Heideggers Wahrheit in "Sein und Zeit"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundbegriffe
2.1 Das In-der-Welt-sein
2.2 Das Welterkennen
2.3 Das alltägliche Selbstsein und das Man
2.4 Die Befindlichkeit
2.5 Das Verstehen
2.6 Die Auslegung
2.7 Die Aussage als abkünftiger Modus der Auslegung
2.8 Da-sein und Rede. Die Sprache
2.9 Die Sorge

3 Die uneigentlichen Seinsformen des Daseins
3.1 Das Gerede
3.2 Die Neugier
3.3 Die Zweideutigkeit
3.4 Das Verfallen und die Geworfenheit

4. Wahrheit und Realität
4.1 §43 Dasein, Weltlichkeit und Realität
4.2 §44. Dasein, Erschlossenheit und Wahrheit

5. Fazit

6. Literatur

7. Bibliographie

1. Einleitung

In dieser Arbeit soll der Wahrheitsbegriff Heideggers dargestellt werde. Die Hauptpunkte der Untersuchung sollen die §§43 „Dasein, Weltlichkeit und Realität“ und 44 „Dasein, Erschlossenheit und Wahrheit“ sein. Um diese Paragraphen durchdringen zu können ist es aber nötig einige vorgängige Paragraphen aus „Sein und Zeit“ näher zu beleuchten. Denn Heidegger entwickelt in diesen das Fundament seiner Untersuchung zur Wahrheit. Das Verständnis der zu untersuchenden Abschnitte hängt so stark mit den vorgängig untersuchten Begrifflichkeiten zusammen, dass dieses Vorgehen unbedingt angezeigt ist.

So werden nacheinander die Paragraphen zwölf „Die Vorzeichnung des In-der-Welt-seins aus der Orientierung am In-Sein als solchem“, dreizehn „Die Exemplifizierung des In-Seins an einem fundiertem Modus. Das Welterkennen.“, §27 „Das alltägliche Selbstsein und das Man“, §29 „Das Da-sein als Befindlichkeit“, §31. „Das Da-sein als Verstehen“, §32. „Verstehen und Auslegung“, §33. „Die Aussage als abkünftiger Modus der Auslegung“ §34. „Da-sein und Rede. Die Sprache“, §35. „Das Gerede“, §36. „Die Neugier“, §37. „Die Zweideutigkeit“, §38. „Das Verfallen und die Geworfenheit“, §41. „Das Sein des Daseins als Sorge“ dargestellt. Die Grundbegriffe, ‚In-der-Welt-sein’, ‚Befindlichkeit’, ‚Verstehen’, ‚Auslegung’ und ‚Aussage’ scheinen zunächst nicht erklärungsbedürftig, jedoch erhalten sie in der heideggerschen Verwendung andere Konnotationen und Bedeutungen, die den Leser zu einer näheren Betrachtung ‚zwingen’. Ebenso verhält es sich mit den uneigentlichen Seinsweisen dem ‚Gerede’, der ‚Neugier’ und der ‚Zweideutigkeit’.

Wenn diese erste Aufgabe abgeschlossen ist, kann mit der Darstellung der Paragraphen §43 „Dasein, Weltlichkeit und Realität“ und §44. „Dasein, Erschlossenheit und Wahrheit“ fortgefahren werden. Am Ende soll eine kurze Zusammenfassung des Ergebnisses stehen.

2. Grundbegriffe

2.1 Das In-der-Welt-sein

Ein Dasein ist ein Etwas, dass sich selbst, verstehend zu seinem Sein verhält.[1] Dies sei nun der Begriff der Existenz. Die Seinsbestimmung des Daseins müsse aber „…auf dem Grunde der Seinsverfassung gesehen und verstanden werden…“[2]. Diese Seinsverfassung ist das „in-der-Welt-sein“.[3] Dieser zusammengesetzte Begriff müsse hinsichtlich der Einzelbegriffe „in der Welt“, „das Seiende“ und allgemein das „In-Sein“[4] beleuchtet werden.

„In-Sein“ bedeutet nicht, dass sich etwas räumlich innerhalb von etwas anderem befindet, sondern eine „Seinsverfassung des Daseins“[5] Es bedeute vielmehr bewohnen, vertraut sein mit…Etwas Seiendem, das diese „Bedingungen“ des „In-Seins“ erfüllt, sich also als etwas begreift und versteht, das bei etwas vertrautem ist, ist ein Dasein. Es ist bei, hält sich auf, ist vertraut mit der Welt.[6] Das Dasein ist damit wesenhaft „In-der-Welt“.[7] Dieses „Sein bei“ ist aber wieder nicht als räumliche Angabe zu verstehen. Das „In-Sein“ ist vielmehr zu verstehen, als „… zutunhaben mit etwas, herstellen von etwas,…, befragen, betrachten…“[8]. Diese Arten des „In-Seins“ sind in der Seinsart des Besorgens vereint, die noch erklärt werden wird.[9] Das Dasein ist also nicht so verfasst, dass es sich aussuchen könnte mit der Welt in Kontakt zu treten und dies dann manchmal auch macht, sondern es ist von seiner Verfasstheit her dazu gezwungen sich „in-der-Welt“ zu ‚bewegen’.[10]

Das meint, dass das Dasein alltäglich „…mit vielen bestimmten Zusammenhängen vertraut, und zwar derart, daß sie meist gar nicht auffallen [ist]. Sie sind uns selbstverständlich.[…] Diesen in einzelne Zusammenhänge differenzierbaren Zusammenhang der Vertrautheit mit den Dingen, in dem wir auf bestimmte Weise sein können, nennt Heidegger »Welt«. Und da wir nicht anders als in der Welt sein können, ist klar, daß Dasein und Welt zusammengehören: Dasein ist immer In-der-Welt-sein.“[11] Auch zeigt sich schon die Erschlossenheit von Welt, von der noch die Rede sein wird.

2.2 Das Welterkennen

Da das Dasein als „In-der-Welt-sein“ gekennzeichnet ist und dargestellt wurde, müsse es ein intuitives Verständnis dafür haben. Das Phänomen des Welterkennens erschöpfe sich aber nicht in einer Subjekt-Objekt-Beziehung, wie es die „…heute noch übliche Ansetzung von Erkennen…“[12] erkläre. Subjekt und Objekt sind aber nicht zu übersetzen mit „…Dasein und Welt“.[13] Das Erkennen „…gründet in seinem Schon-sein-bei-der-Welt…“[14], wodurch das Dasein konstituiert wird. Wenn als Erkennen ein „…betrachtendes Bestimmen des Vorhandenen….“[15] begriffen werden soll, so darf das Besorgen eben nicht ein Handeln, sondern das Gegenteil, das Nichthandeln sein.[16] Durch das Nichthandeln wird ein Vernehmen des Vorhandenen möglich, dieses Vernehmen hat aber den Vollzug des Ansprechens von etwas. Dadurch wird das Vernehmen zum Bestimmen und „…kann in Sätzen ausgesprochen….und verwahrt werden.“[17] Dieses Vernehmen sei aber kein ‚Vorgang’, der dazu dient sich etwas anzueignen und dessen Aussagen auf Richtigkeit geprüft werden könnten, sondern ist vielmehr eine weitere Seinsform des „In-der-Welt-seins“. Daraus ergibt sich, dass das Erkennen nicht im Dasein selbst ablaufen kann, sondern auf seine Seinsform, des „In-der-Welt-seins“ angewiesen ist. Das Erkennen ist also eine Seinsart des Daseins, die auf dem „In-der-Welt-sein“ basiert.[18]

2.3 Das alltägliche Selbstsein und das Man

Das Dasein sei ständig besorgt um einen Abstand zu den Anderen. Es vergleiche sich ständig und versuche einen Unterschied aufzuholen, oder einen Vorrang zu behalten.[19] Durch diesen Umstand ist das Da-sein nicht mehr frei, es ist in seiner alltäglichen Welt des Miteinanderseins bestimmt durch die Anderen. Diese Anderen, zu denen man selbst gehört, sind das „Man“. Das ‚Man’ meint dabei den „…Oberbegriff für alle Verhaltensweisen und Einstellungen, die das Dasein leiten und dessen Realität ausmachen…“[20]. Man macht etwas so und so. Dabei ist nicht ausgesagt wer etwas auf diese Weise macht, und doch liegt darin eine Anleitung zur Handlung. Durch das ‚Man’ herrsche die Durchschnittlichkeit, sie bediene sich des Geredes, der Neugier und der Zweideutigkeit, wie später noch erklärt werden wird. Dadurch komme es zu einer Einebnung aller Möglichkeiten, die ein Da-sein ergreifen könne oder nicht. Denn das ‚Man’ gebe vor, welche dieser Möglichkeiten ergriffen werden dürften. Das ‚Man’ bestehe also aus drei Seinsweisen der „Abständigkeit, Durchschnittlichkeit …[und der] Einebnung…“[21]. Diese drei Seinswesen konstituieren „…»die Öffentlichkeit«…“[22]. Diese Öffentlichkeit regele nun den gesamten innerweltlichen Verkehr, sei es auf Dasein—Ding—Ebene oder auch im zwischenmenschlichen Verkehr. Dabei sei sie aber eine Verdeckung, „…auf Grund ihres Nichteingehens »auf die Sachen«, weil sie unempfindlich ist gegen alle Unterschiede des Niveaus und der Echtheit.“[23] Durch das ‚Man’ werde das Dasein in seiner Alltäglichkeit von Entscheidungen und Untersuchungen befreit. Eben dadurch kann das ‚Man’ auch seine Herrschaft behaupten. Man ist nicht mehr in der Verlegenheit etwas verantworten zu müssen, wenn man sich darauf berufen kann, ‚dass man das so macht’. Allerdings ist das ‚Man’ ein Existential des Daseins, denn im ‚Man’ ist das Dasein eingeschlossen, es kann sich aber auch aus ihm ‚befreien’.[24]

2.4 Die Befindlichkeit

Die Befindlichkeit sei die Stimmung, die ein Da-sein haben könne.[25] Dabei sei egal, ob es sich um eine gute oder schlechte Stimmung handele, auch das Wechseln einer Stimmung ändere nichts daran, dass es sich um ein Existenzial des Daseins handele. Denn der Umschlag zeige nur, dass das Dasein gar nicht anders sein kann als gestimmt. So könne auch jede Lustlosigkeit als ‚lustlos gestimmt’ charakterisiert werden.[26] Durch die Stimmung erkenne nun das Dasein, dass es seinem „…Sein überantwortet wurde, als dem Sein, das es existierend zu sein hat.“[27] Der Grund für dieses Sein, das es zu Sein hat, bleibt dabei aber völlig ungeklärt. Dem Dasein komme aber ins Bewusstsein, dass sein Sein in einem Da ist.[28] Diesen Punkt nennt Heidegger ‚Geworfenheit’, ein Faktum, dem das Dasein nicht ausweichen kann. Die Geworfenheit ist also das Erkennen des Daseins, das es immer ein in-der-Welt-Seiendes sein wird. Dies wird ausdrücklich in der Möglichkeit des Rückzuges, die sich beim Phänomen des In-der-Welt-seins nicht gibt.[29] Die Befindlichkeit sei aber nicht als ein seelischer Zustand zu begreifen, sie erschließe und verschließe das Da des Daseins.[30] Als Beispiel bringt Heidegger die Verstimmung, bei der sich die besorgte Umwelt verschließe und das Besorgen fehlgeleitet wird. Dieses Verhalten sei nicht reflektiert, sondern die Befindlichkeit ‚überfalle’ das Dasein, sie ist eine „…Weise des In-der-Welt-seins…“[31].

Erst durch die Befindlichkeit könne ein Dasein von etwas innerweltlichem angegangen, also betroffen werden. Die „…primäre Entdeckung der Welt…“[32] vollziehe sich nur mit Hilfe der „…bloßen Stimmung…“[33], da ein reines Anschauen dem Dasein niemals den Eindruck von erfreulichem oder bedrohlichem geben könnte.[34]

[...]


[1] SUZ S. 52f

[2] SUZ S. 52f

[3] Ebd.

[4] Vgl. ebd.

[5] ebd. S.53

[6] Vgl. ebd.

[7] ebd.

[8] ebd. S.56

[9] SUZ S.56f

[10] Vgl. ebd. S.57

[11] Figal, Günter, „Martin Heidegger, Zur Einführung, Hamburg 31999

[12] SUZ S. 60

[13] ebd.

[14] ebd. S.61

[15] ebd.

[16] Vgl. ebd.

[17] ebd. S.62

[18] ebd.

[19] Vgl. ebd. S.126

[20] Luckner, Andreas, „Martin Heidegger: Sein und Zeit“ Paderborn 22001 S.59

[21] SUZ S.127

[22] ebd.

[23] ebd.

[24] Vgl. ebd. S129

[25] Vgl. ebd. S.134

[26] Vgl. ebd. S.134

[27] SUZ S.134

[28] Vgl. ebd. S.135

[29] Vgl. Luckner S.63

[30] Vgl. SUZ S. 136

[31] ebd.

[32] ebd. S.138

[33] ebd.

[34] Vgl. ebd.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Heideggers Wahrheit in "Sein und Zeit"
Hochschule
Universität Stuttgart  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Heidegger "Sein und Zeit"
Note
2,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
23
Katalognummer
V170268
ISBN (eBook)
9783640890217
ISBN (Buch)
9783640889853
Dateigröße
557 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heidegger, Wahrheit, Sein, Zeit, Sein und Zeit
Arbeit zitieren
Martin Böse (Autor:in), 2011, Heideggers Wahrheit in "Sein und Zeit", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170268

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