In der Präambel der Verfassung ist enthalten, dass sich die Europäische Union (EU) als
säkulare Werteordnung sieht. Die EU weist sich also als säkulare Gesellschaft mit der
Trennung von Politik, Gesellschaft und Religion aus. Die Verfassung der EU macht Religion
(Anmerkung Buchhart: freilich auf der Grundlage der Menschenrechte, der Glaubens- und
Religionsfreiheit) zur Privatsache, auch wenn Artikel 51, Absatz 3 "den Kirchen und
religiösen Gemeinschaften" einen "offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog in
Anerkennung der (nationalen) Identität(en) und ihres besonderen Beitrags" einräumt.
Stellt dieser Grundsatz eines Europas mit säkularer Werteordnung nun die Einheit der EU in
Frage? Näherhin: Da die Säkularisierung ein zentraler Bestandteil des europäischen
Wertehaushaltes ist (Verwiebe Folie 6/7: 17), welchen nicht alle Mitgliedsstaaten im selben
Maße teilen, stellt sich die Frage, inwieweit Einheit gegeben ist? Dem gehe ich in meinem
Essay nach, und stütze mich dabei auch auf Jürgen Gerhards, der ausführt, dass „das EU-Ideal
vor allem von den Bürgern in westlichen Ländern mit hohem Protestantenanteil unterstützt
[wird]“ (Gerhards 2006: 84). Schon daraus ergibt sich, dass dieser Grundsatz der EU in der
erweiterten Gemeinschaft weit weniger angenommen wird. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Spaltet der Grundsatz eines Europas mit säkularer Werteordnung die Einheit der Europäischen Union?
- Säkularisierung als Prozess
- Die Trennung von Religion und Gesellschaft
- Die Rolle der Kirche in der EU
- Spaltungstendenzen in der EU
- Frankreich als Beispiel für eine säkulare Gesellschaft
- Religion und Werte in der EU
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay untersucht, ob der Grundsatz eines Europas mit säkularer Werteordnung die Einheit der Europäischen Union spaltet. Er analysiert die Prozesse der Säkularisierung und ihren Einfluss auf die Werteordnung in den EU-Mitgliedstaaten. Dabei wird insbesondere auf die unterschiedliche Akzeptanz des Säkularisierungsprinzips in den "alten" EU-15-Staaten und den Beitrittsländern eingegangen.
- Die Säkularisierung als zentraler Bestandteil des europäischen Wertehaushalts
- Die unterschiedliche Akzeptanz des Säkularisierungsprinzips in den EU-Mitgliedstaaten
- Die Rolle der Religion in der EU-Politik und Gesellschaft
- Spaltungstendenzen aufgrund unterschiedlicher Werteordnungen
- Die Bedeutung von Religion für die Identität und Kultur der europäischen Gesellschaften
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel beleuchtet den Grundsatz eines Europas mit säkularer Werteordnung und stellt die Frage nach seiner Bedeutung für die Einheit der EU.
- Das zweite Kapitel analysiert den Prozess der Säkularisierung und beschreibt ihn als einen Verlust an Macht der Kirchen, eine Abnahme der kirchlichen Kompetenz und einen Rückgang der Kirchenbindung.
- Das dritte Kapitel untersucht die Trennung von Religion und Gesellschaft in der EU und zeigt auf, dass diese Trennung nicht von allen Mitgliedstaaten gleichermaßen geteilt wird.
- Das vierte Kapitel beleuchtet die Rolle der Kirche in der EU und stellt fest, dass die Macht der Kirche in den EU-15-Staaten weiter schwindet, während sie in den Beitrittsländern noch stärker ausgeprägt ist.
- Das fünfte Kapitel analysiert Spaltungstendenzen in der EU aufgrund unterschiedlicher Werteordnungen und zeigt auf, dass der Grundsatz der säkularen Werteordnung zu einer Kluft zwischen den einzelnen Staatenbündeln führt.
- Das sechste Kapitel untersucht Frankreich als Beispiel für eine säkulare Gesellschaft und stellt fest, dass auch in Ländern, die den Grundsatz der Trennung von Religion und Staat teilen, ein Religionsbezug in Kultur, Institution und Mentalitäten nachweisbar ist.
- Das siebte Kapitel beleuchtet den Einfluss von Religion auf Werte in der EU und zeigt auf, dass Religion auch in außerreligiösen Lebensbereichen wie Politik, Wirtschaft und Moral eine Rolle spielt.
Schlüsselwörter
Der Essay befasst sich mit zentralen Themen wie Säkularisierung, Werteordnung, Religionsfreiheit, Einheit der EU, Spaltungstendenzen, Kirchenbindung, Laizismus und multikulturelle Gesellschaft. Er untersucht den Einfluss der unterschiedlichen Akzeptanz des Säkularisierungsprinzips auf die Werteordnung in den EU-Mitgliedstaaten und die damit verbundenen Herausforderungen für die Einheit der EU.
- Arbeit zitieren
- Irene Buchhart (Autor:in), 2010, Spaltet der Grundsatz eines Europas mit säkularer Werteordnung die Einheit der Europäischen Union?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170316