Solidarität ist ein Begriff, den sich zahlreiche Organisationen – wie Parteien, Gewerkschaften, religiöse Gruppen und NGOs – gerne auf die Fahnen schreiben. Verbunden wird damit häufig ein gesellschaftlicher Zusammenhalt, die Zusammengehörigkeit einzelner Gruppen und gegenseitige Unterstützung (vgl. Dallinger 2009, 21). Die Reichweite und Charakteristika von Solidarität werden jedoch je nach Definition sehr unterschiedlich bestimmt. Diese kann sich sowohl auf große anonyme Kollektive beziehen also auch auf kleine soziale Zusammenhänge (ebd., 21). Verschiedene Auffassungen existieren ebenso darüber, wie Soli-darität erzeugt wird und ob sie eher „von unten“ durch die Betroffenen selbst oder „von oben“ durch den Staat entsteht (Iben/Kemper/Maschke 1999, 17ff.). Differenziert wird zwischen der organisierten Entstehung von Solidarität im Rahmen konstituierter Sozialzusammenhänge und ihrem spontanen Zustandekommen in unstrukturierten Situationen (Kaufmann 2002, 40). Je nach damit verbundenen Interessen wird der Solidaritätsbegriff somit sehr unterschiedlich verwendet.
Auch die Bewegung Solidarische Ökonomie sieht Solidarität als zentrales Konzept an. Ihre Vertreter setzen sich für eine Wirtschaft ein,„bei der in den drei Bereichen Produktion, Konsum und Verteilung die handelnden Akteure darauf verzichten, vorhandene Chancen auf Durchsetzung ihrer Bedürfnisse auch gegen Widerstreben und auf Kosten der Bedürfnisse der übrigen Akteure zu nutzen“ (Flieger 2006, 47).
Darüber was das Solidarische dieser Wirtschafsform genau ausmacht existiert innerhalb der Bewegung bisher kein einheitliches Verständnis (vgl. Giegold/Embshoff 2008b, 13; Voß 2010, 11). Für die Zusammenarbeit ihrer verschiedenen Strömungen ist es jedoch von zentraler Bedeutung, „sich über die Definition des Begriffes und damit über das Gemeinsame und Einigende eines neuen Bewegungsschubs ökonomischer Selbstorganisation zu verständigen.“ (Giegold/Embshoff 2008b, 14f.) Welche gemeinsame Basis existiert hinsichtlich des Solidaritätsbegriffes innerhalb der Bewegung Solidarische Ökonomie? Welche unterschiedlichen Verständnisse sind vorhanden? Diese Fragen werden in der vorliegenden Arbeit untersucht. Dazu werden Texte von den Vertretern der Bewegung, Elmar Altvater, Sven Giegold/Dagmar Embshoff und Elisabeth Voß, analysiert und Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Solidaritätskonzepte herausgearbeitet. Schließlich soll untersucht werden, inwiefern diese in Durkheims Solidaritätstheorie verankert sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Bewegung Solidarische Ökonomie in Deutschland
- Entstehung
- Grundannahmen und Ziele
- Durkheims Solidaritätskonzept
- Mechanische Solidarität
- Organische Solidarität
- Methode und Durchführung der Dokumentenanalyse
- Qualitative Inhaltsanalyse
- Zugang, Auswahl und Überprüfung der Dokumente
- Analyse der Entstehungssituation
- Festlegung von Analyserichtung und Kategorienbildung
- Analyse der Texte von Altvater, Giegold/Embshoff und Voß
- Altvaters „Solidarisches Wirtschaften: prekär oder emanzipativ“
- Kontext des Dokuments
- Zusammenfassende Inhaltsanalyse
- Explizierende Inhaltsanalyse
- Strukturierende Inhaltsanalyse
- Giegolds/ Embshoffs „Solidarische Ökonomie im globalisierten Kapitalismus“
- Kontext des Dokuments
- Zusammenfassende Inhaltsanalyse
- Explizierende Inhaltsanalyse
- Strukturierende Inhaltsanalyse
- Voß' „Wegweiser Solidarische Ökonomie“
- Kontext des Dokuments
- Zusammenfassende Inhaltsanalyse
- Explizierende Inhaltsanalyse
- Strukturierende Inhaltsanalyse
- Vergleich der Solidaritätsverständnisse
- Theoretische Verankerung der Solidaritätsverständnisse
- Widersprüchliche Bezüge zu Durkheim bei Altvater
- Parallelen zu Durkheims organischer Solidarität bei Voß
- Bezüge zu Durkheims Vertragssolidarität bei Giegold und Embshoff
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit dem Solidaritätsverständnis der Bewegung Solidarische Ökonomie. Ziel der Arbeit ist es, die Solidaritätskonzepte von drei prominenten Vertretern der Bewegung – Elmar Altvater, Sven Giegold/Dagmar Embshoff und Elisabeth Voß – zu analysieren und miteinander zu vergleichen. Die Arbeit untersucht dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Konzepte und setzt sie in Bezug zu Durkheims Solidaritätstheorie.
- Das Solidaritätsverständnis der Bewegung Solidarische Ökonomie
- Analyse und Vergleich der Solidaritätskonzepte von Altvater, Giegold/Embshoff und Voß
- Bezug zu Durkheims Solidaritätstheorie
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Solidaritätsverständnisse
- Die Rolle von Solidarität für die Entwicklung einer solidarischen Ökonomie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Begriff der Solidarität einführt und die Bedeutung des Themas für die Bewegung Solidarische Ökonomie hervorhebt. Anschließend werden die Entstehung und die Grundannahmen der Bewegung Solidarische Ökonomie in Deutschland beleuchtet. Kapitel 3 stellt Durkheims Solidaritätstheorie mit den beiden Haupttypen „mechanische Solidarität“ und „organische Solidarität“ vor. Kapitel 4 erläutert die Methode der Dokumentenanalyse und die Auswahl der zu untersuchenden Texte.
Die Kapitel 5 und 6 analysieren die Solidaritätsverständnisse von Altvater, Giegold/Embshoff und Voß. Kapitel 5 widmet sich der Analyse der jeweiligen Texte und untersucht deren Kontext, Inhalt und Struktur. In Kapitel 6 werden die verschiedenen Solidaritätskonzepte miteinander verglichen und ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. Kapitel 7 beschäftigt sich mit der theoretischen Verankerung der Solidaritätsverständnisse in Durkheims Solidaritätstheorie. Schließlich werden die Ergebnisse der Analyse in Kapitel 8 zusammengefasst und ein Ausblick auf zukünftige Forschungsfragen gegeben.
Schlüsselwörter
Solidarische Ökonomie, Solidarität, Dokumentenanalyse, Durkheim, mechanische Solidarität, organische Solidarität, Altvater, Giegold, Embshoff, Voß.
- Citar trabajo
- Susanne Held (Autor), 2011, Das Solidaritätsverständnis der Bewegung Solidarische Ökonomie: Eine Dokumentenanalyse von Texten von Altvater, Giegold/Embshoff und Voß , Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171657