Das neuzeitliche Publikum lässt sich immer wieder aufs Neue vom mittelalterlichen Rittertum begeistern. Mehr als die Geschichtsschreibung hat dazu aber die Romanliteratur beigetragen. Ihre ersten Meisterwerke knüpften schon eine Verbindung zwischen Roman und Ritter. Wolfram von Eschenbach erzählt in seinem „Parzival“ von seinem Titelhelden „Parzival“ und vom Artusritter Gawan. In seinem Versroman der mittelhochdeutschen höfischen Literatur, der vermutlich im ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts entstand, schildert er einerseits die Erziehung des Parzivals vom Unwissenden zum Gralskönig, andererseits die gefahrvollen Bewährungsproben des Artusritter Gawan. Parzivals Erziehung zum Ritter und seine Suche nach dem Gral ist, wie der Erzähler mehrfach betont, Hauptthema der Handlung. Dem Werk wird eine einzigartige Wirkungsgeschichte im Mittelalter nachgesagt werden. Joachim Bumke spricht von einer „literarischen Sensation“, die das Werk gewesen sein soll, so häufig zitiert und kopiert wie kein anderes im 13. Jahrhundert. Wolfram von Eschenbach verarbeitet alle geläufigen Problemstellungen der literarischen Epoche wie Minne- Problematik, „Aventiure“- Forderungen, Herrscher- Idoneität und religiöse Determiniertheit. Damit kommt dem Roman exemplarische Bedeutung für die Themenkomplexe der höfischen Literatur insgesamt zu. Ein weiteres Beispiel für die Verbindung von Ritter und Roman ist Ulrich von Zaztikhovens „Lancelet“. Er ist eine Nachdichtung eines unbekannten altfranzösischen Artusromans. Der Held des Romans ist der Ritter Lancelot, dessen Geschichte wenig früher auch Chrétien de Troyes in seinem „Le Chevalier de la Charette“ erzählt hatte. Die Thematik ist auch hier Erziehung und Ritterlehre. Lanzelet wird von einer Fee auf eine, nur von Frauen bewohnte Insel, entführt, wo er erzogen wird. In ihm wächst der Wunsch die Welt kennenzulernen, woraufhin er aufbricht, um Ritter zu werden. In der vorliegenden Arbeit versuche ich, die Darstellung der Erziehung und Ritterlehre im „Parzival“ und im „Lanzelet“ zu skizzieren. Ausgehend von einer kurzen Definition des Ritterbegriff und des Ritterideals, werde ich erst die zwei erwähnten höfischen Romane des Mittelalters einzeln untersuchen. Besondere Beachtung lege ich bei „Parzival“ auf die Elternvorgeschichte, die Kindheit in Soltane und Parzivals Kontakte mit der Ritterwelt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- 1. Erziehung und Rittertum im Mittelalter
- a. Der Ritterbegriff
- b. Das Ritterideal
- 2. Erziehung und Rittertum im „Parzival“ Wolfram von Eschenbachs
- a. Kurze Inhaltswiedergabe
- b. Geburt und Kindheit in Soltane
- c. Ritterlehre
- 3. Erziehung und Rittertum in Ulrichs von Zatzikhovens „Lanzelet“
- a. Kurze Inhaltswiedergabe
- b. Geburt, Kindheit und Erziehung in der Märchenwelt
- d. Ritterlehre
- 4. Vergleich von Erziehung und Ritterlehre im „Parzival“ und im „Lanzelet“
- 1. Erziehung und Rittertum im Mittelalter
- III. Zusammenfassung und Bilanz
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Darstellung von Erziehung und Ritterlehre in zwei bedeutenden höfischen Romanen des Mittelalters: Wolfram von Eschenbachs „Parzival“ und Ulrich von Zatzikhovens „Lanzelet“. Die Analyse fokussiert auf die Entwicklung der Protagonisten vom Unwissenden zum Ritter und beleuchtet die Rolle der Erziehung in diesem Prozess.
- Der Ritterbegriff und das Ritterideal im Mittelalter
- Erziehung und Ritterlehre in „Parzival“
- Erziehung und Ritterlehre in „Lanzelet“
- Vergleich der Rittererziehung in beiden Romanen
- Zusammenfassung und Bilanz der Ergebnisse
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Relevanz des Rittertums für die neuzeitliche Kultur dar und führt die beiden untersuchten Romane, „Parzival“ und „Lanzelet“, ein. Sie verdeutlicht die Bedeutung der Rittererziehung in beiden Werken und skizziert den Aufbau der Arbeit.
- Erziehung und Rittertum im Mittelalter: Dieses Kapitel beleuchtet den Ritterbegriff und das Ritterideal im Kontext des mittelalterlichen Adels und seiner Lebensweise. Die Entwicklung des Rittertums als sozialer und kultureller Faktor wird dabei betrachtet.
- Erziehung und Rittertum im „Parzival“ Wolfram von Eschenbachs: Dieses Kapitel analysiert die Erziehung und Ritterlehre des Protagonisten Parzival in Wolfram von Eschenbachs Roman. Die Elternvorgeschichte, Kindheit in Soltane und Parzivals Kontakte mit der Ritterwelt werden dabei beleuchtet.
- Erziehung und Rittertum in Ulrichs von Zatzikhovens „Lanzelet“: Dieses Kapitel befasst sich mit der Darstellung von Erziehung und Ritterlehre im „Lanzelet“. Es untersucht die Elternvorgeschichte, die Kindheit und Erziehung des Protagonisten Lanzelet in der Märchenwelt sowie seine Ritterlehre.
- Vergleich von Erziehung und Ritterlehre im „Parzival“ und im „Lanzelet“: Dieses Kapitel stellt die beiden Romane einander gegenüber und vergleicht die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den Kindheitsmustern und der Ritterlehre.
Schlüsselwörter
Rittertum, Mittelalter, höfische Literatur, Erziehung, Ritterideal, „Parzival“, Wolfram von Eschenbach, „Lanzelet“, Ulrich von Zatzikhoven, Minne, Aventure, Gralskönig, Märchenwelt, Ritterlehre.
- Quote paper
- Lisa Schüssler (Author), 2009, Kindheit und Erziehung in Wolfram von Eschenbachs „Parzival“ und in Ulrichs von Zatzikhovens „Lanzelet“ im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169562