"Demokratie [ist] nicht eine apriorische Gegebenheit oder Möglichkeit im Zusammenleben der Menschen (...), vielmehr eine Hervorbringung geschichtlicher Entwicklung und politischer Kultur." (Ernst-Wolfgang Böckenförde (1995), Demokratie als Verfassungsprinzip, S.926)
Böckenförde (1995) scheint damit recht zu haben: Der Weg zur Demokratie ist zumeist kein ebener und geradliniger, der zwingend vernünftigen Erwägungen folgt, sondern holprig und kurvig und lang,
begrenzt und geformt von historischen Meilensteinen, gesellschaftlichen Einflüssen und wirtschaftlicher Entwicklung. In
der westlichen Welt hat es seit dem Verschwinden der antiken
Demokratie Griechenlands Jahrhunderte gedauert, bis demokratische
Staatsformen Fuß fassen konnten; oftmals scheiterten die ersten
Versuche, eine demokratische Ordnung zu etablieren, oder aber die
Demokratie wurde von autoritären Regimen ersetzt. Die gescheiterte
Deutsche Revolution 1848/49 und auch die kurze Lebensdauer der
Weimarer Demokratie dürfen als Beispiele gelten.
Heute verleihen der langwierige Transformationsprozeß in Osteuropa
seit Beginn der 1990er Jahre, schwierige Missionen in Nahost oder
der vielen unmöglich erscheinende und jeder historischen Erfahrung
widersprechende chinesische Spagat zwischen wirtschaftlichem
Liberalismus und politischer Autokratie der Frage, welche Faktoren
nun eigentlich Demokratisierung fördern und was die Vorbedingungen
der Demokratie sind, neue Brisanz.
Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, zentrale Vorbedingungen der
Demokratie zu analysieren. Die Sozialwissenschaften, sei es
Politologie oder Soziologie, Religions-, Kultur- oder
Wirtschaftswissenschaft, haben eine Vielzahl solcher Vorbedingungen
in theoretischen, historischen und empirischen Arbeiten
identifizieren können, die sich gegenseitig bedingen oder jedenfalls
beeinflussen. Wie Kirchhof formuliert, ist "[eine] freiheitliche
Demokratie [..] eine Verfassung der Hochkulturen" (Paul Kirchhof (1995), Die kulturellen Voraussetzungen der
Freiheit, S.1) - also keinesfalls ein automatisches Ergebnis
menschlichen Zusammenlebens, sondern vielmehr nur möglich unter ganz
bestimmten historischen, kulturellen und wirtschaftlichen
Voraussetzungen, die im folgenden theoretisch beleuchtet und auf
ihre empirische Evidenz hin überprüft werden sollen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Begriff der Demokratie
- C. Voraussetzungen der Demokratie
- I. Theorieströmungen
- II. Der Begriff der Vorbedingungen und Möglichkeiten der Strukturierung
- III. Gesellschaftliche Voraussetzungen
- 1. Pfadabhängigkeit gesellschaftlicher Entwicklungen
- 2. Gesellschaftliche Homogenität
- 3. Der Zusammenhang zwischen Religion und Demokratie
- a) Theoretische Überlegungen zum Verhältnis von Demokratie und Christentum westlicher Tradition
- b) Historische Wirklichkeiten: Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche
- c) Theoretische Zusammenhänge zwischen Demokratie und anderen Religionen
- d) Realitäten über das Verhältnis von Demokratie und anderen Religionen
- 4. Staatsbürgerliche Werte und die Rolle des Sozialkapitals
- a) Bedeutung des sozialen Kapitals
- b) Formen des Sozialkapitals und ihre Effekte
- c) Empirische Ergebnisse
- IV. Wirtschaftliche Voraussetzungen
- 1. Grundidee der Modernisierungstheorie
- 2. Verringerung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheit
- a) Bildung
- b) Sozialkapital
- V. Das Zusammenspiel von Modernisierung, kulturellen Werten und Demokratie
- D. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit untersucht die Vorbedingungen für das Entstehen und die Funktionsfähigkeit von Demokratie. Sie analysiert sowohl theoretische Konzepte als auch empirische Befunde, um die komplexen Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Faktoren und der Entwicklung demokratischer Strukturen zu beleuchten.
- Theorien zur Demokratie und deren Voraussetzungen
- Der Einfluss gesellschaftlicher Homogenität und Religion auf die Demokratie
- Die Bedeutung von Staatsbürgerlichkeit und sozialem Kapital
- Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratisierung
- Das Zusammenspiel von Modernisierung, kulturellen Werten und Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel A führt in das Thema ein und stellt den Forschungsstand dar. Kapitel B definiert den Begriff der Demokratie und beleuchtet verschiedene theoretische Ansätze. Kapitel C konzentriert sich auf die gesellschaftlichen Voraussetzungen von Demokratie, wobei es verschiedene Faktoren wie Pfadabhängigkeit, Homogenität, Religion und soziales Kapital untersucht. Kapitel IV befasst sich mit den wirtschaftlichen Voraussetzungen der Demokratie, insbesondere mit der Rolle der Modernisierung und der Bedeutung von wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheit. Kapitel V analysiert das Zusammenspiel von Modernisierung, kulturellen Werten und Demokratie.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen der Demokratie und ihrer Voraussetzungen. Zu den wichtigsten Themen zählen gesellschaftliche Homogenität, Religion, soziales Kapital, wirtschaftliche Entwicklung, Modernisierung und kulturelle Werte. Darüber hinaus werden verschiedene Theorieströmungen zur Demokratie, wie etwa die Modernisierungstheorie, und empirische Studien zur Analyse der Beziehung zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratisierung diskutiert.
- Citar trabajo
- Claudia Grupe (Autor), 2009, Die Vorbedingungen der Demokratie - Idee und Wirklichkeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172562