Die Essential Facilities Doktrin und der Missbrauchsfall Microsoft
Das, auf drei grundlegenden Säulen basierende, Europäische Wettbewerbsrecht bekämpft wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen, wettbewerbsbeschränkende Unternehmenszusammenschlüsse und den Missbrauch von Marktmacht. Einem marktmächtigen Unternehmen steht es grundsätzlich frei zu entscheiden, mit wem und zu welchen Bedingungen es geschäftliche Beziehungen eingeht. Dieser Grundsatz ist aber nicht unumstößlich,sondern kann unter bestimmten Umständen außer Kraft gesetzt werden. Man stelle sich bspw. eine Situation vor, in der ein, auf einem vorgelagerten Markt agierendes dominantes Unternehmen eine Leistung erstellt, die für andere Unternehmen auf einem nachgelagerten Markt einen unbedingten Bestandteil ihrer eigenen Leistungserstellung verkörpert. In einer derartigen Konstellation führt die Verweigerung des marktmächtigen Unternehmens zur Bereitstellung seiner Leistung zur Gefährdung des Wettbewerbs auf dem nachgelagerten Markt, da die dort tätigen Unternehmen durch die Entziehung ihrer Geschäftsgrundlage nicht (mehr) wirtschaftlich in Erscheinung treten können. Der geschwächte Wettbewerb auf diesem Markt könnte dem mächtigen Unternehmen zudem zur Übertragung von Marktmacht vom vor- eben auf den nachgelagerten Markt verhelfen. Diesem Dilemma kann Abhilfe geschaffen werden, indem das dominante Unternehmen verpflichtet wird, den übrigen Unternehmen seine Leistung zur Verfügung zu stellen. Mit derartigen Problemfeldern befasst sich die Essential Facilities Doktrin. Sie liefert die Prüfkriterien, anhand derer entsprechende Verstöße gegen das Missbrauchsverbot marktbeherrschender Unternehmen ermittelt und Bereitstellungsverpflichtungen ihrer Leistungen legitimiert werden können.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Essential Facilities Doktrin im Allgemeinen und dem Missbrauchsfall Microsoft im Speziellen. Die entsprechende Entscheidung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2004 hat Bezug zur oben geschilderten Essential Facilities-Problematik und gilt als wegweisend für die zukünftige Entwicklung der Essential Facilities Doktrin. Es ist zu klären, inwieweit der Rückgriff auf die Essential Facilities Doktrin im Rahmen der Microsoft-Entscheidung gerechtfertigt war und welche Bedeutung der Essential Facilities Doktrin als wettbewerbspolitisches
Instrumentarium der Wettbewerbsbehörden zukommt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung und Problemaufriss
- 2 Die definitorischen, rechtlichen und historischen Grundlagen
- 2.1 Der Begriff der Essential Facility und der Essential Facilities Doktrin
- 2.2 Die Essential Facilities Doktrin im europäischen Wettbewerbsrecht
- 2.2.1 Das Verhältnis von Wettbewerbsrecht und Immaterialgüterrecht
- 2.2.2 Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach Artikel 82 EG
- 2.3 Ein fallgeschichtlicher Abriss der Entwicklung der Essential Facilities Doktrin
- 2.3.1 Der Ursprung in den USA
- 2.3.2 Die Herausbildung in Europa
- 3 Die Essential Facilities Doktrin aus ökonomischer Sicht
- 3.1 Vorbemerkungen
- 3.2 Kriteriendiskussion
- 3.2.1 Unentbehrlichkeit der Einrichtung
- 3.2.2 Eliminierung von Wettbewerb und Blockierung neuer Produkte
- 3.2.3 Diskriminierungsfreier Zugang
- 3.2.4 Objektive Rechtfertigungsgründe
- 3.3 Zwischenfazit
- 4 Der Fall Microsoft im Lichte der Essential Facilities Doktrin
- 4.1 Grundlagen
- 4.1.1 Der Sachverhalt
- 4.1.2 Marktabgrenzung und Marktmacht im Fall Microsoft
- 4.1.3 Besonderheiten von Hochtechnologiemärkten
- 4.2 Kriteriendiskussion
- 4.2.1 Unentbehrlichkeit der Einrichtung und Eliminierung von Wettbewerb
- 4.2.2 Blockierung neuer Produkte
- 4.2.3 Objektive Rechtfertigungsgründe
- 4.3 Zusammenfassung und kritische Würdigung der Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Essential Facilities Doktrin und untersucht deren Anwendung im Fall Microsoft. Das Hauptziel der Arbeit ist es, die Relevanz der Doktrin im Kontext des europäischen Wettbewerbsrechts aufzuzeigen und die Entscheidung der Europäischen Kommission im Microsoft-Fall im Hinblick auf die Essential Facilities Doktrin zu analysieren.
- Definition und rechtliche Grundlagen der Essential Facilities Doktrin
- Ökonomische Analyse der Essential Facilities Doktrin
- Die Anwendung der Doktrin im Missbrauchsfall Microsoft
- Die Bedeutung der Essential Facilities Doktrin als wettbewerbspolitisches Instrument
- Herausforderungen und zukünftige Entwicklungen der Essential Facilities Doktrin
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung und Problemaufriss: Diese Einleitung stellt den Kontext der Arbeit dar, indem sie die Bedeutung des Wettbewerbsrechts für die Wirtschaftsordnung hervorhebt. Sie zeigt auf, wie dominante Unternehmen Marktmacht missbrauchen können und wie die Essential Facilities Doktrin als Instrument zur Bekämpfung dieser Praktiken eingesetzt werden kann.
- Kapitel 2: Die definitorischen, rechtlichen und historischen Grundlagen: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Definition des Begriffs der Essential Facility und der Essential Facilities Doktrin. Es beleuchtet die Entstehung und Entwicklung dieser Doktrin im amerikanischen und europäischen Recht.
- Kapitel 3: Die Essential Facilities Doktrin aus ökonomischer Sicht: In diesem Kapitel wird die Doktrin aus einer ökonomischen Perspektive betrachtet. Es werden die Kriterien für die Identifizierung einer Essential Facility und die möglichen ökonomischen Folgen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung analysiert.
- Kapitel 4: Der Fall Microsoft im Lichte der Essential Facilities Doktrin: Dieser Abschnitt widmet sich der Entscheidung der Europäischen Kommission im Microsoft-Fall. Es wird untersucht, inwieweit die Essential Facilities Doktrin bei der Beurteilung des Sachverhalts eine Rolle gespielt hat und welche Konsequenzen diese Entscheidung für die zukünftige Anwendung der Doktrin hat.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Essential Facilities Doktrin, die Anwendung der Doktrin im europäischen Wettbewerbsrecht, den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, den Fall Microsoft, den Zugang zu wesentlichen Einrichtungen, Wettbewerbsschutz und die Regulierung von Märkten.
- Arbeit zitieren
- Markus Krebes (Autor:in), 2008, Die Essential Facilities Doktrin und der Missbrauchsfall Microsoft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172500