Desertifikation in der VR China


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2003

28 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Wachsende Bedrohung durch Wüsten

2. Desertifikation
2.1 Grundlegende Begriffsdefinition
2.2 Überblick über Verbreitung der Wüstengebiete weltweit, speziell China

3. Evaluierte Schädigung
3.1 Das GLASOD-Programm der Vereinten Nationen
3.2 Assessment of the Status of Human-induced Soil Degradation in South and Southeast Asia (ASSOD)

4. Verstärkende Faktoren des Desertifikationsphänomens in der VR China
4.1 Geografische Besonderheiten
4.2 Die demografischen Faktoren

5. Anthropogene Ursachen der Desertifikation in China am Beispiel der Uferregionen des Gelben Flusses
5.1 Historische Nutzung
5.2 Schädigung des ökologischen Gleichgewichts durch Holzeinschlag
5.3 Überweidung als Ursache der Desertifikation
5.4 Desertifikationsfolgen durch Überkultivierung und Missmanagement im Umgang mit Wasser
5.5 Programme zur Bekämpfung der Desertifikation

6. Schlussfolgerung

7. Literatur

8. Anhang

9. Abkürzungsverzeichnis

1. Wachsende Bedrohung durch Wüsten

Der rasante Zuwachs der Weltbevölkerung, besonders in den Ländern der „Dritten Welt“, stellt die Menschen vor große Herausforderungen in der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Bei gegebener Fläche muss Landwirtschaft immer intensiver betrieben werden, um die wachsende Bevölkerung ausreichend zu versorgen. Gleichzeitig lässt sich beobachten, dass sich weltweit die Wüsten immer stärker ausbreiten.

Im Jahr 1984 stellte die UN in einem Report zur Konferenz zur Bekämpfung von Desertifikation bereits fest, dass 35% der Landmassen akut von einer weiteren Ausbreitung der Wüsten bedroht waren. In diesem Jahr rechnen einige Autoren bereits mit ungefähr 40% bedrohter Gebiete. An diesem Zusammenhang lässt sich erkennen, wie bedeutend die Verhinderung einer fortschreitenden anthropogenen Wüstenbildung in den gefährdeten Bereichen ist. Weltweit entsteht allein ein wirtschaftlicher Schaden von 42 Mrd. US$ per annum verursacht durch Desertifikation[1]. Globale Brennpunkte dieser Entwicklung sind, neben den Great Plains in Nordamerika und der Sahel-Zone Nordafrikas, besonders die Steppen- und Trockengebiete an den Grenzen der Wüsten Chinas, die im Zentrum dieser Arbeit stehen sollen. Der Arbeit vorweg soll eine Definition des Desertifikationsbegriffs gestellt werden. Danach folgt eine kurze Einführung in die Evaluationsmethodik und Vorstellung zweier internationaler Projekte zur Erfassung des Desertifikationsschadens. Als nächstes sollen die geografischen und demografischen Besonderheiten Chinas herausgestellt werden. Im Weiteren werden verschiedene Auslöser von Desertifikation anhand konkreter Beispiele vorgestellt. Im letzten Abschnitt werden die aktuellen Programme der chinesischen Regierung im Kampf gegen die Desertifikation näher beleuchtet.

2.Desertifikation

2.1 Grundlegende Begriffsdefinition

Den Begriff der Desertifikation führte erstmalig der französische Forscher Aubreville 1949 in den wissenschaftlichen Sprachgebrauch ein. Er beschrieb einen Zustand der „vrais déserts qui naissent aujourd’hui sous nos yeux, dans des pays ou il tombe annuellement de 700 à plus de 1500 mm de pluies“[2]. Seine Bemerkungen entsprangen der Beobachtung, dass sich die Wüste bereits in Gegenden vorarbeitete, die eigentlich semi-aride Regionen und, der Definition nach, von einer Vereinnahmung durch die Wüste zumindest nicht akut bedroht waren. Wobei Aubreville seine Beobachtungen, zumindest teilweise, bereits auf Einflussnahmen der Menschen zurückführte. Desertifikation lässt sich auf das lateinische „desertus facere“ zurückführen, also „Wüstmachen, Verwüsten“. Im deutschen Sprachgebrauch wird häufig von einer Wüstenbildung gesprochen. Dieser Begriff bildet jedoch nach herrschender Meinung den anthropogenen Anteil des Phänomens nur ungenügend ab. Seitdem gibt es eine Vielzahl von Definitionen zu diesem Begriffskomplex. Konsens aller herrschenden Interpretationen ist jedoch der anthropogene Effekt, der das Voranschreiten der Wüsten in ihre Randgebiete hinaus immer weiter vorantreibt. Menschliches Wirtschaften in Form von Viehhaltung, Holzeinschlag und Ackerbau sind es, die durch Überweidung und Überbeanspruchung die Beschaffung der Böden derart verändern, dass eine weitere Nutzung unmöglich wird und die ehemals fruchtbare Krume verkümmert. Weitere zu beachtende Einflussgrößen sind die Niederschlagsvariabilität und natürliche Klimaschwankungen, die ebenfalls eine Ausbreitung der Wüsten vorantreiben. Desertifikation geht mit einer generellen Abnahme der Biomasse und der Biodiversität in den betroffenen Gebieten einher. Davon ausgehend kommt es zu einem Beschäftigungsproblem in der betroffenen Bevölkerung, die zur Ernährungsversorgung immer größere Flächen immer zeitintensiver bewirtschaften muss. Mainguet schlägt vor, für den Vorgang der ansteigenden Unfruchtbarkeit der Böden den Begriff Degradation zu benutzen, während sie Desertifikation für Gebiete verwendet, in denen dieser Prozess bereits abgeschlossen ist und die nur noch unter erheblichem Aufwand wieder nutzbar gemacht werden können[3]. Hiervon ist der Prozess des „desert encroachment“ zu unterscheiden, ein natürliches Vorrücken der Wüstengebiete, das zumindest nicht mittelbar auf den Menschen zurückzuführen ist, sondern auf globalen Klimaphänomenen beruht.

MENSCHING steht für eine scharf abgegrenzte Definition des Desertifikationsbegriffs ein. Für ihn bedeutet Desertifikation „die Ausbreitung wüstenähnlicher Verhältnisse in Gebiete hinein, in denen sie zonal-klimatisch eigentlich nicht existieren sollten. Desertifikation umfasst die Degradation von Böden und Vegetation und führt zu einer kontinuierlichen Verminderung des Weidepotentials und der Ernteerträge“[4]. Gefährdete Gebiete sind nicht die menschenleeren Wüstenrandgebiete, sondern die meist dichtbesiedelten Regionen der Savannen und Steppen in der Nähe bereits vorhandener Wüsten. Diese Definition, die sich in der überwiegenden Zahl der Aufsätze zur Desertifikation in der VR China wieder finden lässt, soll im Folgenden zu Grunde liegen.

2.2 Überblick über Verbreitung der Wüstengebiete weltweit, speziell China

Exponierte Gebiete gibt es auf allen Kontinenten der Erde. Besonders bedroht sind die Wüstenrandgebiete, aber auch andere Gegenden mit bereits wenig vorhandener Biomasse, respektive Biodiversität. Eine wichtige Rolle spielt die Niederschlagswahrscheinlichkeit; so tritt Desertifikation vor allem in den ariden bis semi-ariden Gürteln in der Nähe der Wendekreise auf. Hierbei ist die Durchschnittstemperatur der betroffenen Gebiete nicht entscheidend für die Gefährdung. Sowohl die kalt-trockenen Regionen Alaskas oder Nord-Chinas, als auch die Savannen- und Steppengebiete südlich der Sahara beziehungsweise die kalten, weiten Gegenden Patagoniens sind betroffen. Entscheidend bei der Bewertung der Desertifikation ist vor allem die Nutzung durch die regionale Bevölkerung, deren Dichte mit dem Ausmaß der Ausbreitung positiv korreliert ist. Das fortschreitende Oasensterben in den Kernwüsten, vor allem in der Sahara, lässt sich hauptursächlich auf die Übernutzung der regionalen Bevölkerung zurückführen. Extensive Bodennutzung, verstärkt durch einen ansteigenden Bevölkerungsdruck, führt zu einer Degradation des Bodens in Verbindung mit einem Absinken des Grundwasserspiegels. Verstärkt werden diese Faktoren durch ausbleibende Niederschläge, die in Kombination mit der Überbevölkerung in den betroffenen Gebieten die Auswirkungen verstärken. Etwa 10 Millionen Hektar Land weltweit verändern sich so pro Jahr in unnutzbares Ödland[5].

Allein in China sind 27,3% der Gesamtfläche von Desertifikation betroffen[6]. Dieses Areal entspricht mehr als 2,6 Millionen km². Im Vergleich ist das mehr als das 7fache der Fläche der Bundesrepublik Deutschland mit 356 970 km². Pro Jahr breiten sich die Wüsten in China um weitere 2460 km² aus, wobei sich der Trend in den nächsten Jahren voraussichtlich noch verstärkt[7]. Insgesamt sind 471 Landkreise in 18 Provinzen im Norden Chinas gefährdet. Besonders in der Region nördlich von Peking und in der Hauptstadt selbst wird die Lage immer bedrohlicher. Etliche Dörfer sind hier akut von der Versandung bedroht, Strassen und Eisenbahnstrecken mehrfach im Jahr nicht passierbar. Während es in den 60er Jahren acht große Sandstürme in der Hauptstadt Peking gab, waren es in den 90er Jahren bereits 23 Stürme[8].

3. Evaluierte Schädigung

Als die UN gegen Ende der 80er Jahre die Notwendigkeit einer genauen Erfassung des weltweiten Desertifikationsausmasses erkannten, beauftragte das United Nations Environment Programme (UNEP) das International Soil Reference and Information Centre (ISRIC) eine umfassende Studie zu diesem Thema zu erstellen. Binnen kürzester Zeit sollte der Status der globalen Desertifikation und die erwartete zukünftige Entwicklung wissenschaftlich verlässlich aufgezeichnet werden. Das Ziel der Arbeit wurde definiert als „Strengthening the awareness of decision makers and policy makers on the danger resulting from inappropriate land and soil management to the global well being, and leading to a basis for the establishment of priorities for action programmes“[9]. Über 200 Wissenschaftler, vornehmlich Geologen und Umwelt-Experten, waren weltweit an diesem Projekt beteiligt. 1990 wurden die Ergebnisse der Studie als „World Map of the Status of Human-induced Soil Degradation“[10] (GLASOD) veröffentlicht.

Mit Veröffentlichung dieser Untersuchung wuchs auch das Interesse an gesonderten nationalen und regionalen Erhebungen. Im Jahre 1994 wurde aus diesem Grunde eine erste Erhebung veröffentlicht, die sich nur auf den südlichen und südöstlichen asiatischen Raum bezog (ASSOD). Diese Studie zeichnete sich durch eine feinere Auflösung und größeren Bezug auf regionale Besonderheiten aus. In der Folge wurden weitere, gesonderte Follow-Up-Studien erstellt, beispielsweise für Nord-Amerika oder Europa.

3.1 Das GLASOD-Programm der Vereinten Nationen

Eine tatsächliche Bestandsaufnahme der weltweiten Desertifikation hatte es bis zur Veröffentlichung des GLASOD-Berichts nicht gegeben. Die zur UN-Konferenz zur Desertifikation 1977 in Nairobi erstellte „Weltkarte der Desertifikation“, war in ihrer Auflösung sehr viel gröber (1:25 Millionen) und unter den Konferenz-Teilnehmern umstritten. Erst der spätere „World Atlas of Desertification, Second Edition“[11] machte die Auswirkungen der Degradation und Desertifikation greifbar und aufgrund der wissenschaftlichen Validität auch politisch brauchbar.

Mit einer Auflösung von 1:10 Millionen wurde die GLASOD–Evaluation 1991 ihrem Anspruch gerecht. Die zutage getretenen Ergebnisse, ließen sich politisch nicht länger verleugnen und der akute Handlungsbedarf wurde auch für Staaten, die sich bisher gegen konkrete Maßnahmen gesträubt hatten, evident. Zusätzlich gaben die gewonnenen Informationen den betroffenen Nationen ein Instrument in die Hand, um auf internationaler Bühne für Unterstützung im Kampf gegen die fortschreitende Desertifikation zu werben. Mittels der GLASOD-Erhebung konnten auch die ökonomischen und politischen Auswirkungen der Desertifikation sichtbar gemacht werden. Die gewonnenen Informationen dienten als Ausgangsbasis für eine weltumspannende Einsicht in die Notwendigkeit globalen Handelns und somit als Vorbereitung für spätere weltweit bedeutende Abkommen wie die Klimakonferenz in Rio de Janeiro oder der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls.

3.2 Assessment of the Status of Human-induced Soil Degradation in South and Southeast Asia (ASSOD)

Basierte die GLASOD-Evaluation noch auf der subjektiven Einschätzung der 200 beteiligten Wissenschaftler, waren an der Erhebung für den südlichen und südöstlichen asiatischen Raum nationale Institutionen die Quelle der Informationen. Die höhere Auflösung von 1:5 Millionen ging einher mit einer weiteren Differenzierung der Schwere der Degradation. Die zugrunde liegenden Karten basierten auf internationalen physiografischen Standards, während die Definition in GLASOD eher formlos gehandhabt wurde[12]. Hauptziel von GLASOD war eher die Erstellung einer Karte, als die Sammlung von Daten, was zu Verallgemeinerungen und Verlust von Informationen führte.

Parallel zur Auswertung der ASSOD-Daten wurde eine Datenbank angelegt, in der die Ergebnisse verfügbar sind. Die einzelnen Daten sind hier auch nach Ländern abfragbar. Ein weiterer Unterschied ist die Schwerpunktsetzung von ASSOD; hier werden vor allem die Auswirkungen der Desertifikation auf die Produktivität und die prozentuale Ausdehnung sichtbar gemacht, wohingegen die Einteilung in GLASOD in Klassen nach Schwere der Degradation erfolgte.

Diese Unterschiede in der Herangehensweise der beiden Studien erklären auch die im Detail abweichenden Ergebnisse. Besonders die höhere Auflösung ließ nun dezidiertere Erkenntnisse zu. War beispielsweise Indien in GLASOD durch 50 Karten-Einheiten vertreten, bestand das Raster in ASSOD aus 600 Einheiten[13]. Gerade im Bezug auf die Ursachen der Desertifikation wurde dadurch deutlich, dass, zumindest für den in ASSOD zugrunde liegenden Raum, die Auswirkungen der Wassererosion im Vergleich zu anderen physikalischen Einflussfaktoren und der durch Chemie verursachten Verschlechterung überbewertet wurden[14]. Unter den Ursachen wiegt die tatsächliche anthropogene Auswirkung auf die Desertifikation somit schwerer, als zu Zeiten von GLASOD evaluiert. Auch wenn die Fläche der nicht-degradierten Bereiche geringer ist als in GLASOD, sind doch größere Gebiete nur unerheblich oder leicht betroffen als 1990 festgestellt. Dies ist jedoch nach LYNDEN/OLDEMAN nicht auf eine Zunahme der Degradation zurückzuführen, sondern vielmehr „of the somewhat fuzzy interpretation of the term „human-induced““[15] und eine Erhöhung der Detailgenauigkeit. An dieser Diskrepanz lässt sich in etwa abschätzen, wie schwierig es ist, bei den Ausmaßen der betroffenen Areale konkrete, verlässliche Daten zu bekommen. Versucht wird eine zuverlässigere Bestandsaufnahme mit remote-sensing Verfahren, per Satellit. Hierbei wird als Hauptkriterium der Degradation die Konzentration der Biomasse pro Einheit über die Zeit genommen[16].

Die ASSOD-Erhebung ist für die Beschäftigung mit Desertifikationsproblemen in China von fundamentaler Bedeutung. Viele der im Weiteren verwendeten Erkenntnisse fußen direkt oder indirekt auf Daten aus ASSOD. Ein Umstand, der sich nicht zuletzt aus der Tatsache ergibt, dass, aufgrund der politischen Besonderheiten, die Administration der Volksrepublik China Desertifikation eher als nationales Problem versteht. Daher ist die Forschung zu diesem Thema zum größten Teil auf offizielle, inländische Institutionen beschränkt.

[...]


[1] Zhao et al., 2002, S.292

[2] Mainguet, 1994, S. 6.

[3] Mainguet, 1994, S. 3

[4] Mensching, 1990, S. 2 ff.

[5] Zhou et al., 2002, S.292.

[6] aufgrund der Größe des Landes variieren die Zahlen sehr stark, so gehen Ci und Wu 1997 von bedrohten 34,6% des gesamten Landes aus, siehe Ding et. al., 1998

[7] Zhou et al., 2002, S.293.

[8] o.V. Deutsche Handelskammer in China, ausgedruckt 25.11.02

[9] Lynden/Oldeman, 1997, S. 1

[10] siehe Lynden/Oldeman, 1997, S. iv

[11] World Atlas of Desertification, 1997

[12] vgl. Lynden/Oldeman, 1997, S. 13

[13] vgl. Lynden/Oldeman, 1997, S. 15

[14] siehe Anhang I, Abb. 1

[15] vgl. Lynden/Oldeman, 1997, S. 15

[16] zum Verfahren des remote-sensing vgl. ausführlich Runnström, 2000

Fin de l'extrait de 28 pages

Résumé des informations

Titre
Desertifikation in der VR China
Université
University of Hannover  (Ordnungs- und Prozesspolitik)
Cours
Seminar in Ökologische Ökonomik
Note
1,7
Auteur
Année
2003
Pages
28
N° de catalogue
V17025
ISBN (ebook)
9783638217088
Taille d'un fichier
590 KB
Langue
allemand
Annotations
Überblick über die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen der sich ausbreitenden Desertifikation in der VR China.
Mots clés
Desertifikation, China, Seminar
Citation du texte
Boris Knapp (Auteur), 2003, Desertifikation in der VR China, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17025

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