Zur Entwicklung des Trampolinturnens. Historische Aufarbeitung einer neuen olympischen Sportart


Magisterarbeit, 2011

145 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriff

3 Vorformen des Trampolins

4 Das moderne Stahlrohrgerät als Wegbereiter einer Sportart
4.1 George Nissen und der Werdegang einer Idee
4.2 Entstehung des ersten Trampolins
4.3 Der Name
4.4 Verbreitung des Sportgeräts
4.4.1 Verbreitung in den USA
4.4.2 Verbreitung weltweit
4.4.3 Mitbewerber und Imageprobleme
4.5 Nissens weitere Unternehmertätigkeiten
4.6 Nationale Entwicklung des Trampolins
4.7 Weitere Entwicklung des Trampolins

5 Entstehung und Entwicklung einer neuen Sportart
5.1 George Nissen als Urvater der Sportart
5.2 Internationale Entwicklung
5.2.1 Gründung und Aufgaben des internationalen Trampolinverbands FIT
5.2.2 Internationale Steigerung der Wettkampfaktivitäten
5.3 Olympischer Werdegang
5.4 Der nationale Weg des Trampolinturnens
5.4.1 Allgemeine Entwicklung
5.4.2 Entstehung und Entwicklung des deutschen Liga-Systems

6 Entwicklung des Wettkampfsystems im Trampolinturnen
6.1 Terminologie
6.1.1 Fachausdrücke
6.1.2 Ausführungsarten
6.2 Wettkampfklassen
6.3 Wettkampfdisziplinen des großen Trampolins
6.3.1 Geräte
6.3.2 Pflichtübungen
6.3.2.1 P-Übungen
6.3.2.2 M-Übungen
Inhaltsverzeichnis Seite
6.3.3 Wettkampfablauf
6.3.3.1 Qualifikationsphase
6.3.3.2 Finale
6.4 Wettkampfdisziplin Doppelmini Tramp
6.4.1 Geräte
6.4.2 Der Wettkampfablauf beim Doppelmini Tramp
6.5 Wettkampfdisziplin Tumbling
6.5.1 Die Tumblingbahn
6.5.2 Wettkampfablauf
6.6 Wettkampfregeln und Kampfrichterwesen
6.6.1 Das Kampfgericht
6.6.2 Die Entwicklung der Wettkampfbestimmungen
6.6.2.1 Rückblick: Das Wettkampfverfahren bis zu den ersten
Weltmeisterschaften
6.6.2.2 Rückblick: Die Implementierung erster eigener
Wettkampfbestimmung bis heute
6.6.2.3 Wandel der Gewichtung der einzelnen Wertungsbestandteile
6.6.3 Ausblick

7 Leistungsentwicklung beim Trampolinturnen
7.1 Abgrenzung zu ähnlichen und verwandten Sportarten
7.2 Die Leistungsentwicklung am Beispiel der Schwierigkeit
7.3 Leistungssteigerung durch Materialverbesserung
7.3.1 Verbesserung des Sprunggeräts
7.3.2 Entwicklung und Einsatz neuer Hilfsmittel
7.4 Leistungssteigerung durch Technikänderung
7.4.1 Technik aktuell
7.4.2 Salto rückwärts gestreckt
7.4.3 Schraubensalto
7.4.4 Aussortierte Sprünge
7.4.5 Zusammenstellung von Sprungkombinationen
7.5 Leistungssteigerung durch die Einführung eines Kadersystems

8 Nutzung des Trampolins in anderen Bereichen
8.1 Das Trampolin als Trainingshilfsmittel für andere Sportarten
8.2 Das Trampolin als Therapiegerät
8.3 Das Trampolin für verschiedene Berufsgruppen
8.4 Das Trampolin im Schulsport

9 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhänge

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 3-1: Leaping by Ugo Bogino (Morse, 1848)

Abbildung 3-2: Leaping oder le gran saut du trampoline, 1874 (Copp, 1991)

Abbildung 3-3: Leaping-Wettbewerb im Mittelalter (Copp, 1991)

Abbildung 3-4: Traditionelles Hochwerfen auf einer Walhaut bei den Inuit (Spriggs, 1899)

Abbildung 3-5: Vermeindliche Sprungkontruktion der Comanche-Indianer um 1850 (Copp, 1991)

Abbildung 3-6: Erstes tischähnliches Sprunggerät der Max Franklin Group, 1893 (Copp, 1991)

Abbildung 4-1: The man and the kangaroo (de Wyze, 1998)

Abbildung 4-2: Spaceball (Munn, 1960)

Abbildung 6-1: Typischer Wettkampfaufbau. DMM Cottbus,

Abbildung 6-2: Doppelminianlage mit Landefläche

Abbildung 6-3: Athlet bei seiner Übung auf der Tumlingbahn (Hannover, 2004)

Abbildung 6-4: Auszug aus den Haltungsabzügen nach FIG (DTB, 2001)

Abbildung 7-1: Sicherheitsstellungen im Trampolintraining bis Anfang der 1970er Jahre (Horne, 1968)

Abbildung 7-2: Einsatz der Sicherheitsschiebematte (Eurotramp, 2010)

Abbildung 7-3: Nutzung des Icepads im Nachwuchstraining (Eurotramp, 2010, S. 40)

Abbildung 7-4: Trägheitsmomente beim Trampolinturnen (Luther, 2010)

Abbildung 7-5: Saltotechnik 1954 (Schmitt, 1990, S. 28f)

Abbildung 7-6: Saltotechnik 1972 und heute (Schmitt, 1990, S. 28f)

Abbildung 7-7: Schraubensalto 1954 (Schmitt, 1990, S. 32)

Abbildung 7-8: Schraubvariante in den 1960ern (Hennessy, 1968, S. 45)

Abbildung 7-9: Schraubensalto heute (Vid, 2008)

Abbildung 7-10: ganze Kreiseldrehung (Braecklein, 1962a, S. 87)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 5-1: Medaillienplätze des int. Nissen Cups 1958-1963 (mod. nach Bächler, 1993, S. 1)

Tabelle 6-1: Auszug aus der Terminologie des Trampolinturnens (vgl. FIG, 2010)

Tabelle 6-2: Übersicht P-Übungen 1-10 (mod. nach Siegfried et al. 2008. S. 18ff)

Tabelle 6-3: Übersicht M-Übungen 5-9 (mod. nach Siegfried et al. 2008, S. 33ff)

Tabelle 7-1: Vergleich der ersten DM-Pflicht mit heutigen Gauanforderungen (mod. nach Braecklein, 1974, S. 18)

Tabelle 7-2: Zusammenstellung von Pflichtübungen bei Deutschen Meisterschaften 1960-

Tabelle 7-3: Entwicklung der Kürübungen DM 1960-

Tabelle 7-4: Trainingsumfänge nach DTB-Rahmenordnung für Turnzentren (DTB, 2009b)

Tabelle 7-5: Trainingsumfänge Bundestützpunkte der Turnsportarten (DTB, 2009a)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Am Trampolinspringen liebe ich das Gefühl zu fliegen. Es ist eigentlich nur der kurze Augenblick der Schwerelosigkeit, der mich seit 7 Jahren springen lässt.“ Es macht mir Spaß, weil ich „dem Traum vom Fliegen (ohne Flugzeug oder Hubschrauber) ein bisschen näher komme.“ Es fasziniert mich, weil „ich mich frei fühle“, „ich darauf viele Sachen machen kann“ und es sich toll anfühlt „keinen Boden unter den Füßen zu spüren.“ Das sind Ausschnitte aus einer Ad hoc-Befragung von Kindern die seit Jahren Trampolinturnen als Leistungssport im Verein betreiben. Sie sollten möglichst spontan auf die Fragen „warum betreibt ihr Trampolinturnen als Wettkampfsport und was macht euch so viel Spaß daran?“ antworten.

Ein Leistungsturner2 turnt heute bis zu neun Metern hoch, eine Übung von zehnElementen dauert in der Weltspitze maximal 25 Sekunden. Den Schwierigkeitswelt-rekord stellte 2009 der Kanadier Jason Burnett auf. Er schafft es in nur 23 Sekunden 27 Salti und 19,5 Schrauben zu drehen (vgl. Roberge, 2009).

Die zweite Olympiasiegerin 2004 in der Disziplin Trampolin-Einzel Frauen war einedeutsche Sportlerin. Sie heißt Anna Dogonadze und turnt für den MTV Bad Kreuz-nach.

2010 gab es in Deutschland ca. 320 Vereine und 39 Universitäten die die SportartTrampolinturnen sowohl im Breiten-, als auch im Wettkampf- und Leistungssport an-boten (vgl. Thurm, 2010). Die größte Dichte fällt bei uns in Hessen mit 60 Vereinenan.

Was fasziniert so viele Menschen an dieser Sportart? Wer hat sie erfunden? Woher kommt das Trampolin überhaupt?

Zu Beginn dieser Arbeit wird die Problematik der Begriffsherkunft aufgegriffen und behandelt. Das anschließende Kapitel 3 gibt eine Übersicht über die historischen Vorformen des Trampolins. Nach der Darstellung der historischen Entwicklung, wird die Erfindung des modernen Trampolins als Stahlrohrgerät thematisiert. Dies erfolgt in Kapitel 4 sowohl für das Herkunftsland des modernen Trampolins, den USA, sowie für die Verbreitung in Europa und speziell in Deutschland.

Den Schwerpunkt dieser Arbeit lege ich in den Bereich des Wettkampfsports. Es wirddie Gründung und Etablierung als Wettkampfsportart und die Auswirklungen in Be- zug auf die Leistungssteigerung auf nationalem und internationalem Niveau erklärt.Dazu gehören neben der Steigerung des Wettkampfangebots auch die Entwicklungder Wettkampfbestimmungen, die Leistungsveränderungen bei den Athleten unterAspekten wie Kaderförderung, technischer Fortschritt der Geräte und Technikände-rung bei der Ausführung der Elemente. Dies wird in den Kapiteln 6 und 7 themati-siert.

Den Loslösungsprozess vom reinen Trainingsgerät für andere Sportarten zur anerkannten eigenständigen Sportart ist die Voraussetzung für den Ausbau als Wettkampfsport (siehe Kapitel 5).

Für nahezu alle Altersstufen geeignet, gewinnt das Trampolinturnen auch im Schulsport, in der Physio- und Bewegungstherapie sowie im Bereich der Heilpädagogik an Bedeutung. Durch den enorm hohen Aufforderungscharakter, der durch das Gefühl des Schwebens und Fliegens erzeugt wird, wird die intrinsische Motivation gefördert. Die Bewegung auf dem Trampolin wird so eher als lustbetonte Freude denn als Einsatz und Aufwand beim Üben empfunden. Ein kurzer Exkurs in die weiteren Einsatzmöglichkeiten des Trampolins sowohl als Trainingshilfsmittel für andere Sportarten, Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Therapie körperlich und geistig behinderter Menschen, im Beruf und Schulsport ist Thema von Kapitel 8.

Obwohl die Attraktivität und Popularität der Sportart stetig steigt, gibt es dennoch kaum Literatur zur Entstehung und Entwicklung des Trampolinturnens. Es existieren zwar bereits einige ältere Arbeiten, häufig veraltete Zeitschriftenartikel und eigene Magazine, in denen kleine Ausschnitte der Entstehungsgeschichte zu finden sind, jedoch überwiegt bei den Lehrbüchern und Skripten die methodische Aufbereitung des Trampolinturnens und Lehrens. Deutschsprachige, vor allem aktuelle Literatur bildet die Ausnahme, die meisten Titel findet man in englischer Sprache. Das Literaturangebot zum Minitrampolin ist weitaus größer.

Um die Wettkampfsportart besser von den anderweitigen Einsatzbereichen desTrampolins abzugrenzen, wird der Begriff „Trampolinturnen“ als Platzhalter für denWettkampfsport verstanden. „Trampolinspringen“ bezeichnet alle übrigen Bereiche.

2 Begriff

Es ist unstrittig, dass das moderne Trampolin, wie es sich heute in den meistenSporthallen als Wettkampfgerät befindet, durch George Nissen geprägt wurde.Schwieriger zu klären hingegen ist die Frage, wo die ursprünglichen Wurzeln desTrampolins liegen, woher der Begriff stammt und wie lange es schon trampolinähnli-che Geräte gibt. Hierbei gibt es eine Vielzahl von Ansätzen und vermeintlichenWahrheiten, die sich auch heute noch in diversen Lehrbüchern finden lassen. Aber imGegensatz zu dem im weiteren Verlauf dieser Arbeit aufgezeigten Werdegang desmodernen Stahlrohrgeräts, sind die Etymologie des Begriffs sowie die genaue Her-kunft des Trampolins nicht abschließend geklärt. Die verschiedenen Ansätze werdenin diesem und dem nächsten Kapitel dargestellt.

Die genaue Herkunft des Begriffs „Trampolin“ ist ein kleines Mysterium (vgl. Terry, 2010). Denn obwohl es keine dokumentierten Beweise gibt, die die folgenden Behauptungen stützen, gibt es heute zwei populäre Versionen, die die Herkunft des Begriffs erklären sollen:

Die erste Idee geht davon aus, dass ein französischer Artist namens „Du Trampolin“ bereits im Mittelalter einen Apparat für seine Akrobatikshows nutzte, dessen federnde Eigenschaften er durch Betttücher und andere feste Stoffe erhielt, die ihm zu waghalsigen Figuren in der Luft verhalfen (vgl. Terry, 2010). Viele Nachahmer nutzten seinen Namen für ihre eigenen Wurfmaschinen bis dieser schließlich als Bezeichnung für das moderne Sprunggerät Anerkennung fand. Andere Quellen nennen die gleiche Geschichte, sprechen aber vom späten 18. Jahrhundert.

Die zweite Idee besagt, dass das Wort vom spanischen „el trampolín“ (Sprungbrett) bzw. von italienischen „trampolino“ (Stelzen) abgeleitet wurde.

In Band 21 des deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wilhelm Grimm (zitiert nach KEPG, 2010, Sp. 1185) aus dem Jahr 1935 findet sich zur Ethymologie des Wortes Trampolin folgendes: trampolin, n., 'federsprungbrett'; aus it. trampolino, das seit dem 17. jh. mitdem gegenstand in die meisten europäischen sprachen entlehnt worden ist. zurfrage, ob zusammenhang mit trampeln, got. anatrimpan (vgl. sp. 1183), alsorückentlehnung vorliegt, vgl. zs. f. rom. phil. 22, 210; Gamillscheg etym. wb. d.frz. spr. 862: zu einigen sprüngen am bock, pferd, tisch und freispringel be-nutzt man das schwungbrett oder trampolin Kregenow-Samel gerätkd. 95; aufder nase, die aussieht wie ein trampolin Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 399; in der frz. form: wofür wär ich denn die frau des fameusesten tremplinspringers? Holtei erz. schr. 10, 252. vereinzelt femin., vgl. Werfel der weltfreund (1918) 59.

Das Online-Ethymology Dictionary (Harper, 2010) schreibt über die Herkunft des Wortes Trampoline (engl.): “1798, from Sp. trampolin "springboard," and It. trampolino, from trampoli "stilts,"from a Gmc. source (cf. Low Ger. trampeln "trample") related to tramp.wDie früheste heute bekannte schriftliche Verwendung des Wortes „Trampoline“ findetsich auf einem Zirkusplakat des Hughes Circus of London aus dem Jahre 1795, dermit seiner Attraktion „Le Gran Saut du Trampoline“ für seine Tour durch Nordameri-ka warb (vgl. Copp, 1991). Die Show wurde zuvor bereits ab 1791 in Ashley s Am-phitheatre in London gezeigt. Der Artist James Lawrence zeigte einen Salto überzwölf Pferde (vgl. Frost, 1881).

Copp (1991) nennt die Bezeichnung dieser Artistennummer ursächlich für die An-nahme, das Trampolin sei nach dem Artisten Du Trampolin benannt. Fälschlicher-weise gingen einige Menschen davon aus, „Le Gran Saut du Trampoline“ hieße soviel wie: die Show „Le Gran Saut“ eines Akrobaten namens du Trampoline. Dies istein Irrtum, denn ein Artist mit dem Namen du Trampoline lässt sich auch nach aus-giebiger Recherche im Archiv der ehemaligen Trampolinföderation in Lausanne undder deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main nicht finden. Die erste Versi-on, dass dieser Mann dem Trampolin seinen Namen gab ist daher eher unwahr-scheinlich.

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde das Wort Trampolin als eine Art Überbegriff für sämtliche Arten rückfedernder Geräte benutzt, mit denen die Menschen Tricks in der Luft machen konnten. Vor allem aber wurde der Begriff für alle möglichen Arten von Sprungbrettern benutzt.

Alternativ wurde zu dieser Zeit das Wort „Batout“ synonym verwendet. Noch heuteheißt das Trampolin auf Russisch „Batut“ (батут). Die Spanier nennen das Trampolinnoch heute „Cama Elastica“ was so viel bedeutet wie elastisches Bett und eher dasSprungtuch beschreibt als die gesamte Konstruktion. Als Trampolin bezeichnet diespanische Sprache nach wie vor das Sprungbrett oder die Sprungschanze (vgl. LEO,2011). In der italienischen Sprache existierte der Originalbegriff schon früh mit eineretwas anderen Bedeutung. „Poli“ ist der Begriff für Stange oder auch Stab. Das zu-sammengesetzte Wort „Trampoli“ bedeutete damals wie auch heute „Stelzen“. Heute bezeichnet die italienische Sprache das Trampolin als „Trampolino“ (vgl. Copp, 1991). Aus welcher Sprache der deutsche Begriff Trampolin letztlich entlehnt wurde, ist bis heute nicht abschließend geklärt.

Sicher ist, dass der Erfinder des modernen Trampolins, George Nissen, seinem Gerät diesen für die englische Sprache leicht abgewandelten Namen gab. Ihm gefiel das Wort, dass er in Mexiko aufschnappte, sodass er sein Gerät damals unter dem Namen „trampoline“ patentieren ließ.

3 Vorformen des Trampolins

Häufig heißt es, die Trapezsicherheitsnetze seien die direkten Vorläufer des Trampo-lins (vgl. Copp, 1991). Dies stimmt zumindest insofern, dass George Nissens Idee derKonstruktion seines Wurfgeräts von Besuchen im Zirkus herrührte, bei dem ihm dieMöglichkeiten die ein solches Netz den Akrobaten bot, beflügelten (näher ausgeführtin Kapitel 4).

Archäologen fanden in China, Ägypten und Persien Zeichnungen von alten trampolinähnlichen Geräten, die auf ein Alter von 1000 Jahren und älter geschätzt werden (vgl. Terry, 2010).

Der Franzose Jules Leotard zeigte 1859 als Artist des Cirque Napoleon erstmals eine Akrobatiknummer am fliegenden Trapez. Sicherheitsnetze gab es hier noch nicht. Der Boden, eine Art Catwalk, wurde daher mit vielen Matratzen ausgelegt (vgl. Pierce, 2011). Das erste Netz fand man erst zehn Jahre später bei einer Zirkusvorführung in New York City. Auf Zirkusplakaten wurde aber schon bis zu 75 Jahre früher mit Trampolinspektakeln geworben.

Die frühen trampolinähnlichen Geräte, die so genannten „Stage Wreckers“ (dt. Büh-nenzerstörer) wurden bereits im mittelalterlichen Europa von Gauklern und Hofnar-ren benutzt. Die Bezeichnung Stage Wreckers kam durch die Spannseile, die genutztwurden, um die Holzbretter mit dem Bühnenboden zu verspannen, was manchmaldazu führte, dass der gewaltige Zug dieser Konstruktion die Dielen der Bühne nachoben bogen (vgl. Terry, 2010).

Auch der zuvor beschriebene „Gran Saut du Trampolin“ war bereits Ende des 18.Jahrhunderts ein beliebtes Zirkusprogramm. Gezeigt wurden waghalsige Sprüngeüber Pferde, Elefanten, Gegenstände oder andere Menschen. Besser bekannt war derName „Leaping“ für diese Akrobatik. Leaping, was übersetzt so viel heißt wie „über-springen“, durfte vor allem im 19. Jahrhundert in keinem Zirkusprogramm fehlen(siehe Abbildung 3-1 und Abbildung 3-2). Der Akrobat nahm Anlauf über einen dün-nen erhöhten Steg aus Holzlatten und sprang am Ende von einem weiteren, nur aneinem Ende fixierten Holzbrett ab, um mit einem oder mehreren Salti über Hinder-nisse zu springen. Dabei war nicht die Anzahl der Salti vorrangig, sondern die Mengean Hindernissen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-1: Leaping by Ugo Bogino (Morse, 1848).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-2: Leaping oder le gran saut trampoline, 1874 (Copp, 1991). du

Insgeheim entwickelte sich eine Art Wettbewerb unter den Akrobaten mit dem Ziel,die meisten Pferde oder Elefanten zu überspringen. Nicht selten führten diese Sprün-ge zu schweren Verletzungen oder endeten tödlich (vgl. Copp, 1991).Erste Zeichnungen über Leaping stammen bereits aus dem Mittelalter. Hier sprangman vornehmlich durch Reifen. Schon damals wurde Leaping gerne als eine ArtWettkampf unter Männern ausgetragen, bei dem es darum ging, durch die meistenReifen zu springen. Als Absprung diente eine hölzerne Rampe (siehe Abbildung 3-3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-3: Leaping-Wettbewerb im Mittelalter (Copp, 1991).

Eine weitere Vorform des Trampolins findet sich bei den Inuit in Alaska, die sich hierca. 1000 Jahre n. Chr. ansiedelten. Das Nalukataq ist noch heute ein traditionellesFest, das jedes Jahr im Juni, im Anschluss an die Walfangsaison gefeiert wird. Nebender Danksagung für den Erfolg und die Gebete für zukünftige Walfänge steht das Tei-len der Beute im Vordergrund. In der Öffentlichkeit ist dieses Fest vor allem durchdie Tradition, sich gegenseitig mit einem Tuch in die Luft zu werfen (vgl. Popovic,2009; siehe Abbildung 3-4).

Nachdem das Walfleisch verteilt ist, wird das große Tuch gebracht. Es besteht auszusammengenähter Walhaut, dass entweder rund oder quadratische ist. An vierEcken wird jeweils ein Seil angebracht, dass das Tuch an dicken Stämmen knappmannshoch aufhängt. Anschließend verteilen sich die Menschen rund um das Tuchund werfen sich gegenseitig mit dem Tuch in die Luft (vgl. Popovic, 2009). Es wirdvermutet, dass das Tuch in früherer Zeit noch eine weitere Funktion hatte, als diereine Freizeitbeschäftigung. Nach Copp (1991) könnte es noch genutzt worden sein,um Tiere aus sicherer Distanz beobachten zu können. Bewiesen ist dies allerdingsnicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-4: Traditionelles Hochwerfen auf einer Walhaut bei den Inuit (Spriggs, 1899).

Bob Bollinger, neben Nissen ebenfalls ein Veteran des modernen Trampolinturnensund ehemaliger Trainer der Weltmeisterin von 1972 und 1974, erzählte in einemFilminterview von 1991 mit Bil Copp von einem Cowboy, der ihm als Junge aus ers-ter Hand von den merkwürdigen Apparaten der Comanche-Indianer in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Colorado erzählte. Diese „truck wire“ genannte Konstruktion, dieer mehrfach bei den Indianern während seiner Ritte durch den mittleren Westen derUSA sah, bestand aus Büffelhaut, die in eine Art Holzrahmen gespannt war (sieheAbbildung 3-5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-5: Vermeindliche Sprungkontruktion der Comanche-Indianer um 1850 (Copp, 1991).

Der Stamm nutzte sie zum Erspähen der Büffelstraßen, denn das Volk der Comanche war ein Nomadenvolk, das den Büffelherden folgte. Sie spannten ihre Konstruktion hinter ihre Pferde und sprangen darauf auf und ab, um aus sicherer Entfernung beobachten zu können, so Bollinger. Diese Aussage lässt sich allerdings nicht durch Literatur belegen. Meistens liest man von der aufgespannten Büffelhaut in Zusammenhang mit der Herstellung von Kleidung und Zelten.

Die ersten tischähnlichen Wurfgeräte tauchten gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufund lösten mit längeren Übungssequenzen, bei denen nun mehrere Sprünge anei-nander gereiht wurden, allmählich das Leaping ab. Das älteste bekannte Bild einestischähnlichen Trampolins wie wir es heute kennen, stammt von einem Zirkusplakat(siehe Abbildung 3-6) der Max Franklin Group, die ihr Trampolin interessanterweiseals Sprungbrett bezeichneten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-6: Erstes tischähnliches Sprunggerät der Max Franklin Group, 1893 (Copp, 1991).

Ihren Ursprung hatte die Show dieser ersten bekannten Trampolinakrobaten derWelt im Berliner Wintergarten um 1890. Von dort tourte die Gruppe später durchganz Europa und die USA, wobei das oben gezeigte Plakat von 1893 als Werbungdiente. Später übernahmen die Söhne ihre Show (vgl. Copp, 1991). Seit dem bautenviele Akrobaten ihre ganz eigene Version eines tischähnlichen Trampolins, meist spe-ziell an eine bestimmte Show gebunden. 1928 turnte Walter Lindsey auf einer Kon-struktion im San Francisco Boy‘s Club die ersten bildlich festgehaltenen kombiniertenSprünge, die wir noch heute unter den Namen Fliffis und Barani kennen.

Einige Sportler aus den Bereichen Wasserspringen, Gymnastik und Bodenturnen bau-ten bereits um die Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert erste rückfedernde Wurf-geräte nach dem Vorbild dieser tischähnlichen Trampoline oder den Sicherheitsnet-zen aus dem Zirkus. Sie dienten als Trainingshilfsmittel, da so die Flugzeit verlän-gern und den Kraftaufwand verringern konnte. Viele nutzen heute noch die Vorzügedieses Hilfsmittels. George Nissen, der Wegbereiter des modernen Trampolins wareiner von Ihnen. Seine Geschichte wird im folgenden Kapitel behandelt.

4 Das moderne Stahlrohrgerät als Wegbereiter einer Sportart

Das Trampolin als Sportgerät, so wie es heute in vielen Sporthallen zu finden ist, un-abhängig, ob es sich dabei um ein Wettkampfgerät, ein Schul- oder Therapiegeräthandelt, ja sogar die vielen fahrbaren Freizeitanlagen gehen auf eine einzige Personzurück - George Nissen. Schon in seiner Jugend kam ihm die Idee eine Wurfmaschi-ne zu entwerfen, die es ermöglichen sollte, verschiedene Tricks und spektakuläreSprünge üben zu können. Nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder,durch eine rückfedernde Eigenschaft, die den Sicherheitsnetzen der Trapezkünstlerim Zirkus entsprachen. 1939 ließ er dann das erste „Trampoline“ als Handelsmarkein den USA patentieren.

„I lived and breathed trampoline“ antwortete George Nissen in einem Interview mitJim Bertz (vgl. Guillaume, 2006), Tumbling Weltmeister 1976 und 1978.Die einhellige Aussage von Aktiven, Trainern und Funktionären des Wettkampfsportsbestätigen den Eindruck, dass ohne seine Erfindung das Trampolinturnen heute nichtden Status hätte, die Sportart vielleicht gar nicht existieren würde.In diesem Kapitel wird daher die Erfindung und Verbreitung des modernen Stahl-rohrgerätes in enger Verbindung mit dem Leben von Georg Nissen dargestellt, der biszu seinem Tod am 07. April 2010 im Alter von 96 Jahren immer mit „seiner“ Sportartverbunden blieb.

Auch in Deutschland gab es mit Albrecht Hurtmanns, Heinz Braecklein und Alfred Gockel Pioniere im modernen Trampolinbau. Daher wird in Kapitel 4.6 mit der nationalen Geschichte des Trampolins als Sportgerät fortgesetzt.

Den Abschluss bildet eine kurze Übersicht über die aktuellen Entwicklungen.

4.1 George Nissen und der Werdegang einer Idee

George Peter Nissen wurde am 3. Februar 1914 in Blairstone, Iowa (USA), als einesvon 4 Kindern von Franklin und Catherine Jensen Nissen geboren. Sein Vater besaßeinen Kurzwarenladen. Später zog die Familie nach Cedar Rapids, Iowa (vgl. Hevesi,2010).

Schon im Alter von zehn Jahren kam er mit der Welt der Akrobatik in Kontakt. SeinSportlehrer an der Junior High School, Paul Kridler, organisierte das Schulturnteam.Als einer der Mitglieder erkrankte, nutze Nissen die Chance und stellte sich als Ersatzzur Verfügung. Er war als Siebtklässler neben den Neuntklässlern der mit AbstandJüngste, was ihn aber nicht weiter störte, denn er konnte das machen, was ihm Spaß machte. Sie zeigten ihr Können bei Anlässen und Festen in der Junior High, der High School und dem örtlichen YMCA (Verein junger, christlicher Männer) mit einigen Pyramiden am Parallelbarren und anderen akrobatischen Elementen (vgl. Guillaume, 2006). Sein erfolgreiches Training in der Schule verschaffte ihm einen Platz im lokalen YMCA Tumbling Team, die bei Shows überall in Cedar Rapids auftraten. Die High School, die er anschließend besuchte, hatte weder ein Turnteam noch ein Schwimmbad zum Springen. Daher nutzte er die Möglichkeiten des nahe liegenden YMCA und kam so zum Wasserspringen (vgl. de Wyze, 1998), wo er 1930 mit nur 16 Jahren knapp die Nominierung ins olympische Team verpasste.

Doch nicht nur das Turnen begeisterte ihn, sondern auch der Zirkus, den er so oftwie möglich mit seiner Familie besuchte (vgl. u. A., 2004). Bei einem Besuch desRingling Brothers Circus, der jedes Jahr nach Cedar Rapids kam und bei dem er fürden Eintritt zusammen mit seinem Bruder Wasser für die Elefanten holte (vgl.Guillaume, 2006), beobachtete er wie sich die Trapezkünstler am Ende einer Show inihre Sicherheitsnetze fallen ließen und die Rückfederung des Netzes nutzten, umnoch einige spektakuläre Kunststücke wie Salti mit und ohne Schrauben zu zeigen.Die Kunststücke ähnelten stark den Elementen, die er bereits vom Wasserspringenkannte, allerdings hatte das Netz den Vorteil, dass die verschiedenen Elemente durchdie Rückfederung des Netzes direkt aneinander geturnt werden konnten.

So entwickelte sich langsam die Idee, ein Gerät ähnlich der Sicherheitsnetze im Zirkus zu konstruieren, einen rückfedernden Apparat, mit dem Springer und Turner neue komplexe Bewegungen und Sprünge üben und Verbindungen zwischen den Elementen erproben konnten (vgl. u. A., 2004).

4.2 Entstehung des ersten Trampolins

Mit 16 Jahren verließ Nissen mit dem Abschluss die High-School, fühlte sich aber zujung, um gleich mit dem Studium zu beginnen. Er startete einige Versuche, seinerVorstellung seines rückfedernden Apparates eine Form zu verleihen. Wichtig warenfür ihn folgende Eigenschaften: einfache Bedienung, wenig Platzbedarf bei der Be-nutzung und ein elastisches Tuch. Die Sicherheitsnetze aus dem Zirkus benötigtenviel Raum, aufwendige Befestigung und waren so wenig alltagsauglich. Der ersteBauort war die elterliche Garage, in der er mit Material vom örtlichen Schrottplatzden ersten Stahlrahmen baute.

Wie im vorangegangen Kapitel beschrieben, existierten erste tischähnliche Trampo-linkonstruktionen bereits Ende des 19. Jahrhunderts (vgl. Copp, 1991). Nissen wuss- Das moderne Stahlrohrgerät als Wegbereiter einer Sportart Seite 21 te von all diesen Erfindungen aber nichts. Er wollte etwas erfinden, was es ihm er-möglichte zu springen und turnerische Tricks in der Luft zu vollführen (vgl. de Wyze,1998).

Sein erster Impuls war es, eine runde Konstruktion zu bauen. Ein rundes Design, sodachte er, ist einfach zu entwerfen. Es hat den Vorteil, dass die Kräfte überall gleich-ermaßen wirken. Ein großer Nachteil war allerdings der große Platzbedarf einerrunden Konstruktion. ImVergleich zu einem rechteckigen Apparat, muss eine rundeKonstruktion wesentlich größer gebaut werden, um die gleiche, größtmögliche Aus-dehnung zu erhalten.

Aber etwas anderes störte ihn am runden Sprunggerät noch wesentlich mehr, obwohlsich die runden Trampoline auf dem Frei,zeitmarkt vor allem bei den Gartentrampo-linen durchgesetzt haben - die fehlende Orientierung (vgl. Guillaume, 2006; de Wy-ze, 1998).

You have no orientation when you jump," he points out. "I'm scared on a round one. Because the vast majority of time, when people do fall off trampolines, it's at the ends, the long way. That's the way you orient. But when it's round, everything's short. (de Wyze, 1998)

Diese Gedanken im Hinterkopf versuchte er einen rechteckigen Rahmen zu bauen. Freunde halfen ihm beim Zusammenschrauben seines Gestells und beim Spannen des Tuchs aus Zeltstoff. "At first we didn't realize that as soon as you make [the framework] a little bigger, there are tremendous stresses on the sides. So it has to be very strong, or otherwise it collapses inward." (de Wyze, 1998). Sein erstes Ergebnis war weniger federnd als er sich erhofft hatte, trotzdem nannte er es „bouncing rig“ -wippendes Gestell. Das war 1930 (vgl. Hevesi, 2010).

Im Herbst 1933 begann Nissen sein BWL-Studium an der Universität von Iowa. Den-noch setzten er und ein paar Freunde in ihrer spärlichen Freizeit ihre Versuche fort,das Modell zu verbessern. Im folgenden Sommer erreichten sie ihr Ziel und stellteneinen ersten Prototyp vor. Dieses noch eher unsolide Gerät war sehr groß und schwer(vgl. de Wyze, 1998). Sein Sprungtuch bestand wie in den ersten Versuchen aus zu-geschnittenem Zeltstoff, das mit einem Rand aus Seilschlingen versehen und durch inStreifen geschnittenen Schlauchgummi in den Metallrahmen gespannt war (vgl. Mil-ler, 2010).

Um die Resonanz auf seine Erfindung zu testen, vor allem wie seine Erfindung beiKindern ankommen würde, brachte Nissen sein Gerät zu einem YMCA-Sommer-Camp in Central City (bei Cedar Rapids), das ein Collegefreund leitete. Die Kinder versammelten sich schnell darum, obwohl es in Iowa im Sommer sehr heiß wurdeund sie den Fluss gerne als Abkühlung nutzten, verzichteten sie gerne darauf, umsich auf Nissens Erfindung zu versuchen (vgl. Guillaume, 2006). Ihre Begeisterungwar nicht zu übersehen und so war der erste Einsatz seines Wurfgerätes ein voller Er-folg. Es bestärkte ihn, seine Erfindung kommerzialisieren zu können. Nissen war klar,dass ein Produkt, welches man kommerziell vermarkten will, zwei Eigenschaften be-sitzen muss: Es muss leicht und es muss transportabel sein (vgl. de Wyze, 1998).

Mit Larry Griswold, dem Assistenten des Turntrainers, arbeitete er bereits währendseiner Collegezeit zusammen. Die Idee war es, ein Gerät zu bauen, das groß genugsein musste, um die Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig klein genug um esüberall mit hinnehmen zu können, und das man bei Bedarf zusammenklappen konn-te, wenn man es nicht brauchte. Es sollte einige Jahre dauern, inzwischen turnte Nis-sen für sein Collegeteam, gewann dreimal die nationalen Collegemeisterschaften undmachte 1937 seinen Abschluss in BWL. Kurz vor dem 2. Weltkrieg gelang es Nissenund Griswold schließlich eine flexiblere Gerätschaft mit einem Nylontuch zu konstru-ieren. Noch immer nannten sie es Wurfmaschine (vgl. Guillaume, 2006).

4.3 Der Name

Bereits in Kapitel 2 wurde die Herkunft des Begriffes Trampolin und die damit verbundene Problematik aufzeigt, dass es hier keine eindeutige und letztlich verifizierte Gewissheit gibt.

Dennoch ist es unstrittig, wie George Nissen zu dem Namen seiner Erfindung kam,der heute allgemeingültiger Ausdruck für das entsprechende Sportgerät ist - Trampo-lin. In einem Interview mit Guillaume (2006) bestätigte er die folgende Darstellungüber die Suche nach einem passenden Namen und der letztendlichen Namensge-bung.

Nachdem Nissen 1937 sein Studium erfolgreich beendet hatte, wollte er nicht gleich in die amerikanische Arbeitswelt einsteigen. Er wollte reisen, war neugierig. Er empfand es als Hohn, wenn Angestellte zwei Jahre oder mehr hart arbeiteten, um sich dann in einem Urlaub von einer Woche durch Europa zu hetzen. Daher kamen ihm und zwei Freunden die Idee als Artistengruppe „The Leonardos“ durch Amerika zu reisen, um auf diese Weise die Arbeit mit dem Reisen verbinden zu können. Neben einer Handstand- und einer Tumblingnummer, kam meist auch Nissens Wurfmaschine zum Einsatz, die noch immer namenlos war (u. A., 2004).

Sie fuhren hunderte Kilometer quer durch Amerika, traten bei Messen und Jahrmärk-ten auf und erfuhren schließlich von einer „großen Sache“ in Mexico City.Für einige Monate traten sie in einem Nachtclub mit dem Namen El Retiro in MexicoCity auf. Vincente Miranda war der Besitzer, der noch einige weitere Etablissementsbesaß.

Durch die Unterkunft im lokalen YMCA kam Nissen wieder zum Wasserspringen und sprang für das Team des YMCA, in dem jeder einen Spitznamen hatte. Er sprach nicht viel Spanisch, aber er lernte schnell die Fachbegriffe der mexikanischen Springer. „Aeroplano“ war das Wort für Kopfsprung, „canguro“ das Wort für Hechtsprung und dann war da noch das Wort für das Sprungbrett an sich: „el trampolín“. Auch sein Spitzname „Campéon de trampolín“ (Champion des Sprungbretts) trug das Wort in sich, das ihm sehr gefiel (vgl. de Wyze, 1998; Guillaume, 2006).

Nissen mochte den Klang dieses Wortes und als er nach sechs Monaten wieder zurück in die USA kam, entschied er sich, die Schreibweise dieses Wortes zu anglisieren und sein Sprunggerät „Trampoline“ (dt. Trampolin) zu nennen. Diesen Ausdruck ließ er anschließend als Handelsmarke registrieren (vgl. u. A., 2004).Das Trampolin war geboren.

4.4 Verbreitung des Sportgeräts

4.4.1 Verbreitung in den USA

In Partnerschaft mit seinem Turntrainer seiner ehemaligen Universität, Lary Gris-wold, gründete Nissen 1940 die Griswold-Nissen Trampoline & Tumbling Corporati-on.

Kunden zu finden, stellte sich im Folgenden als schwieriger heraus, als einen Namenzu finden. Vertreiber von Sportgeräten sahen die einzigen Käufer des Trampolins inPersonen aus dem Showbusiness. Ein viel zu kleiner Markt, der sie nicht weiter inte-ressierte. Nissen erinnerte sich an die Kinder im YMCA Camp, die so viel Spaß mitseiner Erfindung hatten. Genau diesen Spaß wollte er den Menschen vermitteln. Ge-zielt Schulen und YMCA Einrichtungen wollte er überzeugen. Er nutzte den gutenRuf seiner Artistengruppe und lies sich über eine Agentur für Schulveranstaltungenin den ganzen USA buchen. 200-300 Auftritte pro Jahr waren nicht ungewöhnlich.Stets begann ihre Show mit einem kurzen Vortrag über Tumbling, anschließend zeig-ten sie einige Tricks auf der Bühne und kamen schließlich zum Höhepunkt, demTrampolin. Kinder aus dem Publikum wurden auf die Bühne geholt, um selbst zu tes- ten, wie sich das anfühlt und um ihnen zu zeigen, wie man darauf springt. Das Pub-likum war begeistert. Die eigentliche Idee dahinter war, Werbung für das Trampolinzu machen, ohne dabei Kosten zu produzieren. Langsam kamen die ersten Bestellun-gen, zuerst von YMCAs und Schulen die klein genug waren, um eigenständige Kau-fentscheidungen treffen zu können. 150 Dollar kostete ein Trampolin, das so großwar wie ein Wohnzimmer. Zusammenbauen mussten die Kunden ihr Trampolinselbst, denn Nissens Firma hatte keine Möglichkeit zum Schweißen (vgl. de Wyze,1998).

Das erste Jahr, so Nissen, verkaufte er vielleicht zehn Trampoline. Sein Vater warüberzeugt, er hätte den Markt damit schon gesättigt und fragte, wann er denn an-fangen würde, einem richtigen Job nachzugehen (vgl. Guillaume, 2006).In der Zeit des 2. Weltkriegs leitete Nissen das Unternehmen alleine. Anfänglichschien dieses Vorhaben ihn eher zu ruinieren. Benzin, Nylon und andere von ihm be-nötigte Materialien wurden knapp. Trainer und Sportlehrer, die vormals Interesse anseinem Sportgerät für ihre Schulen bekundeten, wurden für den Kriegsdienst einge-zogen und sollten in speziellen Programmen Zivilisten für den Kriegseinsatz ausbil-den. Nissen überlegte, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, sein Trampolin im Militär-training sinnvoll einzusetzen.

Er bereiste diverse Militärbasen und stellte sein Gerät als Ausbildungshilfe für Piloten, Fallschirmspringer und Taucher vor, mit dessen Hilfe ein gezieltes Training der Soldaten möglich sein sollte, um deren Körperbeherrschung und Orientierung im Raum zu verbessern (u. A., 2004).

Er fand im US-Militär einen aufnahmefähigen Markt und verkaufte mehr als 100Trampoline, die meisten in überarbeitetem Design und mit einem neuen Nylon-sprungtuch.

Im Interview mit Bertz (Guillaume, 2006) stellte Nissen fest, dass es eben jene Sportlehrer waren, die schon vor Kriegsbeginn von seinem Trainingsgerät überzeugt waren, die verstanden, auf welche Art und Weise es für das physikalische Training von Rekruten hilfreich sein konnte. Jedes Mal, wenn man abspringt, erlebt der Springer zwei Sekunden Freiheit. Zwei Sekunden absoluter Schwerelosigkeit. Den Körper in ungewöhnliche Positionen oder Lagen zu bringen, macht hier kaum Mühe. Es ist das gleiche Gefühl wie im Weltraum. Neben der Vermittlung des Eindrucks von Schwerelosigkeit trainiert der Springer gleichzeitig noch die benötigte Muskulatur und die Orientierungsfähigkeit im Raum (vgl. de Wyze, 1998).

1943 trat Nissen selbst in den Militärdienst bei der Navy ein und überließ seinem Bruder in dieser Zeit die Geschäfte.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs nahm Nissen sein Geschäft schnell wieder auf,gründete die Nissen Trampoline Corporation ohne Griswold und forcierte die Wer-bung und Vermarktung seines Trampolins gezielt an Schulen und anderen Institutio-nen. Beide trennten sich einvernehmlich, Nissen nahm sein Gerät mit, Griswold dasnoch unfertige Manuskript an dem sie gearbeitet hatten und dass später unter Gris-wold als erstes Buch über das Trampolinspringen veröffentlicht werden sollte (vgl.Guillaume, 2006).

In seinem rastlosen Bestreben seine Erfindung bekannt zu machen, fand er einenTiervermieter in New York, der unter anderem auch Kängurus besaß. Die Fotos vomSpringen mit dem Känguru auf dem Trampolin (siehe Abbildung 4-1), gingen um dieganze Welt und brachten ihm Zeitungsberichte in England, Deutschland, Frankreichund sogar aus Jugoslawien und rührten so eher unbeabsichtigt die Werbetrommelweltweit (vgl. de Wyze, 1998). Sogar Vizepräsident Richard Nixon, 1950er JahreHollywood-Star Yul Brynner und König Farouk von Ägypten erwarben ein Nissen-Trampolin von ihm.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4-1: The man and the kangaroo (de Wyze, 1998).

4.4.2 Verbreitung weltweit

In der Zeit in der das Foto erschien, begab er sich auf eine mehr ausgeklügelte Ver-marktungskampagne um seine Erfindung der Welt zu präsentieren. Ein paar Jahrenach Kriegsende reiste er nach England und der begeisterte Zuspruch, den er bei sei-nen Präsentationen bekam, ermutigte ihn, sein Trampolin in ganz Europa vorzustel-len.

„Kurt Bächler, der 1955 beruflich in den USA tätig ist und nebenbei zum AssistenzCoach der amerikanischen Kunstturn-Olympiariege berufen wird“ (Kölzer, 2000, S. 14), lernte hier George Nissen kennen und wurde von ihm mit der Aufgabe betraut, das Trampolin in Europa bekannt zu machen und das Trampolinturnen einzuführen. Zusammen brachten sie das erste Trampolin nach Europa.

Als Nissen einen Standort suchte, um sein Gerät in Europa zu produzieren, dennnoch konnte man es hier nicht kaufen, fand er in Ted Blake, einem Sportlehrer ausBrentwood, der schon bei einer von Nissens ersten Demonstrationsveranstaltungen inEngland großes Interesse am Trampolin zeigte, eine große Unterstützung. Er stelltesich als sehr fähige Person heraus, „eine der besten mit denen wir je zusammen ge-arbeitet haben“ (Nissen in Guillaume, 2006). Er arrangierte einige Shows und entwi-ckelte ein Konzept für einen möglichen Einstieg in die Produktion und Vermarktungin Europa. Zwischen den einzelnen Stationen ihrer europaweiten Demonstrations-tour, die sie unter anderem nach Holland, in die Schweiz, Dänemark, Italien und Ös-terreich führte, hatten sie Gelegenheit sich über verschiedene Standorte zu informie-ren. Sie entschieden sich schließlich für England, da im Gegensatz zu Holland oderDeutschland keine Sprachprobleme vorhanden waren und es weniger Restriktionenund Auflagen für die Produktion und Vermarktung gab (vgl. Guillaume, 2006). 1956wurde die erste europäische Nissen-Filiale in England unter der Leitung von TedBlake gegründet.

Im Verlaufe der ersten Jahreshälfte 1957, begann Kurt Bächler zusammen mit Geor-ge Nissen und dem seinerzeitigen amerikanischen Meister im Trampolinturnen,Frank La Due, eine große Demonstrations-, Informations- und Lehrtournee in Euro-pa. Anfänglich pendelte Kurt Bächler in einem Rhythmus von drei bis vier Monatenzwischen Europa und den USA hin und her. In harter Arbeit, mit täglich drei bis vierVorstellungen in den nationalen Sportschulen und Instituten für Leibesübungen derUniversitäten, versuchte der Linguist Bächler Europas Sportlehrer vom Nutzen desTrampolins als Unterrichtsgerät zu überzeugen (vgl. Bächler, 1993).

Nach ungefähr drei Jahren der Vorführungen, Referate und Lehrgänge hatten sieschließlich viele Ausbildungsstätten von den Vorteilen des Trampolins überzeugenkönnen. Das Trampolin genoss einen hohen Stellenwert bei den überzeugten Perso-nen und einige von ihnen leiteten bald eigene Schüler an (vgl. Hennessy, 1968, S.19).

Ungefähr zur gleichen Zeit kam es zu den ersten Besuchen hinter den eisernen Vor-hang - in die Sowjetunion. In der Hochphase des kalten Krieges war es für Nissen alsUS-Amerikaner nicht ungefährlich dieses Land zu bereisen. Allerdings verlor er niedas Ziel vor den Augen. Er führte sein Turngerät nicht nur vor und schenkte ihneneines seiner Geräte, er organisierte ebenso die Teilnahme der Sowjets an Meister-schaften in den USA, er ein Schlüssel zum Westen. Er sah vieles, was ihn zu einemAnti-Kommunisten hätte werden lassen können, aber er bewahrte stets seine politi-sche Neutralität (vgl. de Wyze, 1998).

An ihre Touren durch Europa anknüpfend bereisten Nissen, seine Frau Annie und Frank La Due Südafrika, die Bermudas, Mexiko und Japan, den australischen Kontinent und viele weitere Länder der Welt, um das Trampolin zu präsentieren. Überall hinterließen sie begeisterte Menschen, die ihren Teil dazu beitrugen, das Trampolin in ihrem Land zu verbreiten (vgl. Hennessy, 1968, S. 20).

4.4.3 Mitbewerber und Imageprobleme

In Südamerika wurde aufgrund der sprachlichen Probleme und der Abgrenzung zumWort für Sprungbrett (el trampolín), sein Trampolin meist einfach als „Nissen“ be-zeichnet. Zurück in den USA wurde die Bezeichnung seiner Erfindung ebenfallsnachweißlich problematischer, da Mitbewerber begannen sich mit ihrem Produkt aufdas zu Wort zu beziehen, das Nissen sich hatte schützen lassen (vgl. de Wyze, 1998).Nissen hatte kein Patent auf sein Sprunggerät. Lediglich die Handelsmarke, also derName war geschützt.

Anfangs war es nicht in Nissens Sinn dass andere Hersteller seinen Begriff für ihre Geräte benutzten, denn der eigentliche Oberbegriff seines Trampolins war „rebound tumbling“ (vgl. Guillaume, 2006).

Nachdem viele Hersteller von Sprunggeräten immer mehr hetzten und behauptetensein Produkt sei ohnehin eher bekannt unter dem Namen „Nissen“ als unter „Tram-polin“ gab er den Namen Trampolin schließlich frei, obwohl viele um ihn herum, vorallem seine Anwälte sagten, er solle weiter für sein Recht kämpfen. Aber Nissen wares letztlich nicht so wichtig, ob das ® hinter Trampolin oder Nissen stand. In den frühen 1960ern löschte er schließlich seine Handelsmarke „Trampoline“. Der Ausdruck wurde schnell zum Oberbegriff (vgl. de Wyze, 1998).

Etwas anderes passierte zur gleichen Zeit, was Nissen mit gemischten Gefühlen betrachtete. Die ersten Kleinunternehmer interessierten sich 1959 für die Errichtung von kommerziellen Outdoor-Sprunganlagen. San Diego bekam seine erste Anlage im späten November. In den ersten 40 Tagen nach Eröffnung hatte der Betreiber bereits 3000$ eingenommen. Dieser Erfolg weckte das Interesse anderer und innerhalb von vier Monaten eröffneten 20 weitere Anlagen in und um San Diego.

Die Anlagen schossen in den Großstädten wie Pilze aus dem Boden. 1959 gab es imGroßraum Los Angeles lediglich drei Trampolinanlagen, ein Jahr später waren es 175sowie 150 weitere in Miami, Phoenix, Oklahoma City, St. Louis, Reno, Hawaii undanderorts.

Obwohl es Nissen mit Stolz erfüllte, dass seine Erfindung die USA im Sturm eroberte,ärgerte er sich über die Sicherheitsmängel dieser Sprunganlagen. Oftmals nannte erdie Betreiber Möchtegerne, die keine Ahnung hatten, wie man eine solche Anlage zubetreuen hatte. Ihnen ging es nur darum, Tickets zu verkaufen und schnell viel Geldzu verdienen. Die Betreiber waren erschreckend ignorant, wenn es um die Sicherheitund die Gefahren ihrer Anlagen, vor allem bei der Nutzung durch untrainierteSprungneulinge, ging. Sie warben sogar mit der Sicherheit, denn es wurden Anlagenbevorzugt, deren Trampoline in den Boden eingelassen waren. So kann keiner run-terfallen, war hier das treibende Argument. Das Runterfallen war aber nicht dasProblem, die meisten schweren Unfälle passierten in der Mitte des Tuchs, meistdurch falsche oder fehlende Anleitung und die Selbstüberschätzung von Ungeübten(vgl. de Wyze, 1998).

In dieser Zeit gab es rund 50 Hersteller von Trampolinen. „If you didn't sell [trampolines to the jump centres], they'd go down the street and buy them somewhere else.w (Nissen in de Wyze, 1998).

Er versuchte daher eine Art Franchise zu etablieren, das mit ausgebildeten Aufsichts-personen arbeitete. Dennoch, immer wenn sich jemand beim Trampolinspringen ver-letzte, schlossen die Menschen daraus, dass alle Trampoline unsicher seien.Vor allem die grobe Fahrlässigkeit, in Sinne fehlender Instruktionen und Beaufsichti-gung durch die Betreiber und die oben erwähnte Selbstüberschätzung, führten zuschwersten Verletzungen. Das Trampolin bekam so einen immer deutlicheren Image-schaden.

Als sich die Verletzungen - leichte und schwere - häuften, versuchte die Stadtverwal-tung in San Diego, durch Auflagen an die Anlagenbetreiber das Springen sicherer zumachen. Der Markt war hier wesentlich strenger und bestrafte die Betreiber mit demAusbleiben der Kundschaft und somit mit dem Untergang eines Großteils der Anla-gen. Die Uneinsichtigkeit der Betreiber regulierte sich so von selbst (vgl. de Wyze,1998).

Durch das strenge Produkthaftungsrecht der USA, nach welchem der Hersteller einesGeräts hohen Schadenersatz auch für Unfälle leisten muss, die durch offensichtlichfalsche Benutzung entstanden sind, sowie unsachliche Medienberichte, wurde derNiedergang des amerikanischen Trampolinspringens besiegelt (vgl. Kölzer, 2000, S.14). In den 1960er Jahren verlor Nissen mehrere Schadenersatzprozesse, die nachUnfällen im Breitensport und in den Freizeitanlagen stattfanden und stellte 1980 sei-ne Produktion ein, „da auch die Versicherungen die Unfallkosten nicht mehr bezah-len wollten“ (Kölzer, 2000, S. 14). Gleichzeitig wurde das Trampolinspringen ausdem Ausbildungsprogramm von Schulen und Universitäten herausgenommen.

Auch in Deutschland erlitt das Trampolin durch eine unsachliche Medienkampagneeinen Rückschlag. „Eine Statistik des Heidelberger Orthopädie-Professors Steinbrückwird grob verfälscht zitiert, indem man Unfälle, die sich beim Schulsport mit demMinitramp ereignet haben, einfach dem „großen“ Trampolin zurechnet“ (Kölzer,2000, S. 14).

4.5 Nissens weitere Unternehmertätigkeiten

Die meisten verstanden das Trampolin als akrobatisches Gerät. Nissen wollte hingegen, dass es eher als eine Art Medium des Sports gesehen wird. Wie das Spielfeld für die Basketballer oder das Wasser für die Schwimmer, das Eis für die Schlittschuhläufer. Auf dem Eis beispielsweise kann man Eiskunstlauf betreiben, Hockey spielen o-der Rennen austragen. Im Sport gibt es verschiedene Ausprägungen: Rennen, Akrobatik, Spiel und vielleicht noch Kämpfen. Meistens ist man nur in einer Sache gut, entweder im Spiel oder im Rennen usw. Viele Leute könnten gute Trampolinspieler, aber nur schlechte Akrobaten sein. Daher wollte er, dass das Trampolin mehr ist, als nur ein akrobatisches Gerät (vgl. Guillaume, 2006).

In den folgenden Jahren erfand Nissen verschiedene Spiele, die das Trampolin einbanden. Ein Beispiel hierfür ist das Spiel „Spaceball“ (siehe Abbildung 4-2), welches vor allem in den 1960er Jahren in den USA sehr beliebt war.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4-2: Spaceball (Munn, 1960).

In seinem Interview mit Bertz (Guillaume, 2006) nannte er als Begründung für seineBemühungen abseits der akrobatischen Nutzungsmöglichkeiten, dass es wohl wesent-lich mehr Kinder gäbe, die zu einem Spiel wie „Spaceball“ in der Lage wären, als ak-robatische Tricks und Überschlage auf dem Trampolin zu turnen. Ebenso ist die Ver-letzungsgefahr geringer, da die Springer durch ein doppeltes Netz voneinander ge-trennt sind und sich im Rücken der Springer ein weiteres halbes Trampolin hochkantbefindet. Der Platz pro Springer ist so begrenzt, dass sie nicht zu schwierigen Sprün-gen wie Salti verleitet würden. Heute kann man dieses spezielle Trampolin in vielenOnlineshops bestellen, wurde 2009 auf einer Internetseite sogar als „neuer Trend“aus den USA bezeichnet (vgl. www.trendish.de, 2009).

Ebenso überlegte er, ob das Trampolin als Art Wendepunkt für Skater oder Sprinter genutzt werden könnte, um von den Rundenläufen auf die gerade Bahn zu kommen. Als Vorbild diente ihm das Schwimmen. Früher, so Nissen, schwammen die Athleten in feien Gewässern um Bojen, erst mit der Erfindung der künstlichen Schwimmbecken kamen die Ideen zur Rollwende und anderen schnellen Wendemanövern (vgl. de Wyze, 1998). Diese Idee setzte sich allerdings nie durch.

Gleichzeitig verbreiterte und überarbeitete er sein Warensortiment im Bereich des Turnsports.

In den 1980ern verkaufte er seine Firma und zog sich aus dem aktiven Geschäftsleben zurück. Dennoch hörte er nicht auf, sich als Erfinder zu betätigen und erfand weitere Dinge, wie zum Beispiel ein aufblasbares Kissen für Stadionzuschauer.Bis zu seinem Tod im April 2010 lebte er in San Diego, Kalifornien.

4.6 Nationale Entwicklung des Trampolins

Dem Weber Albrecht Hurtmanns aus Süchteln kam, ebenso wie Nissen, im Zirkus die Idee, eine Wurfmaschine zu bauen. Er bestaunte eine amerikanische Artistengruppe mit ihrer Wurfmaschine, auf der sie kunstvolle Sprünge, Drehungen und Überschläge zeigten (vgl. Micha, 2002, Z. 16-20).

Mit seinen Turnerkollegen fasste er 1948 den Entschluss trotz fehlender finanzieller Mittel, sich am Bau eines Wurfgerätes zu versuchen. In den Süchtelner Höhen schlugen sie unbemerkt Holz für die Konstruktion eines Rahmens. Das Sprungtuch bestand aus verwobenen Schnüren, die mit Streifen aus Autoschläuchen in den Rahmen gespannt wurde. Die erste deutsche Wurfmaschine war geschaffen.Voller Vorfreude bestiegen sie ihr Werk, um sich mit ersten zaghaften Sprüngen zu versuchen. „Umso größer war die Enttäuschung, als der Holzrahmen, der enormen und stark unterschätzten Spannung des Netzes bei den ersten Sprungversuchen nicht widerstand und sich durchbog, bis die Konstruktion nach einigen wenigen Sprüngen schließlich ganz zusammenbrach.“ (Micha, 2002, Z. 34-38)

Hurtmanns ließ sich dadurch jedoch nicht entmutigen. Er setzte 1951 seinen neuenPlan um, baute in den Räumen des Installateurs Geusen, einen Rahmen aus Metall-rohren und spannte mit Fahrradschläuchen ein Tuch aus Rollladengurten hinein.Diese Konstruktion federte zwar nicht sonderlich gut, aber erwies sich als stabil ge-nug, um auf ihr länger als nur zwei bis drei Sprünge springen zu können (vgl. Micha,2002, Z. 40-45). Dieses Gerät nutzte der Verein ASV Süchteln als erstes Sprunggerät.Hier wurde 1951 auch Deutschlands erste Trampolinabteilung gegründet.

Dr. Heinz Braecklein und seine Mitarbeiter an der jungen Sporthochschule in Leipzig entwickelten 1953 ebenfalls ein Trampolin als Trainingshilfsmittel für Wasserspringer. In den Jahren 1955-56 konstruierte Alfred Gockel in Essen ebenfalls zunächst ein erstes, instabiles Modell aus Holz (vgl. Michels, 2009a, S. 1).Erst 1957 kamen dann durch Nissen, La Due und Bächler die ersten professionellen Trampoline nach Deutschland (vgl. Kapitel 4.4.2).

Angesichts der steigenden Wettkampfaktivität in Deutschland Anfang der 1960er Jahre, drängten weitere deutsche Hersteller auf den Markt. In den frühen Jahren produzierten unter anderem das Berliner Unternehmen Tornow, Turnmeyer aus Hagen und Hirsch aus Kreuztal Trampoline.

Kurt und Rose Hack bauten ebenfalls seit 1960 Geräte, anfangs unter dem Namen Trampina in Göppingen, später unter dem heute bekannten Namen Eurotramp in Weilheim/ Teck.

Die ersten Geräte hatten noch kleinere Ausmaße und die Bezeichnung Master,die Tücher waren teils geschlossen und auch schon mit Bändern versehen, Mit-te der 60er Jahre wurden dann Grand Master Geräte gebaut, von Gummika-beln auf Stahlfedern umgestellt, die Bandbreie der Tücher wurde geringer undauch eine Rahmenpolster Ganzabdeckung lieferten verschiede Hersteller (Mi-chels, 1998, S. 8).

In den Anfängen des Trampolinturnens war es üblich eigene Vereinstrampoline auf Wettkämpfe mitzunehmen, was für die Vereine sehr aufwendig war. Diese Tatsache nutzte Eurotramp und stattete 1968 erstmals die Deutschen Meisterschaften mit seinen Geräten aus. Fortan wurden diese Geräte immer wieder eingesetzt und verdrängten so die anderen Hersteller vom Markt. Eurotramp ist heute Weltmarktführer im Bereich der Wettkampftrampoline.

4.7 Weitere Entwicklung des Trampolins

Viele Hersteller von Trampolinen stellten ihre Produktion in den 1970er Jahren aufGrund des Imageschadens (vgl. Kapitel 4.4.3) und den damit verbundenen Absatz-einbrüchen ein. Eurotramp stand diesem Trend entgegen und wollte mit innovativenund vor allem sicheren Trampolinen überzeugen. Als kleiner Handwerksbetrieb inGöppingen von Kurt und Rose Hack gegründet, entwickelte sich das Unternehmenbis 1972 zu einem mittelständigen Unternehmen mit Sitz in Weilheim/ Teck.

Die beiden Gründer setzten sich von Anfang an ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollten diebesten und qualitativ hochwertigsten Trampoline der Welt bauen.Im Sinne der Springer, die nicht nur ein leistungsfähiges, sondern auch ein sicheresGerät mit maximaler Kontrollierbarkeit fordern, produzierten und verbesserten sieständig ihre Geräte. Seit 1977 kamen fast sämtliche Trampoline für internationaleWettkämpfe aus dem deutschen Unternehmen, dass der Enkel der Gründer DennisHack mittlerweile leitet.

Doch ebenso wie Nissen, der sein Trampolin nicht nur als akrobatisches Turngerät,sondern auch im Bereich der Sportspiele und im Rennbereich sah, schaute auch Eu-rotramp über diesen Tellerrand hinaus und stellt Trampoline speziell für die Bereiche Schul- und Freizeitsport, sowie für die therapeutische Verwendung und den Fitnessbereich her (vgl. u. A., 2010).

Neben Eurotramp produzieren heute noch einige andere Unternehmen wie das französischen Unternehmen Gymnova, Janssen-Fritsen, Spieth und Continental ähnliche Großgeräte, die von der Qualität und dem Zuspruch der Aktiven aber nicht an die vom Marktführer heranreichen. Gymnova stattete 2010 erstmals eine Weltmeisterschaft mit seinen Geräten aus.

Nicht gerade wenige Nationen haben sich sowohl beim örtlichen Organisator inMetz als auch bei den FIG Verantwortlichen über den Zustand der WM Tram-polin Geräte beklagt. Es sind in China produzierte Trampoline, die eine etwasandere Wurfkraft als die weltweit bekannten EUROTRAMP bieten. Insbesonde-re ein Großteil der Sportler spricht von „schwammigen bzw. butterweichen“ 4 x 5 mm Tüchern, die am unteren Druckpunkt teilweise seitlich werfen. (Michels, 2010).

Die Lieferanten reagierten auf Druck der Veranstalter und Trainer und tauschten dieWettkampfgeräte aus und wechselten bereits nach dem ersten Tag einige Federsätzekomplett aus. Dies zeigt deutlich, wie sehr die Wettkampfwelt der Trampolinturnerzum einen auf die Geräte von Eurotramp geprägt ist, zum anderen aber auch, dass eswohl wirklich enorme Qualitätsunterschiede gibt, die vor allem im Hochleistungsbe-reich schnell auffallen.

5 Entstehung und Entwicklung einer neuen Sportart

Die „Geburt“ der Wettkampfsportart Trampolinturnen, also der Entwicklung unter dem Leistungssportgedanken, ist Kernthema dieses Kapitels.

Vor allem die unsachgemäße Handhabung im Freizeitbereich sowie ungenügendausgebildete Übungsleiter und Lehrkräfte waren in der Vergangenheit für dasschlechte Image des Trampolinspringens verantwortlich. Dieses und die anschließen-den Kapitel sollen zeigen, dass das Trampolinturnen unter Anleitung und verantwor-tungsvollen Trainern weder extrem gefährlich noch verletzungsträchtiger ist als an-dere Sportarten.

Weitere Einsatzmöglichkeiten wie die Nutzung als Trainingsgerät für Wasserspringer oder als Therapiegerät werden in Kapitel 7 kurz dargestellt.

Neben dem Prozess der internationalen Entwicklung liegt das besondere Augenmerkauf der Entwicklung des Wettkampfsports in Deutschland, als Gründungsland des In-ternationalen Trampolinverbandes - FIT. Die Veränderung der Leistung, Sprung-technik und der Wettkampfregularien, also des „Herzens“ des Trampolinturnens istThema von Kapitel 6. Folgend werden daher „Meilensteine“ dargelegt, die die Ent-stehung und Entwicklung der Sportart maßgeblich beeinflussten und zu einer welt-weit anerkannten und mittlerweile olympische Sportart werden ließen.

5.1 George Nissen als Urvater der Sportart

Während seiner Zeit an der Uni von Iowa nahm George Nissen regelmäßig an Turn-wettkämpfen teil und überlegte, wie man das Trampolin als weitere Disziplin einbin-den könnte. Es sei wesentlich einfacher gewesen erste Wettkämpfe zu initiieren, alsKunden zu finden, sagte er in seinem Interview mit Bertz (in Guillaume, 2006).Der erste Schritt war es, Zugang zu Schul- und universitären Turnwettkampfpro-gramme zu bekommen. Dies gestaltete sich relativ einfach, da viele Sportlehrer, dienach Kriegsende wieder in den Schuldienst zurückgingen, durch den Gebrauch desTrampolins beim Militärtraining von dessen Vorteilen und der Freude beim unddurch das Springen bereits überzeugt waren (vgl. Hennessy, 1968, S. 2). Die Einfüh-rung des Trampolinspringens als Teil der sportlichen Ausbildung an Schulen begannso bereits 1946. Springen ist, so die Argumentation vieler Sportlehrer und auch Nis-sen, eine spontane und natürliche Aktivität, die notwendig ist für eine gesunde Ent-wicklung eines jungen Menschen, sowohl in körperlicher als auch in geistiger Hin-sicht. Daher sei diese Form der Bewegung, unter anderem durch den Einsatz des Trampolins, wichtiger und integraler Bestandteil der Leibeserziehung. Der Erwerb vielfältiger neuer Bewegungserfahrungen, die gleichzeitige die Schulung der Körperkoordination und die Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems begünstigen, geschehen nahezu von selbst, da der Spaß am Springen die Anstrengungen nicht als mühsam erleben lassen (vgl. Horne, 1968, S. 17f).

1947 fanden nach erst kurzer Trainingsphase die ersten noch inoffiziellen NationalenMeisterschaften im „Rebound tumbling“ während der „Amateur Atheltic Union (A-AU) Championships“ in Dallas, Texas statt. Sieger dieses ersten Trampolinwett-kampfs war James Garner. 1948 beschloss die National Collegiate Athletic Associati-on (NCAA) diese Disziplin in ihr Hochschulwettkampfprogramm aufzunehmen. Imgleichen Jahr fanden die ersten offiziellen nationalen Meisterschaften der USA imTrampolinturnen statt. Sieger der ersten Jahre waren Robert Schoendube 1948 sowieEdsel Buchanan in den Jahren 1949 und 1950 (vgl. Horne, 1968, S. 18). Die inoffizi-ellen Meisterschaften der AAU wurden parallel noch weitere sieben Jahre ausgetra-gen. Mit dem letzten inoffiziellen Wettkampf im Jahre 1953 erkannte auch die Ama-teursportvereinigung AAU Trampolinturnen als offizielle Wettkampfsportart an undverhalf so Robert Elliot 1954 zu seinem Titel des ersten nationalen Trampolincham-pions der Vereinigen Staaten von Amerika (vgl. Horne, 1968, S. 18). Ein Jahr späterfand der erste grenzüberschreitende Wettkampf bei den Pan-American Games inMexico City statt. Seither gewann das Trampolinturnen stetig an Ansehen und Zu-spruch in der amerikanischen Sportwelt.

Für Nissen, der an der Ausrichtung dieser Wettkämpfe immer beteiligt war, war diesein wichtiger Beitrag. Er sah es als Startschuss für eine neue Wettkampfsportart, diesich weltweit etablieren sollte. Ein Vergleich mit heutigen Wettkämpfen ist allerdingsnicht möglich, da sich diese in Art, Durchführung und Bewertung doch stark von denheutigen Wettkämpfen unterscheiden, wie Kapitel 6 näher erläutern wird.1958 organisierte Kurt Bächler den ersten internationalen Trampolin-Wettkampf inder Schweiz, den Nissen-Cup, der bis heute ein wichtiger Termin der internationalenTrampolinelite geblieben ist. „Ziel Bächlers war es vor allem, dem damals eher wil-den wettkampfmäßigen Trampolinturnen, eine Grundschule zu "verpassen" undgleichzeitig sich Gedanken darüber zu machen, wie das Trampolinturnen - angepasstan das Kunstturnen - auch wettkampfmäßig in eher sichere und haltungsmäßig ver-feinerte Bahnen zu lenken sei“ (Bächler, 1993, S. 1).

In den ersten Jahren beteiligten sich nur etwa 100 Männer, die in fünf Leistungsklas-sen gegeneinander antraten. Später kamen auch die Damen dazu. Durch die zuneh- mende internationale Beteiligung, musste man schließlich das Teilnehmerfeld aufzwei Leistungsklassen, Einzel und Synchron jeweils weiblich und männlich, be-schränken.

Die folgende Tabelle (5-1) zeigt die ersten Medaillengewinner und deren Nationalitäten bei den ersten Nissen-Cup Wettkämpfen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5-1: Medaillienplätze des int. Nissen Cups 1958-1963 (mod. nach Bächler, 1993, S.

Auch später unterstützte Nissen das Turnen, indem er verbesserte Turngeräten her-stellte, mit denen er Wettkämpfe unterstütze und den Nissen-Preis stiftete, die höchs-te Auszeichnung für Collegeturner, die seit 1966 verliehen wird. Er ist vergleichbarmit der höchsten Auszeichnung für die College Footballer, der Heisman Trophy (vgl.Guillaume, 2006).

5.2 Internationale Entwicklung

Wie bereits in Kapitel 4.4.2 dargestellt, wurde das Trampolin als Sportgerät vor allemdurch die Informationsveranstaltungen von George und Annie Nissen sowie Frank LaDue auf ihren Reisen durch die Welt bekannt. Nachdem in den USA in den 1950erJahren bereits erste Wettkämpfe stattgefunden hatten und der erste internationaleWettkampf mit dem Nissen-Cup ins Leben gerufen war, folgten nun auch andere,nichteuropäische Länder mit eigenen Wettkampfprogrammen und dem Trainingsauf-bau. Alan Plowman und Norman Pressey waren Australiens Pioniere. In Neuseelandübernahmen Jack Bonham und seine Familie, in Japan die Senoh Company, späterzusammen mit Phil Drips, ein ehemaliges Mitglied des amerikanischen Trampo-linteams, den Aufbau der Sportart. Südafrika, das geradezu gefesselt war von derneuen Sportart, wurde unterstützt durch Ron Munn, ebenfalls ein amerikanischerTrampolinmeister seiner Zeit. Diese Personen schufen große und erfolgreiche Tram-polinnationen, die man bis heute nicht unterschätzen darf (vgl. Hennessy, 1968, S.20).

Schottland gründete 1958 den ersten europäischen Trampolinverband. 1959 ent-schloss sich die Schweiz, das Trampolinturnen im Eidgenössischen Turnverein zufördern. Schon 1957 fanden in Großbritannien die ersten offenen Meisterschaften imTrampolinturnen, bei einem „water carnival“, organisiert vom Ilford Diving Club,statt. Sieger wurde der Wasserspringer Mick Forge (vgl. Horne, 1968, S. 150). ImNovember 1959 setzten sich die fünf Sportlehrer Ted Blake, Jack Garstang, Geoff El-liott, Syd Aaron und Dennis Horne, die alle großes Interesse am Trampolinturnenhatten, zusammen, um die erste Satzung des zukünftigen British Amateur GymnasticAssociation Trampolining Committee (BAGA), welche sie daraufhin gründeten, zuentwerfen. Ebenso arbeiteten sie an den ersten Regeln und Wettkampfbestimmungenfür nationale Wettkämpfe und erstellten die erste verbindliche Pflichtübung für dienationalen Meisterschaften in Großbritannien 1959. Es waren die ersten nationalenMeisterschaften im Trampolinturnen in ganz Europa. Eigentlich sollte sie aus achtÜbungsteilen bestehen, aber sie verzählten sich. Die erste Pflichtübung sah folgen-dermaßen aus (vgl. Horne, 1968, S. 150f):

1. Hocke
2. Bücke
3. Salto rückwärts gehockt
4. Kniesprung
5. Salto vorwärts gehockt
6. Sitzsprung
7. Halbe Drehung zum Sitz
8. Ganze Drehung zum Sitz
9. Sprung in den Stand

Der Wettkampf bestand aus den vier Klassen Männer, Frauen, Männer unter 16 Jahreund Frauen unter 16 Jahre. Die meisten Teilnehmer kamen vom Wasserspringen, dafür sie der Transfer relativ leicht war. Die Sprünge mit diversen Salti und Schrauben-bewegungen konnten nahezu übernommen werden. Turner taten sich hierbei schwe-rer, ihre Übungen vom Boden auf das Trampolin zu übertragen. Von den ersten sie-ben Platzierungen bei den Männern gingen nur zwei an Turner. Alle anderen kamenvom Wasserspringen (vgl. Horne, 1968, S. 151). Ein weiterer Grund für die gutenPlatzierungen der Wasserspringer sah Horne (1968, S. 152) in der hervorragendenHaltung. Sportartimmanent war es - und ist es immer noch -, dass Wasserspringer viel Wert auf Haltung legten, was ihnen bei dieser Art von Wettkämpfen zu Gutekam.

Da das Trampolinturnen außerhalb der USA noch in den Kinderschuhen steckte, gabes bis auf den Nissen-Cup keine internationalen Treffen. Die Aufgaben der BAGA be-liefen sich daher auf die Ausrichtung nationaler Wettkämpfe, der Vergabe vonKampfrichter-, Trainer- und Leistungsauszeichnungen sowie der Sammlung von In-formationen bezüglicher der Sportart aus Amerika (vgl. Horne, 1968, S. 153).Aufgrund des Streits um den Namen Trampolin (siehe Kapitel 4.4.3), wurden dieWettkämpfe in den Jahren 1960 und 1961 in „rebound tumbling Championships“umbenannt. Der Name schien passend, denn die Elemente die geturnt wurden, wa-ren denen der amerikanischen Sportart Tumbling sehr ähnlich. Desweiteren gibt eszwischen jedem Sprung gibt es eine Rückfederung (rebound), die der Athlet für seinnächstes Element nutzt. Rebound tumbling schien also der passende Name zu sein.Bereits 1962, kurz nachdem Nissen den Namen „Trampoline“ freigab, wurde derWettkampf wieder Trampoline Championships genannt. Der Grund lag im wachsen-den Interesse an der Sportart und der Tatsache, dass der Ausdruck „trampolining“häufiger benutzt wurde, als „rebound tumbling“ (vgl. Horne, 1968, S. 154ff).Am 10. November 1962 fanden in Ludwigshafen die ersten noch inoffiziellen europä-ischen Meisterschaften statt, bei dem die Athleten um den Grand European Cupkämpften. Je zwei Turner aus jedem europäischen Land wurden zu diesem Wett-kampf eingeladen. Die teilnehmenden Länder waren Deutschland, Großbritannien,Österreich, Dänemark, Holland, Italien und Schweden.

Im Mai 1963 traten fünf Länder mit je einer Mannschaft bei einem Turnfestival inWageningen, Holland gegeneinander an. Das Ereignis wurde zur 700 Jahrfeier derStadt veranstaltet. Die Niederlande, Deutschland, die Schweiz, Belgien und Englandnahmen daran teil.

In vielen Ländern wurden in den 1960er Jahren Organisationen und Komitees ge-gründet, um nationale Regeln und Reglements auszuarbeiten, die Leistungsentwick-lung im Trampolinturnen voranzutreiben und Meisterschaften zu organisieren unddurchzuführen.

Australien, Japan und Russland richteten 1964 ihre jeweils ersten nationalen Meisterschaften mit eigenen Regelwerken aus. Alle drei Nationen hatten bereits zehnteilige Wettkampfübungen, je zwei Vorkampfübungen und einer Finalübung.

[...]


2 Um einen besseren Lesefluss in der vorliegenden Arbeit zu gewährleisten wird die grammatisch männliche Form verwendet. Selbstverständlich sind alle weiblichen Perso-nen immer eingeschlossen.

Ende der Leseprobe aus 145 Seiten

Details

Titel
Zur Entwicklung des Trampolinturnens. Historische Aufarbeitung einer neuen olympischen Sportart
Hochschule
Technische Universität Darmstadt  (Institut für Sportwissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
145
Katalognummer
V171551
ISBN (eBook)
9783668674097
ISBN (Buch)
9783668674103
Dateigröße
2972 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Trampolinturnen, Sportartentwicklung, Olympia, Leistungssport
Arbeit zitieren
Christina Neeb (Autor:in), 2011, Zur Entwicklung des Trampolinturnens. Historische Aufarbeitung einer neuen olympischen Sportart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171551

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