Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das 4C/ID Modell am Beispiel eines Bildungswissenschaftlers im Bereich Design und Entwicklung von Lernmaterialien
2.1 Kompetenzanalyse
2.2 Aufgabenklassen
2.3 Lernaufgaben
2.4 Unterstützende Informationen
2.5 Just-in-time Informationen
3 Das 4C/ID Modell im Kontext mediendidaktischer Überlegungen
3.1 Lerntheoretischer Bezug
3.2 Aspekte situierten Lernens
3.3 Didaktische Szenarien
3.4 Unterstützende Medien
4 Zusammenfassung und Fazit
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die zunehmende Globalisierung und die damit verbundene strukturelle Ver- änderung der westlichen Industriegesellschaften lässt den Bedarf an Erwerb von Wissen stetig steigen. Die Lernenden sehen sich mit steigenden Anfor- derungen konfrontiert. Vorliegende Arbeit soll am Beispiel eines „Bil- dungswissenschaftlers im Bereich Design und Entwicklung von Lernmate- rialien“ zeigen, wie anhand des 4C/ID Modells komplexe kognitive Fähig- keiten erfolgreich erlernt werden können. Das Vier-Komponenten- Instruktionsdesign-Modell (four-component instructional design model), kurz 4C/ID Modell, wurde 1997 von Van Merriënboer vorgestellt. Die Komponenten des Modells werden beispielhaft an o.g. Berufsbild erläutert, wobei ein sogenannter Blueprint (Lehrplanentwurf) erstellt wird. Moderne Instruktionsdesigns orientieren sich an der Alltagsrealität und vermitteln anwendbares Wissen, indem sie zur Wissensvermittlung authentische Lern- umgebungen schaffen. Das Lernen erfolgt hier kompetenzbasiert in realitäts- nahen, authentischen Kontexten innerhalb einer sehr komplexen Umgebung, in der der Lernende aktiv Handlungswissen erwirbt (Bastiaens, Deimann, Schrader & Orth, 2010). Im theoretischen Teil der Arbeit wird der lerntheo- retische Bezugsrahmen des 4C/ID Modells erläutert und ein abschließendes Fazit gezogen. Zur besseren Lesbarkeit wird in vorliegender Arbeit ungeach- tet des tatsächlichen Geschlechts nur die männliche Form verwendet. Eine Diskriminierung ist nicht beabsichtigt.
2 Das 4C/ID Modell am Beispiel eines Bildungswissenschaftlers im Bereich Design und Entwicklung von Lernmaterialien
Grundlegende Annahmen des 4C/ID Modells sind die theoretischen Annah- men des Instruktionsdesigns sowie des komplexen Lernens. Die hier bei- spielhaft zu erlernende Kompetenz ist das Design und die Entwicklung von Lernmaterialien. Van Merriënboer entwickelt vier Komponenten, die in ei- ner Wechselbeziehung zueinander stehen. Diese sind ganzheitliche, authenti- sche, konkrete Lernaufgaben, unterstützende Informationen, Just-in-time Informationen sowie Part-task Practice. Grundsätzlich unterscheidet Van Merriënboer wiederkehrende und nicht-wiederkehrende Fertigkeiten. Lern- aufgaben (learning tasks) basieren auf realen Arbeitssituationen und dienen dem Aufbau kognitiver Schemata, mittels derer der Lernende die Ausfüh- rung nicht-wiederkehrender Fertigkeiten lenken kann. Auch soll die Aus- übung wiederkehrender Fertigkeiten automatisiert werden (Van Merriënboer & Kirschner, 2007, S. 4). Unterstützende Informationen (supportive infor- mation) werden für die Bearbeitung nicht-wiederkehrender Aufgaben benö- tigt. Sie werden zu Beginn einer Aufgabe zur Verfügung gestellt, bauen auf Vorwissen auf und wiederholen sich nicht. Es handelt sich um grundlegende Informationen zur Aufgabe wie z.B. Bücher oder Online-Links. Just-in-time Informationen (JIT Information) werden dem Lernenden erst während der Bearbeitung der Aufgabe angeboten. Sie beziehen sich auf einzelne, wieder- kehrende Lernaufgaben und werden nur im Bedarfsfall eingesetzt, bei- spielsweise Glossare oder Online-Hilfen. Part-task Practice Aufgaben sollen durch häufige Wiederholungen einen Automatisierungseffekt erzeugen. Sie sollen Teilfertigkeiten der Kompetenz trainieren und beziehen sich auf wie- derkehrende Aufgaben. Sie werden nur bei Bedarf entwickelt und sind nicht als fester Bestandteil von Lernumgebungen zu verstehen (Van Merriënboer & Kirschner, 2007, S. 21). In vorliegender Arbeit werden bei der Erstellung des Blueprints nur die ersten drei Komponenten des Modells beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Die 4 Komponenten des 4C/ID Modells (Quelle: Van Merriënboer, Clark & de Croock, 2002, S. 44)
2.1 Kompetenzanalyse
Für die Erstellung des Blueprints werden die vier Komponenten des Modells in 10 Schritte zerlegt (Bastiaens et al., 2010, S. 95-108). Zuerst erfolgt die Analyse der gewünschten Leistung, die am Ende der Maßnahme stehen soll. Hierzu müssen alle Fertigkeiten die die Kompetenz konstituieren, erfasst werden. Die Expertenkompetenz wird in Teile zerlegt und die Zusammen- hänge zwischen den Teilen werden in einer Fertigkeitenhierarchie dargestellt (Van Merriënboer & Kirschner, 2007), die sich in eine horizontale und eine vertikale Ebene teilt. In vorliegender Arbeit erfolgt dies beispielhaft für den Bereich Design und Entwicklung von Lernmaterialien. In der horizontalen Ebene (von links nach rechts zu lesen) werden die temporären Relationen dargestellt. Sie beziehen sich auf den Moment der Ausübung der Fertigkeit, was sowohl gleichzeitig wie auch sequentiell geschehen kann (Bastiaens et al., 2010). Mit ihnen werden die Hauptfertigkeiten der Kompetenz abgebil- det. In der obersten horizontalen Ebene sind dies die Tätigkeiten des Analy- sierens, Planens, Entwickelns und Evaluierens von Lernmaterialien (s. Abb. 2, Fertigkeitenhierarchie).
In der vertikalen Ebene (von unten nach oben zu lesen) werden die konditionalen Relationen dargestellt, d.h. die in der Hierarchie unten platzierten Fertigkeiten bilden jeweils die Voraussetzung für das Erlernen einer Fertigkeit auf der nächst höheren Ebene (Van Merriënboer, Clark & de Croock, 2002). So wird der Bedarf analysiert, indem zuerst ein Gespräch mit dem Auftraggeber stattfindet, die Zielgruppe definiert und schließlich die Lernziele festgelegt werden (s. Abb. 2, Fertigkeitenhierarchie).
Die Unterscheidung in wiederkehrende (recurrent) und nicht-wieder- kehrende (non-recurrent) Fertigkeiten erfolgt, da beide auf unterschiedliche Arten erlernt werden (Van Merriënboer et al., 2002). Wiederkehrende Fer- tigkeiten wiederholen sich häufig und haben einen hohen Automatisierungs- grad (z.B. das Gespräch mit dem Auftraggeber wird immer einem ähnlichen Muster folgen, in dem die Rahmenbedingungen des Auftrags geklärt wer- den), nicht-wiederkehrende Fertigkeiten werden nicht routinemäßig, sondern durch einen Problemlösungsprozess gelöst und immer wieder neu reflektiert (z.B. das Entwickeln einzelner Lernaufgaben)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Fertigkeitenhierarchie (Quelle: eigene Darstellung)
2.2 Aufgabenklassen
Nun erfolgt die Sequentialisierung der Aufgabenklassen. Mit ihr soll eine Überforderung des Lernenden vermieden werden. Zu einer solchen Überfor- derung einem „cognitiv overload“ käme es, wenn der Lernende bei der Be- arbeitung hochkomplexer Aufgaben sich selbst überlassen bliebe (Van Mer- riënboer et al., 2002, S. 44). Dies erfolgt in vier Schritten (Bastiaens et al., 2010): vereinfachende Annahmen, Nachdruck-Manipulation, Mentale Mo- delle Progression, Systematisches Problemverfahren. Aus Platzgründen wird hier lediglich das Prinzip der vereinfachenden Annahmen verdeutlicht. Die Aufgabenklassen werden in Kategorien unterteilt, aus denen später die Lern- aufgaben entwickelt werden. Der Schwierigkeitsgrad innerhalb der Aufgabenklassen variiert insofern, als er zu Beginn relativ niedrig ist, dann aber kontinuierlich ansteigt und die letzte Aufgabenklasse den höchsten Schwierigkeitsgrad beinhaltet (Bastiaens et al., 2010). Die Komplexität definiert sich dabei aus der Anzahl der Interaktionen zwischen den konstituierenden Fertigkeiten und dem Grad des Vorwissens, das für die Fertigkeiten und dem Grad des Vorwissens, das für die Ausübung dieser Fertigkeiten nötig ist (Van Merriënboer et al., 2002, S. 44-45). Für die Aufgabenstellung des Designs und der Entwicklung von Lernmate- rialien können folgende vereinfachende Annahmen getroffen werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: vereinfachende Annahmen zum Beispiel Entwicklung von Lernmaterialien (Quelle: eigene Darstellung)
Jetzt werden die vereinfachenden Annahmen in Aufgabenklassen zerlegt. Aufgabenklasse 1 besitzt grundsätzlich den niedrigsten Schwierigkeitsgrad, Aufgabenklasse 3 den höchsten. Es ergeben sich folgende Bezüge:
Tab. 1: Sequenz der Aufgabenklassen (Quelle: eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Grad der Schwierigkeit steigt mit jeder Aufgabenklasse an. Somit wird eine Überforderung des Lernenden verhindert. Die Lernumgebung soll dabei möglichst authentisch sein, der Lernende wird mit ganzheitlichen realen Problemsituationen konfrontiert, die Komplexität nimmt zwischen den Aufgabenklassen immer weiter zu. Die aus den Aufgabenklassen noch zu entwickelnden Lernaufgaben bleiben in ihrem Schwierigkeitsgrad allerdings möglichst konstant (Bastiaens et al., 2010).
In vorliegendem Fall bedeutet dies z.B. dass in Aufgabenklasse 1 das Alter der Zielgruppe mit bis zu 10 Jahren relativ niedrig ist, die zu entwickelnden Lernmaterialien sich also am Entwicklungs- und Kenntnisstand eines Grund- schülers zu orientieren haben und infolgedessen das Hintergrundwissen für die Erstellung des Lernmaterials weniger komplex sein muss, als bei der Erstellung von Lernmaterial für eine Person mit einem Alter der Aufgabenklasse 3.
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