Bei der Errichtung der drei Europäischen Gemeinschaften in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts spielte die Gesundheitspolitik nur eine untergeordnete Rolle. Vor allem stand die wirtschaftspolitische Konsolidierung und Entwicklung Europas im Vordergrund. Gesundheitsschutzgründe spielten aber insoweit eine Rolle, als sie nationale Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit, der Freizügigkeit sowie der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können.
Seit Mitte der 70er Jahre wurden zunehmend Aspekte des Gesundheitsschutzes aufgegriffen, vor allem in Bezug auf die Unfallverhütung von Arbeitnehmern. Im Jahr 1986 wurde ein erstes Programm zur Krebsbekämpfung beschlossen, das wegen fehlender Vertragsgrundlage noch vom Rat als Gemeinschaftsorgan und gleichzeitig als Versammlung der Regierungsvertreter verabschiedet wurde. Der Gesundheitsschutz stand ferner in engem Zusammenhang mit Maßnahmen der EG im Lebensmittel- und Arzneimittelrecht sowie im Umweltschutz- und Verbraucherschutzrecht . Bis zum Maastrichter Vertrag gab es jedoch keine eigenständige Aufgabennorm der EG im Bereich der Gesundheitspolitik.
Mit der Aufnahme des Titels X „Gesundheitswesen“ im Maastrichter Vertrag von 1992 wurde ein neuer Art. 129 in den EG-Vertrag eingeführt, welcher der Gemeinschaft eine selbstständige, aber stark begrenzte Rechtsgrundlage in der Gesundheitspolitik verlieh. Der Gesundheitsschutz stellt seitdem nicht mehr nur einen Annex anderer Politikbereiche dar. Der Vertrag von Amsterdam aus dem Jahr 1997 fasste die Vorschrift im jetzigen Titel XIII als Art. 152 EGV materiell teilweise neu. Als Art. 168 wurde die inhaltlich wiederum erweiterte Vorschrift in den AEU-Vertrag (AEUV) von 2007 übernommen. Mit den Beratungen des Grundrechte-Konvents im Jahr 2000 fand der Gesundheitsschutz ebenfalls Eingang in die Europäische Grundrechte-Charta (GRCh).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Überblick über die Entwicklung der Grundrechte in der EU
- 1. Situation vor der Schaffung der Grundrechte-Charta
- 2. Die Europäische Grundrechte-Charta
- 3. Die Charta und der Vertrag von Lissabon
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Entwicklung des Gesundheitsschutzes im europäischen Rechtssystem zu beleuchten, insbesondere im Kontext der Europäischen Grundrechte-Charta. Der Fokus liegt auf der Entstehung und der rechtlichen Bedeutung des Artikels 35 GRCh, der den Gesundheitsschutz gewährleistet.
- Entwicklung des Gesundheitsschutzes in der Europäischen Union
- Rechtliche Einordnung des Gesundheitsschutzes im europäischen Kontext
- Die Rolle der Europäischen Grundrechte-Charta für den Gesundheitsschutz
- Die Rechtswirkung der Charta und ihre Auslegung durch den EuGH
- Vergleich nationaler und europäischer Regelungen zum Gesundheitsschutz
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung skizziert die Entwicklung des Gesundheitsschutzes in der Europäischen Union von einer untergeordneten Rolle in den 1950er Jahren hin zu einem eigenständigen Politikbereich, beginnend mit dem Maastrichter Vertrag von 1992 und fortgesetzt durch den Vertrag von Amsterdam und den Vertrag von Lissabon. Sie hebt die zunehmende Bedeutung des Gesundheitsschutzes im europäischen Recht hervor und führt in die Thematik der Europäischen Grundrechte-Charta ein, in der der Gesundheitsschutz explizit verankert ist. Der Kontext wird durch die Verknüpfung mit anderen Politikbereichen wie dem Lebensmittel- und Arzneimittelrecht sowie dem Umweltschutz verdeutlicht. Der Text legt den Grundstein für die detailliertere Untersuchung der Entwicklung der Grundrechte in der EU und insbesondere des Gesundheitsschutzes innerhalb dieses Rahmens.
I. Überblick über die Entwicklung der Grundrechte in der EU: Dieses Kapitel beschreibt die Entwicklung des Grundrechtsschutzes in der EU. Es beginnt mit der Situation vor der Grundrechte-Charta, in der der Europäische Gerichtshof (EuGH) Grundrechte aus den nationalen Verfassungsüberlieferungen und der EMRK herleitete. Danach wird die Entstehung und der Inhalt der Europäischen Grundrechte-Charta detailliert dargestellt, einschließlich der politischen und rechtlichen Debatten um ihre Entstehung und ihren Status. Schließlich wird die Bedeutung der Charta im Kontext des Vertrags von Lissabon erläutert, wobei insbesondere die Rechtsverbindlichkeit und die Ausnahmen für einige Mitgliedstaaten hervorgehoben werden. Der Abschnitt beleuchtet die Herausforderungen und die Entwicklung des Grundrechtsschutzes in der EU.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Dokument: Entwicklung des Gesundheitsschutzes im europäischen Rechtssystem
Was ist der Inhalt dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet einen umfassenden Überblick über die Entwicklung des Gesundheitsschutzes im europäischen Rechtssystem, insbesondere im Kontext der Europäischen Grundrechte-Charta. Es enthält ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter. Der Fokus liegt auf der Entstehung und rechtlichen Bedeutung von Artikel 35 GRCh, der den Gesundheitsschutz gewährleistet.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt folgende Themen: die Entwicklung des Gesundheitsschutzes in der Europäischen Union, die rechtliche Einordnung des Gesundheitsschutzes im europäischen Kontext, die Rolle der Europäischen Grundrechte-Charta für den Gesundheitsschutz, die Rechtswirkung der Charta und ihre Auslegung durch den EuGH, sowie einen Vergleich nationaler und europäischer Regelungen zum Gesundheitsschutz. Es beleuchtet auch die Entwicklung des Grundrechtsschutzes in der EU im Allgemeinen, beginnend mit der Situation vor der Grundrechte-Charta.
Welche Kapitel umfasst das Dokument?
Das Dokument enthält mindestens eine Einleitung und ein Kapitel mit dem Titel "I. Überblick über die Entwicklung der Grundrechte in der EU". Die Einleitung skizziert die Entwicklung des Gesundheitsschutzes in der EU und führt in die Thematik der Europäischen Grundrechte-Charta ein. Kapitel I beschreibt die Entwicklung des Grundrechtsschutzes in der EU, beginnend mit der Situation vor der Grundrechte-Charta und der Entstehung der Charta selbst, einschließlich ihrer Rechtsverbindlichkeit und Ausnahmen.
Was ist die Zielsetzung des Dokuments?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Entwicklung des Gesundheitsschutzes im europäischen Rechtssystem zu beleuchten und die Entstehung und rechtliche Bedeutung von Artikel 35 GRCh (der den Gesundheitsschutz gewährleistet) zu untersuchen. Es analysiert die Rolle der Europäischen Grundrechte-Charta in diesem Kontext.
Wie wird die Europäische Grundrechte-Charta behandelt?
Die Europäische Grundrechte-Charta spielt eine zentrale Rolle im Dokument. Es wird ihre Entstehung, ihr Inhalt, ihre Rechtsverbindlichkeit im Kontext des Vertrags von Lissabon und ihre Auslegung durch den EuGH detailliert dargestellt. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf Artikel 35 GRCh und seiner Bedeutung für den Gesundheitsschutz.
Welche Rolle spielt der Europäische Gerichtshof (EuGH)?
Der EuGH spielt eine wichtige Rolle, da seine Auslegung der Europäischen Grundrechte-Charta für die Rechtswirkung des Gesundheitsschutzes entscheidend ist. Das Dokument beleuchtet die Rolle des EuGH in diesem Zusammenhang.
Gibt es einen Vergleich nationaler und europäischer Regelungen?
Ja, das Dokument beinhaltet einen Vergleich nationaler und europäischer Regelungen zum Gesundheitsschutz, wobei der Schwerpunkt auf der Integration und der Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften im europäischen Kontext liegt.
- Arbeit zitieren
- Dr. Gerald G. Sander (Autor:in), 2010, Gesundheitsschutz nach Art 35 der Europäischen Grundrechte-Charta, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170931