Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zum aktuellen Stand literarischen Lernens in der Grundschule
2.1 Literarisches Lernen (nach Spinner)
2.2 Kinderliteratur im Grundschulunterricht
3 Szenische Interpretation (nach Ingo Scheller)
3.1 Szenische Interpretation und Szenisches Spiel
3.2 Funktionsweise und Ziel Szenischer Interpretation
3.3 Verfahren Szenischer Interpretation
3.4 Verankerung Szenischer Interpretation im Kerncurriculum
3.5 Szenische Interpretation in der Grundschule
4 Planung und Darstellung der Unterrichtseinheit
4.1 Sachanalyse der Ganzschrift ‚Rettet das Klassenfest!‘
4.2 Darstellung der Lerngruppe
4.2.1 Allgemeine Angaben zur Lerngruppe
4.2.2 Fachspezifische Angaben zur Lerngruppe
4.3 Didaktische Überlegungen
4.4 Methodische Überlegungen
4.5 Überblick über die Unterrichtseinheit
4.6 Planung und Darstellung einer ausgewählten Doppelstunde
4.6.1 Lernausgangslage und Ergebnisse der vorangegangenen Stunden
4.6.2 Angestrebte Kompetenzen der Unterrichtsstunde
4.6.3 Didaktische und methodische Vorüberlegungen
4.6.4 Verlaufsplanung
4.6.5 Reflexion
5 Reflexion der Unterrichtseinheit
6 Ausblick
7 Literatur- und Quellenangaben
8 Abbildungsverzeichnis
9 Anhang
10 Erklärung
1 Einleitung
Die folgende Situation ist unter Deutschlehrern wohl weitläufig bekannt: Im Klassenverband wird eine Lektüre gelesen. Obwohl sie den Interessensgebieten der SuS1 entgegenkommt, hören trotzdem nicht alle zu bzw. lesen nicht alle mit, einige schauen aus dem Fenster, andere lenken einander ab oder wer- den abgelenkt.
Auch ich als ‚Berufsanfänger‘ habe eine solche Situation bei der Erarbeitung der letzten Ganzschrift erlebt. Irgendwann wurde in der Unterrichtseinheit ein Punkt erreicht, an dem es schwer war, den Blick und die Gedanken der SuS wieder auf die Handlung des Buches, die Figuren und ihre Beweggründe zu lenken. Da ich das Literarische Lernen nach Kaspar H. Spinner bereits in einem anderen Zusammen- hang kennengelernt hatte, drängte sich mir die Frage auf, wie ich die SuS dazu bringen könnte, sich persönlich in die Lektüre einzubringen und über Figuren und ihre Handlungen zu sprechen und sie nachzuvollziehen. Über diese Gedanken kam ich zu Ingo Scheller, der lange Zeit an der Universität Oldenburg, an der ich studiert habe, die Methode der Szenischen Interpretation entwickelt hat. Bei der Szenischen Interpretation handeln die SuS in vorgestellten Rollen und Situationen, die sie der Lektüre entnehmen. Je genauer ihre Vorstellungen, umso mehr können sie sich und ihre Haltungen und Empfin- dungen in die Szenen mit einbringen. Gleichermaßen können sie über das szenische Handeln mit ihnen unbekannten Gefühlen, Ansichten und Verhaltensweisen anderer Rollen o. Ä. in Kontakt kommen und dabei neue Erfahrungen machen. Alltagsszenen wie die o. g. haben mir die Frage aufgedrängt, wie ich als Lehrkraft möglichst viele SuS involvieren, ihr Interesse wecken - ihnen also einen Zugang zur Lek- türe ermöglichen kann. Diesbezüglich sehe ich Schellers Methode als Chance an und möchte daher in der vorliegenden Examensarbeit eine Antwort auf folgende Leitfrage finden:
Können sich möglichst viele SuS anhand der Szenischen Interpretation möglichst intensiv in die Lektüre ‚ Rettet das Klassenfest! ‘ einfühlen und hineindenken?
Gerade bei einer Methode wie der Szenischen Interpretation, bei der das szenische Agieren im Vordergrund steht, stellt sich das Problem der Validierung dieser Fragestellung. Anhand von Schreib- und Malprodukten der SuS, Fotos der Einheit und meiner Reflexion der Umsetzung der Methode denke ich eine ausreichend belegte Antwort auf diese Frage geben zu können.
Um meine Arbeit auf ein theoretisches Fundament zu stellen, skizziere ich in Punkt 2 den Stellenwert literarischen Lernens in der Grundschule, das Literarische Lernen nach Spinner und die derzeitige Ver- wendung von Kinderliteratur im Unterricht der Grundschule.2 Ingo Schellers Methode der Szenischen Interpretation erläutere ich knapp in Punkt 3, beschränke mich bei der Planung und Darstellung der Einheit in Punkt 4 jedoch auf zwei seiner szenischen Verfahren. Eine Unterrichtsstunde wird ausführ- lich dargestellt und diese Stunde wie die Einheit insgesamt gegen Ende der Arbeit reflektiert. In einem abschließenden Ausblick werde ich Schlussfolgerungen für meine weitere Arbeit ziehen.
2 Zum aktuellen Stand literarischen Lernens in der Grundschule
Der positive Trend der Kinder- und Jugendliteratur3 hält auch am Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends an. So steigen seit Jahren nicht nur die Umsätze in diesem Segment, es nimmt an Vielfäl- tigkeit auch immer mehr zu. 2009 verkaufte der deutsche Buchhandel knapp 25 Prozent mehr Bücher der KJL als noch im Jahr zuvor. Auch das Angebot prosaischer Texte erweitert sich enorm (vgl. Wrobel 2010: 4). Die Erweiterung des KJL-Angebots geht jedoch nicht mit einer gleichermaßen steigenden Lesemotivation einher. Zwar interessierte sich 2008 gut jedes zweite Kind im Grundschulalter für Bü- cher und ebenso viele gaben an, mindestens einmal in der Woche ein Buch zu lesen.4 Andererseits ‚ou- tete‘ sich damals je nach Datenquelle ein Sechstel bzw. sogar jeder Vierte aller Grundschulkinder als Nichtleser, womit sie Teil eines jahrelangen Trends sind, der bis heute anhält (vgl. KIM-Studie 2008: 23 und Schäfer & Ringwald 2008: 1).5
Einen weiteren Trend stellt ebenfalls seit einigen Jahren das Verhalten von immer mehr Erwachsenen dar, die vermehrt zu Titeln der KJL greifen. Den Hauptgrund sehen Experten darin, dass in wachsen- dem Maße All-Ages-Texte auf dem KJL-Markt angeboten werden. Das sind literarische Texte, die sich mittels vielfältiger Leseanreize, Zugänge, Sprach- und Erwartungsebenen und der Ausrichtung auf kindliche, jugendliche und erwachsene Verständnishorizonte ein ganz heterogenes Publikum, und eben nicht nur Kinder, ansprechen (vgl. Wrobel 2010: 4). All-Ages-Literatur, auch Scharnierliteratur ge- nannt, wird zunehmend als eigene Subgattung anerkannt, die sich thematisch wie die Erzählweise be- treffend sowohl an jüngere als auch an ältere Leser/innen richtet.6 Dem Jugendlichen kommt dabei die offene Ausrichtung der Literatur zu Gute, da ihm weder eindeutige Problemlösungsmodelle noch ande- re Orientierungshilfen gewiesen werden, sondern er selbst Entscheidungen treffen und eigenständig aus verschiedenen Sinndeutungsmustern wählen muss (vgl. ebd.: 6-8). „Aktuelle KJL […] liefert nicht pä- dagogische Deutungsmuster mit, sie setzt auch weniger auf inhärente Moralperspektiven, sondern über- lässt zunehmend dem Leser, Positionen zu finden und zu beziehen“ (ebd.: 7).7
2.1 Literarisches Lernen (nach Spinner)
Das eben geschilderte Fehlen pädagogischer Deutungsmuster kann dem diesbezüglich vorgebildeten Menschen alarmierend vorkommen, bietet doch die Beschäftigung mit offener Literatur, im Sinne des literarischen Lernens, eine Vielzahl von Möglichkeiten zu lernen, Lese-, aber auch Sachkompetenzen zu erwerben und besonders sich selbst als Persönlichkeit zu entwickeln (Ich- und Sozialkompetenz).8 Kaspar H. Spinner mahnt in diesem Zusammenhang, dass Lesen bzw. der Umgang mit (literarischen) Texten nicht nur dem Erwerb möglichst hoher Lesekompetenz im Sinne des sinnentnehmenden Lesens dienen darf. Trotz Vergleichstests wie VERA, IGLU und LUST dürfen die literaturästhetischen Aspek- te im Deutschunterricht der Grundschule nicht außer Acht gelassen werden, was ich ob meiner bisher geringen praktischen Erfahrung nur unterstreichen kann (vgl. Spinner 2007: 3, Stenzel 2007: 2 und Richter 2007: 4f.). Spinners Definition des Literarischen Lernens umfasst elf Lernprozesse, Aspekte genannt, die speziell im Umgang mit literarischen Texten9 zum Tragen kommen (können). Zudem um- fasst Literarisches Lernen auch auditive und visuelle Medien, weshalb die Erfahrungen noch leseunfä- higer Kleinkinder mit erzählten Märchen oder dem Besuch im Kindertheater ebenfalls zu dieser Art des Lernens zu zählen sind (vgl. Spinner 2007: 3 sowie 2006: 6). Als Ziel für den Literaturunterricht be- stimmt Spinner die literarische Kompetenz10, also den kompetenten Umgang mit literarischen Texten. Diese Fähigkeiten an konkreten Texten zu erlernen und auf weitere Texte übertragen bzw. wieder an- wenden zu können, ist die primäre Intention des kompetenzorientierten Literaturunterrichts. Nachrangig ist z. B. die stimmige Interpretation eines Textes (vgl. ebd.: 7). „Das schließt kumulatives Lernen ein und damit die Überlegung, ob und wie das, was man in einer Unterrichtseinheit vermittelt, aufbaut auf dem, was vorher gemacht wurde, und auf weitere Lernprozesse vorbereitet“ (ebd.: 7). Literarisches Lernen geht somit über das Erlernen und beharrliches Üben von Lese- und Analysestrategien, aber auch über die alleinige Förderung von Leselust hinaus. Die durch die elf Aspekte näher bestimmte literari- sche Kompetenz soll die Augen öffnen für intensives, vertieftes literarisches Verstehen (vgl. ebd.).11 Demgemäß soll der Unterricht so gestaltet werden, dass er „den Schülerinnen und Schülern den Erwerb literarischer Kompetenz als Gewinn erfahrbar macht“ (ebd.). Dass Literarisches Lernen ein Bestandteil des Grundschulunterrichts sein soll, bereits durch vorschulische Lesesozialisation vorbereitet wird und den SuS in der GS12 Zugänge zu diesen Aspekten des Lebens ermöglichen bzw. ihre literarischen Erfah- rungen vorantreiben kann, haben neben Spinner auch Gudrun Stenzel und Elvira Armbröster-Groh in ihren Artikeln ausführlich herausgearbeitet.13 Allerdings wird in Grundschulen nur wenig darauf hinge- arbeitet, den jungen SuS einen auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Zugang zu anspruchsvoller Literatur zu ermöglichen (vgl. Richter 2007: 6). „Die meisten Überlegungen zur Entwicklung literaturästheti- scher Kenntnisse setzen frühestens mit der Klassenstufe fünf ein“ (ebd.).
2.2 Kinderliteratur im Grundschulunterricht
Die Nutzung von Kinderliteratur im Unterricht der Grundschule hat nach wie vor einen hohen Stellen- wert.14 Trotz der Hervorhebung des sinnentnehmenden Lesens werden im Literaturunterricht der GS auch mehr oder weniger phantastische Texte behandelt. Leider geschieht dies viel zu selten, obwohl die Kinder den qualitativ hochwertigen Texten großes Interesse entgegenbringen. So findet phantastische Kinderlektüre, auch wenn sie hohen inhaltlichen Anspruch bietet, eher selten ihren Weg ins Klassen- zimmer (vgl. Lange & Ziesenis 2007: IV). Zudem ist laut einer Untersuchung von Henryk Pattensen die aktuell in der GS verwendete Kinderliteratur meist veraltet und stammt häufig aus den 1970er Jahren. Dieses Auswahlprozedere stellt für Karin Richter einen Grund für den Verlust von Lesefreude bei den jüngeren SuS dar. Einen anderen Grund verortet sie in veralteten literaturdidaktischen Methoden, wie dem enormen Einsatz von Arbeitsblättern (vgl. ebd., Richter 2007: 4 und Deutsche Presse-Agentur 2005: o. S.). Bezüglich der Auswahl der im Unterricht verwendeten Literatur weist Dieter Wrobel da- rauf hin, dass die Texte ernst genommen und sowohl ihre inhaltlichen und ästhetischen Merkmale als auch ihre literarischen und pädagogischen Aspekte gleichwertig Beachtung finden müssen. So soll die Unterrichtslektüre neben Textverständnis auch Welt- und Selbstverständnis fördern. Sinn der Lektüre ist das literarische Lernen, also den SuS z. B. beim Selbstverständnis, der Identitätsbildung und der Bewältigung von bestimmten Entwicklungsaufgaben zu helfen, ihr Wissen von der Welt im nahen wie fernen Bereich und im Konkreten wie im Abstrakten zu erweitern und ihnen literarische und literaturäs- thetische Bildung zu vermitteln (vgl. Wrobel 2010: 10).15 Laut meiner bisherigen Berufserfahrung in Praktika wie Referendariat werden Kinderbücher im Deutsch- und Deutschförderunterricht der GS häu- fig eingesetzt. Je nach Lerngruppe und Ziel der Beschäftigung wird bewusst eher bild- oder textlastige Lektüre gewählt und mit Kindern erarbeitet, d. h. gemeinsam erlesen, vorgelesen, Bilder präsentiert, in verteilten Rollen gelesen, besprochen, schriftlich oder künstlerisch aufgearbeitet und auch gerne in ein Theaterstück übersetzt und aufgeführt. Die gewählte Grundschullektüre wird dabei stets aus dem tradi- tionellen Bereich der KJL genommen, ohne postmoderne, offene Texte wie o. g. im Klassenraum aus- zuprobieren. Abschließend bleibt festzuhalten, dass laut einiger Untersuchungen Grundschulkinder Literaturunterricht als persönliche Bereicherung empfinden, wenn er Begegnung mit vielfältiger Litera- tur, ein Miterleben und Involviertsein in Aneignungsprozesse und vertiefte inhaltliche Auseinanderset- zung ermöglicht (vgl. Richter 2007: 4-6). Trotzdem werden „Kinderbücher […] in deutschen Grund- schulen sehr viel seltener verwendet als in vielen anderen Staaten“ (Bos 2004: 35).
3 Szenische Interpretation (nach Ingo Scheller)
Eine Methode des Literarischen Lernens ist die Szenische Interpretation16, die im Besonderen von Ingo Scheller in Anlehnung an Boal, Brecht und Stanislawski erarbeitet, in der Praxis erforscht und stetig weiterentwickelt wurde und somit deutlich von ihm ‚geprägt’ ist (vgl. Scheller 2004: 16 und Grenz 1999: 157).17 Ein Ausgangspunkt dafür waren Schellers Erfahrungen mit dem herkömmlichen Litera- turunterricht, den er für die SuS als nicht hinreichend ergiebig erlebte. Ähnlich, wie in der von mir in der Einleitung skizzierte Situation, erging es Scheller in seinen ersten Dienstjahren als Lehrer, in denen es ihm nur selten gelang, seine Begeisterung für Literatur auch in seinen SuS zu erwecken (vgl. Scheller 2007: 11 sowie 2004: 14).18 Selbstreferentielle Leseprozesse der SuS, also solche, bei denen sich der/die Lesende in die Charaktere hineinversetzt, von selbst entwickelten Vorstellungen angezogen oder abgestoßen wird und Handlungsmuster, Lebensentwürfe und Ereignisse wahrnimmt und auf sich über- trägt19, sind laut Scheller eher bei Literatur mit bestimmten Motiven als bei solcher von offensichtlich hoher literarischer Qualität zu finden. Zudem befriedige die Medien-, Freizeit- und Warenwelt die Be- dürfnisse der SuS viel unmittelbarer als die der Literatur (wenngleich diese durch Hörbücher aller Art der Lebenswelt heutiger Kinder und Jugendlicher etwas näher gebracht wird20 ) (vgl. Scheller 1996: 22). Nicht zuletzt sei der Unterricht Mitschuld, „in dem Lesen und Interpretieren nicht selten zur sinnfeind- lichen Arbeit verkommt“ (ebd.). Einen Lösungsansatz für dieses Problem entwickelte Scheller gemein- sam mit Schüler/innen und Student/innen, indem sie theater- und schauspielpädagogische sowie sozio- und psychodramatische Ansätze und Verfahren, z. B. von Brecht und Boal, auf ihre Tauglichkeit bezüg- lich literarischen Lernens hin untersuchten, erprobten und überarbeiteten (vgl. Scheller 2004: 16f.). Scheller selbst sieht die Szenische Interpretation nicht nur als Methode für die Institution Schule oder als Zugang zur Literatur, sondern auch als Bearbeitungsmöglichkeit für journalistische Texte, Filme und Bilder bzw. sogar als „Antwort auf pädagogische Problemfelder“ (Scheller 2007: 9), also ebenfalls als Lernform für den außerschulischen Bereich, z. B. im Rahmen von Sozialarbeit und Supervision (vgl. ebd. und Scheller 2004: 17).
3.1 Szenische Interpretation und Szenisches Spiel
Sowohl der Begriff ‚Szenisches Spiel‘ als auch ‚Szenische Interpretation’ sind beide unmittelbar mit dem Deutschdidaktiker Ingo Scheller verbunden, der tiefgehende und langjährige Forschung auf diesem Gebiet tätigte (vgl. Scheller 2007: 9-15). Scheller brachte zu jedem der Begriffe einen Band auf den fachdidaktischen Buchmarkt, in dem er jeweils ein Kapitel dem anderen Begriff widmet.21 „In der fach- didaktischen Literatur scheinen diese Bezeichnungen manchmal zu verschwimmen und sogar bei Schel ler selbst kann der Eindruck von einer synonymen Verwendung entstehen“ (Schäfer 2009: 16). So bin auch ich mir bei meiner Arbeit mit einer Vielzahl von Scheller-Texten unterschiedlichen Datums nicht sicher, ob bei Scheller eine klare Trennung und Definition der Bezeichnungen vorliegt, z. B. bei Schel- ler 2004: 14-17.22 Trotzdem lässt sich zusammenfassen, dass das ‚Szenische Spiel‘ nach Scheller eher als allgemeines pädagogisches Handlungskonzept anzusehen ist, während Schellers ‚Szenische Inter- pretation‘ ein speziell für den Literaturunterricht entwickeltes Konzept darstellt, das jedoch mit Verfah- ren des Szenischen Spiels arbeitet (vgl. Schäfer 2009: 16 und Baer 1981: 191). „Die Grundbegriffe und Verfahrensweisen sind zwar zum großen Teil dieselben, werden aber aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Zielvorstellungen dargestellt“ (Schäfer 2009: 16). Demgemäß verstehe ich unter Szenischer Interpretation die Methode ‚Szenisches Spiel im engeren Sinne‘ nach Scheller, die dabei nahezu ausschließlich auf Literatur bezogen wird (vgl. Scheller 2007: 71f., Spinner 2001: 9 und Grenz 1999: 157).
3.2 Funktionsweise und Ziel Szenischer Interpretation
Im Deutsch- bzw. Literaturunterricht soll über Literatur nicht nur ‚geredet‘ werden. Vielmehr soll es dem/der Leser/in ermöglicht werden, in Texte einzutauchen, um eigene Erlebnisse, Wünsche und Haltungen auch zu komplexeren Texten in Bezug zu setzen und dadurch neue Erfahrungen zu machen (vgl. Scheller 1996: 22, ferner auch Spinner 2006: 7f.). Um dem/der Lesenden einen emotionalen wie kognitiven Zugang zu einem Text zu gewähren, müssen, so Schellers Idee, die „Inszenierungen im Kopf und die damit verbundenen Projektionen, Identifikationen und Stimmungen […] szenisch so dargestellt, kontrastiert, verfremdet und diskutiert werden, dass nicht nur die Handlung und die Figuren eines Textes, sondern auch die inneren und äußeren Haltungen der Interpreten sichtbar und bewusst werden können“ (Scheller 2004: 17).
Mittels verschiedener Verfahren der Szenischen Interpretation soll ein Auseinandersetzungsprozess der SuS mit Lektüre initiiert und intensiviert werden, in dem sie anhand der meist unbekannten Lebensentwürfe, Handlungen und Szenen eigene Erlebnisse, Emotionen und Verhaltensmuster ‚entdecken‘ und überdenken können (vgl. Scheller 1996: 22). Das szenische Handeln ermöglicht es den SuS dabei, die Figuren und Situationen nicht nur verbal, sondern auch körperlich mit Mimik, Gestik und Körpersprache darzustellen bzw. zu interpretieren. Dies wiederum erwies sich als sehr gut geeignetes Verfahren, um Themen und Fragestellungen, auch komplexerer Art, zu bearbeiten (vgl. Sign-Team 2009: o. S.). Laut Scheller (1996: 22) bietet die Szenische Interpretation „den Text als Partitur, als Spielmaterial für Inszenierungen an, gibt Anstöße für das Spiel in der Phantasie und im Klassenraum, für das Experimentieren mit Haltungen, Gesten, Sätzen, eröffnet Möglichkeiten, sich auch in fremde Figuren und Situationen einzufühlen, in Rollen und Szenen zu handeln, Haltungen und Handlungen zu erproben und in ihrer Wirkung zu erfahren.“
Dabei fungiert die Textgrundlage stets als Bezugspunkt der Interpretationen, da aus ihm die Szenen mit ihrer Verortung in Geschichte, Raum und ggf. dem Leben des/der Autor/in hervorgehen. In der Inter- pretation werden die Szenen (re-)konstruiert und von den SuS in Verbindung gebracht mit Szenen, die sie selbst kennen, erfahren haben, sich vorstellen oder in die sie denken, geraten zu können. Dadurch dass der Text inszeniert wird, geben die SuS ihm eine Körperlichkeit, die sich auf die betreffende Lek- türe, aber auch auf Erfahrungen und Einstellungen der SuS selbst, beziehen lässt. Die SuS aktivieren in diesem Prozess eigene Erlebnisse, Wünsche und Verhaltensmuster und machen sich diese (m. E. im Idealfall) bewusst (vgl. Scheller 2007: 159 und Scheller 1996: 22). Von anderen, durchaus ähnlichen szenischen Lehrformen unterscheidet sich die Szenische Interpretation durch „die Art und Weise, wie sie die sinn- und körperbezogenen Erlebnisse, Phantasien, Empfindungen und Verhaltensweisen der Schülerinnen und Schüler anspricht und zum Motor und Gegenstand bei der Auseinandersetzung mit dem Text werden lässt“ (Scheller 1996: 22). Die intensive emotionale und kognitive Auseinanderset- zung mit dem Text und gleichsam der reflexive Rückbezug auf sich selbst als hervorstechende Merk- male dieser Methode sind nur möglich, wenn sich die SuS so gründlich in die jeweilige Rolle einfühlen, dass ihr in der Interpretation gezeigtes Verhalten auch dem entspricht, das sie in analogen Alltagssitua- tionen zeigen (würden) (vgl. ebd.: 22f.). Gerade dieser Anspruch ist m. E. ein sehr hoher, der auch bei intensiver Vorbereitung einer Klasse nicht von jedem bzw. jeder Schüler/in erfüllt werden kann oder will. Das Ziel der Szenischen Interpretation liegt nicht in einer möglichst textgemäßen Aufführung oder einer ‚gelungenen‘ Inszenierung, sondern ausdrücklich in der Textinterpretation durch die Handlungen und Haltungen der SuS, dies sich diese im Prozess bewusst machen (können) (vgl. ebd.). Unter Haltung versteht Scheller (1995: 26) dabei das „Gesamt an inneren Vorstellungen, Gefühlslagen, sozialen und politischen Einstellungen, und Interessen (innere Haltung) und körperlichen und sprachlichen Ausdrucksformen (äußere Haltung), die eine Person in bestimmten Interaktionssituationen zeigt, aber auch längerfristig gegenüber anderen Menschen und sich selbst aufrechterhält.“
Dabei ist die Szenische Interpretation sowohl eindeutig textbezogen als auch handlungs-, produktions- und erfahrungsbezogen sowie subjekt- und gruppenbezogen (vgl. Scheller 1996: 23). So müssen die SuS genau auf den Text eingehen, um die „szenischen Leerstellen“ (ebd.) in ihrer sinnlichen Vorstel- lung auszufüllen. Im Vergleich zu anderen Interpretationsverfahren müssen dabei viel mehr Gegeben- heiten berücksichtigt werden. So müssen z. B. Räume aufgemalt, erbaut und beschrieben, Haltungen und Beziehungskonstellationen (re-)konstruiert und nachgeahmt, Rollenbiographien verfasst und Rol- lengespräche geführt werden (vgl. Scheller 2004: 18 und Scheller 1996: 23). Erfahrungsbezogen ist die Methode, weil die Erlebnisse, Phantasien und Handlungsmuster der SuS bewusst als Potentiale gesehen, beim Experimentieren mit Sprechweisen und Körperhaltungen o. Ä. aktiviert und z. B. bei der Rück- meldung zur szenischen Umsetzung einer Situation thematisiert werden (vgl. Scheller 1987: 191f.). Zudem werden auch vergessene und/oder ins Unterbewusstsein verschobene lustvolle wie destruktive Erlebnisse, Phantasien und Handlungsmuster über die sinnlich-emotionalen und szenischen Elemente sowie über die Einbeziehung des Körpergedächtnisses im Rahmen der Szenischen Interpretation akti- viert. Dadurch können diese individuellen ‚Gegebenheiten‘ im Schutz der Interpretation und der Rol- le(n) ausprobiert und als Erfahrung in das Selbstbild der SuS übernommen werden, ohne dass etwas davon offen oder auf das jeweilige Individuum bezogen thematisiert wird (vgl. Scheller 1996: 23). Da die Szenische Interpretation nur durch allerhand sprachliche und körperliche Handlungen, Mimik und Gestik sowie Interaktion funktioniert, die SuS ihre Deutungen immer wieder überdenken, überarbeiten und in Standbildern, Rollengesprächen und -biographien o. Ä. neu darstellen bzw. verfassen, ist die Methode sowohl handlungs- als auch produktionsbezogen (vgl. ebd.).
„Diese [szenischen wie nicht-szenischen] Handlungen dienen dabei nicht nur dem intensiveren Erleben des Textes und dem besseren Verstehen seiner Verfasstheit, sondern auch der Darstellung, Wahrnehmung und Reflexion der inneren und äußeren Handlungen und Haltungen, die die Schüler(innen) bei der szenischen Deutung des Textes zeigen“ (ebd.).
Subjekt- und gruppenbezogen ist die Szenische Interpretation, weil für ihr ‚Gelingen‘ jede/r der SuS und die Gruppe als solche gleich wichtig sind. Die Vorstellungen und Darstellungen der SuS stellen das sinnlich-konkrete Material dar, anhand dessen die Gestaltung und Diskussion der Szenischen Interpreta- tionen geleistet werden können, wobei alle emotionalen wie kognitiven Entwürfe gleichermaßen wert- schätzend aufgenommen werden sollen (vgl. Scheller 1996: 23). „Die Vorstellungen und Darstellungen der Einzelnen ergänzen sich, spielen zusammen, relativieren sich, verhindern vorzeitige Fixierungen und können gemeinsam am Text überprüft werden“ (ebd.). Auch die letztgenannte Idee Schellers erfor- dert m. E. von den SuS ein hohes Maß an Engagement, Motivation und grundlegend die Kompetenz, sich sprachlich und szenisch auszudrücken. Dies zu unterstützen stellt gleichermaßen hohe Anforderun- gen an die Lehrkraft, die den SuS die Methode näherbringen und bei deren Umsetzung stets helfend zur Seite stehen muss.23
3.3 Verfahren Szenischer Interpretation
Standbild: Haltungen einnehmen und zeigen (Körper- und Bewegungsübung)24
Standbilder sind bildliche und körperlich präsente Darstellungen von Situationen, Beziehungskonstella- tionen oder Handlungen. „Mit Standbildern können erlebte oder vorgestellte Situationen und Personen fixiert, ausgestellt und gedeutet […], Haltungen sichtbar gemacht, Beziehungen und Ereignisse auf den (sinnlichen) Begriff gebracht werden“ (Scheller 2007: 59). Dabei werden Situationen, Haltungen und Beziehungen auch durch die bildliche Komposition und die Perspektive des Standbildes interpretiert, im Besonderen aber durch die Bedeutung, die dem Bild, den Haltungen, Gesten und der Mimik von den beobachtenden SuS und den Akteuren selbst zugewiesen wird (vgl. ebd.). Bei dieser Form des Stand- bildes wählen die Akteure die Haltung selbst, die sie einnehmen wollen, konzentrieren sich auf die Hal- tung ihres Körpers und ihre Mimik und erstarren (‚to freeze‘) in dieser Position. Die Haltung Einzelner oder von Gruppen darf bzw. soll daraufhin nachgeahmt und reflektiert werden. Die entstandenen Stand- bilder können dann in unterschiedlicher Art und Weise gedeutet werden25 (vgl. Scheller 2007: 59-61 sowie 2004: 73). Szenische Interpretation26
Szenisch wird interpretiert, wenn Spieler/innen eine Szene bzw. Situation aus einer literarischen Vorla- ge darstellen und sich dazu im Vorfeld detaillierte Rollen- und Szenenvorstellungen angeeignet haben. Zu diesem Zweck müssen sich SuS sowohl in die innere als auch die äußere Welt der jeweiligen Rol- le/Figur hineinversetzen und ihre Haltungen und Handlungen daraus entwickeln (vgl. Scheller 2007: 71f.). Dabei sollen die Spieler/innen nicht nur so handeln, „wie es die Person, die sie spielen, getan haben könnte, sondern auch so oder ähnlich, wie sie selbst es hätten tun können“ (ebd.). Damit die SuS etwas von sich selbst zeigen und etwas über sich erfahren können, müssen sie sich bei der Erarbeitung der Rolle und der Szene eigene Erfahrungen, Phantasien und Handlungsmuster bewusst machen und in ihre Interpretation mit einbauen. Durch diesen anspruchsvollen Prozess kann (m. E. nur im Idealfall27 ) das individuelle Verhalten der SuS in der szenischen Darstellung gezeigt, ihnen ins Bewusstsein ge- bracht und somit szenisch reflektiert werden (vgl. Sign-Team 2009: o. S., Scheller 2007: 71f. sowie 2004: 78f.).28
Rollenschreiben: Rollenbiographie, Tagebuch, Brief (Textproduktion)
Das Schreiben von (kurzen) Texten aus einer Rolle heraus dient der Einfühlung in die Rolle einer literarischen Figur. Dazu stellt die Lehrkraft (‚Der Spielleiter‘) gezielte Einfühlungsfragen, die dann schriftlich beantwortet werden müssen (Biographie), gibt eine bestimmte Situation vor, in der schriftlich gehandelt werden soll (Brief), oder lässt in Form von Tagebucheinträgen Wahrgenommenes oder Erlebtes aus einer Rolle heraus nach- oder weitererzählen oder anderweitig kommentieren (vgl. Scheller 2007: 48f.). Die produzierten Texte dürfen den im literarischen Text gegebenen Informationen nicht widersprechen. Wo Hinweise für die Haltung oder Handlung im Text fehlen, sollen sich die SuS zusätzliche Informationen für diese literarischen Leerstellen ausdenken, um sich eine erweiterte Vorstellung von der Rolle/Figur zu bilden (vgl. ebd. und Scheller 2004: 62f.).
3.4 Verankerung Szenischer Interpretation im Kerncurriculum
Die Szenische Interpretation nach Scheller ist in Form einiger Verfahren des Szenischen Spiels direkt im Nds. Kerncurriculum verankert. So sollen die SuS am Ende der vierten Klasse in der Form über spezifische Leseerfahrung verfügen, dass sie unterschiedliche szenische Texte (kurze Szenen, Sketche etc.) und ebenfalls Kinderliteratur kennen, verstehen und unterscheiden können (vgl. Kerncurriculum 2006: 22f.). Zudem sollen die SuS sich mit einzelnen, prägnanten Szenen besonders auseinandergesetzt haben, z. B. durch antizipierende Verfahren (wie Plenumsgespräche), nachgestaltendes Malen bzw. Zeichnen, Textproduktionen (z. B. Führen eines Lesetagebuches, Umgestalten von Texten) und szeni- sches Darstellen. Szenische Darstellungen können zudem Grundlage für mündliche und andere fach- spezifische Leistungsnachweise sein (vgl. ebd.: 29). Außerdem sollen die SuS eigene und fremde Erlebnisse szenisch darstellen können, d. h. es soll ihnen möglich sein, vor anderen zu spielen, sich in Situationen und Figuren einzufühlen, Wirkungsweisen zu erproben, Rückmeldung zu Darstellungen zu geben sowie das Dargebotene nach festgelegten Kriterien zu bewerten (Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören) (vgl. Kerncurriculum 2006: 14).29 30
3.5 Szenische Interpretation in der Grundschule
Die Methode der Szenischen Interpretation entwickelte Scheller ursprünglich für und mit SuS der Se- kundarstufe I und II, wobei sie in den letzten 10-15 Jahren von vielen Didaktikern erfolgreich auf die Grundschule übertragen wurde (vgl. Grenz 1999: 157).31 Gemessen an den Definitionen Literarischer Kompetenz von Kasper H. Spinner (2007 und 2006)32 und Erich Schön (1990) mit essentiellen Kriteri- en, wie dem emotionalen Einlassen auf Texte und dem Verbinden von Textaspekten mit der eigenen Subjektivität, ermöglicht die Szenische Interpretation Grundschüler/innen, intensive literarische Erfah- rungen zu machen (vgl. Grenz 1999: 163). Gleichwohl ist der Anspruch an die Leseleistung, insbeson- dere beim sinnentnehmenden Lesen der Textgrundlage, enorm für diese Altersstufe. Andererseits zei- gen die jungen SuS durch die hohe emotionale Eingebundenheit deutliche Motivation und Lesefreude (vgl. ebd.). Auch Scheller (1996: 31) selbst unterstreicht, dass „[i]n der Grundschule, in der die Kinder überhaupt erst ihre Rolle als Schüler/innen lernen müssen, […] die Spielfreudigkeit am größten [ist].“ Damit die jungen SuS in der Interpretation nicht das darbieten, was die Lehrkraft gerne sieht und da- durch die innerhalb der Szene ausgetragenen Konflikte ohne Wirkung auf das tatsächliche Verhaltens- repertoire bleiben, ist es nötig, über die Textgrundlage und Zusatzmaterial, wie z. B. Rollentexte und Verkleidungen, klare Situationen und Rollen vorzugeben. Ebenso sollte bei der Einfühlung in die Situa- tion, aber auch bei der möglichen Gestaltung der Szene mit Requisiten und/oder Verkleidungen auf Genauigkeit geachtet und bestanden werden. Wenn sich die SuS dadurch auf Figuren und Situationen einlassen, können sie letztendlich neue Erfahrungen machen, die Rückwirkung auf ihre Verhaltenswei- sen haben (können). Dazu muss allen an der Methode Beteiligten klar sein, dass in erster Linie nicht die ‚gelungene‘ Szene, sondern die zu beantwortende Frage, ob denn die Szene, Haltungen und Handlun- gen der Akteure textgemäß war, wichtig ist (vgl. ebd.). Erst dann kann man laut Grenz (1999: 164) auch bei Grundschüler/innen „von einer differenzierten Einfühlung in Figuren oder die Atmosphäre des Schauplatzes sprechen, die Wesentliches des Textes erfasst.“
[...]
1 Schülerinnen und Schüler werden im Folgenden mit SuS abgekürzt.
2 Die Groß- und Kleinschreibung des Begriffs literarisches Lernen erfolgt in dieser Arbeit bewusst: Mit L iterarischem Lernen beziehe ich mich auf die Definition nach Spinner, die ich im Folgenden als theoretische Grundlage verwende. Hingegen nut- ze ich die Schreibweise literarisches Lernen, wenn es sich um allgemeine Definitionen z. B. in den Kerncurricula oder Fach zeitschriften ohne Bezug zu Spinner handelt.
3 Kinder- und Jugendliteratur wird im Folgenden mit KJL abgekürzt.
4 Als Kinder im Grundschulalter werden im Folgenden Kinder zwischen sechs und 13 Jahren angesehen.
5 Für detailliertere Informationen der aktuellen Leseforschung siehe auch die Studie Lesen in Deutschland 2008 und die bald erscheinende KIM- sowie JIM-Studie 2010.
6 Z. T. auch durch die Art der Gestaltung der Buchcover, die sich an verschiedene Adressaten richten, siehe Wrobel 2010.
7 Zur besseren Lesbarkeit stehen auch die zitierten Texte in der gängigen Rechtschreibung, wodurch eine Kennzeichnung ihrer z.T. nicht mehr gültigen Ursprungsschreibweise entfällt. Zudem sind die Hervorhebungen in den Zitaten deckungsgleich aus den jeweiligen Originalen übernommen, weshalb auch in diesen Fällen eine Kennzeichnung ausbleibt.
8 Zur Entwicklung von Ich- und Sozialkompetenz, diesbezüglichen Retardierungen und Förderungsmöglichkeiten besonders im schulischen Integrationsbereich siehe auch Günther 2010.
9 Lesekompetenz bezieht sich auf literarische wie nicht-literarische Texte, wogegen sich Literarisches Lernen auf literarische Texte beschränkt. Diese eindeutige Trennung relativiert Spinner (2006: 14) hinsichtlich der Art von Texten, bei denen die für literarische Texte übliche Leseweise trotzdem zur Entfaltung kommt, z. B. wenn eine Autobiographie zum Zweck der Per spektivenübernahme gelesen wird.
10 Im Folgenden wird unter literarischer Kompetenz ausschließlich das Ziel Literarischen Lernens nach Spinner verstanden, siehe Spinner 2006: 7.
11 In seinem Artikel Literarisches Lernen aus dem Jahr 2006 führt Spinner insgesamt elf Aspekte Literarischen Lernens an, die jedoch nicht den Anspruch haben, alle Zieldimensionen des Literaturunterrichts (z. B. Förderung psychologischer Einsichten und Vermittlung von Weltwissen) zu umfassen (vgl. Spinner 2006: 7). Da der im wissenschaftlichen Diskurs steckende Le ser die elf Aspekte kennt, und in Anbetracht des geringen Umfangs des Theorieteils, werden die Aspekte nicht ausführlicher dargestellt, sondern im Anhang lediglich aufgelistet.
12 Mit GS wird im Folgenden das Wort Grundschule abgekürzt.
13 Siehe hierzu Spinner 2007: 3-10 sowie 2006: 7, Stenzel 2007: 2 und Armbröster-Groh 2005: 972-975.
14 Wenngleich der GS in manchem fachlichen Diskurs der Literaturunterricht erst gar nicht zugestanden wird (vgl. Richter 2007: 6).
15 Zur genaueren Aufschlüsselung der Begriffe siehe Wrobel 2010: 10f.
16 Die großgeschriebene Szenische Interpretation bezieht sich ausschließlich auf Schellers Auslegung dieser Methode, wobei die Definition der szenischen Interpretation aus dem jeweiligen Kontext hervorgeht und nicht auf Scheller referiert.
17 Zur Person Ingo Scheller siehe auch die Rubrik ‚Unsere Autoren‘ auf www.friedrich-verlag.de.
18 Weitere Beweggründe für Schellers Entwicklung der Szenischen Interpretation siehe Interview unter Sign-Team 2009.
19 Siehe hierzu auch Spinners 11 Aspekte Literarischen Lernens in Punkt 2.1.
20 Zur Definition, Verbreitung und Qualität heutiger Sprach-Hörmedien siehe Rühr 2008 und Krug 2008.
21 Diese Kapitel unterscheiden sich in ihrem Umfang sehr von denen der titelgebenden Begriffe der Bücher, welche zwangs- läufig im Vordergrund der thematischen Ausführungen stehen. Das Kapitel ‚Szenische Interpretation‘ nimmt in Schellers Band ‚Szenisches Spiel‘ nicht nur wenig Raum ein, es wird auch nur nachrangig mit Literatur in Verbindung gebracht (vgl. Scheller 2007 und 2004).
22 Zu der unterschiedlichen Verwendung der Begriffe siehe auch Brinkmann, Kosuch & Stroh 2001, Ertmer 1996, Scheller 1995, Scheller 1987, Stankewitz 1977 sowie www.die-lehrerseite.de/deutsch/szenisches-spiel (08.10.2010, 20:13).
23 Hingegen befürwortet z. B. Hilbert Meyer die Verfahren des Szenischen Spiels, die Scheller zur Szenischen Interpretation verwendet und unterstreicht deren Nutzen zur Vertiefung des Unterrichtsstoffes, zum Lernen mit Kopf, Herz und Hand, zum Sammeln sozialer Erfahrungen etc. (vgl. Meyer 2003: 345).
24 Es ist offensichtlich, dass ich im Rahmen dieser Examensarbeit keinen umfangreichen Einblick in die Verfahren des szeni- schen Spiels, auf die die Szenische Interpretation fußt, geben kann. Ich werde einige Verfahren, die für die Unterrichtseinheit von Wichtigkeit sind, nachfolgend exemplarisch darstellen, für weiterführende Lektüre siehe Scheller 2007 sowie 2004.
Schellers Grundlagenwerk ‚Szenisches Spiel‘ erscheint seit 1997 bereits in der 7. Auflage und bietet sowohl eine theoretische als auch eine praktische Abhandlung über das Szenische Spiel, über die Verfahren und Lernprozesse und eben die konkrete Umsetzung in der Schule.
25 Siehe hierzu z. B. Scheller 2007: 60f.
26 Vgl. hierzu Punkt 3.1 (Szenische Interpretation = Szenisches Spiel im engeren Sinne und auf Literatur bezogen).
27 In dieser Arbeit werde ich mich immer wieder mit meiner eigenen Meinung ‚zu Wort melden‘, um Geschriebenes zu kommentieren, relativieren oder zu unterstreichen. Dies wird durchgängig mit ‚m. E.‘ kenntlich gemacht.
28 Für die Kriterien Schellers für eine gelungene Szenische Interpretation siehe Scheller 2007: 71f.
29 In diesem Punkt beziehe ich mich auf das Nds. Kerncurriculum des Faches Deutsch für die Grundschule. Die Verankerung lege ich an dieser Stelle der Arbeit dar, um in den didaktischen Überlegungen darauf Bezug nehmen zu können, ohne es in Gänze mit in Punkt 4.3 hineinnehmen zu müssen.
30 Für das Gelingen Szenischer Interpretation sind natürlich noch andere Kompetenzen, wie gezieltes Nachfragen, Verstehen und Nicht-Verstehen zum Ausdruck bringen, Reflexion des eigenen Arbeitsverhaltens und das der Mitschüler o. Ä. von grundlegender Wichtigkeit, die jedoch hier nicht komplett aufgelistet werden können (vgl. Kerncurriculum 2006: 14).
31 Für weitere Übertragungen der Szenischen Interpretation auf den Unterricht in der Grundschule siehe Kumschlies 2006, Weinrebe 2001, Thurn 2000, Grenz & Siems 1999, Auts, Grenz & Josten 1996, Siems 1996, Auts 1992 und Payrhuber 1984.
32 Siehe hierzu auch Punkt 2.1.