Chancen der Kreativentwicklung in Call-Centern


Magisterarbeit, 2011

100 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

1 Das Call-Center
1.1 Einleitung und Definition Call-Center
1.1.2 Call-Center-Arten
1.1.3 Interne und Externe Call-Center
1.2 Das Telefonmarketing
1.2.1 Einsatzmöglichkeiten des Telefonmarketings
1.2.2 Inbound Telefonmarketing
1.2.3 Outbound Telefonmarketing

2 Identität nach Mead
2.1 George H. Mead und die Sozialpsychologie
2.2 Der symbolische Interaktionismus
2.3 Identitätsentwicklung
2.3.1 Zur Konstitution der Identität
2.3.2 Identität: „Me“ und „I“
2.3.3 Subjektivität, Emotionalität und Identität
2.3.4 Selbstbewusstsein
2.4 Voraussetzungen für die Vermittlung von Identität
2.4.1 Spielen und Kreativität
2.5 Die Rolle der Umwelt
2.5.1 Identität als gesellschaftlicher Prozess
2.5.2 Sozialität
2.6 Zusammenfassung Identität nach Mead

3 Kreativität
3.1 Terminologische Gesichtspunkte zur Kreativität
3.2 Aspekte der Kreativität
3.2.1 Die kreative Persönlichkeit
3.2.2 Der kreative Prozess
3.2.3 Das kreative Produkt
3.3 Kreativität und Intelligenz
3.3.1 Guilfords Analyse des kreativen Denkens
3.3.2 Das Intelligenz-Struktur-Modell von Guilford
3.4 Anerkannte Messmethoden der Kreativität

4 Förderung und Entwicklung von Kreativität
4.1 Aspekte zur Kreativitätsförderung im Call-Center
4.1.1 Begriffsklärung Motivation
4.1.2 Motivationale Gesichtspunkte und Kreativität
4.2 Kreativität und Erziehungsstile
4.2.1 Kennzeichnung der Erziehungsstile
4.3 Kreativitätsförderung in Gruppen
4.3.1 Die Gruppe
4.3.2 Zur Förderung der Kreativität in Gruppen
4.3.3 Kreativitätsförderung und spielerisches Lernen
4.4 Gesellschaftlich-kulturelle Einflüsse und hemmende Faktoren der Förderung von Kreativität

5 Kreativitätstechniken
5.1 Auswahlkriterien für die passende Methode der Ideenfindung
5.2 Analyse-Methoden
5.2.1 Progressive Abstraktion
5.2.2 Hypothesen-Matrix
5.2.3 KJ-Methode
5.3 Systematisch-analytische Methoden
5.3.1 Systematisch-analytische-Konfrontation
5.3.2 Systematisch-analytische - Assoziationen
5.4 Intuitiv-kreative Methoden
5.4.1 Intuitive Assoziationen
5.4.2 Intuitive Orientierung
5.4.3 Intuitive Konfrontation

Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Drei Stufen des Outbound-Telefonmarketing.

Abbildung 2: „Me“ und „I“ nach Mead.

Abbildung 3: Vierphasenmodell nach Wallas.

Abbildung 4: Vierphasenmodell nach Poincaré.

Abbildung 5: Vier Ebenen Kreatives Produkt.

Abbildung 6: Das Intelligenz-Struktur-Modell von Guilford.

Abbildung 7: Kreativitätstechniken

Abbildung 8: Schematischer Ablauf Progressive Abstraktion

Abbildung 9: Aufbau einer Hypothesenmatrix

Abbildung 10: Aufbau einer Problemlandschaft

Abbildung 11: Beispiel Problemlösungsbaum

Abbildung 12: Beispiel einer Mind-Map

Abbildung 13: Formaler Ablauf des Imaginären Brainstorming

Abbildung 14: Beispiel für ein 635 Formular

Abbildung 15: Synektik im Vergleich zum kreativen Prozess

Abbildung 16: Schema des Vorgehens bei der SIL-Methode

Einleitung

Kreativität und Call-Center – zwei Begriffe die zunächst gegensätzlich erscheinen.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Entstehung der Identität eines Individuums und somit auch eines Call-Center-Agenten und die Förderung und Entwicklung jener, mit Hilfe der Kreativität, aufzuzeigen.

Die Identität des Call-Center-Agenten wird Im Verlauf seiner Tätigkeit stetig weiterentwickelt und den Bedürfnissen des Arbeitsumfelds angepasst. Nach eigenen Erfahrungen, als Trainer in einem renommierten Call-Center, besteht die Grundproblematik darin, dass der Call-Center-Agent in seiner Identitätsentwicklung eingeschränkt wird. Durch Vorgaben sogenannter Gesprächsleitfäden besteht kaum die Möglichkeiten der kreativen Entfaltung und des kreativen Wirkens auf den Kunden. Hierdurch entsteht der Eindruck einer Verfremdung der Identität, da nach strikten Vorgaben das gesamte Gespräch schematisch abläuft. Die Möglichkeit, als Individuum kreativ und innovativ auf den Kunden eingehen zu können, wird dadurch eingeschränkt.

Für den wirtschaftlichen Erfolg eines Call-Centers ist es dabei doch unerlässlich, die Mitarbeiter sehr stark an das Unternehmen zu binden und deren Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft nachhaltig zu sichern. Voraussetzung dafür ist, dass die Call-Center-Agenten zufrieden sind, da sich negative Haltungen, unter Umständen, auf den Umgang mit dem Kunden übertragen können und somit dem Unternehmen selbst schaden. Die Kreativ-entwicklung ermöglicht dem Call-Center-Agenten in scheinbar ausweglosen Situationen kreativ zu agieren und mit einem guten Gefühl in das nächste Kundengespräch zu gehen.

Um dies zu verdeutlichen ist ein grundlegendes Verständnis für diese Branche Voraussetzung. Hierzu ist es zunächst notwendig die wichtigsten Begrifflichkeiten wie Inbound, Outbound und Telefonmarketing zu erläutern.

Die Identität eines Call-Center-Agenten entwickelt sich von Kundengespräch zu Kundengespräch weiter. Erfahrungen, die gesammelt werden, fließen in zukünftige Situationen mit ein. Call-Centern soll verdeutlicht werden, wie die Identität eines Call-Center-Agenten entsteht und auch durch das Telefonieren weiterentwickelt wird. Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei auf der Klärung der wichtigsten Grundbegriffe der Theorie von Mead, die schließlich zur Konstitution einer Identität, durch das „Me“ und „I“, führt.

Die Kreativität spielt dabei eine wichtige Rolle. Durch Kreativität kann nicht nur die Identitätsentwicklung maßgeblich beeinflusst werden, sondern auch dem Call-Center selbst geholfen werden. So macht es durchaus Sinn, in scheinbar ausweglosen Situationen im Kundengespräch, kreativ und individuell auf den Kunden selbst einzuwirken und damit die Serviceleistung und vor allem den Umsatz zu gewährleisten, solange die Fachkompetenz darunter nicht leidet.

Einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit bildet die Kreativität. Was Kreativität ist, beziehungsweise wodurch sie bestimmt oder beeinflusst wird, darüber gibt es immer noch keine einheitliche Vorstellung. Heute ist bekannt, dass die geistigen Grundstrukturen für Kreativität bei jedem Menschen vorhanden sind, aber ganz unterschiedlich stark genutzt werden. Kreativität selbst wird dabei als komplexes Phänomen in der erziehungswissenschaftlichen Literatur gesehen. Auch eine begriffliche Übereinstimmung ist bei den verschiedenen Autoren nicht immer vorhanden. Vor der Thematisierung der Grenzen und Möglichkeiten einer Kreativförderung im Call-Center ist deshalb eine grundlegende Beschäftigung mit der Kreativität erforderlich.

Einer der Begründer der Kreativitätsforschung ist J. P. Guilford. Er analysierte kreatives Denken und erstellte ein eigens dafür konstruiertes Modell: das Intelligenz-Struktur-Modell. Aus diesem Modell leitete er kreative Fähigkeiten und kreative Persönlichkeitsmerkmale ab. Weitere Fragen sollen im Verlauf der Arbeit dabei beantwortet werden und zwar: Worin unterscheidet sich Kreativität von Intelligenz? Und ist Kreativität überhaupt messbar?

Desweitern ist es notwendig die Möglichkeiten der Förderung von Kreativität aufzuzeigen. Eine produktive Möglichkeit der Ideenfindung in Call-Centern stellen hierbei die Kreativitätstechniken dar.

Es gibt dabei eine ganze Reihe von Einflüssen, die hemmend oder fördernd auf die Entwicklung von Kreativität wirken können. Die Motivation selbst und Förderung von Kreativität in einer Gruppe sind beispielsweise solche Faktoren. Gerade für innovative Call-Center sollte die Einflussnahme auf diese Faktoren, in der ihre Mitarbeiter kreativ tätig sein sollen, wichtig sein, um kreative Prozesse nicht zu behindern.

Den Abschluss der Arbeit bildet die Vorstellung ausgewählter Techniken zur Ideenfindung und Kreativentwicklung. Die Kriterien, zur Auswahl der richtigen Methode der Ideenfindung spielen dabei eine wichtige Rolle. Schlicksupp entwickelte dazu ein Schema, anhand dessen die Auswahl durch zwei Kriterienbereichen erfolgt. Die Techniken zur Kreativentwicklung selbst werden bei der Vorstellung nur kurz in Ihrer Durchführung erläutert und allgemein gehalten. Es soll lediglich ein kleiner Überblick gegeben werden, welche Techniken im Call-Center Anwendung finden können. Je nach Problemstellung sollte der Call-Center-Trainer die passende Technik selbst wählen und entscheiden ob diese der Problemstellung angemessen ist.

1 Das Call-Center

1.1 Einleitung und Definition Call-Center

Als Bestandteil des Umfeldes sind Call-Center in der Wirtschaft allgegenwärtig und für die Bevölkerung selbstverständlich. In fast allen Branchen hat die Ver­breitung von Call-Centern Einzug gehalten und ist trotz ihrer erst relativ jungen Entstehungsgeschichte innerhalb kürzester Zeit zu einem bedeutenden Instru­ment der Wirtschaft geworden.

Trotz alledem kämpft die Call-Center-Branche seit langem mit einem massiven Imageproblem. Ein Grund dafür sind unter anderem negative Pressemeldungen zu den sogenannten „schwarzen Schafen“ der Branche, welche den Kunden „abzocken“.

Der Begriff Call-Center setzt sich aus dem englischen „Call“, der Anruf und aus „Center“ hier zu übersetzen mit Zentrale zusammen. Dementsprechend wäre unter einem Call-Center eine Telefon- bzw. Anrufzentrale zu verstehen. Diese Übersetzungen wird der eigentlichen Bedeutung und vor allem dem innovativen Charakter des eigentlichen Call-Centers im Sinne der Dienstleistung nicht ge­recht (vgl. Scupin 2006, S. 7). Bei Call-Centern handelt es sich vielmehr um eine Schnittstelle, die Unternehmen dafür nutzen, Dienstleistungen für beste­hende und potentielle Kunden zu erbringen. Dies geschieht unter Einsatz mo­dernernster Informations- und Kommunikationstechnik.

1.1.2 Call-Center-Arten

Üblicherweise werden Call-Center zwischen Inbound und Outbound unter­schieden. Sogenannte Inbound-Call-Center konzentrieren sich darauf, eingehende Telefonanrufe, E-Mails und Anfragen in anderer Form vom Kunden entgegenzunehmen und zu beantworten. Bei Outbound-Call-Centern wird der Dialog mit dem Kunden hingegen vom Call-Center selbst initiiert. Hierbei werden unter anderem Neukunden geworben, Bestandskunden gebunden, oder auch ehemalige Kunden wieder zurück gewonnen.

Bei Outbound-Call-Centern wird aktives Marketing eingesetzt, um den Umsatz zu halten und vor allem zu steigern. In der Praxis ist es meist üblich, dass Inbound und Outbound kombiniert werden und ein sogenanntes Crossselling geschieht (vgl. Scupin 2006, S. 10). Darunter versteht man, dass eingehende Gespräche von Kunden serviceorientiert bearbeitet werden und zusätzlich ein weiteres Produkt, oder ein Upgrade der bestehenden Leistung angeboten wird.

1.1.3 Interne und Externe Call-Center

Im Hinblick ihrer organisatorischen Einbindung lassen sich Call-Center nicht nur nach hauseigene Inbound- und Outbound-Call-Centern unterscheiden.

Die Varianten reichen vom Eigenbetrieb bis hin zur kompletten Aussteuerung an externe Call-Center. Es wird zum einen von internen Call-Centern gesprochen, wenn es sich um eine Organisationseinheit innerhalb eines Unter­nehmens handelt, welche die Serviceleistungen aus erster Hand anbietet.

Externe Call-Center, meist auch Call-Center Dienstleister oder Telemarketing-Agenturen genannt, sind hingegen unabhängige, selbstständige Unternehmen, die ihre Dienstleistungen anbieten, um den Unternehmen im Bereich des Direktmarketingbereichs oder auch in der Marktforschung zu unterstützen und zu entlasten. Der Begriff Marketing spielt hier eine entscheidende Schlüssel­rolle. Der Call-Center-Betrieb ist ohne Telefonmarketing nicht lohnenswert. Telefon­marketing ermöglicht es erst, dass neue Kunden gewonnen und vor­handen Kunden gehalten werden. (vgl. Weber/Fiedler 1994, S. 10) Hier sollte die Förderung von Kreativität ansetzen, damit die Call-Center-Agenten in Telefon­marketinggesprächen für jede Situation gewappnet sind. Was genau Telefonmarketing darstellt, wird im folgendem näher erläutert.

1.2 Das Telefonmarketing

Den direkten Weg zum Kunden ermöglicht das Telefonmarketing. Durch diesen direkten Weg ist es auch eine Form des Direktmarketings. Durch Nutzung des Kommunikationsmediums Telefon wird der Kontakt zum Kunden geschaffen. Das Telefonmarketing hat dabei das Ziel, den Unternehmenserfolg, zu dem vor allem Wachstum und Gewinn zählen, zu steigern (vgl. Weber/Fiedler 1994, S. 10). Durch das Telefonmarketing entsteht ein direkter Kontakt zum Kunden. Ebenfalls kann man sagen, dass Telefonmarketing eine Form des Dialog­marketings ist, da hier ein realer Dialog stattfindet (vgl. Holland, S. 21).

1.2.1 Einsatzmöglichkeiten des Telefonmarketings

Das Thema Telefonmarketing ist sehr umfangreich und findet somit viele Anwendungs- und Einsatzmöglichkeiten. Das Telefon ist oftmals der direkte und kürzeste Weg, oder besser gesagt die schnellste Verbindung, um einen bequemen Kontakt zum Kunden oder Unternehmen herzustellen. Im Zusammen­schluss mit anderen Kommunikationsmitteln, wie Fax, oder E-Mail, ergibt Telefonmarketing ein Konzept, welches das Ziel hat, dem Unternehmen beim Wachstum und der Kundenakquise, sowie der Kundenbindung zu helfen. Telefonmarketing wird dabei fast nie als alleiniges Marketinginstrument ein­gesetzt, sondern es steht auch im Wettbewerb mit anderen Abteilungen eines Unternehmens z.B. mit dem Außendienst. Telefonmarketing wird vor allem genutzt, um Interessenten in Kunden um zu wandeln, für Zufriedensheits­abfragen, zur Kundenbindung und zur Kundenrückgewinnung. (vgl. Weber/Fiedler 1994, S. 11)

Weitere Kategorien des Telefonmarketings umfassen den Telefonverkauf, Neukunden­akquise, Mahnwesen, Beschwerdemanagement, Kundenbetreuung, Bestellhotlines, Servicehotlines, Adressqualifizierung, Terminvereinbarungen und Nachfasstelefonate – auch Follow up Call genannt, die nach Versand von Angeboten, Mailings oder Katalogen gehalten werden, damit das Unternehmen im Gespräch bleibt (vgl. Dallmer 1997, S. 235f.).

Dies ist jedoch nur ein kleiner Überblick der Einsatzmöglichkeiten von Telefon­marketing. Man differenziert die oben genannten Einsatzfelder in zwei Arten von Telefonmarketing. Zum einen in passives Telefonmarketing (Inbound) und zum anderen in aktives Telefonmarketing (Outbound). Beim passiven Telefon­marketing geht der Kunde aktiv auf das Unternehmen zu und ruft an, und der Call-Center-Agent nimmt das Gespräch entgegen. Bei der aktiven Form des Telefonmarketings geht die Initiative vom Unternehmen aus, welches den Kunden aktiv kontaktiert (vgl. Fojut 2008, S. 271).

Um die Notwendigkeit der kreativen Förderung der Call-Center Mitarbeiter zu veranschaulichen, ist es nachfolgend notwendig, Inbound und Outbound Telefonie detaillierter zu beleuchten.

1.2.2 Inbound Telefonmarketing

Beim passiven Telefonmarketing handelt es sich um eingehende Anrufe, wo der Kunde oder Interessent zum Telefon greift. Meist handelt es sich bei dieser Art um Kundenpflege und Kundenservice. Hierbei ist es meist nicht unüblich, dass bei der Annahme von Aufträgen oder Kundenanfragen oftmals versucht wird, das Beratungsgespräch zu einem aktiven Verkaufsgespräch zu drehen und schließlich den Umsatz zu erhöhen.

Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Neukundenakquise. Auch hier ist das Inbound Telefonmarketing durchaus von Nutzen. Durch beispielweise Werbung im Fernsehen mit eingeblendeten Bestellmöglichkeiten wird der Verbraucher dazu aufgefordert, aktiv zu werden. Hier besteht dann häufig die Chance für den Agenten bei einem eingegangenen Anruf, durch aktiven Verkauf, die Gewinn­zahlen oder den Absatz zu erhöhen, indem dem Kunden zusätzlich zur Bestellung noch Leistungen angeboten werden (Dallmer 1997, S. 235).

Die Anforderungen an die fachliche Kompetenz, aber auch an die kommunikativen und sozialen Aspekte eines jeden Call-Center-Agenten im Telefon­marketing, sei es in einem Unternehmen integriert oder in ein externes Callcenter ausgelagert, sind entsprechend hoch. Flexible Herangehensweisen an jedes einzelne Telefonat, mit dem Gespür für die jeweilige Situation, erfordert hochmotiviertes, freundliches und sehr gut ausgebildetes Personal. Nach eigenen Erfahrungen als Trainer in einem renommierten Call-Center besteht hier die Notwendigkeit, nicht nur fachlich zu schulen, sondern auch die Kreativität der Call-Center-Agenten zu fördern.

1.2.3 Outbound Telefonmarketing

Das Outbound-Telefonmarketing ist dadurch gekennzeichnet, dass der aktive Part nicht beim Kunden liegt, sondern auf der Seite des Unternehmens, näher noch des Call-Center-Agenten, welcher offensiv den Kontakt zum Kunden sucht. Das aktive Telefonmarketing ist vielseitig einsetzbar und lässt sich in drei Stufen unterteilen. Die erste Stufe beinhaltet die Verkaufsvorbereitung, welche aus der Adressqualifizierung, Terminvereinbarungen und der Bedarfsanalyse besteht. Es folgt der aktive Verkauf zur Neukundengewinnung, der Reaktivierung von Altkunden, oder die Einladungen zu Veranstaltungen und Messen. Die Nachbereitung der Verkäufe bildet den Abschluss in Form von Auftragsbestätigungen und Kundenbindungen (Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Drei Stufen des Outbound-Telefonmarketing.

Über den Erfolg oder Misserfolg beim Outbound-Telefonmarketing entscheidet zum einen die Adressqualität[1] und zum zweiten vor allem der Call-Center-Agenten selbst. Viele Unternehmen setzen das Outbound-Telefonmarketing zur Umsatzsteigerung ein. Oftmals wurde dabei aber die Qualität der Kunden­gespräche vernachlässigt. Das heißt es wird rein gewinnorientiert telefoniert und nicht auf die Wünsche und Probleme des Kunden eingegangen. Diese Qualität ist jedoch Basis, einen Interessenten oder Kunden mehr als nur einmal anrufen zu dürfen und dadurch zu binden. Zielsetzung beim aktiven Telefon­marketing muss sein, dass eine angenehme Atmosphäre geschaffen wird. Diese Atmosphäre sollte es schaffen, eine gewisse Sympathie und Vertrautheit zu erzeugen, denn nur wenn diese Vertrautheit erzeugt wird, ist es möglich, dass ein Interesse am weiteren Gesprächsverlauf geweckt wird. Weiterhin ist wichtig, das Gespräch kurz zu halten und ohne komplizierte und ausschweifende Aussagen auszukommen, damit der Gesprächspartner nicht das Interesse verliert oder sogar überfordert wird mit der Gesprächsführung. Dadurch wird erreicht, dass dem Kunden das Gefühl des „aufgezwungen werden“ nicht erreicht. Da der Mensch von Natur aus neugierig ist, muss es dem Call-Center-Agent gelingen, die natürliche Skepsis des Gesprächspartners abzubauen und das Interesse an den angebotenen Produkten und Dienst­leistungen zu wecken. Gezielte Fragen und aktives Zuhören sind dabei genauso wie das kreative Einwirken auf Vorwände und Einwände des Kunden die wichtigsten Techniken.

Jeder Call-Center-Agent hat seine eigene Identität. Diese Identität entwickelt sich von Kundengespräch zu Kundengespräch weiter. Erfahrungen, die gesammelt werden fließen in kommende Situationen mit ein. Anhand Meads Werks „Geist, Identität und Gesellschaft“ wird im folgenden Kapitel näher erläutert, wie die Identität eines jeden Einzelnen und somit natürlich auch des Call-Center-Agenten entsteht.

2 Identität nach Mead

2.1 George H. Mead und die Sozialpsychologie

George Herbert Mead wurde am 27.02.1863 in South Hadley/ Massachusetts geboren. Nach längerer Lehrer- und Ingenieurtätigkeit studierte er Philosophie und (physiologische) Psychologie. Im Verlauf seines Lebens unterrichtete er an verschiedenen Universitäten Psychologie und Philosophie.

Sein großes Interesse an Erziehungsfragen und der Bildungspolitik war meist Bestandteil seiner Vorlesungen und leistete einen erheblichen Beitrag zu reformpädagogischen Projekten. Mead starb im Alter von 68 Jahren nach fast 40 Jahren Lehrtätigkeit an der Universität von Chicago (vgl. Garz 2006, S. 40f.). Zu seinen Lebzeiten gab es keine einzige Veröffentlichung von George Herbert Mead.

Erst nach seinem Tod wurde sein umfangreiches Werk zum großen Teil nach­träglich von seinen Schülern publiziert und fand seitdem auch im deutschen Sprachraum immer mehr Beachtung in Wissenschafts- und Fachkreisen. So bezieht sich beispielsweise Habermas in seiner „Theorie des kommunikativen Handelns“ (1981) auf die Ansätze von Mead (vgl. Garz 2006 S.40). Das Haupt­anliegen Meads bestand in der Analyse des Verhaltens (behavior) in Anlehnung an den Behaviorismus. Hierbei betrachtete Mead menschliche Verhaltens­muster. Diese Verhaltensmuster sah er jedoch nicht als einfaches Reiz-Reaktions-Schema, sondern er fokussiert die Erfahrungen, welche Verhaltens­muster generieren (vgl. Garz 2006, S. 42). Meads Interesse lag hierbei ganz besonders bei der Instanz, die sich zwischen dem Reiz und der Reaktion befindet. Entgegen dem „klassischen“ Behaviorismus hebt er das Verhalten auf die Ebene des Bewusstseins und des Geistes (vgl. Garz 2006, S. 43). Das Verhalten wird also durch die Verinnerlichung von Gesten festgelegt. Der Geist ist demzufolge die entscheidende vermittelnde Instanz, die zwischen dem Subjekt und dem Objekt vermittelt, oder auch zwischen Mensch und Umwelt vermittelt. Die Vermittlung spielt die entscheidende Rolle. Sie geschieht nach Mead durch die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Diese Fähigkeit wird auch Perspektivenübernahme genannt. Auch wenn Mead oft als Behaviorist bezeichnet wird, unterscheidet er sich trotz einiger Gemeinsamkeiten wesentlich von den Annahmen des klassischen Behaviorismus. So bezieht sich der behavioristische Ansatz von Watson beispielsweise ausschließlich auf Bestandteile einer Handlung, welche der äußeren Beobachtung zugänglich sind, während Mead auch den Bereich der inneren Erfahrung eines Menschen berücksichtigt (vgl. Garz 2006, S. 43).

Die Kommunikation durch Gesten und auch Interaktion vor allem durch signifikante Symbole bilden den Ausgangspunkt für die Meads Theorie des „Me and I“ worauf in Kapitel 2.3.2 näher eingegangen wird (vgl. Garz 2006, S. 43f.). Bei der Entwicklung seiner Theorie ist die Erkenntnis der sogenannten „Sozialität der Lebensformen“ für Mead von zentraler Bedeutung. Wichtig ist das Verständnis, welches die Voraussetzung für jede zwischenmenschliche Kommunikation ist, was wiederum durch den Gebrauch und das Verstehen signifikanter Symbole ermöglicht wird (vgl. Wenzel 1990, S. 48). Für Mead stellt diese Theorie die Basis für das Verständnis jeglichen sozialen Handelns dar. Im Zuge seiner Sozialpsychologie versucht Mead der Frage nachzugehen, an welche Bedingungen das Gelingen von „symbolisch vermittelter Interaktion“ geknüpft ist (vgl. Wenzel 1990, S. 49). Mead vertritt die Auffassung, dass das Psychische als unmittelbare Erfahrung in einem gesellschaftlichen Gesamt­zusammenhang eingebettet ist. Für Mead beginnt Sozialität grundsätzlich beim gemeinsamen Leben, das auf Kommunikation beruht (vgl. Wenzel 1990, S. 56). Sozialität steht für ihn am Beginn eines gesellschaftlichen Zusammenschlusses und bedeutet nicht, dass die Individuen zwangsläufig über ein Selbst­bewusstsein verfügen müssen. Nach Mead ist die Lebensform bereits sozial, wenn sie gemeinschaftlich organisiert lebt (vgl. Wenzel 1990, S. 62). Zwischen­menschliche Kommunikation und die Bedeutung von Symbolen und sprachlicher Interaktion, die daraus resultieren stellen für Mead die Voraussetzung für das Entstehen menschlichen Bewusstseins und Reflexion dar. Kommunikation ist damit als Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Identität zu verstehen (vgl. Wenzel 1990, S. 70). Durch diesen Ansatz entsteht Intelligenz erst durch kommunikatives Handeln. Die Kommunikation wird in diesem Zusammenhang als funktionaler Aspekt der Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft betrachtet. Diese reflexive Intelligenz kann demnach Handeln auf rationaler Ebene ermöglichen. Denken stellt für Mead folglich schon einen auf Kommunikation ausgerichteten Prozess dar und ist die wichtigste bzw. Hauptvoraussetzung für Selbstentwicklung und für die Konstitution einer Ich-Identität, da durch den Denkprozess eine Verinnerlichung dessen stattfindet, was Mead die „Haltungen anderer“ nennt (vgl. Wenzel 1990, S. 77f.). Insofern ist die Theorie Meads vor allem auch auf Call-Center-Agenten zu projizieren. Die Kommunikation ist hier meist der Hauptbestandteil der täglichen Arbeit, und somit entwickelt sich die Identität von Gespräch zu Gespräch weiter.

2.2 Der symbolische Interaktionismus

Mit der Evolutionstheorie nach Darwin wurde der Mittelpunkt wissenschaftlicher Auseinandersetzungen auf den Aspekt der Entwicklungsveränderungen gelegt. In diesem Zuge wird ein Zusammenwirken von Umwelt und Organismus unterstellt. Dies wurde dann auch auf das Zusammenwirken zwischen Individuum und Gesellschaft reflektiert. In diesem Zusammenhang wurde Gesell­schaft als „komplexe biologische Einheit“ neu definiert, die in „evolutionäre Kategorien eingebettet ist“ (vgl. Mead 2005, S. 13). Mead folgte diesem Grundgedanken, der den Geist und die Identität als im gesell­schaftlichen Prozess entstehende und entstandene Größen betrachtet. Die Entwicklung eines Individuums kann demzufolge nicht außerhalb der Gesell­schaft nachvollzogen und auch gedacht werden. Die Entwicklung einer Identität erfolgt über Interaktionen, da sich der Geist innerhalb des Verhaltens ent­wickelt, so Mead. Durch Verhalten, also einzelne Handlungen entstehen Erfahrungs­werte, welche dann als Teil der übergeordneten gesellschaftlichen Handlung verinnerlicht werden. In diesem Sinne gründet der Ansatz von Mead auf einem Sozialbehaviorismus, der Psychologie und Soziologie auf der Grundlage von evolutionstheoretischen Annahmen verbindet (vgl. Mead 2005, S. 19).

Biografisch und wissenschaftlich war für Mead das evolutionstheoretische Werk von Darwin sehr prägend (vgl. Garz 2006, S. 41). Durch die Bezugnahme auf die damals aufgestellten innovativen Theorien stellte sich Mead gegen die anerkannten Vorstellungen vom Menschen als göttliche Schöpfung. Anstelle dieser vertrat Mead die Auffassung, wonach sich das Individuum auch in und durch das gesellschaftliche Umfeld entwickelt. Individuum und Gesellschaft stehen in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander, da das soziale Umfeld die Identität des Einzelnen maßgeblich beeinflusst und mitkonstituiert, andererseits wiederum bestimmt die Gesamtheit der Individuen den gesellschaftlichen Prozess bestimmt. Grundlegend für die Theorie Meads ist die sogenannte „soziale Kooperation“. Hier geht die Annahme davon aus, dass die menschlichen angeborenen Impulse nur im Falle von Kooperation und Interaktion zwischen den Mitgliedern einer Gemeinschaft stattfinden können (vgl. Wagner 1999, S. 9). Die Kooperations- und Integrationsprozesse stellen danach soziale Akte dar, die das gesellschaftliche Zusammenleben sichern und biologisch verwurzelt sind. Somit geht Mead davon aus, dass der Mensch bereits als soziales Wesen auf die Welt kommt, da er das Potenzial und den natürlichen Drang zur Integration, also auch zur Vermittlung, in sich trägt. Laut Mead spielt die zwischenmenschliche Kommunikation eine tragende Rolle bei der Vermittlung des Selbst. Die Kommunikation erfolgt primär durch „Gebärden“, welche am Anfang jedes sozialen Aktes stehen. Diese Gesten sind eine Art „Überbleibsel“ ursprünglich voll ausgeprägter interaktioneller Prozesse. Mead bezeichnet sie als „abgeschnittenen, synkopierten Akt“ (Wagner 1999, S. 10). Da einer Gesellschaft angehörige Mitglieder die Bedeutungen der symbolischen Gesten verinnerlicht haben, also in der Lage sind, die Perspektive anderer Menschen einzunehmen, kann durch die Gebärde Sozialität hergestellt und gesichert werden (vgl. Wagner 1999, S. 10). Die Vermittlung zwischen Individuum und Gesellschaft erfolgt demnach über Symbole. Die Symbole stellen eine Verbindung zwischen Innen- und Außenwelt dar. Nach Mead entstand aus dieser instinktiven Kommunikationsform im Laufe der Evolution die zwischenmenschliche Interaktion mittels symbolischer Gesten (vgl. Wagner 1999, S. 11). Wie genau sich die Identität eines jeden einzelnen Individuums nach Mead zusammensetzt und entwickelt soll nun geklärt werden.

2.3 Identitätsentwicklung

2.3.1 Zur Konstitution der Identität

Mead betrachtet die Identität als ganzheitliches Konstrukt. Im Gegensatz zu unserer Körperlichkeit sind wir in der Lage, unsere Identität beziehungsweise Selbst als ganzheitlichen Prozess wahrzunehmen. Nach Mead hat jedes Individuum sich selbst zum Objekt und ist reflexiv, das heißt, es kann gleich­zeitig Subjekt und Objekt sein (vgl. Mead 1977, S. 264f.). Zur Konstitution einer Identität nach Mead gehört auch die Fähigkeit des Individuums, eine objektive Haltung gegenüber sich selbst einnehmen zu können. Für rationales Handeln ist dies Bedingung, also auch für die Vernunft sowie für die Herausbildung eines „Selbstbewusstseins“ (Mead 1977, S. 267).

Dieses Selbstbewusstsein übersteigt das bloße menschliche Bewusstsein. George Herbert Mead geht von verschiedenen Facetten der Identität aus, die sich je nach Situation und Zusammenhang auf unterschiedliche Weise äußern können. Diese Vielseitigkeit sieht Mead darin begründet, dass sich die Identität aus und innerhalb des gesellschaftlichen Prozesses bildet und daher auf unterschiedlichen Erfahrungswerten beruht. Mead spricht dabei von verschieden­artigen Formen der Identität („Me“ und „I“), welche aus verschiedenen sozialen Reaktionen resultieren können (vgl. Mead 1977, S. 270). Um sein „I“ entwickeln zu können, sprich sich selbst als Objekt erfahren zu können, braucht man andere Individuen, die uns wiederum zum Objekt ihres Selbst haben und die wir auch zu Objekten unseres Selbst machen können. (vgl. Mead 1977, S. 266) Durch Kommunikation erfolgt diese Vermittlung, wodurch wir dann zu Objekten unseres Selbst werden. Nach Mead ist mit Kommunikation gemeint, dass die Verständigung mittels signifikanter Symbole erfolgt. Diese kommunikativen Akte nehmen sowohl Einfluss auf Andere, als auch auf das Individuum selbst. Kommunikation ist hierfür dann der entscheidende Faktor zur Entwicklung von Identität (vgl. Mead 1977, S. 267). Das heißt, die Art und Weise, wie wir auf Menschen wirken und wie diese auf uns reagieren, beeinflusst unser Handeln und unser Selbstbild. Demnach ist das soziale Umfeld an der Entwicklung unserer Identität beteiligt. Des Weiteren nehmen wir auf das Selbstbild und Selbstverständnis der uns umgebenden Menschen Einfluss. Identität kann dadurch nie isoliert vom gesellschaftlichen Umfeld betrachtet werden, denn jegliche Denkprozesse und Handlungen des Individuums beziehen das gesellschaftliche Umfeld direkt oder indirekt mit ein. Nach Mead ist Denken als „Vorbereitung einer sozialen Handlung“ anzusehen (Mead 1977, S. 269).

Entscheidungen und Handlungen resultieren demzufolge aus einer un­bestimmten Mischung aus sozialer Angepasstheit und eigenem, spontanem Impuls. Nach Mead ist es normal, dass bei einem gesunden Menschen von dem Fall einer „multiplen Persönlichkeit“ auszugehen ist, wobei dies ein „normales Maß“ nicht überschreiten sollte. Mead erklärt es so, dass die Identität im Normalfall dual orientiert ist. Einerseits orientiert sich das Individuum an der Gemeinschaft, der es angehört und andererseits an der Situation, in welcher es sich gerade befindet (vgl. Mead 1977, S. 270). In der Gemeinschaft in der wir leben existiert in der Regel eine Art einheitliche Identität. Es besteht bei labilen, oder auch innerlich zerrissenen Menschen die Gefahr, dass die gemeinschaftliche Identität auseinanderfällt. Dieses Individuum ist dann in bestimmten Situationen handlungsunfähig und bildet laut Mead eine zweite Identität heraus.

Das Ergebnis sind zwei voneinander getrennte Identitäten (vgl. Mead 1977, S. 270). Die Identität setzt sich dann aus zwei gleichen Anteilen zusammen. Mead geht hier von der Existenz mehrerer Ichs aus (vgl. Mead 1977, S.271). Er geht jedoch noch ein Stück weiter, indem er annimmt, dass grundsätzlich immer verschiedene Ichs existieren, aus denen sich die Identität eines Individuums zusammensetzt. Diese verschiedenen Persönlichkeiten stellen Anteile des Prozesses dar, die Mead als Identität ansieht. Gleichzeitig spiegelt diese Viel­fältigkeit die unterschiedlichen Aspekte des gesellschaftlichen Prozesses, aus dem sich Identität entwickelt (vgl. Mead 1977, S. 271). Die vielfältigen Ichs spiegeln sich in den sozialen Gruppen, welchen ein Individuum angehört und mit welchen es sich identifiziert, wieder. Diese Zusammenhänge sind an der Identitätsentwicklung beteiligt, indem sie selbst Teile der Identität generieren. Die angesprochene Persönlichkeitsspaltung liegt dann vor, wenn eine voll­ständige Identität in seine Einzelteile zerfällt und keine Einheit mehr bilden kann (vgl. Mead 1977, S. 271). Mead betont dabei die Bedeutung des sozialen Um­feldes. Durch die soziale Antwort unserer Umgebung kann das Individuum sich selbst erfahren und kennenlernen. Identität bezieht sich demzufolge immer auf einen sozialen Zusammenhang und auf andere Individuen. Dieses Notwendige wird durch Kommunikation und soziale Interaktion geleistet. Diese mittelbaren und unmittelbaren Erfahrungen werden um die Identität strukturiert. Da Individuen meist unterschiedliche Erfahrungen machen, ist die Identität nie etwas Festgelegtes, sondern unterliegt ständigen Wandlungen. Um die Persönlichkeit entwickeln zu können, muss es in der Lage sein, sich in andere Menschen emotional hineinversetzen zu können. Der Prozess der Kommunikation hilft dabei die „Haltungen anderer“ zu verinnerlichen, vermittelt durch Gesten und Symbole (Mead 1977, S. 277).

2.3.2 Identität: „Me“ und „I“

Wie zuvor erwähnt, geht Mead von einem gegenseitigen Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft aus. Er betrachtet die Identitätsentwicklung als sogenannten „gesellschaftlichen Prozess“ (vgl. Mead 2005, S. 207). Identität ist laut Mead mehr als die von Beginn an vorhandene Einzigkeit eines Menschen. Identität bezeichnet eine Entwicklungsstufe, die bereits mit einem gesellschaftlichen Bewusstsein und Reflexivität verbunden ist und den Hinweis auf das „Me“ gibt. (vgl. Mead 2005, S. 207) Demzufolge ist die Identität eines Individuums bereits ein Ergebnis der Vermittlung zwischen dem Individuum selbst und der Gesellschaft.

Als entscheidenden Faktor zur Selbst- beziehungsweise Identitätsentwicklung tritt hierbei die Umwelt auf. Mead bezeichnet Identität als Erfahrung, welche vermittelt wird und dadurch den Interaktionsprozess herausbildet (vgl. Wagner 1999, S. 28).

Bei der Identität eines Individuums handelt es sich um einen Prozess, bestehend aus den zwei Phasen, dem „Me“ und dem „I“ (vgl. Mead 2005, S. 221). Das „I“, in der deutschen Übersetzung als „Ich“ unterschieden, bildet solche Anteile der Identität heraus, denen sich der Mensch nicht bewusst ist. Es ist sozusagen das reaktive Ich, das in seinem Wesen immer ein Stück weit un­bestimmt und unberechenbar bleibt. Das „I“ stellt in diesem Zusammenhang die Instanz der Spontanität dar. Diese wird nicht durch Vermittlung zwischen Subjektivität und Identität präsent. Vielmehr sieht Mead Spontanität und Kreativität als eigenen Bereich der Identität, repräsentiert durch das „I“ (vgl. Wagner 1999, S. 24). Das „I“ („Ich“) ist als Teil des „Me“ („ICH“) zu definieren. Erfahrungen und gesellschaftliche Haltungen sind demgegenüber dem „Me“ zuzuordnen. Nach Mead ist das „Ich“ die Reaktion auf die Haltungen anderer, oder des Anderen, das „Me“ ist sozusagen die Haltungen anderer bzw. eines Anderen, die man selbst einnimmt (vgl. Mead 2005, S. 218). Demzufolge unterscheidet er zwischen einer bewussten („Me“) und einer unbewussten („I“) Identität. Das „Me“ eines Subjektes ist auf das Funktionieren des gesellschaft­lichen Zusammenlebens gerichtet und damit im Prozess der Identität ausschlag­gebend. Das „I“ hingegen ist aus Gründen der Angepasstheit eher verdeckt, und wird nur sichtbar durch die Reaktionen auf andere Menschen und Situationen. Erwartungshaltungen und Normen hat der Mensch soweit verinnerlicht, dass das Ich („I“) meist keine Schwierigkeiten hat, situationsabhängig zu reagieren und zu handeln. Erst wenn die Haltungen anderer Menschen an Gültigkeit verlieren oder aber ein unbekanntes Problem auftritt, reicht die durch das „Me“ vermittelte Erfahrung nicht mehr aus. Hier ist dann das „I“ gefragt, welches dann aufgrund seiner Unbestimmtheit im „Me“ nicht präsent ist, noch nicht.

Wird dann eine bestimmte Erfahrung gemacht, findet eine Verinnerlichung der „Haltung des Anderen“, statt und die Reaktion des „I“ geht dann als Erfahrung in das „Me“ über (vgl. Mead 2005, S. 218f.) (Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: „Me“ und „I“ nach Mead.

Meads Theorie des „Me“ und „I“ lässt sich sehr gut auf die Identitätsentwicklung der Call-Center-Agenten übertragen. Durch das „I“ muss der Call-Center-Agent auf die unbekannten und auch unerwarteten Situationen im Kundengespräch reagieren. Eine Förderung der Kreativität kann hierbei hilfreich sein, um diese Situation zu meistern.

In der theoretischen Konzeption nach Mead stellen „I“ und „Me“ die beiden Bereiche der Identität dar. Diese beiden Bereiche beeinflussen sich wechselseitig. Das „I“ ist demnach als Reaktion des Individuums auf die Haltungen anderer zu verstehen. In dieser Konstellation ist es das „I“, das reagiert und Haltungen verinnerlicht und letztlich ausführt. Das „Me“ stellt die Seite des Subjektes dar, die sozusagen von anderen, oder dem Anderen ge­prägt ist und versucht, den Anforderungen des gesellschaftlichen Umfeldes zu entsprechen. Mead geht in diesem Zusammenhang von dem Idealfall einer Vermittlung zwischen beiden Seiten aus. Das „I“ ist als subjektive Freiheit, das „Me“ als Determination zu betrachten, welche wiederum die Freiheit und Initiative des „I“ erst ermöglicht. Beide Bereiche der Identität stehen in Wechsel­wirkung miteinander, da die Ausprägung der jeweiligen Seite von der Präsenz der anderen Seite abhängt. Folglich kann es kein Selbst geben, das aus­schließlich durch das „I“ oder das „Me“ geprägt ist.

2.3.3 Subjektivität, Emotionalität und Identität

Mead nimmt des Weiteren eine begriffliche Trennung zwischen Subjektivität und Identität vor, welche die wesentlichen Elemente von Bildung darstellen (vgl. Wagner 1999, S. 23). Nach Mead wird Subjektivität nicht vermittelt wie man das im eigentlichen Sinne denken könnte, sondern tritt erst in Erscheinung, wenn das Individuum angesichts eines Problems gefordert wird. Durch diese Subjektivität wird ein Problem zur unmittelbaren Erfahrung und durch die eigene Kreativität wird etwas Neues geschaffen und in die jeweilige Handlung integriert (vgl. Wagner 1999, S. 23).

Die Emotionalität ist eng mit der Subjektivität verbunden. Dies begründet Mead darin, dass sich die Emotionalität in unmittelbare Empfindungen unkontrolliert und unvermittelt äußern. Folglich ist Subjektivität als Phase der Handlung zu betrachten, die vom Individuum unbewusst eingesetzt wird. Letztendliche ist hierfür das „I“ zuständig. Identität kann somit nicht ohne den Moment der Subjektivität real werden. Die Identität selbst ist als umfassender Prozess zu verstehen, in welchem Subjektivität existiert und dadurch Realität werden kann bzw. auch wird.

Trotz dessen Mead Subjektivität und Identität begrifflich differenziert, ist die Subjektivität in Form des „I“ vorhanden und tritt in Form einer spontanen Kreativität auf. Die Identität eines Menschen kann folglich niemals unabhängig vom gesellschaftlichen Umfeld beschrieben werden, da nicht nur angeborene Potenziale und subjektive Impulse, sondern auch und gerade die reflexive Ver­mittlung mit anderen Individuen Identität ermöglichen. Nach Mead ist es so ein Dialog gegenseitiger Beeinflussung, in dem sich Identität entwickelt (vgl. Mead 2005, S. 211).

Somit besteht eine Notwendigkeit der Vermittlung zwischen Individuum und Gesellschaft, zwischen Selbst und Umwelt, und zwischen Subjektivität und Identität. „Me“ und „I“ stellen nach Mead die Phasen der Identität dar, die sich gegenseitig bedingen und beeinflussen, und durchaus im Widerspruch zu­einander stehen können (vgl. Mead 2005, S. 244). Ein weiterer Faktor, der zur Entwicklung der Identität beiträgt, ist das Selbstbewusstsein. Im folgenden Abschnitt wird darauf näher eingegangen.

2.3.4 Selbstbewusstsein

Selbstbewusstsein impliziert für Mead eine Unterscheidung zwischen „Ich“ und „Nicht-Ich“, also die Wahrnehmung der Realität und somit der eigenen Identität. Die Herausbildung eines solchen Bewusstseins über die eigene Identität erfolgt laut Mead bereits im frühkindlichen Prozess der Sozialisation, also in dem Zeit­raum, indem das Individuum allmählich in eigene Denkprozesse integriert wird. Sprachlich wie psychisch beginnt das Individuum zu begreifen, dass „Ich“, „Du“ und „Es“ relative Größen sind, auch wenn es noch nicht näher verstanden wird. Die Identität kann nur bewusst werden, wenn dem Individuum der nichtangehörige Teil der Identität bewusst wird. Zur Selbstbildung gehört demzufolge ganz klar auch die Selbstabgrenzung. Diese Selbstabgrenzung wird durch das „Ich“ verbalisiert. Demzufolge drückt „Ich bin“ des Individuums eben unausgesprochen auch immer aus, was das Individuum „nicht ist“, oder was es glaubt nicht zu sein. Das Selbstbewusstsein, welches Mead als wesentlichen Teil der Selbstbildung in der Phase der Sozialisation sieht, stellt einen wichtigen Aspekt dar. Demzufolge muss die wahre Identität zur Realität werden, wozu die Bewusstwerdung über die eigene Existenz und die subjektive Eingebundenheit in soziale Kontexte eine erhebliche Rolle spielt. Da die Identität von den Reaktionen und Wirkungen durch die Umwelt bestimmt wird, beschreibt Mead die Identität als sich wandelnder Prozess, welcher nie unabhängig von der gesellschaftlichen Einbettung betrachtet werden kann. Um in diesem Sinne ein Bewusstsein zu erlangen, muss man nach Mead die „Haltung des anderen im eigenen Organismus haben“ (vgl. Mead 2005, S. 240). Diese angeeigneten und integrierten Haltungen anderer Individuen sind Teil der Identität. Sie manifestieren sich im „Me“ des Individuums. Diese Haltungen werden dem „I“ vermittelt, welches die „Reaktion des Einzelnen auf die Haltung der Gemeinschaft“ darstellt (Mead 2005, S. 240). Für die Vermittlung der Identität müssen nach Mead auch verschiedene Voraussetzungen geschaffen werden.

2.4 Voraussetzungen für die Vermittlung von Identität

2.4.1 Spielen und Kreativität

Mead räumt dem kindlichen Spiel eine zentrale Rolle für die Identitätsentwicklung ein. Als Voraussetzung für Integration und als Bedingung der Selbstentwicklung betrachtet Mead das Spielen nicht nur als kreativitätsfördernd (vgl. Runkel 2003, S. 9). Terminologisch wird hier unterschieden zwischen „play“ (dem Einzelspiel) und „game“ (dem Wettkampf). Diese beiden Phasen folgen in der Identitätsentwicklung aufeinander. Während das Individuum im „play“ zunächst eine konkrete Rolle einnimmt und diese nach seinem Wissen und seiner Erfahrung spielt, versetzt es sich anschließend im „game“ in mehrere Personen. Dadurch wird ihm dann ermöglicht, verschiedene Perspektiven einzunehmen. Durch diese multiperspektivische Rollenübernahme hat das Individuum die Möglichkeit, eine der Haltungen des „verallgemeinerten Anderen“ einzunehmen. Durch dieses Hineinversetzen in andere Personen wird ein Zugang zu deren Erfahrungswelt und Erwartungshaltungen für das Individuum verschafft (vgl. Garz 2006, S. 45). Durch die Übernahme der Rollen ist nach Mead die Ausbildung der Identität maßgeblich. Spielen meint in diesem Zusammenhang etwas „Bestimmtes“ spielen und auf spielerische Weise etwas darstellen.

Durch diese Handlungen werden dem Individuum ermöglicht die Reaktionen der anderen sowie die eigenen sich vorzustellen und durchzuspielen. Solche Neigungen zur Rollenübernahme werden oftmals von Institutionen gezielt gefördert und zur Grundlage der Erziehung gemacht (vgl. Mead 1977, S. 278). Durch das Rollenspiel verinnerlicht das Individuum „eine Reihe von Reizen, die bei ihm selbst die gleiche Reaktion hervorrufen wie bei anderen“ (Mead 1977, S. 278). Durch diesen Prozess lernt das Individuum die Reaktionen anderer Personen in seinen eigenen Standpunkt einzubeziehen und damit andere Menschen zu sich selbst in Beziehung zu setzen. Das „game“ bietet dafür die optimale Voraussetzung, weil z.B. Sportarten so organisiert sind, dass die Haltung eines Individuums die Haltungen und Reaktionen der anderen Beteiligten provoziert (vgl. Mead 1977, S. 279).

Durch das „game“ kann das Individuum die Reaktion eines „Anderen“ verinnerlichen und daraus lernen. Für die Entwicklung des Selbstbewusstseins, ferner der Identität stellt diese Verinnerlichung nach Mead den ersten wichtigen Schritt dar (vgl. Wenzel 1990, S. 79). Weil das Individuum noch keine weitere Vorstellung darüber hat, wie die verschiedenen Rollen innerhalb des sozialen Zusammenhangs organisiert, sind ist das „game“ von großer Bedeutung. Durch das „game“ kann ein Rollenverständnis etabliert und vor allem erweitert werden. Im Endeffekt stellt es eine Übung dar, da jede Form von Kommunikation dem Einzelnen eine Art von Rollenübernahme abverlangt, da erst die Nachahmung es ermöglicht, eine Einfühlung und Mitfühlung zu erfahren. Interaktion und Kommunikation können demnach nur funktionieren, wenn beide Seiten in der Lage sind, sich jeweils in den anderen hineinzuversetzen (vgl. Garz 2006, S. 46). Grundsätzlich stellt das „game“ in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit für das Individuum dar, selbst Erfahrungen zu sammeln und gezielt ganz bestimmte Reaktionen beziehungsweise Reaktionsketten hervorzurufen (vgl. Mead 1977, S. 279). Diese Reaktionsketten beziehungsweise Reaktionen werden durchaus auch in Schulungen im Call-Center nachgespielt. Durch nachspielen von Kundengesprächen werden solche Situationen künstlich geschaffen, aber nach eigenen Erfahrungen meist nicht ausreichend und tiefgreifend genug, um dann diese bestimmte Reaktion hervorrufen zu können.

Daraus schließend kann gesagt werden, dass zum Beispiel das frühkindliche Spiel eine Art Vorbereitung für den gesellschaftlichen Integrationsprozess darstellt. Wie bereits spielerisch getestet, unterliegt auch das spätere Leben gewissen Regeln und das Handeln und Denken wird von den Reaktionen anderer Individuen beeinflusst. Die im „game“ gespielten Reaktionen sind jedoch noch relativ ungeordnet. Nach Mead hat das Individuum in dieser Phase noch keine vollständig entwickelte Identität. Das regelhafte Spiel „stellt einen Übergang im Leben des Kindes dar; einen Übergang vom Spielen fremder Rollen zur organisierten Teilnahme ...“ (Mead 1977, S. 280).

Mead sieht im frühkindlichen Spiel die erste Begegnung und Auseinandersetzung mit dem sozialen Umfeld. Das soziale Umfeld wird hierbei durch die Umwelt entscheidend mit beeinflusst. Welche tragende Rolle genau die Umwelt hierbei übernimmt folgt im nächsten Kapitel.

2.5 Die Rolle der Umwelt

2.5.1 Identität als gesellschaftlicher Prozess

Da sich Identität aus der gesellschaftlichen Situation heraus entwickelt, kann sie auch nur innerhalb dieser verwirklicht werden, so Mead. Hierbei wird betont, dass sich Identität nur durch die Interaktion zu den anderen Individuen der Gemeinschaft entwickeln kann (vgl. Mead 2005, S. 244). Die Erfahrung einer Identität, ausschließlich aus sich selbst heraus, ist nicht möglich. Identität wird nicht nur im gesellschaftlichen Prozess erschaffen, sie stellt selbst diesen Prozess dar.

Jede Person trägt zwar einzigartige Merkmale in sich, doch ist der Prozess der Identität grundsätzlich gesellschaftlich und damit sozial bestimmt (vgl. Mead 2005, S. 245). Durch die einzelnen eingenommenen Perspektiven entsteht die Einzigartigkeit eines Individuums, da jeder Mensch einen anderen Aspekt der sozialen Beziehungen spiegelt. Gleichzeitig spiegelt jedoch die organisierte Struktur jeder einzelnen Identität auch den gesellschaftlichen Prozess als Ganzes wieder (vgl. Mead 2005, S. 245).

Mead spricht der Umwelt eine wichtige Funktion bei der Entwicklung des Individuums zu. Identität ist demzufolge gesellschaftlich. Sie wird durch die Beziehungen zu anderen verwirklicht und nur bei gesellschaftlicher Anerkennung zur Realität (vgl. Mead 2005, S. 248). Nach Mead ist somit eine Identität völlig unabhängig von der sozialen Umwelt nicht denkbar. Der Vergleich zu anderen Individuen gehört zur Identitätsentwicklung, und diese dienen als eine Art Spiegel unseres Selbst. Man bringt nur durch andere Menschen in Erfahrung, wie man wahrgenommen wird. Das Selbstbildnis, also die Selbstwahrnehmung und auch das eigene Bewusstsein, sind von den Reaktionen des Umfeldes entscheidend bestimmt.

Identität wird nicht nur über das, was wir sind bestimmt, sondern vor allem darüber, was wir im eben nicht sind im direkten Vergleich mit anderen Individuen. Da das „Me“ weitgehend vorbestimmt und durch Erfahrungen klar definiert ist, brauchen wir ein individuelles, veränderbares „I“. Das „I“ dient dazu, dass sich das Individuum verwirklichen und kreativ entfalten kann, was das Individuum dann vom sozialen Umfeld subjektiv unterscheidet und damit einzigartig macht. Zur Identitätsbildung werden genau diese Unterschiede benötigt, da gesellschaftlich ständig die Forderung im Raum steht, uns durch irgendeine Art der Überlegenheit gegenüber anderen Individuen zu behaupten (vgl. Mead 2005, S. 250). Damit stehen das Individuum und die Gesellschaft in einem Abhängigkeitsverhältnis, welches mit Hilfe von signifikanten Symbolen, vermittelt wird, in diesem Fall, der Sprache.

Grundvoraussetzung zur Verwirklichung der Identität ist nach Mead diese Vermittlung zwischen Subjekt und Gesellschaft. Auch eine sich entwickelnde, bzw. weiter entwickelnde Gesellschaft benötigt diese Vermittlung, da die Identität des einzelnen Individuums zum Bestandteil des gesamten gesellschaftlichen Prozesses wird und diesen beeinflusst (vgl. Mead 2005, S. 225). Das einzelne Individuum wird in eine bereits bestehende Welt integriert, welche sich dann durch sich selbst und durch die Reaktion der Umwelt auf jenen verändert (vgl. Mead 2005, S. 230). Eine soziale Interaktion ist nur in Verbindung mit dem gesellschaftlichen Prozess möglich, der dem Individuum vorausgeht.

Die Intelligenz eines Menschen, beziehungsweise der „Geist“ ist nach Mead nur im Kontext der gesellschaftlichen Interaktion möglich. Der Geist entsteht nur durch die Verinnerlichung gesellschaftlicher Erfahrungs- und Verhaltensprozesse im Einzelne selbst. Diese „Hereinnahme der Übermittlung signifikanter Gesten“ wird letztlich dadurch möglich, dass der Einzelne die Fähigkeit besitzt, die Haltungen anderer Menschen einzunehmen (vgl. Mead 2005, S. 235). Diese Fähigkeit bildet die Grundlage, dass eine Vermittlung zwischen Individuum und seiner Umwelt ermöglicht wird. Das bedeutet wiederum, dass Subjektivität und Identität nur durch Vermittlung mit der umgebenden Welt realisiert werden kann. Der intellektuelle Prozess stellt nach Mead die „frühste Erfahrungsphase in der Entwicklung der Identität“ dar (Mead 2005, S. 216).

Zusammenfassend bedeutet das, dass es ohne Sprache oder ohne Übermittlung von Gesten kein Denken und keine soziale Interaktion gibt. Ohne Interaktion gibt es wiederum kein Hineinversetzen in andere Individuen und ohne diese Fähigkeit keine Vermittlung. Wenn diese Vermittlung ausbleibt, kann es auch keine Entwicklung der Identität geben.

[...]


[1] Mit Adressqualität ist die Herkunft der Kundendaten gemeint.

Ende der Leseprobe aus 100 Seiten

Details

Titel
Chancen der Kreativentwicklung in Call-Centern
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
100
Katalognummer
V171470
ISBN (eBook)
9783640910786
ISBN (Buch)
9783640908813
Dateigröße
1093 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Identität, Kreativität, Call-Center, Mead, Förderung, Inbound, Outbound
Arbeit zitieren
David Beer (Autor:in), 2011, Chancen der Kreativentwicklung in Call-Centern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171470

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