Die Historie in den japanisch-chinesischen Beziehungen ist geprägt von kriegerischen Phasen, Phasen der fast völligen Kontaktlosigkeit und Phasen enger, vorwiegend wirtschaftlicher Kooperation. Angesichts dieser exzentrischen Vergangenheit und der Tatsache, dass beide Staaten die größten und einflussreichsten wirtschaftlichen Akteure der östlichen Hemisphäre sind, machen die japanisch-chinesischen Beziehungen zu einem hoch interessanten Untersuchungsgegenstand für die Theorien der Internationalen Beziehungen (IB). So wurde sich den japanisch-chinesischen Beziehungenin den 90er Jahren,vorwiegend aus der Perspektive des Neorealismus genähert (Vgl. Waltz 1993; Layne 1993). Die „neorealistischen Prophezeiungen“, wonach Japan eine militärische Supermacht mit Atomwaffen wird und sich als klare Gegenmacht zu China und den USA positioniert, erweisen sich jedoch als Trugschluss. Der Neorealismus scheint im Bezug auf die japanisch-chinesischen Beziehungen folglich an seine theoretischen Grenzen gestoßen zu sein (vgl. Nabers 2008). Ziel dieser Arbeit ist es daher, den IB-theoretischen Fokus neu zu setzen und zu überprüfen, ob eine zweite Großtheorie der IB, nämlich der Neue Liberalismus nach Andrew Moravcsik, mehr Erklärungspotenzial besitzt, als der Neorealismus. Infolgedessen lautet die zentrale Fragestellung dieser Arbeit: Was leistet der Neue Liberalismus zur Erklärung der Haltung Japans in den japanisch-chinesischen Beziehungen seit 1978?
Diese Fragestellung bedarf zunächst einer Begründung, hinsichtlich der Fokussierung auf die Haltung Japans und den gewählten Zeitrahmen ab dem Jahr 1978:Die japanische Außenpolitik gegenüber China wurde in den Mittelpunkt gestellt, da Japan einerseits einen komplexen Wandel durchlebt -von der einstigen asiatischen Wirtschaftsmacht zu einem durch China zusehends bedrängten und abgelösten Akteur in Ostasien. In Folge dieser Entwicklung steht Japan im Zentrum des Interesses dieser Arbeit. Andererseits hat man es bei Japan mit einer liberalen Demokratie nach westlichem Vorbild zu tun. Dies ermöglicht es, gesellschaftlichen und politischen Gruppen und Akteuren überhaupt erst realen Einfluss auf die politischen Entscheidungsprozesse und somit auch auf die Außenpolitik des Landes auszuüben. In Japan hat man es also mit einer
Gesellschaftsstruktur zu tun, die einen guten Zugriff mithilfe des Neuen Liberalismus erwarten lässt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlage: Der Neue Liberalismus nach Andrew Moravcsik
- Der kommerzielle Liberalismus
- Der republikanische Liberalismus
- Überblick zum theoretischen Basiswissen
- Die japanisch-chinesischen Beziehungen im historischen Rückblick
- Japans Haltung gegenüber China seit 1978 – eine neoliberale Betrachtung
- Wirtschaftsbeziehungen
- Identifikation der präferenzbestimmenden Akteure, sowie Ihre Machtquelle und Motivation
- Japans Wirtschaftsbeziehungen gegenüber China - das neoliberale Ideal
- Wirtschaftsbeziehungen: Verknüpfung der Theorie und Empirie
- Entwicklungszusammenarbeit
- Identifikation der präferenzbestimmenden Akteure, sowie Ihre Machtquelle und Motivation
- Japans Entwicklungszusammenarbeit mit China - das neoliberale Ideal
- Entwicklungszusammenarbeit: Verknüpfung der Theorie und Empirie
- Vergangenheitsbewältigung
- Identifikation der präferenzbestimmenden Akteure, sowie Ihre Machtquelle und Motivation
- Japans Vergangenheitsbewältigung - das neoliberale Ideal
- Vergangenheitsbewältigung: Verknüpfung der Theorie und Empirie
- Schlussbetrachtung
- Anhang
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Haltung Japans in den japanisch-chinesischen Beziehungen seit 1978 und untersucht, ob der Neue Liberalismus nach Andrew Moravcsik ein besseres Erklärungspotenzial bietet als der Neorealismus. Die zentrale Fragestellung lautet: Was leistet der Neue Liberalismus zur Erklärung der Haltung Japans in den japanisch-chinesischen Beziehungen seit 1978?
- Analyse der japanischen Außenpolitik gegenüber China im Kontext des Wandels Japans von einer asiatischen Wirtschaftsmacht zu einem durch China bedrängten Akteur in Ostasien.
- Anwendung des Neuen Liberalismus auf die liberale Demokratie Japans und die gesellschaftlichen und politischen Einflussfaktoren auf die japanische Außenpolitik.
- Untersuchung des Kooperationsmusters in den bilateralen Beziehungen zwischen Japan und China seit 1978, insbesondere im Hinblick auf die Normalisierung und Intensivierung der diplomatischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen.
- Identifizierung der präferenzbestimmenden Akteure in Japan in den Bereichen Wirtschaftspolitik, Entwicklungshilfepolitik und Vergangenheitsbewältigung, sowie deren Machtquellen und Motivationen.
- Empirische Überprüfung des Neuen Liberalismus in Bezug auf die japanisch-chinesischen Beziehungen durch Gegenüberstellung des theoretischen Ideals mit der realen Situation.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Fragestellung, die Motivation und den methodischen Ansatz dar.
- Theoretische Grundlage: Die zentralen Prämissen des Neuen Liberalismus nach Andrew Moravcsik werden vorgestellt, insbesondere der republikanische und der kommerzielle Liberalismus.
- Die japanisch-chinesischen Beziehungen im historischen Rückblick: Eine kurze Darstellung der historischen Stationen in den Beziehungen zwischen Japan und China.
- Japans Haltung gegenüber China seit 1978 – eine neoliberale Betrachtung:
- Wirtschaftsbeziehungen: Analyse der präferenzbestimmenden Akteure, des neoliberalen Ideals und der empirischen Verknüpfung.
- Entwicklungszusammenarbeit: Analyse der präferenzbestimmenden Akteure, des neoliberalen Ideals und der empirischen Verknüpfung.
- Vergangenheitsbewältigung: Analyse der präferenzbestimmenden Akteure, des neoliberalen Ideals und der empirischen Verknüpfung.
Schlüsselwörter
Der Neue Liberalismus, japanisch-chinesische Beziehungen, Wirtschaftsbeziehungen, Entwicklungszusammenarbeit, Vergangenheitsbewältigung, präferenzbestimmende Akteure, Machtquellen, Motivationen, liberale Demokratie, gesellschaftliche und politische Einflussfaktoren, Kooperation, Konflikt.