Robin (2), verhungert und verdurstet neben zwei Keksen und einem Fläschchen, weil die Mutter über Weihnachten weggefahren war.
Jessica (7), kurz vor dem Verhungern und Verdursten am eigenen Erbrochenen erstickt, Gewicht zum Zeitpunkt des Todes: unter 10 kg.
[...] Kindesvernachlässigung – das ist auch die emotionale Kälte, die unangemessene Eltern-Kind-Beziehung oder das schlichte Desinteresse, das mit frühkindlichen Bedürfniskontexten so wenig vereinbar ist. [...] Abseits der extremen Beispiele sind es tausende, nach einigen Quellen gar zehntausende Kinder unterschiedlichen Alters und Geschlechts, die täglich mit der Unfähigkeit ihrer eigenen Eltern, sie zu ernähren, zu pflegen, zu erziehen und vor allem zu lieben, konfrontiert sind. Von diesen Kindern ist nur selten die Rede [...] Wie aber schaffen es diese Kinder unter zum Teil widrigsten Umständen nicht unterzugehen, nicht aufzugeben, sondern oftmals sogar scheinbar erstarkt aus diesen ungünstigen Bedingungen hervorzugehen? [...] Dies sind Fragen, die in der jüngsten Forschung im Begriff der Resilienz eine Antwort gefunden haben. Vor allem von kognitiver und emotionaler Vernachlässigung betroffene Kinder weisen zum Teil massive Entwicklungsverzögerungen bzw. irreversible Defizite und Schädigungen auf, haben nicht selten große Schwierigkeiten im Laufe ihrer Schulzeit. [...] Oftmals erleben vernachlässigte Kinder bei Integration in eine neue, altersgerechte und fördernde Umwelt mit entsprechend engagierten, zuverlässigen Bezugspersonen wahre Entwicklungsschübe, so dass aufgelaufene Rückstände zumindest partiell kompensiert werden können. [...] Mit Hinblick auf diese Präventionsorientierung sind somit folgende Fragen zu klären: Ist es möglich, Resilienz im Sinne von Widerstandsfähigkeit zu fördern, zu unterstützen? Ist Resilienz erlernbar? Wenn ja, wie? Zur Klärung dieser Fragen werden zunächst elementare Aspekte der Kindesvernachlässigung beleuchtet. [...] Anschließend soll das Konzept der Resilienz umfassend dargestellt werden, der Fokus wird hierbei vor allem auf den Resilienz bedingenden Faktoren und ihrer Beeinflussbarkeit liegen. In einem dritten Schritt sollen die zuvor herausgestellten Ergebnisse auf aktuelle Präventions- und Interventionsmaßnahmen angewendet werden, um abschließend die Frage zu klären, ob und wie Resilienz in schulischen Settings gefördert werden kann und welche konkreten Implikationen für den Beruf des Lehrers daraus notwendigerweise abzuleiten sind.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- EINLEITUNG
- WISSENSCHAFTLICHE POSITIONSBESTIMMUNG
- Zum Begriff der Kindesvernachlässigung
- Definition und Verortung im sozialwissenschaftlichen Kontext
- Kindesvernachlässigung als Missachtung frühkindlicher Bedürfniskontexte
- Zum Resilienzkonzept
- Resilienz als Produkt interdisziplinärer Forschungsansätze
- Risiko- vs. Schutzfaktoren
- Resilienz als multidimensionaler, dynamischer und variabler Anpassungsprozess
- Resilienzmodelle
- Exkurs: Coping
- Zusammenfassung: zentrale Merkmale des Resilienzkonzepts
- PRÄVENTIONSPROGRAMME UND KOMPENSATORISCHE MASSNAHMEN FÜR KINDER AUS UNZUREICHENDEN VERSORGUNGSVERHÄLTNISSEN
- Ziele und Strategien der Resilienzförderung
- Schlussfolgerungen der Resilienztheorie für die Beurteilung präventiver Programme
- Analyse ausgewählter Präventionsprogramme
- Fit und stark fürs Leben
- Prävention und Resilienzförderung in Kindertagesstätten - Prik
- Bleib locker!
- SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE FÖRDERUNG VON RESILIENZ IM SCHULISCHEN ALLTAG
- AUSBLICK UND SCHLUSS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der Kindesvernachlässigung und der Bedeutung des Resilienzkonzepts im Kontext aktueller Präventionsprogramme und kompensatorischer Maßnahmen. Das Ziel ist es, die Ursachen und Folgen von Kindesvernachlässigung aufzuzeigen und die Bedeutung von Resilienzförderung für betroffene Kinder zu beleuchten.
- Definition und Abgrenzung des Begriffs der Kindesvernachlässigung
- Das Resilienzkonzept: Definition, zentrale Merkmale und Bedeutung für die Entwicklung von Kindern
- Analyse ausgewählter Präventionsprogramme und deren Wirksamkeit
- Schlussfolgerungen für die Förderung von Resilienz im schulischen Alltag
- Ausblick und Ausblick auf weitere Forschungsbedarfe
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Einleitung: Dieses Kapitel führt in das Thema der Kindesvernachlässigung ein und zeigt die Relevanz des Themas für pädagogische Fachkräfte auf. Es werden tragische Beispiele für Kindesvernachlässigung vorgestellt und die Bedeutung des Resilienzkonzepts im Kontext der Thematik hervorgehoben.
- Wissenschaftliche Positionsbestimmung: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Definition von Kindesvernachlässigung und dessen Verortung im sozialwissenschaftlichen Kontext. Der Fokus liegt auf der Bedeutung frühkindlicher Bedürfniskontexte und deren Missachtung im Falle von Kindesvernachlässigung. Anschließend wird das Resilienzkonzept eingeführt und dessen Entstehung und Entwicklung aus interdisziplinären Forschungsansätzen erläutert.
- Präventionsprogramme und kompensatorische Maßnahmen: Das Kapitel beleuchtet die Ziele und Strategien der Resilienzförderung im Kontext von Kindesvernachlässigung. Es werden Schlussfolgerungen aus der Resilienztheorie für die Beurteilung von präventiven Programmen gezogen und ausgewählte Programme anhand ihrer Ziele und Methoden analysiert.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Kindesvernachlässigung, Resilienz, Präventionsprogramme, kompensatorische Maßnahmen, frühkindliche Entwicklung, pädagogische Praxis und Schulische Förderung. Die wichtigsten Konzepte sind dabei die Bedürfniskontexte von Kindern, Risikofaktoren, Schutzfaktoren und Coping-Strategien im Kontext der Resilienzentwicklung.
- Citation du texte
- Melanie Heinold (Auteur), 2010, Kindesvernachlässigung (im Grundschulalter) und die Bedeutung des Resilienzkonzepts im Kontext aktueller Präventionsprogramme und kompensatorischer Maßnahmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170022