Gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch ein Sport der elitären Klassen, verbreitet sich der Fußball mit Hilfe der Industrialisierung unter den Arbeitern, die den Sport, wie einige Autoren behaupten, als Ausgleich zu ihrer monotonen Fabrikarbeit genutzt haben. Aus
diesem Grund sehen viele Beobachter in der Industrialisierung den
entscheidenden Faktor für die erstaunliche Bekanntheit und Beliebtheit des Fußballs. Aber auch diese Erklärung scheint nur eine von vielen Möglichkeiten zu sein und es bedarf einer genaueren Betrachtung, um das Phänomen Fußball erklären zu können.
In großen Teilen der Bevölkerung immer noch als Sport des
Arbeiterproletariats verschrien, bekennen sich heute auch Intellektuelle öffentlich zum Fußball und längst wird der Fußballer nicht mehr als einfacher Tölpel abgestempelt. Die immer umfangreicher werdende Fachliteratur über den Fußballsport ist ein Indiz für diese Tendenz. Selbst der ehemalige Professor für Rhetorik an der Universität Tübingen, Walter Jens, macht aus seiner
Fußballbegeisterung kein Geheimnis und schreibt 1974:
»Wenn ich den letzten Goethe-Vers vergessen habe, werde ich den
Eimsbütteler Sturm noch aufzählen können« (Jens 2009: 57).
Es genügt nicht, den Fußball als einen Sport unter vielen zu sehen, Fußball ist mehr als das. Er ist zum Instrument der Politik geworden, zum Bindeglied
unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Nationen. Durch seine kommerzielle Vermarktung und die damit verbundenen, scheinbar ins Unendliche ansteigenden Gehälter für Spieler, Trainer und Manager bietet er den Ärmsten der Armen die Möglichkeit, in den Kreis der Millionäre aufzusteigen. Andere wiederum sehen in ihm eine Ersatzreligion, in der das Stadion zum Tempel und die Spieler zu
Göttern werden können.
Die Ästhetik des Sports, aber vor allem seine weitreichenden Einflüsse in diverse Lebensbereiche der Gesellschaft machen den Fußballsport nicht nur für Sport- und Medienwissenschaftler, sondern auch für Psychologen, Literaturwissenschaftler und Soziologen interessant.
Inhaltsverzeichnis
- Fußball in Brasilien
- Abriss der brasilianischen Fußballgeschichte
- Hintergrund: Abschaffung der Sklaverei und Ausrufung der Republik
- Ein englischer Sport kommt nach Brasilien
- Fußball etabliert sich als Massensport
- 1900–1910: Gründung der ersten Vereine
- 1910–1930: Die Demokratisierung des Fußballs
- Die 1930er Jahre: Amateure werden Profis
- Die 1950er Jahre: Die Weltmeisterschaft kommt nach Brasilien
- Bedeutung des Stadions
- Die größte Niederlage des brasilianischen Fußballs
- Fußball und die nationale Identitätsfrage
- Rassismus im brasilianischen Fußball
- Kapitalismus und Fußball: Die Frage des Neokolonialismus
- Fußball als die Möglichkeit des sozialen Aufstieges
- Fußball als Bindeglied der sozialen Klassen
- Fußball in der brasilianischen Literatur
- Historischer und kultureller Abriss der 1950er und 1960er Jahre
- Von Vargas zum Militärputsch
- Vom TBC zum CPC
- Beziehung zwischen Literatur und Fußball
- Panem et circenses? - Die Anfänge einer Polemik
- Literarische Gattungen mit Thema Fußball
- Theater und Fußball
- Nelson Rodrigues
- Vita Nelson Rodrigues'
- Erste Schritte als Journalist
- Ermordung Robertos
- Die ersten Kontakte mit dem Theater
- Von A vida como ela é... zu Meu personagem da semana
- Crônicas Nelson Rodrigues'
- Fußball in den crônicas
- A falecida
- Fußball als zentrales Thema in A falecida. Ein Tabubruch
- Die Uraufführung – Ein Skandal
- Umgangssprache wird zur Theatersprache
- Fußballjargon: A gíria
- Aufgabe der gíria
- Vasco oder Ehefrau?
- Vasco gegen Fluminense - Weit mehr als nur ein Fußballspiel
- Fußballer im Theaterstück
- Ademir
- Carlyle
- Funktionen der Spieler im Stück
- Oduvaldo Vianna Filho
- Leben und Werk Oduvaldo Vianna Seniors
- Vita Vianinhas
- Kindheit und Jugend
- Vianinha in São Paulo: Die Zeit am Teatro de Arena
- Die 1960er: Gründung des Centro Popular de Cultura
- Schreiben als subversive Handlung
- Chapetuba Futebol Clube
- Chapetuba F.C.: Ein gesellschaftskritisches Werk?
- Durval und Maranhão – Opfer des kapitalistischen Fußballsystems?
- Os cartolas - Täter und Nutznießer eines ausbeuterischen Systems
- Fußball als Metapher?
- Umgangssprache als politisches Mittel zum Zweck?
- Unbekanntheit als Prämisse einer politischen Botschaft
- Chapetuba Futebol Clube versus A falecida
- Verhältnis Vianinhas und Nelson Rodrigues'
- Teatro de Arena versus Nelson Rodrigues
- Gemeinsamkeiten der Theaterstücke
- Struktureller Aufbau
- Gliederung von Chapetuba Futebol Clube
- Aufbau von A falecida
- Unterschiede der Theaterstücke
- Chronologische Abfolge der Handlung
- Beweggründe des unmoralischen Handelns der Protagonisten
- Die Rolle des Fußballs als Spiegel der brasilianischen Gesellschaft
- Die Verbindung zwischen Fußball und Literatur
- Die Inszenierung des Fußballs in den beiden Theaterstücken
- Die Bedeutung des Fußballs für die nationale Identität Brasiliens
- Die Darstellung von Rassismus und Kapitalismus im brasilianischen Fußball
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert die Inszenierung des Fußballs in zwei brasilianischen Theaterstücken: A falecida von Nelson Rodrigues und Chapetuba Futebol Clube von Oduvaldo Vianna Filho. Sie beleuchtet die Rolle des Fußballs als Spiegel der brasilianischen Gesellschaft und untersucht die Verbindung zwischen Fußball und Literatur.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit beleuchtet die Geschichte des Fußballs in Brasilien, wobei der Fokus auf die Entwicklung des Fußballs als Massensport und seine soziale Bedeutung liegt. Das zweite Kapitel widmet sich der Beziehung zwischen Fußball und Literatur in Brasilien, wobei die Entwicklung der literarischen Auseinandersetzung mit dem Fußballthema im Mittelpunkt steht. Dieses Kapitel beinhaltet auch eine detaillierte Analyse der beiden Theaterstücke A falecida und Chapetuba Futebol Clube. Das dritte Kapitel vergleicht die beiden Theaterstücke und analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihrer Inszenierung des Fußballs.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Schlüsselbegriffen Fußball, Theater, Literatur, Brasilien, Gesellschaft, Identität, Rassismus, Kapitalismus, Nelson Rodrigues, Oduvaldo Vianna Filho, A falecida, Chapetuba Futebol Clube.
- Citar trabajo
- Sebastian Knoth (Autor), 2010, "Em futebol, o pior cego é o que só vê a bola." - "Beim Fußball ist der größte Blinde der, der nur den Ball sieht.", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171681