„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“ In diesem viel zitierten Diktum des Systemtheoretikers Niklas Luhmann kommt zum Ausdruck, welche tragende Rolle Medien in modernen Gesellschaften einnehmen. Medien vermitteln, informieren, bilden Meinungen. Gerade die Demokratie erfordert es, politisches Handeln und Entscheidungsprozesse öffentlich darzustellen, denn die Regierenden sind auf die Unterstützung der Regierten angewiesen. Politische Vorhaben beruhen wesentlich auf der Zustimmungsbereitschaft der Bevölkerung. Auch in Zeiten, in denen Politiker ,twittern‘, Profile in sozialen Netzwerken haben und die Bundeskanzlerin sich über einen Podcast an die Bürger wendet, gelangen Themen vor allem dann in die breite Öffentlichkeit, wenn sie von publizistischen Massenmedien aufgegriffen werden. Andersherum, und auch darauf deutet Luhmanns Zitat hin, haben Themen, die von den Medien ignoriert werden, kaum eine Chance, öffentlich wahrgenommen zu werden. Beispielsweise wurde die Thematisierungsfunktion der Medien auch im Zusammenhang der vergangenen Europawahl diskutiert und die Schuld am Minusrekord der Wahlbeteiligung, von Politikern aber auch von Politikwissenschaftlern, u.a. bei den Medien gesucht. Als Vermittler zwischen Politik und Medien agiert die politische Public Relations (PR). Durch sie wird die Kommunikationsbeziehung zwischen Journalisten und politischen Akteuren wesentlich gestaltet und versucht, auf die Themensetzung der Medien Einfluss zu nehmen. Die Untersuchung dieser Einflussnahme ist Kern dieser Arbeit. Im Gegensatz zu einigen anderen Studien zur PR-Journalismus-Beziehung stehen dabei normative Fragen eher im Hintergrund. Es soll weder darum gehen die Unabhängigkeit des Journalismus in Frage zu stellen, noch eine mögliche Herrschaft der Medien zu bestätigen. Das Forschungsinteresse dieser Untersuchung ist in erster Linie davon gelenkt zu überprüfen, wie politische PR versucht ihre Themen auf der Medienagenda zu platzieren und ob PR-Treibende dabei durch eine strategische Anpassung an den Journalismus ihren Erfolg beeinflussen können. Dafür sollen Pressemitteilungen der Bundesregierung zunächst inhaltsanalystisch auf, aus den theoretischen Vorüberlegungen abgeleitete, Anpassungshandlungen an den Journalismus untersucht werden. In einem zweiten Schritt wird dann ihre Resonanz in der Berichterstattung zweier Tageszeitungen sowie eines Onlinemediums geprüft.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Vorüberlegungen und theoretische Rahmung
- 1.1 Selektionsmechanismen im Journalismus
- 1.1.1 Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwert: Der Forschungsstand
- 1.2 Zum Verhältnis von Politik und Medien
- 1.3 Politische PR: Definition, Abgrenzung und Eingrenzung
- 1.3.1 PR-Definition für den Bereich der Politik
- 1.3.2 Abgrenzung zur Propaganda und politischen Werbung
- 1.3.3 Pressearbeit als „Herzstück“ der politischen PR
- 1.4 Funktionale und organisierte PR: Akteure politischer Pressearbeit
- 1.4.1 Das Bundespresseamt und die Ministerien als Akteure der Regierungs-PR
- 1.5 Legitimation, Funktion und Ziele von Regierungs-PR
- 1.6 Themenmanagement – Themen strategisch setzten und vermeiden
- 1.7 Die Pressemitteilung – Standardinstrument der Öffentlichkeitsarbeit
- 1.8 Journalismus und politische PR: Von der Determination zur Intereffikation
- 2. Zwischenfazit: Konkretisierung der Fragestellung
- 3. Inhaltsanalytischer Teil
- 3.1 Untersuchungszeitraum und Gegenstand der Untersuchung
- 3.2 Untersuchungsmethode: Die Inhaltsanalyse
- 3.3 Darstellung des Kategoriensystems
- 3.4 Darstellung der Ergebnisse: Analyse der Pressemitteilungen
- 3.4.1 Adaptionsleistungen an journalistische Kriterien
- 3.4.2 Anpassungsleistungen an journalistische Selektionsmechanismen
- 3.4.3 Bedeutung der Nachrichtenfaktoren Erfolg, Misserfolg und Kontroverse
- 3.5 Darstellung der Ergebnisse: Resonanz in den untersuchten Medien
- 3.5.1 Übernahme der Pressemitteilungen
- 3.5.2 Bearbeitungspraxis der Pressemitteilungen
- 3.5.3 Einfluss auf das Selektionsverhalten
- 4. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss politischer Public Relations auf die Medienagenda. Im Fokus steht dabei die Frage, wie politische PR versucht, ihre Themen in der Berichterstattung von Tageszeitungen und Online-Medien zu platzieren. Ziel ist es, die Strategien und Anpassungsleistungen der PR an journalistische Selektionsmechanismen zu analysieren und zu beleuchten, inwieweit diese Einfluss auf die Themensetzung der Medien haben.
- Selektionsmechanismen im Journalismus und Nachrichtenwertforschung
- Das Verhältnis von Politik und Medien, insbesondere die Rolle der politischen PR
- Strategien der politischen PR zur Platzierung von Themen auf der Medienagenda
- Die Analyse von Pressemitteilungen der Bundesregierung und deren Resonanz in der Berichterstattung
- Der Einfluss der PR auf das Selektionsverhalten von Journalisten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Bedeutung von Medien in modernen Gesellschaften und verdeutlicht die zentrale Rolle der politischen PR als Vermittler zwischen Politik und Medien. Im ersten Kapitel werden theoretische Grundlagen gelegt, indem die Nachrichtenwertforschung und die Selektionsmechanismen im Journalismus beleuchtet werden. Anschließend wird das Verhältnis zwischen Politik und Medien aus verschiedenen Perspektiven dargestellt, bevor politische PR definiert und abgegrenzt wird.
Kapitel 1 fokussiert auf die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung und beleuchtet die Akteure, Legitimation, Funktion und Ziele der Regierungs-PR. Zudem wird das Themenmanagement als PR-Strategie und die Pressemitteilung als zentrales Instrument der politischen PR vorgestellt.
Das zweite Kapitel stellt die Fragestellung der Arbeit präziser dar und führt in den inhaltsanalytischen Teil über. In diesem Kapitel wird die Untersuchungsmethode, das Kategoriensystem und die Ergebnisse der Analyse von Pressemitteilungen der Bundesregierung vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen politische Public Relations, Medienagenda, Journalismus, Nachrichtenwertforschung, Selektionsmechanismen, Pressemitteilungen, Regierungs-PR, Themenmanagement, Inhaltsanalyse und Medienresonanz. Im Zentrum stehen die Strategien der politischen PR zur Einflussnahme auf die Medienberichterstattung und die Frage, wie diese Strategien auf die Themensetzung von Journalisten wirken.
- Quote paper
- Jan Henne (Author), 2009, Journalismus und politische PR, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170505