Im 19. Jahrhundert wurde die Sklaverei abgeschafft, zuerst von den Kolonialmächten, wie zum Beispiel von England 1833, dann in den USA 1862-65. Als letztes schloss sich Brasilien 1888 an. Wurde sie wirklich abgeschafft? Noch 1926 erachtete es der Völkerbund als notwendig, die internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Sklaverei in einer Antisklavereiakte festzulegen. Darin heißt es, dass "niemand in Sklaverei oder Knechtschaft gehalten werden soll; Sklaverei und Sklavenhandel sollen in allen ihren Formen verboten sein."
Zwei Jahre später, 1928/29, kam es in der Sowjetunion zu einer entscheidenden Wende. Jossif Wassarionowitsch Stalin war seit vier Jahren an der Macht. Diese Wende vollzog sich in erster Linie auf dem Gebiet der Wirtschaft: mit der Verabschiedung des ersten Fünf-Jahr- Planes wurde die staatliche Planwirtschaft eingeführt. Stalin beschloss eine weder der Entwicklung noch den Fähigkeiten der Sowjetunion entsprechende Industriealisierung. Es war eine Wende mit unabsehbaren Folgen für die Bevölkerung. Es war ein Jahr, das die Sowjetunion kulturell und zwischenmenschlich für Jahrzehnte prägte. In einem Land, das seine Gesellschaftsordnung als geschichtlich und vor allem moralisch höherwertig im Gegensatz zum Kapitalismus betrachtete, wurden Millionen von Menschen kriminalisiert, in Lagern und Gefängnissen isoliert und zur Erfüllung ehrgeiziger Großprojekte teilweise jahrzehntelang ihrer Freiheit beraubt. Zehntausende starben. Ein ganzes Volk verlor seine Würde.
Die Geschichte des GULag, Stalins Rolle und die Frage nach dem Warum einer solchen menschenverachtenden Politik ist bis heute nicht vollständig geklärt. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 kam Hoffnung auf, nun besser über ein totgeschwiegenes Problem forschen zu können. Und tatsächlich wurde anfänglich der Zugang zu Akten erleichtert. Heute hat sich die Situation wieder geändert. Weggesperrte oder verschwundene Akten erschweren erneut die Forschung. Die Zeit tut das ihre dazu: viele Zeugen sind schon gestorben, es wird von verschimmelnden Aktenbergen berichtet und der Bau von Städten und Plätzen macht die Suche nach Massengräbern und anderen Spuren unmöglich. Und doch - ein furchtbarer Vergleich drängt sich beim Studium des Themas auf. Die Ausbeutung und die Rechtlosigkeit der Lagerhäftlinge erinnert fatal an Sklaverei. Ist der Vergleich haltbar?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Archipel GULag
- Herr Herrscher - Verantwortlicher
- Die Lagerinsassen als Arbeitsklaven
- Rechtliche Abhängigkeit
- Eine namenlose Masse
- Schlußwort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den stalinistischen GULag und die Frage, inwieweit er als eine moderne Form der Sklaverei betrachtet werden kann. Sie analysiert die Entwicklung des GULag-Systems, die Rolle Stalins und die Bedingungen der Lagerinsassen. Die Arbeit stützt sich hauptsächlich auf das Buch von Ralf Stettner „Archipel GULag“.
- Entwicklung des GULag-Systems von der Zarenzeit bis zur Stalin-Ära
- Stalins Rolle bei der Etablierung und Aufrechterhaltung des GULag
- Die Lebensbedingungen und die Ausbeutung der Lagerinsassen
- Der GULag als Instrument des Terrors und der wirtschaftlichen Ausbeutung
- Der Vergleich des GULag mit der historischen Sklaverei
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Vergleichbarkeit des stalinistischen GULag mit der Sklaverei. Sie verortet die Arbeit im Kontext der Aufarbeitung der Geschichte des GULag und betont die Schwierigkeit der Forschung aufgrund von Aktenverlusten und dem Tod vieler Zeitzeugen. Die Autorin kündigt an, eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema zu liefern, die über eine reine Datenanalyse hinausgeht und auch die menschlichen Schicksale der Betroffenen berücksichtigt. Sie benennt Ralf Stettners "Archipel GULag" als zentrale Quelle, kritisiert aber dessen potenziell unkritische Darstellung der wirtschaftlichen Effizienz des Systems.
Archipel GULag: Dieses Kapitel beschreibt den GULag als allgegenwärtige Angst und Symbol für Stalins Terrorregime. Es zeigt die Entwicklung der Lager von der Zarenzeit über die Lenin-Ära bis hin zur stalinistischen Ausprägung. Während in der Lenin-Ära ein gewisser Besserungsgedanke im Vordergrund stand, wurde der GULag unter Stalin primär zu einem Instrument des Terrors und gleichzeitig zu einem Wirtschaftsgigant. Die wirtschaftliche Bedeutung von Zwangsarbeit rückte in den Vordergrund, während der Besserungsgedanke lediglich propagandistisch genutzt wurde. Der Wandel vom Besserungslager zum Instrument der wirtschaftlichen Ausbeutung wird detailliert erläutert, mit Zitaten aus Briefen und Gerichtsaussagen zur Veranschaulichung der allgegenwärtigen Angst vor dem GULag.
Schlüsselwörter
GULag, Stalin, Zwangsarbeit, Sklaverei, Terror, Sowjetunion, Zwangsarbeitslager, Repression, Wirtschaftssystem, Menschenrechte, Kommunismus.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse des stalinistischen GULag
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den stalinistischen GULag und analysiert, inwieweit er als moderne Form der Sklaverei betrachtet werden kann. Die Analyse umfasst die Entwicklung des GULag-Systems, die Rolle Stalins und die Lebensbedingungen der Lagerinsassen. Hauptquelle ist Ralf Stettners „Archipel GULag“.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung des GULag-Systems von der Zarenzeit bis zur Stalin-Ära, Stalins Rolle bei der Etablierung und Aufrechterhaltung des Systems, die Lebensbedingungen und Ausbeutung der Lagerinsassen, den GULag als Instrument des Terrors und der wirtschaftlichen Ausbeutung sowie einen Vergleich des GULag mit historischer Sklaverei.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, ein Kapitel über den Archipel GULag, Kapitel zu weiteren Aspekten (z.B. die Rolle Stalins, die rechtliche Situation der Insassen, ihre Behandlung als Arbeitskräfte) und ein Schlusswort. Die Einleitung erläutert die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz. Das Kapitel "Archipel GULag" beschreibt den GULag als Symbol des Terrors und seine Entwicklung über verschiedene historische Phasen hinweg. Weitere Kapitel befassen sich mit detaillierten Aspekten des Systems.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich hauptsächlich auf Ralf Stettners „Archipel GULag“, wobei die Autorin dessen potenziell unkritische Darstellung der wirtschaftlichen Effizienz des Systems kritisch hinterfragt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: GULag, Stalin, Zwangsarbeit, Sklaverei, Terror, Sowjetunion, Zwangsarbeitslager, Repression, Wirtschaftssystem, Menschenrechte, Kommunismus.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, den stalinistischen GULag umfassend zu analysieren und dessen Vergleichbarkeit mit historischer Sklaverei kritisch zu untersuchen. Sie berücksichtigt dabei sowohl die systemischen Aspekte als auch die menschlichen Schicksale der Betroffenen.
- Quote paper
- Antje Krüger (Author), 1998, Der stalinistische GULag - eine moderne Form der Sklaverei, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17179