Leseprobe
Gliederung:
1. Einleitung
2. Einführung “psychische Erkrankungen”
3. Definition Psychose
3.1 Erste Äußerung einer Psychoseerkrankung
3.2 Auslöser einer Psychose
3.3 Frühwarnzeichen einer Psychose
3.4 Symptome einer Psychose
4.Auswirkungen auf bzw. Veränderungen in der Partnerschaft mit einem psychisch kranken Partner
4.1 Veränderungsbereiche der persönlichen Situation der gesunden Partner
4.1.1 Seelische Belastungen und Gefühle des gesunden Partners
4.2 Veränderungsbereiche im alltäglichen Umgang miteinander
4.2.1 Absprachen
4.2.2 Kommunikation
4.2.3 Konfliktbewältigungsstrategien
4.3Veränderungen bzw. Auswirkungen einer psychischen Erkrankung auf wichtige Bereiche des partnerschaftlichen Zusammenlebens
4.3.1 Sexualität
4.3.2 Kinder- und Familienplanung
5. Behandlungsmöglichkeiten psychisch kranker Menschen
5.1 Pharmakotherapie
5.2 Psychotherapie
5.3 Soziotherapie
6. Hilfen aus dem Bereich der Sozialen Arbeit für psychisch kranke Menschen und deren Angehörigen außerhalb stationärer Einrichtungen
7. Schlusswort
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
im Fach “Soziale Arbeit mit psychisch Kranken”
Thema:
“ Psychische Erkrankungen und ihre Auswirkungen auf die Partnerschaft”
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
“Was wäre die Welt der “Normalen” ohne uns Begeisterte? Wer würde Gott und die Welt so kompromisslos und mit all seiner/ihrer Existenz so rückhaltlos vor den Kopf stoßen, wenn nicht WIR ANDEREN? Ohne uns gebe es keinen geistigen Stillstand, ohne uns keine kulturellen Revolutionen, ohne uns keinen Zauber. Seht ihr denn nicht auch, dass ein guter Teil multimedial verbreiteter Phantasie nur durch uns möglich und real erfahrbar ist?”
(Beitrag eines psychisch kranken Menschen im Psychose-Leseforum)
1. Einleitung:
In den letzten Jahrzehnten bemühte man sich sehr, psychisch kranke Menschen aus Anstalten herauszuholen. Ermöglicht wurde dieser Schritt durch die Entwicklung wirksamer Medikamente gegen psychische Krankheiten. Im Zusammenhang mit dieser Eingliederungsoffensive wurde verstärkt darauf Wert gelegt, psychisch kranke Menschen als Mitglieder ihrer Familien und der Gesellschaft zu sehen.
Jeder Mensch braucht sozialen Rückhalt, um seine Grundbedürfnisse nach Fürsorge, Akzeptanz und seelischer Unterstützung- besonders in schwierigen Zeiten- zu decken. Sogar wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass ein starker Rückhalt die Genesung von körperlichen und psychischen Krankheiten erheblich beschleunigen kann. Deshalb entscheiden sich immer mehr Angehörige dazu, ihre psychisch kranken Partner auch während einer akuten psychotischen Krise zu Hause zu betreuen, was allerdings nicht selten eine sehr große Belastung darstellt, da die Kranken in dieser Zeit kaum in der Lage sind, ihr Alltagsleben allein zu bewältigen. Die Angehörigen werden oft 24 Stunden am Tag, wochenlang, monatelang oder gar jahrelang hautnah mit der völlig rätselhaften Erkrankung ihres Partners konfrontiert und können sich der Belastung nicht entziehen. Noch dazu kommen die Erfahrungen der Ablehnung und Stigmatisierung, die man oft bei Nachbarn, Bekannten oder Verwandten erlebt, wenn man einen psychisch kranken Partner an seiner Seite hat. Ebenso stellen neben der Erkrankung des Partners und den Reaktionen der sozialen Umwelt auch Scham- und Schuldgefühle sowie die Reduzierung der sozialen Kontakte eine schwere Überforderung für die gesunden Partner da. In dieser Studienarbeit werde ich die Auswirkungen vorstellen, welche eine Partnerschaft mit einem psychisch kranken Menschen nach sich ziehen sowie aufzeigen, welche Möglichkeiten der Bewältigung und Integration psychotischer Krisen sowohl dem gesunden als auch dem kranken Partner zur Verfügung stehen.
2. Einführung “psychische Erkrankungen”:
Es gibt eine Vielzahl psychischer Erkrankungen, die in unserer Gesellschaft vorherrschen. Unter den Begriff psychische Erkrankungen fallen die sogenannten Neurosen und Psychosen. Die Neurose bezeichnet eher eine Störung, deren Ursache lebensgeschichtlich bedingt ist oder in der Auseinandersetzung mit einem ungelösten, oft unbewussten frühen Konflikt liegt. Eine Psychose hingegen äußert sich hingegen in grundlegend verändertem Erleben sowie Verhalten und ist durch eine gestörte Realitätsvorstellung geprägt. Diese kann entweder durch eine körperliche Störung oder eine Störung des Gehirnstoffwechsels verursacht werden. Ich werde meine Studienarbeit ausschließlich auf den Begriff “Psychose” beschränken und konzentrieren, da der Begriff “Neurose” in der Medizin meist vermieden wird, weil er eher Vorurteile schafft als dazu dienen kann, Krankheiten zu beschreiben. Außerdem ist eine Unterscheidung zwischen beiden oft schwierig und nicht immer möglich (vgl. Gesundheit-Ratgeber, 2002).
3. Definition Psychose:
Das Wort “Psychose” ist laut Arbeitsgemeinschaft der Psychoseseminare (Internet) ein Sammelbegriff für tiefe existenzielle Krisen. Unter dem Begriff werden alle Krankheiten zusammengefasst, bei welchen schwere Beeinträchtigungen der psychischen Funktion vorliegen. Das Ausmaß der Krankheit ist meist so schwer, dass eine Bewältigung aus eigener Kraft so gut wie unmöglich ist. Der Bezug zur Wirklichkeit ist hierbei erheblich gestört und das Denken, die Wahrnehmung, das Wollen sowie das Fühlen sind beim betroffenen Menschen beeinträchtigt. Es wird zwischen den sogenannten affektiven und kognitiven Psychosen unterschieden. Bei den “affektiven Psychosen” (Depression, Manie, manisch-depressive Erkrankung) ist subjektiv gesehen nichts mehr, wie es einmal war- auch, wenn sich vielleicht objektiv nicht viel verändert hat. Sowohl Stimmung als auch Lebensgefühl und -energie können verändert sein, ohne, dass die Art der Wahrnehmung, des Denkens und der Sprache beeinträchtigt ist. Bei der “kognitiven Psychose” (Schizophrenie) verhält es sich eher umgekehrt, das heißt, die Sinneswahrnehmungen verselbständigen sich, das Denken wird sprunghaft, die Sprache unverständlich, ohne, dass Stimmung und Energie verändert erscheinen.
3.1 Erste Äußerung einer Psychoseerkrankung:
Den Anfang einer Psychoseerkrankung wird leider von den Partnern, besonders, wenn diese keine Erfahrungen mit diesem Thema haben, oft nicht erkannt. Die Partner wollen beim erstmaligen Auftreten dieser schleichend und unmerklich verlaufenden Krankheit oft nicht wahrhaben, was sie sehen und übersehen somit oft den Punkt, ab wann der Erkrankte behandlungsbedürftig wird.
Es ist keine Seltenheit, dass die gesunden Partner den Anschein von Normalität aufrechterhalten wollen- besonders im Hinblick auf ihre soziale Umgebung- und erfinden abstruse Erklärungen dafür, warum der Partner plötzlich derart “ungewöhnliche Eigenheiten” entwickelt. Oft wird hinter dem Rücken des Betroffenen- besonders im Verwandtenkreis- getuschelt, was den Kranken meist sehr verunsichert und seine Verfolgungsängste verstärkt. Die Betroffenen zeigen allerdings phasenweise wieder “normales” Verhalten, was natürlich deren Partner in ihrer Wahrnehmung zusätzlich irritiert. Wird aber letztendlich diagnostiziert, dass eine Krankheit vorliegt, sorgen sich die Partner darum, dass der Erkrankte ärztliche Behandlung in Anspruch nimmt (vgl. Beitler, S. 36/37).
3.2 Auslöser einer Psychose:
Man kann laut Beitler (S. 47) als Auslöser für das Auftreten von Psychosen sogenannte “Live-Events”, d.h. kritische Lebensereignisse verantwortlich machen. Beispiele für psychoseauslösende Anlässe sind
Trennung
Todesfall eines Nahestehenden
Überarbeitung, Stress
Rauschgiftkonsum
Schwangerschaft und Geburt u.a.
Es gibt natürlich viel mehr Auslöser für eine Psychose. Fast jedes Ereignis im Leben kann zu einer Psychose führen. Jedoch ist hierbei die Auswirkung und Intensität von Bedeutung, die der Betroffene dem Ereignis beimisst.
3.3 Frühwarnzeichen einer Psychose:
Da sich in diversen Gesprächen mit Partnern psychotisch Kranker herausstellte, dass es für diese eine enorme Belastung ist, permanent unter dem “Damoklesschwert” einer drohenden Psychose eines Familienmitglieds zu leben, bildete der “Bundesverband der Psychiatrieerfahrenen” eine Arbeitsgruppe, die sich den Namen “Selbstchecker” gab. Ziel dieser Vereinigung ist es, Frühwarnzeichen für eine drohende Psychose rechtzeitig zu erkennen und entgegenwirken zu können. Mit Frühwarnzeichen meint man jedoch nicht Symptome selbst, sondern Anzeichen vor den eigentlichen Symptomen einer Psychose. Diese Anzeichen sind jedoch individuell verschieden, da jeder der Betroffenen anders vor Beginn einer Psychose reagiert. Es gibt also kein Frühwarnzeichen, von dem man behaupten könnte, dass es bei allen Betroffenen auftritt. Im Folgenden werde ich dennoch einige Beispiele nennen, um zu zeigen, was ein Frühwarnzeichen sein kann. Manche psychisch Kranke spüren im Vorfeld körperliche Veränderungen wie Müdigkeit, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Schweißausbrüche u.a. während andere zudem noch Veränderungen in ihrem Verhalten wie zum Beispiel Isolation, Grübeln, Abkehr von üblichen Tagesrhythmen, häufiges Ausgehen usw. angeben. (vgl. Beitler, S. 43/44)
3.4 Symptome einer Psychose:
Das Komplizierteste am Erkennen einer psychischen Störung liegt laut Beitler (S 37-39) darin, dass der Beginn der Erkrankung ein eher schleichendes und unmerkliches Hinübergleiten vom Normalzustand in die Psychose ist. Der Betroffene selbst hingegen merkt sofort, dass ich etwas verändert. Er tut dies aber meist mit der optimistischen Einstellung “das wird schon wieder” ab. In der Realität hat jedoch eine Spirale eingesetzt, die direkt in die Psychose führt. Folgende Symptome sind bei dieser Erkrankung zu verzeichnen:
Trennung von Innen- und Außenwelt:
Anfangs tritt eher die Innenwelt in den Vordergrund und den Betroffenen folglich absorbiert. Er wirkt in dieser Phase geisteswesend, zerstreut und es kann eine Weile dauern, bis er wieder ansprechbar ist und auf die Außenwelt reagiert. Später kann es sein, dass er Äußerungen, welche für den Zuhörer nicht mehr erschließbar sind wie zum Beispiel “die Außerirdischen sind da” tätigt.
Starkes Rückzugsbedürfnis :
Viele entziehen sich in dieser Zeit den Alltagsabläufen in der Partnerschaft. Sie wirken oft gehetzt und unruhig, ohne jedoch etwas bestimmtes zu tun und verbringen fast nur noch im Bett.
Gedankenüberflutung:
Die Gedanken können entweder philosophische, künstlerische, religiöse oder auch ganz andere Themen wie Verfolgungsängste oder eigene Größenideen sein. Manchmal erscheint es den Betroffenen, ihre Gedanken würden ihnen von einer äußeren Macht eingegeben. Man kann deren inneres Erleben mit einem Traum vergleichen, der wach erlebt wird. Die äußere Realität wird dabei nur noch fragmentarisch wahrgenommen und auf irgendeine Art und Weise in das traumhafte Erleben eingebaut. Dabei kann es auch zum “verrückten” Handeln kommen.
Wegfall von Hemmungen:
Hierbei tun und sagen Betroffene Dinge, die sie im “Normalzustand” niemals ausleben würden. Die innere Erregung ist sogar so stark, dass sie kaum oder gar nicht mehr schlafen und das Essen und Trinken vergessen. Da ein gleichzeitig sehr hoher Kalorien- und Energieverbrauch stattfindet, geraten sie rasant in einen hochgradigen Erschöpfungszustand.
Veränderung des Denkens:
Während Informationen von gesunden Menschen sowohl einen informativen als auch emotionalen Anteil haben, tritt in einer Psychose der informative Teil eher in den Hintergrund, wobei der emotionale Anteil verstärkt wahrgenommen wird. Sieht der Betroffene zum Beispiel ein Glas, lässt ihn die runde Form an Kinder denken. Hierbei tritt die Tatsache, dass es sich um ein Glas handelt, in den Hintergrund gegenüber dem Gefühl des kindlich Runden. Weil der Betroffene die Dinge so deutlich fühlt, denkt er, dass er auf dieser Ebene symbolische Handlungen begehen kann, die dann in der Realität etwas bewirken. Er streichelt zum Beispiel das Glas und ist der Meinung, dass er allen Kindern dieser Welt positive Energie übertragen kann. Es ist in seinem Denken eine Art “Magie” die er ausübt. Wenn er daraufhin den Radio einschaltet und zufällig ein Bericht über ein Kinderhilfswerk oder ähnliches gesendet wird, fasst er dies als eine direkte Bestätigung seiner Erlebnisweise auf. Für ihn bedeutet dies, dass alles, was er unternimmt, von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
Halluzinationen:
Hierbei können alle Sinne des Kranken betroffen sein. Er kann riechen, schmecken, hören, sehen, fühlen, was es überhaupt nicht existiert. Diese Erlebnisse können diesen je nach seinem Temperament ängstigen, faszinieren oder wütend machen. Er kann entweder das Gefühl haben, dass fremde Mächte etwas mit ihm anstellen oder meinen, dass er eine spirituelle Erfahrung, eine Art Erleuchtungserlebnis hat.
4.Auswirkungen auf bzw. Veränderungen in der Partnerschaft mit einem psychisch kranken Partner:
Man muss sich als gesunder Mensch im Klaren sein, dass sich eine Beziehung zu einem psychisch kranken Menschen erheblich von einer “normalen” Beziehung unterscheidet. Es gibt einige Punkte, über die man sich bewusst werden muss, bevor man eine Partnerschaft mit einem Betroffenen eingeht. Zum einen haben psychosekranke Menschen eine sehr stark ausgeprägte Sensibilität was in der Beziehung dazu führen kann, dass ein Partner oftmals psychisch verletzt wird oder der “dickhäutigere” Partner stets das Gefühl hat, zurückstecken zu müssen. Eine ausgeprägte Verletzlichkeit kann zwar durch Medikamente und Psychotherapie vermindert werden, so dass der gesunde Partner nicht mehr so behutsam sein muss, dennoch kann es auf Dauer zum Bruch der Beziehung kommen, wenn der gesunde Partner nicht mit der Tatsache umgehen kann, dass sein kranker Lebenspartner nicht so konfliktfähig ist und eines rücksichtsvolleren Umgangs bedarf. Im Folgenden werde ich diverse Bereiche aufzeigen, die sich in der Partnerschaft mit einem psychisch kranken Menschen ändern:
4.1 Veränderungsbereiche der persönlichen Situation der gesunden Partner:
Gemäß einer Angehörigenstudie (Internet), welche von März 1999 bis Juni 2001 durchgeführt wurde und bei der 151 Partner von psychisch kranken Menschen befragt wurden, konnte man folgende Bereiche erschließen, in denen sich Veränderungen der persönlichen Situation der Lebenspartner zeigten:
Alltag:
Der Alltag mutiert aufgrund der Krankheitszeichen der Betroffenen und deren Verlauf. Das bedeutet, dass die Partner mit plötzlichen Stimmungswechseln des Erkrankten, Rückzug aus dem sozialen Umfeld und Ungewissheit gegenüber des weiteren Verlaufs konfrontiert sind. Dies führt meist zu erheblichen Konflikten in der Partnerschaft.
Partnerschaft:
Da das Verhalten des Erkrankten während den akuten Krankheitsphasen durch seine Krankheitssymptome geprägt ist, kann die Kommunikation mit diesem als äußerst schwierig erlebt werden. In dieser Zeit bleiben andere Inhalte und Erlebensbereiche der Partnerschaft im Hintergrund. Man kann sagen, die Partnerschaft “pausiert”, was auf lange Zeit zu Krisen führen kann. Diese Partnerschaftskrisen sind häufig mit Unsicherheit, Ambivalenz, Kommunikationsproblemen und dem Verlust von Gemeinsamkeiten gekennzeichnet.
Beeinträchtigung des Alltagserlebens und der Freizeitgestaltung:
Der Alltag der Partner, von denen einer an einer Psychose leidet, ist vorwiegend mit alltäglichen Themen benetzt. Für einen Ausgleich in Form von Freizeit und Aktivität ist wenig zeitlicher Raum, da der Kranke in einer akuten Phase stark der Hilfe seines Partners bedarf. Die geringe Belastbarkeit und größere Ruhebedürftigkeit des Erkrankten erfordern von dessen Lebenspartner enorme Motivationsarbeit, um gemeinsame Aktivitäten in der Freizeit zu unternehmen.
Stressbelastung und Gesundheit:
Die psychische Erkrankung des Partner führt einerseits zu großer Sorge in Bezug auf dessen Gesundheit, aber auch andererseits auf die Zukunft in der Partnerschaft. Insbesondere Ängste, die den Krankheitsverlauf betreffen, spielen eine große Rolle. Diese Dauerbelastung setzt beide Partner einem hohen Stress aus, der bei ihnen sowohl zu vermehrt körperlichen wie auch psychischen Beschwerden führen kann. Da diese Krankheit durch immer wiederkehrende Krankheitsepisoden oder chronische Verläufe, die meist über Jahre hinweg auftreten und für den gesunden Partner während der Krisenbegleitung meist die Möglichkeit zur Entlastung bzw. Entspannung fehlt, kommt dieser häufig an die Grenzen seiner Kraft.
Finanzielle Absicherung:
Es können im Zusammenhang mit der psychischen Erkrankung finanzielle Sorgen entstehen. Dies resultiert aus zusätzlichen Ausgaben für die Behandlung (Zuzahlung von Arzneimitteln und Therapiemaßnahmen) sowie einer Einschränkung des Erkrankten in seiner Berufsausübung bis hin zu einem Wechsel des Arbeitsplatzes, Umschulungsmaßnahmen und Erwerbsunfähigkeit. Für manchen Partner geht dadurch eine Rollenverschiebung einher, indem er zu dem einzigsten Ernährer der Familie wird und viele alltägliche Verpflichtungen allein ausfüllen muss.
Auseinandersetzung mit Vorurteilen/ Wirkung auf soziale Beziehungen:
Die Diagnose und Einweisung in eine psychiatrische Klinik lösen nicht selten Ängste aus, die mit weit verbreiteten Vorurteilen über psychisch kranke Menschen und psychiatrische Einrichtungen zusammenhängen. Besonders, weil “psychisch krank” sein nicht den eigenen Erfahrungen von “krank sein” entspricht. Für das soziale Umfeld ist es oftmals kompliziert, die Schwere der Erkrankung zu verstehen, was zu unangemessenen Vorstellungen und Reaktionen führen kann. Vorurteile und Isolation bedeuten den Verlust von Freundschaften, sozialer Unterstützung und sozialem Rückhalt.
Informations- und Unterstützungsbedarf:
Wenn ein Partner an einer Psychose erkrankt, ist es natürlich selbstverständlich für den anderen Partner sich ausreichend über diese Krankheit zu informieren und sich über etwaige Behandlungsmöglichkeiten einen Überblick zu verschaffen. Hierbei fühlen sich die Partner aber oftmals allein gelassen und wenig unterstützt, da ein fester Austauschpartner fehlt.
4.1.1 Seelische Belastungen und Gefühle des gesunden Partners:
Die Partner psychisch Kranker sind durch die immer wiederkehrenden Erkrankungen einer sehr hohen seelischen Belastung ausgesetzt. Jede seelische Störung stellt die Angehörigen vor ganz besondere Probleme und sie erleben, wie der Betroffene selbst, unterschiedliche Gefühlsreaktionen im Verlauf der Erkrankung (vgl. Ratgeber Lebenshilfe, Internet):
Verleugnung und “nicht-wahr-haben-wollen“:
Für den Partner ist die Tatsache, dass der andere Partner erkrankt ist, oft mit schmerzhaften Emotionen verbunden. Um dieses qualvolle Gefühl zu verdrängen, reden sie sich ein, dass ihr Partner gar nicht krank und alles gar nichts so schlimm ist und täuschen sich somit selbst.
Betroffenheit, Trauer, Mitleid:
Einerseits trauern die Partner, dass ihr Lebensgefährte erkrankt ist, leiden muss und vielen Schwierigkeiten im Alltag ausgesetzt ist. Andererseits gilt die Trauer auch der Tatsache, dass der Betroffenen nichts mehr mit ihnen unternehmen kann und sich der partnerschaftliche Alltag vollkommen ändert.
Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeitsgefühle:
Die Partner versuchen, ihrem erkrankten Angehörigen zu helfen. Möglicherweise nimmt der Betroffene nichts an und verändert auch nichts. Oder die Ärzte sagen, dass es aussichtslos sei und damit die Hoffnung auf Verbesserung schwindet.
Verunsicherung und Angst:
Oft existiert Angst, was noch auf die Partnerschaft zukommt und beide erwartet. Sie grübeln und sorgen sich um die Zukunft.
Enttäuschung und Wut:
Nimmt der Betroffene gut gemeinte Ratschläge und Unterstützungsversuche nicht an, werden die gesunden Partner meist ungeduldig. Dies resultiert daraus, da sie oft den Eindruck haben, er wolle gar nicht gesund werden oder er bemühe sich nicht genügend und ihm fehle die Krankheitseinsicht. Sie sind müde, mit anzuschauen, wie sich der Erkrankte zugrunde richtet, nur noch weint oder permanent über seine Krankheit spricht.
Seelische Erschöpfung und Kraftlosigkeit:
Aus dem steten Bemühen und der Sorge um den erkrankte Angehörigen vernachlässigen die Partner oftmals sich selbst, ihre Bedürfnisse und ihr seelisches Wohlbefinden.
Körperliche Erschöpfung:
Der Körper reagiert auf diese permanente Belastung mit Schlaflosigkeit, Anspannung, Rücken- und Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Herzstechen, Appetitlosigkeit usw. Sie sind dementsprechend unkonzentriert und ihre Leistungsfähigkeit lässt nach.
Schuldgefühle:
Es kommt nicht selten vor, dass sich die Angehörigen die Schuld an der Erkrankung des Partners geben. Sie haben ebenso Schuldgefühle, weil sie sich beschuldigen, jetzt genügend Zeit für den Betroffenen zu haben, zu wenig Verständnis für sein Schicksal aufzubringen, zu selten da zu sein und zu ungeduldig zu sein. Oder aber sie machen sich Vorwürfe, weil es ihnen so gut geht, wo es dem erkrankten Partner doch so schlecht geht.
4.2 Veränderungsbereiche im alltäglichen Umgang miteinander:
Wer mit einem psychisch kranken Partner zusammenlebt, muss sich gemäß Beitler (S. 34-36) der Tatsache bewusst sein, dass sich der gesamte Alltag sowie der Umgang miteinander von Grund auf ändern. Dementsprechend müssen begünstigende Umstände und diverse Kriterien in der Partnerschaft geschaffen werden bzw. vorhanden sein, um ein positives Gelingen und Miteinander in der Beziehung mit einem psychisch kranken Menschen zu erreichen bzw. aufrecht zu erhalten.
4.2.1 Absprachen:
Die Bewältigung einer Psychose zu Hause ist in jedem Fall mit einer erheblichen Mehrbelastung der Angehörigen verbunden. Der ausgefallene Partner muss nicht nur in den vorher eingenommenen Funktionen ersetzt werden, sondern erfordert nun zusätzlich so viel Zuwendung und Ansprache, dass es den ihn versorgenden Lebenspartner rund um die Uhr beschäftigen könnte. Um diese Überbelastung zu vermeiden und die Partnerschaft nicht zu gefährden, sind im Vornherein Absprachen mit dem Betroffenen erforderlich. Diese Absprachen im häuslichen und partnerschaftlichen Bereich stellen eine der “wichtigsten tragenden Säulen” einer gelungenen Beziehung dar. Die Absprachen setzen allerdings Absprachefähigkeit voraus. Die besten Absprachen nützen nämlich nichts, wenn der kranke Partner sich dann nicht daran hält. Da die Absprachen in einer gesunden Phase und mit beiderseitigem Einverständnis festgesetzt wurden, erleichtern diese Vereinbarungen die Handlungssicherheit der gesunden Partner im Umgang mit den Betroffenen während einer Krise, da er ja weiß, dass sie auch im Sinne des Betroffenen sind. Man muss sich aber im Klaren darüber sein, dass Absprachen keine Psychosen verhindern, dafür aber deren unangenehme Folgen abmindern können. Sie werden meist in folgenden Bereichen getroffen:
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