 2.2.2). Die Distanz zwischen Produktionstätigkeiten und Dienstleistung wird permanent kleiner.

Eine überaus anschauliche und verständliche strukturelle Einteilung des Dienstleistungssektors ist der Universität Eichstätt/Ingolstadt (2008) im Rahmen der Beurteilung des Dienstleistungsstandortes Bayern gelungen93. Mit Hilfe der Variablen Unternehmensorientierung und Wissensintensität wird der tertiäre Sektor in vier Quadranten separiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5: Einteilung des Dienstleistungssektors;

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Universität Eichstätt/Ingolstadt, 2008, S. 28.

Der unternehmensorientierte Dienstleistungsbereich wird gebildet aus den Quadranten 3 und 4 (gestrichelt), den operativen und den wissensintensiven unternehmensorientierten Dienstleistungen. Der vierte Quadrant beinhaltet noch das Subsegment der technologieintensiven unternehmensorientierten Dienstleistungen (4a). Quadrant 3 und Quadrant 4 bzw. 4a unterscheiden sich verschieden hohe Wissensintensität. Die restlichen Quadranten 1 und 2 sind haushaltsorientierte Dienstleistungen und werden nicht weiter berücksichtigt. In diese Quadranten ist die Brancheneinteilung der Wirtschaftszweigsystematik von 2003 (WZ 2003) übernommen worden (Abbildung 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.6: Einteilung des unternehmensorientierten Dienstleistungssektors;

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Universität Eichstätt/Ingolstadt, 2008, S. 28.

Im Vergleich mit strukturellen Gliederungsansätzen anderer Autoren zeigt sich, dass hier die unter- nehmensorientierten Dienstleistungen deutlich weiter gefasst sind. Nach Reduzierung der Branchen einmal der einen Abteilung, einmal einer anderen Abteilung zuzurechnen ist. Zudem ist ohne gesonderte Erfas- sung eine einwandfreie Klärung welche Leistung den größeren Beitrag zur Wertschöpfung leistet nicht möglich. auswahl bleiben folgende Branchen als unternehmensorientierte Dienstleistungen zurück (zur besseren Übersicht werden die Branchencodes aufsteigend sortiert)94:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.1: Branchen der unternehmensorientierten Dienstleistungen (Basis WZ 2003).

Da es keine allgemein anerkannte Definition von Dienstleistungen im funktionaler wie im sektoraler Hinsicht gibt, sind beide Betrachtungsweise einer gewissen Willkürlichkeit bei der Definition dazugehöriger Branchen ausgesetzt. Das mündet in eine Vielzahl unterschiedlicher Varianten der funktionalen und sektoralen Abgrenzung von unternehmensorientierten Dienstleistungen95. Das steigert nicht nur die Unsicherheit und Unübersichtlichkeit, es erschwert auch die Vergleichbarkeit bei Längs- und Querschnittsanalysen. Besonders problematisch für die statistische Abgrenzung von unternehmensorientierten Dienstleistungen sind Mischformen. Es handelt sich dabei um Dienstleistungen, die nicht eindeutig gemäß dem Nachfrageschwerpunkt auf Unternehmen zugeordnet werden können. Ein nicht unerheblicher Teil erbringt Dienstleistung für andere als die unternehmerischen und öffentlichen Bereiche96. Diese Fälle im Vorfeld zu erkennen ist fast unmöglich.

Der funktionale Gliederungsansatz soll im Folgenden vernachlässigt werden, da er in der Regel nicht im Einklang mit den verwendeten Datengrundlagen dieser Arbeit steht. Genauere, auf der Berufsord- nung beruhende Abgrenzungen unternehmensorientierter Dienstleistungen finden sich bei Radtke (1996, S. 5) sowie Beaucamp (1995, S. 74ff.). Im Übrigen hat man trotz besserer Aussagekraft mit ähnlichen Problemen wie beim strukturellen Ansatz zu „kämpfen“: uneinheitliche Begriffsabgrenzung sowie begriffliche Vielfalt und Überschneidungen. Hinzu kommt als weiteres Ausschlusskriterium die mangelhafte Datenverfügbarkeit, die mikroräumliche Aussagen, z.B. auf Stadtteilebene, unmöglich machen.

Zu den mit diesen beiden Betrachtungsweisen generell verbundenen Problemen im Hinblick auf die statistische Berichterstattung gesellen sich weitere hinzu. Erstens die fehlende Abstimmung mit Dienstleistungsstatistiken in der EU. Eine internationale Vergleichbarkeit setzt die Interpretation meh- rerer Wirtschaftszweigsystematiken (z.B. NACE und ISIC) voraus. Zweitens gibt es Probleme, die mit statistischer Datenerfassung grundsätzlich verbunden sind, denn das statistische Informationssystem hinkt der Realität naturgemäß hinterher. Die Daten liegen demnach in sachlicher Form nicht in der nötigen Datentiefe vor. Wenn die Fragestellung noch einen räumlichen Bezug aufweist, ist die Ver- fügbarkeit noch diffiziler, denn je kleiner die untersuchte Raumkategorie ist, desto seltener sind Daten oder Datenreihen verfügbar.

2.1.3 Die Heterogenität des unternehmensorientierten Dienstleistungsbereiches

Das Problem der genauen Definition eines unternehmensorientierten Dienstleistungsbereiches setzt sich auch nach der Abgrenzung von sonstigen Dienstleistungen fort. Aufgrund dessen eigener interner Vielfalt existieren auch hier viele Untergliederungsvorschläge, die auf unterschiedlichen Einteilungs- kriterien beruhen97. Eine interne Differenzierung des unternehmensorientierten Dienstleistungsberei- ches, die sich in den letzten Jahren in den Vordergrund gedrängt hat, beruht auf dem Qualifikations- grad der Beschäftigten. Man unterscheidet auf Basis dessen zwischen einfachen und höherwertigen unternehmensorientierten Dienstleistungen. Diese Form der Differenzierung entsprang den verstärkt seit den 1990er Jahren gemachten Beobachtungen, dass gerade die höherwertigen unter den unterneh- mensorientierten Dienstleistungen besonders dynamisch wachsen. Für die höherwertigen unterneh- mensorientierten Dienstleistungen existieren wiederum zahlreich synonym verwandet Begriffe98. Die Bezeichnung wissensintensive unternehmensorientierte Dienstleistungen ist im deutschsprachigen Raum inzwischen weit verbreitet.

Die Bezeichnung „wissensintensiv“ deutet darauf hin, welches das wichtigste Gut solcher Unterneh- men ist. Damit soll sich dieser Bereich vor allem von denen unternehmensorientierten Dienstleistun- gen abgrenzen, der sich eher durch Routineleistungen gekennzeichnet ist, deren Anforderungen an das Qualifikationsniveau geringer sind, deren Leistungen standardisierter sind, häufiger nachgefragt wer- den und die nahezu ubiquitär vorhanden sind (vgl. de Lange, 1993, S. 19). Wissensintensive bzw. höherwertige unternehmensorientierte Dienstleistungen sind dagegen gekennzeichnet durch viel grö- ßeres Know-How, das sich sowohl in der Potentialproduktion als auch in der Endkombination der Dienstleistung widerspiegelt99. Diese Dienstleistungen sind Kern der sich herausbildenden Wissens ökonomie, weil sie einerseits selbst neues, wirtschaftlich verwertbares Wissen generieren und für die Diffusion dessen als auch anderem Wissen verantwortlich sind. Sie verbessern den Informationstrans- fer und sorgen für eine breitere Anwendung der Wissensbasis (sog. Brücken- oder Knotenfunktion, Reuter, 2001, S. 20f.) Ihre Dienstleistung ist aufgrund des Informations- und Wissensgehaltes kom- plexer, hochwertiger, viel seltener mit materiellen Dingen verbunden (sprich hoher Grad an Immate- rialität) und kundenindividueller (sprich nur sehr schwer standardisierbar bzw. hohe Auftragsindividu- alität). Die Leistungserstellung ist deutlich erklärungsbedürftiger und kann deshalb nur durch einen sehr intensiven Interaktions- und Kommunikationsprozess erfolgen. Wissensintensive Dienstleistungs- anbieter müssen den Nachfrager neben ihrem speziellen Wissen auch mit „Ergänzungswissen“ versor- gen können, da ihre Leistungen sehr oft für strategische Entscheidungen beim Nachfrager herangezo- gen werden100. Als diesem Dienstleistungssegment zugehörig gelten jene Dienstleistungsbranchen, in denen der Anteil von Akademikern (inbes. Naturwissenschaftlern, Ingenieure) sowie der Anteil der in Forschung, Entwicklung, Planung und Konstruktion Beschäftigten überdurchschnittlich ist101. In An- lehnung daran bilden die in Tab. 2 aufgelisteten Branchen den wissensintensiven, unternehmensorien- tieren Dienstleistungsbereich (vgl. Koschatzky 2005, ZEW 2002, Strambach 2007)102.

Der Vergleich dieser Branchenaufzählung mit derjenigen, die üblicherweise für die unternehmensori- entierten Dienstleistungsunternehmen im Allgemeinen verwendet wird (Tab. 1) zeigt, dass die wis- sensintensiven ein reines Subsegment dieser sind. Obwohl diese Arbeit nicht speziell auf den wissens- intensiven Bereich eingeht, darf deren Beitrag zum Wachstum des gesamt unternehmensorientierten Dienstleistungsbereiches nicht vernachlässigt werden. Die entsprechende Argumentation erfolgt im Rahmen von Punkt 2.2.

[...]


1 Vgl. Krämer, 1997, S. 171.

2 Dazu gehören zwingend die Bevölkerung, die Faktorbestände, der Stand der Technik und damit die volkswirtschaftliche Produktionskapazität (vgl. Heinrichsmayer et al., 1993, S. 548).

3 Für weiterführende Erläuterungen zur Zyklentheorie siehe u.a. Corsten (1990) und Bathelt (2002).

4 Die volkswirtschaftlichen Ziele, die Rostow als charakteristisch für das Zeitalter des Massenkonsums ansieht (Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens und Ausdehnung moderner Technologien verlieren zu Gunsten der Stei- gerung außenpolitischer und -wirtschaftlicher Macht, Massenkonsum hochwertiger Verbrauchsgüter, Erreichung eines Wohlfahrtsstaatsniveaus an Relevanz), sind u.a. für Deutschland nicht mehr aktuell. Grund hierfür sind politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen, deren Ausmaß bzw. Existenz damals nicht vor- hergesagt worden sind. Beispielhaft sei der bereits hohe Ausstattungsgrad der deutschen Haushalte mit höher- wertigen Verbrauchsgütern und Dienstleistungen zu nennen (Fernseher, privates Kfz, Urlaubsreisen).

5 vgl. Schätzl, 2003, 171ff. und Corsten, 1990, S. 1f

6 Vgl. Corsten (1990, S. 2) und Allbach (1989, S. 24).

7 Bei Klodt et al. (1997, S. 17ff.) werden diese als Nachfrage-Bias bzw. Produktivitäts-Bias bezeichnet.

8 In der traditionellen Literatur gibt es mehrere verschiedene Kriterien, die für die Abgrenzung der drei Sektoren gegeneinander genutzt werden. Clark (1940) führte das Abgrenzungskriterium der Einkommenselastizität der Güternachfrage ein, welches auch Fisher nach mehrfachem Wechsel anerkannte. Clark selbst nahm die sektorale Abgrenzung dann anhand der Veränderung der Arbeitskräfteverteilung sowie der dominierenden Güterart vor. FOURASTIÉ (1950) nutzte den technischen Fortschritt, Wolfe (1955) hingegen die Dominanz eines Produktionsfaktors (vgl. hierzu u.a. Pohl (1970, S. 314f.), Corsten (1990, S. 2ff), Häußer (1999, S. 4f)).

9 Engel wies 1857 empirisch nach, dass die Reichen relativ mehr für Dienstleistungen als für Waren ausgeben.

10 Klodt et al. (1997) nennt hierfür die geringeren Möglichkeiten der Mechanisierung, Automatisierung sowie des Einsatzes von modernen Produktionstechnologien.

11 Vgl. Kellerman, 1985, S. 137.

12 Die Jahreszahlen der Veröffentlichungen der Vertreter dieser Theorie schwanken, da erstens jeweils spätere Überarbeitungen veröffentlicht wurden, zweitens es auch Abweichungen aufgrund des Bezuges auf die später erschienenen, jeweils in die deutsche Sprache übersetzte Werke gibt.

13 Umfassende kritische Auseinandersetzungen mit den Hypothesen der Drei-Sektoren-Theorie finden sich bei Corsten (1990, S. 4f.); Albach (1989, S. 26ff.); Pohl (1970); Häußer (1999, S. 21ff.).

14 Die Hoffnung entsprang den Annahmen, dass durch technischen Fortschritt im sekundären Sektor Arbeitskräf- te freigesetzt und umgehend im aufstrebenden tertiären Sektor unterkommen. Triebkräfte des tertiären Wachs-

15 Die institutionelle Abgrenzung der Sektoren hinkt, weil unberücksichtigt bleibt, dass Dienstleistungen auch im sekundären und primären Sektor erbracht werden.

16 Da zum einen die Einkommenselastizität der Nachfrage im tertiären Sektor nicht pauschal als hoch angenommen werden kann. Zum anderen existieren bei genauer Betrachtung des tertiären Sektors sehr wohl Dienstleistungsarten, die eine hohe Produktivitätsentwicklung aufweisen (vgl. Pohl, 1970, S. 6ff.).

17 Plate, von, 2003, S. 3.

18 Vgl. Dicken (2007, S. 37) oder Kulke (2005, S. 5).

19 Vgl. Lammers, 1999, S. 14.

20 Nach Lammers (1999, S. 15f.) stehen Unternehmen hierzu mehrere Optionen zur Verfügung, die allein oder in Kombination die nötige Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten können. Er sieht in der Veränderung der Preis- und Produktpolitik, der Rationalisierung des Produktionsprozesses, der Beschränkung auf Kernkompetenzen sowie möglichen intra- und interregionalen Kooperationen entsprechende Potentiale. Mit diesen Optionen sind natürlich auch mehr oder weniger starke Optimierungen der unternehmerischen Organisation verbunden. Regionen müssen versuchen, ihre Vorteile zu stärken, damit sie weiterhin für bestehende Unternehmen interessant bleiben und daneben mobile Produktionsfaktoren anziehen.

21 Der Begriff „ Fordismuskrise “ entstammt der Regulationstheorie. Die in den 1980er Jahren entstandene Theo- rie dient der Erklärung langfristiger ökonomischer Entwicklungen kapitalistischer Volkswirtschaften. Ingesamt wurden bisher drei Entwicklungsphasen ausgemacht, in deren bisher letzter Phase, dem Postfordismus, wir uns noch heute befinden. Die einzelnen Phasen trennt jeweils eine strukturelle Krise, die dann vorliegt, wenn das Akkumulationsregime und die Regulationsweise soweit auseinander driften, dass der Entwicklungszusammen- hang den sie durch ihr Zusammenwirken eigentlich postulieren, nicht mehr logisch geschweige denn umsetzbar erscheint. Die Fordismuskrise ist somit die Krise, die den Wandel des Fordismus zum Postfordismus einleitete.

22 vgl. Krätke, 1995, S. 17.

23 Vgl. Thomi / Sternberg, 2008, S. 73.

24 Das Konsummodell des standardisierten Massenkonsums wurde ersetzt durch eine hochgradige Differenzierung und Aufspaltung von Konsummustern (vgl. Krätke, 1996, S. 10f.).

25 Eine Gegenüberstellung der maßgeblichen Charakteristika (Akkumulationsregime bestehend aus Produkti- onsmodell und Konsummuster und der Regulationsweise (Rolle des Staates) von Fordismus und Postfordismus zeigen die drastischen Gegensätze beider Modelle und lassen erahnen, welchen tief greifenden ökonomischen und wirtschaftspolitischen Wandel sie eingeleitet haben (vgl. Dicken 2007; Maier/ Tödtling 2002, Sternberg 1995, Bathelt 1995).

26 Vgl. Krätke, 1996, S. 10.

27 Vgl. Bathelt, 2002, S. 30f..

28 Vgl. Bathelt, 1995, S. 177f..

29 Schamp (1999, S. 126ff.) hat in Anlehnung an Leborgne/ Liepitz nochmals festgehalten, das die diversen

Flexibilisierungsformen in Kombination miteinander gebraucht werden. Gemäß der Strategie, die hinter dieser Kombination steckt, unterscheidet man die sog. high-road - von der low-road -Flexibilisierung. Während die low- road -Flexibilisierung primär der Kostenreduktion durch numerische Flexibilisierung und der Auslagerung von

30 Bathelt (1996, S. 178) und Dicken (2007, S. 97) zählen einige dieser Flexibilisierungsoptionen auf.

31 Vgl. Bathelt, 1996, S. 179.

32 Räumlicher und organisatorischer Ausdruck des „ lean management “ sind mehr oder weniger starre und breite Zulieferernetzwerke, die in den Produktionsprozess eingebunden sind. Ihre Aufgabenbereiche können die Liefe- rung (u.a. „ just-in-time “), die Endmontage bestimmter Produktteile („ first tier supplier “) und/ oder die gleichzei- tige Mitentwicklung von Modulen („ simultaneous engineering “) abdecken (vgl. Schamp, 1999, S.87f.).

33 Nach Sternberg ist die vertikale Desintegration zwar nur eine von vier Formen der Produktionsorganisation, aber unter den Bedingungen der flexiblen Produktion und Spezialisierung die betriebswirtschaftlich Sinnvollste (vgl. 1995, S. 163).

34 Siehe Bathelt, 2002, S. 254.

35 Vgl. Maier/ Tödtling, 2002, S. 164.

36 Vgl. Krätke, 1995, S. 72.

37 Vgl. Pohle, 2003, S. 2.

38 Vgl. Bathelt, 2004, S. 136f..

39 Auf makroökonomischer Ebene sticht insbesondere die neue Form der Wettbewerbsintensität heraus. Durch wachsende globale Arbeitsteilung und das Erstarken von Schwellenländern sind bereits entwickelte Volkswirt- schaften gezwungen, andere bzw. neue Wertschöpfungsschritte zu gehen. Auf mikroökonomischer Ebene sind v.a. kürzere Produktlebenszyklen, Individualisierung von Konsummustern, Entstehen von Nischenmärkten und die Probleme des fordistischen Produktionsmodells Treiber eines Wandels (vgl. u.a. Aslesen et al., 2007, S. 45).

40 Information und Wissen werden oft synonym zur Beschreibung immaterieller Sachverhalte benutzt. Es gibt aber wesentliche Unterschiede in Inhalt, Eigenschaften, die Pohle (2003, S.4f) als auch Ellger (1996, S. 92f.) versuchen zu definieren und so beide Begriffe voneinander abzugrenzen.

41 vgl. Hofmann, Jan (2007): Wachstumsmarkt Wissen. Deutsche Bank Research, S.3-6.

42 Andere, synonym verwendete Bezeichnungen sind Informationsgesellschaft, wissensbasierte Ökonomie, knowledge based economy oder knowledge economy (vgl. Kujath 2007).

43 Siehe Kujath, 2005b, S. 25.

44 Vgl. Kujath, 2007, S. 3ff..

45 Wachsende Wissensintensität in der Wirtschaft stellt mehr und neue Anforderungen an die in der Wissensökonomie tätigen Personen, an deren Fähigkeiten sowie an deren Motivation. Die Fragestellungen tangieren also u.a. Kompetenzbereiche der Bildungs-, Arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Förderpolitik.

46 Vgl. Kujath, 2005a, S. 10f.. Ein Beispiel für die Analyse der Wissens- bzw. Informationsgesellschaft, verstan- den als einen Branchenkomplex, ist die Untersuchung der Informationswirtschaft von Matuschewski (2004).

47 Siehe Bördlein, 1993, S. 25.

48 Im Folgenden wird der Begriff Informations- und Kommunikationstechnologie durch das Kürzel IuK- Technik bzw. -Technologie ersetzt.

49 Vgl. Strambach, 2004, S. 3 und Bördlein, 1993, S. 25.

50 Pohle (2003, 9ff.) hat folgende konkrete Wirkungen der IuK-Technik auf den Produktionsfaktor Wissen aus- gemacht: 1. leichtere Umwandlung des impliziten in explizites Wissen, wodurch es speicherfähig und anschlie- ßend eine leichtere räumliche und zeitliche Diffusion ermöglicht; 2. Entwicklung neuer Informationstechnolo- gien, die eine weitere Senkung der Transportkosten ermöglichen; 3. leichtere Aneignung von Wissen, sofern Kenntnisse über Bedienung der entsprechenden Technik vorhanden ist; 4. Mehrfachnutzung und Akkumulation durch leichtere Speicherung.

51 Vgl. Kujath, 2005, S. 26f..

52 Über IuK-Netze wird v.a. solches Wissen verbreitet, dass leicht kodifizier- wieder dechiffrierbare ist und somit vom Empfänger problemlos umgesetzt werden kann. Wissen, dass nicht standardisierbar ist, und in Vorbereitung komplexer wirtschaftlicher Transaktionen weitergegeben werden soll, bedarf trotz aller technischen Möglichkei- ten immer noch der persönlichen Ebene in Form von „ face-to-face “-Kontakten. Hierfür sind Vertrauensverhält- nis, längerfristige Kooperations- und Geschäftsverhältnisse wichtig. Diese Form der Weitergabe spielt besonders in frühen Phasen des Produktlebenszyklus eine große Rolle. Limitierend für die Verbreitung von Wissen ist auch das Maß der Beschränkung der Kollektivgut-Eigenschaft von Wissen, was durch Patente, Urheberrechte und

Copyrights unterschiedlicher räumlicher Reichweite abgesichert sein kann.

53 Mitte der 1980er Jahre setzte eine Diskussion um die räumlichen Wirkungen der neuen Techniken der Kom- munikation und Datenverarbeitung (Telematik) ein, die als „ Telematikdebatte “ (Laaser et al, 2005, S. 73) be- kannt ist. Ergebnis dieser Debatte waren Thesen, die die Nutzung von neuen IuK-Techniken sowohl mit zentrali- sierenden als auch mit dezentralisierenden Tendenzen und den entsprechenden raumstrukturellen Veränderungen (Ausgleich bzw. Verstärkung regionaler Disparitäten) in Verbindung brachten (vgl. Spehl, 1985, S. 258ff., Laaser et al, 2005, S. 78f.). Einen neuen Schub hatte die Debatte durch das Internet bekommen, da die Thesen auf weniger universellen Kommunikationsmitteln beruhten. Durch das in entwickelten Volkswirtschaften nahezu ubiquitär verfügbare Internet sind Transaktionen noch billiger, noch schneller geworden und werden damit auch die räumliche Struktur von Produktion, Warendistribution, Ansiedlung und Wohnen nachhaltig verändern.

54 Die Ursachen für die Veränderungen im Nachfrageverhalten der privaten Haushalte ist eine Folge der neuen Gegebenheiten des postfordistischen Akkumulationsregimes bzw. Regulationsweise. Die im Fordismus noch teilweise durch staatliche Eingriffe homogenisierte Nachfrage konnte im Zuge der Deregulierung und Liberali- sierung der Wirtschaftswelt nicht mehr verfolgt werden. Der sekundäre Sektor setzte durch Implementierung des technischen Fortschritts zahlreiche Arbeitskräfte frei, die bisherige Verbindung zwischen Lohn- und Produktivi- tätsentwicklung wurde entkoppelt. In der Folge kam es zu Arbeitsmarktspaltungen sowie zu sozialen Polarisati- onsprozessen, die von wachsenden Einkommensunterschieden begleitet wurde. Die private Nachfrage hat sich durch die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse zwangsläufig verändert und stärker segmentiert (vgl. Krätke 1996, S.10; Altenburg 1996, S.60f.).

55 Dieser „ filtering down “-Prozess war in zahlreichen hoch entwickelten Industrieländern zu beobachten. Er

bringt zum Ausdruck, dass westliche Industrieländer Anteile bei der Fertigung technologisch einfacher, standardisierter Massenfertigungen verlieren. Diese Anteile wandern im Zuge der zunehmenden internationalen Arbeitsteilung in andere Länder aus, die Unternehmen die Ausnutzung komparativer Kostenvorteile ermöglichen (vgl. von Einem, 1995, S.121).

56 Porter (1989, S. 19ff) sieht im Markteintritt neuer Konkurrenten, in der Gefahr von Ersatzprodukten, in der

Verhandlungsstärke der Abnehmer, in der Verhandlungsstärke der Lieferanten und der Rivalität unter vorhandenen Wettbewerbern als die entscheidenden Kräfte im dynamischen Wettbewerbsprozess, mit denen jedes Unternehmen konfrontiert wird. Ziel der unternehmerischen Wettbewerbsstrategie ist es demnach, unter Berücksichtigung dieser Kräfte einen Wettbewerbsvorteil zu generieren, der das Unternehmen erstens in eine gewinnbringende Position manövriert und der sich zweitens auch behaupten lässt.

57 Vgl. von Einem, 1995, S. 34f..

58 Nach Porter (1989) ist Substitution der Vorgang, bei dem ein Produkt oder eine Dienstleistung durch andere ersetzt wird, um für einen Abnehmer eine bestimmte Funktion oder bestimmte Funktionen zu erfüllen. Substitution ist eine Funktion des Wert/Preis-Verhältnisses von miteinander Konkurrierendem sowie mit deren Austausch verbundenen Umstellungskosten. Der Substitutionsprozess ist untrennbar mit dem Strukturwandel verbunden, denn die zunehmende Kostenempfindlichkeit hat die Suche nach Einsparpotentialen im allen Unternehmensbereichen intensiviert. Der Ersatz menschlicher Arbeitskraft durch neu entwickelte Maschinen, der Ersatz alter durch neue, teilweise synthetische Roh-, Werk- u./o. Hilfsstoffe, oder der Ersatz bisheriger durch neue Beschaffungs- u./o. Absatzkanale sind nur einige wenige Beispiele.

59 Vgl. Müller et al., 2000, S. 261.

60 Vgl. Altenburg, 1996, S. 62.

61 Die Plurilokalität der unternehmerischen Wertkette macht solange betriebswirtschaftlich Sinn, wie die höheren Transportkosten nicht die Ersparnisse der neuen Produktionsorganisation übersteigen. Da die postindustrielle Gesellschaft von einem Bedeutungsverlust der traditionellen Produktionsfaktoren gegenüber dem Faktor „Wis- sen“ gekennzeichnet ist, spielen Transportkosten in Abhängigkeit vom Unternehmenskontext eine immer gerin- gere Rolle. Die IuK-Technik macht Wissen, einmal in kodifiziertes Wissen umgewandelt, zu einem nahezu barrierefrei verfügbaren Gut.

62 Vgl. u.a. Strambach (2004), Altenburg (1996), Krätke (1996), von Einem et al. (1995), Piontek (1997), Gep- pert (1999) sowie Staudacher (1991 und 1992). Zur Klärung dieses Sachverhaltes werden auch die Begriffe „ organisatorischer Wandel “, „ organisatorische Innovationen “ sowie „ ver ä nderte Managementstrategien “ ver- wendet.

63 Vgl. Krätke, 1996, S. 11.

64 Mit Erreichen einer Mehrbetrieblichkeit sind folgende Ziele verbunden: Rationalisierung, Markt- und Informationspräsenz sowie Unternehmenssicherung (vgl. Staudacher, 1991, S. 116ff.).

65 Das Steuerungszentrum übernimmt spezifische Funktionen, wie strategisches Management und Bereitstellung von Investitionskapital (vgl. Dicken, 2007, S. 311ff.).

66 Die hier angedeutete betriebliche Neuorganisation entstammt dem „ lean management “, dass im Kern die Ver- ringerung der Fertigungstiefe in einem Unternehmen bzw. „unter einem Dach“ propagiert (vgl. v. Einem et al. 1995). Ferner finden sich darin auch Parallelen zur Theorie neuer Produktionsmodelle, die die veränderten

67 Die Neuorganisation, die i.d.R. mit der Zersplitterung des vertikal integrierten Unternehmenskomplexes ein- hergeht, steht nicht im Widerspruch zum allgemeinen beobachtbaren Trend der Zentralisierung und Konzentrati- on ökonomischer Macht durch Akquisitions- und Fusionsprozesse auf der Unternehmensebene in kapitalisti- schen Marktsystemen. Das Modell der dynamischen Flexibilität zeigt erstens, dass auch große, auf Massenpro- duktion fokussierte Unternehmen, erfolgreich in einem schnelllebigen Markt arbeiten können. Zweitens sind KMU gegenüber Großunternehmen teilweise gar nicht in der Lage sich aufgrund hoher Markteintrittsbarrieren oder sonstiger Kapazitätsbeschränkungen flexibel am Markt zu bewegen. Und drittens ermöglichen technologi- sche Entwicklungen die zentralisierte administrative Führung eines in kleine Produktionseinheiten aufgeteilten Großunternehmens. Damit wird eine Flexibilität erreicht, die der von kleinen Unternehmen gleichkommt. Das Dilemma der Vor- und Nachteile von Groß- wie auch Kleinunternehmen im Hinblick auf Wettbewerb, Innovati- ons- und Reaktionsfähigkeit liegt demnach in einer sinnvolle Kombination der Vorteile von Groß- wie auch klein- und mittelständischen Unternehmen (vgl. von Einem et al. 1995, S.138; Dicken 2007, S. 307ff.; Bathelt 1995, 188f.).

68 Dicken (2007, S. 6ff) bezeichnet diese Globalisierung von Produktionstätigkeiten als „global shift“, der dadurch gekennzeichnet ist, dass Produktionsteile zunehmend in Billiglohnländer ausgelagert wurde.

69 Vgl. Dicken, 2007, S. 316f..

70 Durch technischen Fortschritt waren im Bereich der Dienstleistungen Produktivitätszuwachse durch Techni- sierung und Rationalisierung möglich. Damit muss das Postulat der Sektorentheoretiker, die uns einen tertiären (Dienstleistungs)-Sektor vermittelten, der aufgrund des Charakters von Dienstleistungen als Dienste am Men- schen, nur äußerst begrenzt für Technisierung und Rationalisierung empfänglich ist, entkräftet werden.

71 Vgl. Gershuny 1981; Braun 2003, S. 10; Ellger 1988, S. 52f.; Würth 1986, S. 179ff.;, Hoffmann 1986, S.69.

72 Ein Beispiel hierfür ist der bereits heute mögliche Betrieb von Selbstbedienungsmärkten im Einzelhandel (siehe www.future-store.org).

73 Mit politischem Zwang wird v.a. die EU-Vorgabe angesprochen, die die Mitgliedsstaaten unter Androhung finanzieller Sanktionen dazu auffordert, ihr Haushaltsdefizit nicht über 3% ihres BIP wachsen zu lassen. Vor diesem Hintergrund, steht der Staat vor der Aufgabe Einsparungsmöglichkeiten zu suchen und seine Staatsquote zu senken. Er steckt quasi in einer Finanzierungskrise.

74 Beispiele hierfür sind kommunale und regionale Verwaltungsreformen in Sachsen-Anhalt, in deren Verlauf bis 2010 erst die Zahl der Landkreise verringert wurde und sich ländliche Kommunen ab 2010 zu Einheitsgemeinden zusammenschließen müssen. Ziel dieser Reformen ist u.a. die Verschlankung des Verwaltungsapparates. Ein Beispiel für die Privatisierung ehemals öffentlicher Dienstleistungen ist die Veräußerung von Teilen des regionalen Schienenverkehrsnetzes an regionale Verkehrsbetriebe (vgl. Braun, 2003, S.8f.).

75 Siehe Ellger, 1988, S. 6.

76 Vgl. Braun, 2003, S. 6.

77 Vgl. Pohle, 2003, S. 2.

78 Diese Teilprozesse finden sich bei Motzkus (2000, S. 266), spiegeln sich aber auch in den „Megatrends“ in Kapitel 1.1.2 wider. Die Beschreibung der postindustriellen Gesellschaft erfolgt in Anlehnung daran.

79 Vgl. Schamp, 1999, S. 122.

80 Dabei wird davon ausgegangen, dass Institutionen der öffentlichen Hand in diesem Fall ebenfalls Unterneh- men sind.

81 Vgl. Brake, 1990, S. 37.

82 Fertigungsnahe Dienstleistungen gehen in der Sachgüterproduktion auf, was es mitunter schwierig macht,

ihren Umfang und Wert genau zu quantifizieren. Diese Menge wird auch als produktionsorientierte, industrielle, industrienahe, sekundäre oder intermediäre Dienstleistungen sowie im englischen Sprachraum als „ producer services “ bezeichnet. Hinzu kommen die Begriffe, die synonym für den gesamten unternehmensorientierten Dienstleistungsbereich benutzt werden. Eine Auswahl hiervon findet sich bei Beaucamp (1995, S. 52).

83 Zur Problematik der statistischen Berichterstattung bezüglich unternehmensorientierter Dienstleistungen und damit verbundener Fragestellungen siehe Punkt 2.1.4.

84 Eine Zuordnung soll in diesen Fällen nach dem Schwerpunktprinzip erfolgen, d.h. diese Dienstleistung wird dem Bereich zugesprochen, für den es den größten Beitrag leistet. Dieses Prinzip kann aber nur verfolgt werden, wenn genaue Zahlen vorliegen. Da es keine permanente statistische Erfassung solcher gibt, ist man auf sporadi- sche Primärerhebungen angewiesen, die aber keine wiederum dauerhafte Zuweisung rechtfertigen können.

85 Die residuale Definition (auch Negativdefinition genannt) entspricht dem traditionellen Verständnis von Dienstleistungen, die diese als verbleibenden Rest nach erfolgter Zuordnung aller sonstigen ökonomischen Produkte (Sachgüter) verstanden hat. Dieser Rest wurde ohne weitergehende differenzierende Ansätze in der Kategorie „tertiärer Sektor“ zusammengefasst (siehe Drei-Sektoren-Theorie). Enumerative Definitionsans ä tze sind ebenso mehr oder weniger präzise. Sie bestehen aus einer Auflistung von solchen Branchen, die Dienstleistungscharakter haben. Ausgangspunkt solcher Auflistungen sind subjektive Vorstellungen davon, was Dienstleistungen eigentlich sind (vgl. Corsten 1990, S. 17ff.; Neuhoff 1998, S. 3ff.).

86 Beaucamp (1995, S. 20) bringt zum Beispiel noch die geringe Steigerungsrate der Arbeitsproduktivität sowie die Einkommenselastizität der Nachfrage als vermeintliche Dienstleistungscharakteristika in Spiel. Kemming (1990, S. 9) bedient sich ebenfalls der Arbeitsproduktivität, darüber hinaus bezeichnet er noch Auftragsindividualität als typisch für Dienstleistungen.

87 Corsten (1990, S. 22f) sieht durch die Eigenschaften Immaterialität sowie der Existenz eines externen Faktors die Dienstleistungen am besten repräsentiert.

88 Solche Systematisierungsansätze dienen nicht nur der inneren Gliederung des Dienstleistungsbereiches, sie bringen die Vielschichtigkeit des unter dem tertiären Sektor subsumierten Bereiches zum Ausdruck und sind darüber hinaus für raumbezogene Fragenstellungen von Bedeutung. Die Unterschiede in Produktionsinhalt, - technologie, der Art der Kontaktorganisation und die Mitwirkung des externen Faktors haben differenzierte räumliche Implikationen (vgl. Staudacher, 1991, S. 49.)

89 Eine ausführliche Kritik traditioneller Dienstleistungsmerkmale führt Staudacher (1995, S. 148ff) durch. Er nimmt dabei explizit Bezug auf die Arbeit von Ellger (1993). Die Widersprüche und Zwiespälte, die sich durch unterschiedliche Betrachtungsweisen der Thematik ergeben, kann man hier sehr gut nachvollziehen.

90 Diese Erkenntnis ist Ausgangspunkt dafür, dass Potentialproduktion und Endkombination von Dienstleistun- gen organisatorisch und räumlich getrennt werden können. Beide Ebenen können sich an Standorten ansiedeln,

91 Siehe Abbildung zur Entwicklung zur Dienstleistungsgesellschaft in funktionaler als auch in sektoraler Gliederung in Bade (1986, S. 696).

92 Das Schwerpunktprinzip sagt aus, dass das Unternehmen dem Bereich zugeordnet wird, der den größeren Beitrag zur Wertschöpfung liefert. Zum Beispiel findet in der strukturellen Gliederung die Handelsleistung von Bauunternehmen keinen Niederschlag, wenn der größere Teil der Wertschöpfung der Erstellung von Bauwerken zuzurechnen ist. Konsequenz dieses Zuordnungsprinzips ist, dass infolge auch nur marginaler Veränderungen der anteilsmäßigen Verteilung der Wertschöpfung auf einzelne Unternehmensbereiche ein und derselbe Bereich

93 Siehe Universität Eichstätt/Ingolstadt, 2008.

94 Dem Bereich der wissensintensiven Unternehmensdienstleistungen (Quadrant 4) sind das Verlagsgewerbe (22.1) sowie mehrere Bereiche des Kultur- und Unterhaltungsbereiches (92.1-92.4) zugeordnet worden. Dem Gros der bekannten Einteilungen zu unternehmensorientierten Dienstleistungen folgend, sollen die genannten Bereiche in dieser Arbeit ausgegrenzt werden. Punkt 2.1.3 wird zeigen, dass diese Bereiche auch als quartäre Dienstleistungen, als Teile der Informationswirtschaft oder als Branchen der Kultur- und Kreativökonomie aufgefasst werden. Auch die Branchen 67.1 und 67.2 sollen vernachlässigt werden, da die Zuordnung des Kreditund Versicherungsgewerbe (65-67) zum unternehmensorientierten Dienstleistungsbereich erstens nicht eindeutig, zweitens eine hohe Fallzahl sog. Mischformen zu erwarten ist und drittens der Bereich als Nachfrager am Leipziger Büromarkt eine nur untergeordnete Rolle spielt (siehe Abb. 25).

95 Vgl. Radtke, 1996, S. 9f.. Auch Kalmbach (2003, S. 13ff.) beispielsweise muss zahlreiche begriffliche und sektorale Abgrenzungen betrachten, bevor er eine befriedigende Definition von unternehmensorientierten Dienstleistungen vornimmt. Auch die in Tab.1 als unternehmensorientierte Dienstleistungen ausgewiesenen Branchen 64.1 und 64.3 sind nicht überall als solche anerkannt.

96 Während Unternehmen der Werbebranche ihre Leistungen nahezu komplett anderen Unternehmen anbieten, finden Leistungen der Rechts- und Steuerberatung ihre Abnehmer auch bei Haushalten und Privatpersonen. Gleiches gilt auch für Technische Dienste, wie Architektur- und Ingenieurbüros oder den Bereich der Immobilienwirtschaft (u.a. Haus- und Grundstücksverwaltung- und -vermittlung).

97 In Anlehnung an Corsten (1990, S. 23) müssen diese unterschieden werden nach der Anzahl der zur Differenzierung herangezogenen Merkmale. Bei Nutzung eines Merkmals spricht man von Klassifikationen, bei Differenzierungen auf Basis mehrerer Merkmale handelt es sich um Typologien. Beispiele für die Bandbreite existierender Klassifikationen finden sich bei Corsten (1990, S. 24f.) sowie Staudacher (1991, 49ff.).

98 Als weitere Bezeichnungen lassen sich in der Literatur u.a. „ knowledge intensive business services (KIBS) “ oder „ advanced business services “ ausmachen. Auch der Bereich der „KIBS“ wird noch weiter untergliedert: nach funktionalen Schwerpunkten kann man technische, computer-orientierte sowie nicht-technische „KIBS“ unterscheiden. Näheres zur Nomenklatur dieses Segmentes, das innerhalb der unternehmensorientierten Dienst- leistungen angesiedelt ist, findet sich bei Thomi/ Böhn (2005), Häußer (1999) und Czarnitzki/ Spielkamp (2000).

99 Eine in diesem Zusammenhang zu klärende Frage ist, wie man diese Wissensintensität messen soll (siehe u.a. Haas/ Lindemann, 2003, S. 4f.).

100 Sowohl 2007 (S. 708) als auch bereits 1993 (S. 37).

101 Die Definition entstammt dem Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands (BMBF, 2007, S. 27).

102 Diese Einteilung gibt den Kern der wissensintensiven Dienstleistungen wider. In der Literatur finden sich noch enumerativ abgegrenzte Einteilungen, die weitere Branchen diesem Segment zuordnen: Kulke (1998, S. 185), das ZEW (2007, S. 2) sowie Häußer (1999, S. 15) zählen auch das Kredit- und Versicherungsgewerbe (WZ 2003: 65-67) zu den wissensintensiven Dienstleistungsbereichen. Strambach (1999, S. 7), Otto (2005, S. 202) und Thomi/ Böhn (2005, S. 6) machen dies nicht, haben dafür aber die Bereiche Gewerbsmäßige Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften (74.5) sowie Erbringung von sonstige Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen (74.8) als den wissensintensiven Dienstleistungen zugehörig identifiziert.

Fin de l'extrait de 172 pages

Résumé des informations

Titre
Unternehmensorientierte Dienstleister in Leipzig
Sous-titre
Die Bedeutung für den urbanen Büromarkt unter Berücksichtigung der Standortstruktur und -dynamik
Université
Martin Luther University  (Institut für Geographie)
Note
1,3
Auteur
Année
2009
Pages
172
N° de catalogue
V169266
ISBN (ebook)
9783640876341
ISBN (Livre)
9783640876402
Taille d'un fichier
2734 KB
Langue
allemand
Mots clés
Geographie, Dienstleistungen, unternehmensorientierte Dienstleistungen, Wissensökonomie, Leipzig, Immobilie, Büromarkt, Büromarktforschung, tertiärer Sektor, business related services, service economy, Immobilienzyklus, Standortverlagerung, Standortstruktur, Standortdynamik, Immobilienmarkt, quartärer Sektor, Bürostandort, Bodenmarkt, Sach- und Struktureffekt, Strukturwandel
Citation du texte
Daniel Sehnert (Auteur), 2009, Unternehmensorientierte Dienstleister in Leipzig, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169266

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