Demjenigen Ausdruck zu verleihen, was Musik ganz ohne Worte im Hörer auslöst, erscheint ein kompliziertes Vorhaben. Dennoch finden sich in der Literatur unzählige Anspielungen auf Musik, welcher Art auch immer, etwa in Form von Umschreibungen des Musikerlebens oder Musizierens oder auch durch Imitation einer Musikform in der erzählerischen Struktur eines literarischen Werkes. Der Roman El invierno en Lisboa von Antonio Muñoz Molina erzählt nicht nur die Geschichte eines Jazzpianisten, die gesamte Geschichte ist vom Jazz durchwoben, sei es im Zitat bekannter Jazz-Stücke, sei es - wie diese Arbeit im Folgenden darzustellen versucht - in der kompositorischen Gestaltung des Romans.
Doch gerade die Atmosphäre der Jazzmusik, mit ihrer Spontaneität durch Improvisation und Interaktion der Musiker, lässt sich schwerlich in Sprache festhalten, ohne zu einem starren Abziehbild zu werden. In seinem Essay El jazz y la ficción stellt Antonio Muñoz Molina die für ihn plausibelste Form vor, Musik, und vor allem Jazz, in der Literatur gegenwärtig zu machen: „Del jazz pueden aprenderse algunos secretos y algunos comportamientos muy útiles para la escritura, pero no es obligatorio escribir sobre jazz para cultivarlos: lo que hace falta es ser íntimamente un jazzman, y esa elección estética implica sin remedio una actitud moral.” 1 Es sei also nicht nötig, über Jazz zu schreiben, um eine Jazzatmosphäre in einem literarischen Werk aufzubauen. Muñoz Molina erachtet es vielmehr als notwendig, dass der Swing der Musik auch in der Literatur auftauchen müsse, um den Leser den Jazz fühlen zu lassen: „Las palabras de la literatura, cuando tienen swing fluyen como una música incesante, con disciplina oculta y tranquila o sobresaltada libertad” 2 . Mit dem Begriff Swing bezieht sich Muñoz Molina hier sicher nicht auf die rein musikalische Bedeutung des Wortes, im Sinne einer 4/4- Taktform, die, vermischt mit synkopischen Betonungen und Verschiebungen (Off-Beats), die Schwerpunkte des Taktes von den Zählzeiten 1 und 3 auf die Zählzeiten 2 und 4 verschiebt, sondern auf die kompositorische Anlage, die eine schwebende Atmosphäre und Leichtigkeit erzeugt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Überlegungen zur Strukturverwandtschaft von Musik und Literatur
- Zur Sonderrolle des Jazz in der Literatur
- Zur Erzählstrategie in El invierno en Lisboa
- Zum Roman
- Jazz und Fiktion – Zur Erzählstruktur von El invierno en Lisboa
- verbal music
- Zum Erzähler
- Formale Analogien
- Schlußbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Erzählstrategie in Antonio Muñoz Molinas Roman "El invierno en Lisboa" mit dem Fokus auf die Beziehung zwischen Jazz und Fiktion. Ziel ist es, zu untersuchen, wie der Jazz als musikalische Form in der Struktur und Atmosphäre des Romans präsent ist. Dabei werden die Besonderheiten der Jazzmusik, wie Spontaneität, Improvisation und Interaktion, mit der Erzählstruktur des Romans verglichen.
- Der Einfluss von Jazzmusik auf die erzählerische Struktur des Romans
- Vergleich zwischen den kompositorischen Prinzipien des Jazz und der literarischen Gestaltung
- Die Rolle des Jazz-Pianisten in der Geschichte und seine Beziehung zum Erzähler
- Die Bedeutung von Spontaneität, Improvisation und Interaktion in der Geschichte
- Die Atmosphäre und Stimmung, die durch den Einsatz von Jazzmusik im Roman erzeugt wird
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Roman "El invierno en Lisboa" vor und erläutert die Intention des Autors, Jazzatmosphäre in der Literatur zu erzeugen. Sie führt in die Arbeit ein und skizziert die zentrale Fragestellung.
Das zweite Kapitel befasst sich mit theoretischen Überlegungen zur Strukturverwandtschaft von Musik und Literatur. Es beleuchtet den historischen Zusammenhang von Musik und Literatur, die Entwicklung der Musik als Kunstform und die Rolle der Sprache in der Musik. Darüber hinaus werden die Beziehungen von Sprache und Musik im Kontext der Literatur analysiert.
Im dritten Kapitel wird die Erzählstrategie in "El invierno en Lisboa" im Detail betrachtet. Der Fokus liegt dabei auf der Beziehung zwischen Jazz und Fiktion. Es werden die Elemente der Erzählstruktur untersucht, die von der Jazzmusik beeinflusst sind, wie z.B. die Rolle des Erzählers und die Verwendung von musikalischen Motiven und Strukturen.
Schlüsselwörter
Jazz, Literatur, Erzählstruktur, Antonio Muñoz Molina, El invierno en Lisboa, Spontaneität, Improvisation, Interaktion, musikalische Struktur, Erzähler, Atmosphäre, Stimmung.
- Arbeit zitieren
- Annika Silja Sesterhenn (Autor:in), 2001, El jazz y la ficción-Zur Erzählstrategie in Antonio Munoz Molinas Roman El invierno en Lisboa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17238