"Hans Sachs war ein Schuh/macher und Poet dazu" - dieser viel zitierte Vers aus dem 18. Jahrhundert ist vielleicht auch heute noch die erste und oft wohl leider auch die einzige Assoziation, die mit dem Namen "Hans Sachs" in Verbindung gebracht wird. Dem Laien mag der Name allenfalls noch aus Richard Wagners Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" ein Begriff sein. Wer Hans Sachs eigentlich war, zu welcher Zeit er gelebt hat und welche Bandbreite sein Werk umfasst, dürfte unter „Nicht-Literaturwissenschaftlern“ hingegen weniger bekannt sein. Hans Sachs ist, wie so viele Autoren vergangener Epochen, heute nicht unbedingt ein gelesener Autor. Dass sich dennoch bestimmte Assoziationen bei der Nennung seines Namens einstellen, ist im Wesentlichen auf die Rezeptionsgeschichte zurückzuführen, die unser gegenwärtiges "Hans-Sachs-Bild" entscheidend mitgeprägt hat.
Die Ansichten über Hans Sachs waren während der vier Jahrhunderte, die seit seinem Tod vergangen sind, vielfältigen Schwankungen unterworfen und reichten von verherrlichender Bejahung bis zu radikaler Ablehnung und Missachtung seines Werkes. Positive wie negative Urteile waren dabei oft nicht von sachlicher Einsicht geprägt, sondern wurden vom vorherrschenden Kunstgeschmack der Zeit oder von vorgefassten Überzeugungen diktiert. So ist die Geschichte des Nachlebens von Hans Sachs zugleich ein Ausschnitt deutscher Literatur- und Kulturgeschichte.
Da es den Umfang dieser Arbeit überschreiten würde, alle literarischen Epochen und Strömungen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert mit der gleichen Ausführlichkeit zu behandeln, wird der Schwerpunkt hier auf die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts gelegt. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht somit das Hans-Sachs-Bild in der Zeit des Sturm und Drang (um 1770 bis 1789), in der das Interesse an dem Nürnberger Poeten wieder aufzuleben begann. Dennoch soll auch auf vorangegangene und nachfolgende Epochen ein kurzer Blick geworfen werden, um einen Rahmen bzw. eine geeignete Ausgangslage für detailliertere Untersuchungen zu schaffen.
Abschließend wird diskutiert, welche Maßstäbe zur Beurteilung eines Dichters einer vergangenen Epoche angewendet werden können und inwieweit eine objektive Beurteilung aus einer anderen Zeit heraus, die vollkommen andere Anforderungen an die Dichtkunst stellt, überhaupt möglich ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur zeitgenössischen Wirkung Hans Sachs'
- ,,Schutzpatron der vereinigten Tannezapfen- und Narrenkolbenzunft“ - Zum Hans-Sachs-Bild im deutschen Barock
- „Hans Sachs war ein Schuh-/macher und Poet dazu.“ - Tiefpunkt des dichterischen Ruhms
- Der Musenhof zu Weimar und die Rehabilitierung Hans Sachsens
- „In Froschpfuhl all´ das Volk verbannt, das seinen Meister je verkannt“- „Erklärung eines alten Holzschnittes, vorstellend Hans Sachsens poetische Sendung“
- Hans Sachs und Goethe
- Zeugnisse von Goethes Studium und Adaption Sachsischer Dichtung
- Der Knittelvers
- Die Verwendung des Knittelverses in Goethes Werk
- Erfolge und Misserfolge nach der von Weimar ausgehenden Rehabilitierung Sachsens
- ,,Ich, Hans Sachs und Goethe. Ist noch außer uns ein Poete?\" - Das Hans-Sachs Bild in der deutschen Romantik
- Zusammenfassung - Was kann die Rezeptionsgeschichte über die Beurteilung eines Dichters einer vergangenen Literaturepoche aussagen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rezeptionsgeschichte von Hans Sachs im Kontext deutscher Literatur- und Kulturgeschichte, insbesondere die Epoche des Sturm und Drang, in der das Interesse am Nürnberger Poeten wieder auflebte. Die Arbeit analysiert, wie sich die Ansichten über Sachs im Laufe der Zeit entwickelten und welche Faktoren die Beurteilung seines Werkes beeinflussten.
- Die zeitgenössische Wirkung von Hans Sachs' Meistersang und Flugschriften
- Das negative Bild Hans Sachs' im deutschen Barock
- Die Rehabilitierung Hans Sachs' durch die Sturm und Drang-Bewegung und den Musenhof zu Weimar
- Die Rolle Goethes in der Wiederentdeckung von Hans Sachs' Werk
- Das Hans-Sachs-Bild in der deutschen Romantik
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung beleuchtet die Rezeption von Hans Sachs im 18. Jahrhundert und erläutert die Schwerpunkte der Arbeit.
- Kapitel 2 untersucht die Wirkung von Hans Sachs' Meistergesang und Flugschriften in seiner Zeit.
- Kapitel 3 analysiert das negative Bild Hans Sachs' im deutschen Barock, das auf die Veränderung des literarischen Ideals im 17. Jahrhundert zurückzuführen ist.
- Kapitel 4 betrachtet die Rehabilitierung von Hans Sachs durch die Sturm und Drang-Bewegung und die Rolle des Musenhofes zu Weimar.
- Kapitel 5 untersucht Goethes Beschäftigung mit Hans Sachs und dessen Einfluss auf die Wiederentdeckung des Nürnberger Poeten.
Schlüsselwörter
Hans Sachs, Meistergesang, Barock, Sturm und Drang, Goethe, Weimar, Rezeption, Literaturgeschichte, Dichter, Rezeptionsgeschichte, deutsche Literatur.
- Citar trabajo
- Hendrikje Schulze (Autor), 2003, Hans Sachs im Urteil von Zeitgenossen und Nachwelt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17246