Leseprobe
Inhalt
1. Die Commedia dell’Arte – ein kurzer Abriss
2. Die Zanni in Italien
2.1. Arlecchino
2.2. Pulcinella
2.3. Colombina
3. Vertreter der „Spaßmacher“ in Frankreich
3.1. Pierrot
3.2. Arlequin
4. Verwandter des Harlekins in England
4.1. Punch
5. Der Harlekin im deutschsprachigen Raum
5.1. Hanswurst
6. Schlusswort
7. Bibliographie
1. Die Commedia dell’Arte – ein kurzer Abriss:
In meiner Hausarbeit soll es vorrangig um die Figur des komischen Harlekin gehen.
In meiner Analyse der Erhaltung bzw. Veränderung dieser Figur habe ich sowohl dessen Heimatland Italien, als auch Frankreich, England und den deutschsprachigen Raum untersucht. Entstanden war der Typus des Harlekin in der italienischen Commedia dell’Arte.
Diese soll nun zunächst etwas näher erläutert werden.
Die Commedia dell’Arte entwickelte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Italien. Die Bezeichnung Commedia hieß (und heißt) Komödie und Arte hieß damals nicht Kunst, sondern vielmehr Handwerk. Der Name rührte also daher, dass es kein Laientheater, sondern ein professionelles Theater war, dessen Spielgruppen feste Verträge hatten. Die Stücke, die aufgeführt worden, hatten einen komischen Charakter und ein gutes Ende.
Es gab kein Skript für die Schauspieler, lediglich Pläne für die Stücke bzw. kurze Szenarien, auch genannt „canovaccio“ zur groben Orientierung während der Aufführung. Der größte Teil des Stückes wurde also improvisiert. Deshalb hieß die Commedia dell’Arte auch Stegreifkomödie oder commedia improvvisa. Die Bühnengestaltung war eher schlicht; gespielt wurde für das einfache Volk. Um sich besser in die jeweiligen Figuren hineinzudenken, spielten die Darsteller oft über viele Jahre hinweg, teilweise bis zum Tod, ein und dieselbe Rolle. In den Stücken gibt es die vecchi (Alten/ Herren), die zanni (Diener) und die innamorati (Verliebten), wovon in der Regel je zwei Figuren vorhanden sind.
Die einzelnen Figuren tragen, bis auf die innamorati, Masken oder auch Halbmasken. Diese dienen der Charakterisierung der Figur und machen sie somit unverwechselbar, da sie immer unverändert bleiben. Die Masken verkörpern also die jeweilige Rolle, die gespielt wird; so werden auch keine individuell eigenständigen Personen dargestellt, sondern Typen. Dadurch, dass wiederum die innamorati keine Maske tragen, besitzen diese Figuren einen umso höheren Gehalt an Individualität. Um die Unverwechselbarkeit einer jeden Figur noch zu unterstützen, wurde in Dialekt gesprochen. Jede Figur sprach also, gemäß deren Geburtsort, einen anderen Dialekt. Allein den innamorati war eine stilvolle und literarische Hochsprache vorbehalten.
Außerdem hat man den Eindruck als hätten die jeweiligen Schauspieler ihre eigenen Masken geschaffen; so konnten zum Beispiel die Diener auch anmutig und sympathisch dargestellt werden.
Zum Dehnen der Handlung des Stückes und zur Erheiterung der Zuschauer wurden sogenannte lazzi (Scherze) benutzt, die sowohl einen Großteil der Komik ausmachten, als auch den Schauspielern halfen den „Faden“ wiederzufinden.
Außerdem wurden die Verstrickungen und Intrigen, zwischen den entsprechenden Figuren, die oft die zanni „zu verschulden hatten“ und Personen mit Fehlern oder Defiziten als komisch angesehen.
Im Allgemeinen legte die Commedia dell’Arte keinen Wert auf moralische Werte oder tiefgehende Empfindungen, die Masken stellten vielmehr unvernünftige, amoralische und egoistische Menschen/ Typen dar. Oft verwendete Themen bei der Commedia dell’Arte waren das Verhältnis von dominantem Mann und passiver Frau, die Rivalität zwischen zwei Männern, die Brautwerbung, der Ehebruch und alles Spektakuläre.
Im Laufe der Zeit veränderte sich das Äußere der Masken, jedoch die Figuren blieben gleich. An Arlecchino wird später noch verdeutlicht werden, dass es sich lediglich um kleine Verschönerungen handelte. Ich werde nun im weiteren Verlauf näher auf den Typus Harlekin in den verschiedenen Ländern eingehen.
2. Die Zanni in Italien:
Im Folgenden soll es um die zanni in Italien gehen. Als Beispiele hierfür habe ich Arlecchino, Pulcinella und Colombina, als bekannteste zanni-Figuren, ausgewählt. Die Diener waren die wichtigsten Charaktere in der Commedia dell’Arte, denn sie waren zum größten Teil für die Komik im Stück zuständig. Als Typen sind sie auch am besten und längsten erhalten geblieben.
Der Ursprung der Diener lässt sich im Typus des Bergamasken Zanni finden. Die Stadt Bergamo, bei Venedig, war zu Anfang des 16. Jahrhunderts sehr arm, aufgrund dessen mussten sich die Männer in einem anderen Ort Arbeit suchen. So wurden sie zum Großteil Diener von alten und/oder reichen Herren.1 Dieser Zanni, aus dem der Arlecchino entstand, war dumm, wenn es jedoch um seine eigenen Interessen ging gerissen, folgte seinen Trieben wie Essen oder Frauen und war dementsprechend unverschämt. Seine Sprache, der bergamaskische Akzent, wurde als verdorbene Sprache angesehen.
Dieser zanni wurde in der Commedia dell’Arte meistens von dem Leitenden der jeweiligen Schaupielgruppe gespielt.
2.1. Arlecchino
Der Arlecchino stammt, wie bereits erwähnt, aus Bergamo. Als Figur des Theaters trat er erstmals 1585 in Paris auf. Passend dazu ist der Ursprung seines Namens französisch, abgeleitet von Halequin, Herlequin oder auch Hellequin.
Arlecchino trägt eine schwarze Halbmaske aus Leder mit schwarzem Vollbart und buschigen Augenbrauen, wie sich in Abbildung 1 und Abbildung 2 rechts erkennen lässt. Er hat ursprünglich lange, struppige Haare, große Zähne, einen breiten Mund und eine platte Nase. Außerdem zwei tiefe Kerben auf den Wangen und anstatt der Augen zwei Löcher. In der ersten Abbildung lassen sich vor allem die großen Zähne und die „Lochaugen“ erkennen; in der zweiten Abbildung sind die Wangen gut zu sehen. Sein Gesicht sieht also eher unheimlich aus, wie das eines Teufels oder Dämons. Um dies zu unterstützen wird das Gesicht wahlweise als Löwenkopf, Katzen- oder Affengesicht dargestellt. Zudem hat er auf der rechten Kopfseite ein kleines Horn, was auch als dämonisches Überbleibsel gedeutet wird (siehe Abbildung 2). Sein gesamtes finsteres Erscheinungsbild geht auf nordische Sagen und Theaterstücke aus dem Mittelalter zurück. Auch in Dantes „Inferno“ gab es einen Alichino, der den Höllenteufel darstellte.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Abb. 1
Arlecchinos Maske wird im zeitlichen Verlauf immer menschlicher und somit weniger furchteinflößend. Sie besteht nun aus gewachstem Karton (vergleichbar Abbildung 2 links), seine starke Behaarung in Gesicht und auf dem Kopf verschwindet ganz und auch die Zähne erscheinen weniger groß. Einzig seine Beule erinnert an seinen dämonischen Ursprung.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Abb. 2
Das Kostüm des Arlecchino ist zunächst nur aus Flicken zusammengesetzt, verschiedene Stücke unregelmäßig angeordnet, wobei der Stoff recht eng anliegend ist. Auch dieses verändert sich mit der Zeit, wird hübscher, ansprechender, moderner.
In Abbildung 3 erkennt man das Flickenkostüm, wobei Arlecchino auch zu diesem Zeitpunkt schon in verschiedenen Farben gekleidet ist. Später hat sein Kostüm ein regelmäßiges, rautenförmiges Muster (vergleichbar in Abbildung 4) bestehend aus den Farben gelb, rot, grün und weiß. Sein Filzhut bleibt ihm, immerhin auch etwas verschönert, erhalten.
Als Accessoire trägt er immer seinen batocchio bei sich, eine Art Stock, der an seinem Gürtel befestigt ist (in Abbildung 3 bei genauerer Betrachtung hinter Arlecchino zu sehen, im Bild daneben allerdings besser). Ursprünglich diente diese Art Stock den Bauern aus Bergamo um ihr Vieh zusammenzutreiben. Unklar ist allerdings der Verwendungszweck dieses Stocks bei Arlecchino. Es existiert die Idee, dass es tatsächlich ein Schlagstock ist, mit dem er andere verprügelt oder sich selbst verprügeln lässt oder ob dieser ihm als Löffel dient, mit dem er zumeist heimlich vom Essen anderer nascht.
[...]
1 aus: Esrig, David (Hg.): Commedia dell’arte. Eine Bildgeschichte der Kunst des Spektakels, S. 88.