Im Februar 2009 veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch einen Bericht über Deutschland und dessen Umgang mit Religionsfreiheit. Der Bericht mit dem Titel Discrimination in the Name of Neutrality. Headscarf Bans for Teachers and Civil Servants in Germany erörtert die kurz nach der Jahrtausendwende erlassenen Gesetze einiger Bundesländer zum Verbot des Tragens religiöser Symbole durch Lehrkräfte und deren Auswirkungen. Der Titel beschreibt
hierbei treffend, wenn auch bereits wertend, die Gratwanderung politischen Handelns im Umgang mit Religionsfreiheit, nämlich einerseits staatliche Neutralität zu wahren ohne andererseits die Religionsfreiheit einzuschränken.
Die vorliegende Arbeit hat sich zum besseren Verständnis der Sachlage folgender Fragestellung gestell:
Wie gehen Deutschland, Frankreich und die Schweiz aus Sicht der
vergleichenden Politikwissenschaft mit Religionsfreiheit im Hinblick
auf die religiösen Symbole muslimisches Kopftuch und Minarett um?
Die These von HRW, dass im staatlichen Umgang mit Religionsfreiheit im Namen der Neutralität diskriminiert werde, bildet dafür den Ausgangspunkt, soll hier allerdings nicht auf ihre Plausibilität geprüft werden. Vielmehr bildet diese These den Rahmen für die vorliegende empirische Untersuchung der Sachlage, welche dann als wissenschaftliche Voraussetzung einer angemessenen Analyse der These im Anschluss an diese Arbeit gelten könnte.
Unter der Begrifflichkeit des staatlichen Umgangs soll in dieser Arbeit verstanden werden, welche relevanten Gesetze erlassen, wie diese Gesetzeslage von den Gerichten interpretiert und wie sie von der Verwaltung umgesetzt wurden. Im Sinne der Systemanalyse soll auch der öffentlichen Debatte in ihrer Funktion als Input und als Feedback für das politische System ein Teil des Vergleichs gewidmet werden.
Unter dem Begriff der Religionsfreiheit werden im Kontext dieser Arbeit das muslimische Kopftuch und das Minarett untersucht, weil sie faktisch die größte politische Resonanz in den drei Staaten erzielten. „Zudem ging es in allen [deutschen] Gerichtsverfahren, die bislang im Zusammenhang mit den Gesetzen eingeleitet wurden,
um Frauen mit Kopftuch“, beschreibt HRW die tatsächliche Wirkung der
Gesetze. In der Schweiz bedarf es keiner solchen Schlussfolgerung, da die Volksinitiative unter dem Namen Gegen den Bau von Minaretten lief und somit selbsterklärend ist.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 1.1 Thematische Einführung
- 1.2 Exposee der Fragestellung
- 1.3 Forschungsstand
- 1.4 Relevanz des Themas
- 1.5 Theoretischer Kontext
- 1.6 Methodik
- 1.7 Begriffe und Definitionen
- 1.8 Aufbau
- 2. Discrimination in the Name of Neutrality – Der Bericht von Human Rights Watch
- 3. Europäische bzw. internationale Ausgangslage
- 4. Deutschland
- 4.1 Einleitung
- 4.1.1 Das deutsche Kooperationsmodell
- 4.1.2 Hintergründe zum Islam in Deutschland
- 4.2 Staatlicher Umgang mit dem Kopftuch
- 4.2.1 Gesetzeslage
- 4.2.2 Rechtsprechung
- 4.2.3 Politisch-öffentliche Debatte
- 4.3 Staatlicher Umgang mit dem Minarett
- 4.3.1 Gesetzeslage
- 4.3.2 Rechtsprechung
- 4.3.3 Verwaltungspraxis
- 4.3.4 Politisch-öffentliche Debatte
- 4.4 Zwischenfazit
- 5. Frankreich
- 5.1 Einleitung
- 5.1.1 Der französische Laizismus
- 5.1.2 Hintergründe zum Islam in Frankreich
- 5.2 Staatlicher Umgang mit dem Kopftuch
- 5.2.1 Gesetzeslage
- 5.2.2 Rechtsprechung
- 5.2.3 Politisch-öffentliche Debatte
- 5.3 Staatlicher Umgang mit dem Minarett
- 5.3.1 Gesetzeslage
- 5.3.2 Rechtsprechung
- 5.3.3 Verwaltungspraxis
- 5.3.4 Politisch-öffentliche Debatte
- 5.4 Zwischenfazit
- 6. Schweiz
- 6.1 Einleitung
- 6.1.1 Das schweizerische Verhältnis von Staat und Religion
- 6.1.2 Hintergründe zum Islam in der Schweiz
- 6.2 Staatlicher Umgang mit dem Kopftuch
- 6.2.1 Gesetzeslage
- 6.2.2 Rechtsprechung
- 6.2.3 Politisch-öffentliche Debatte
- 6.3 Staatlicher Umgang mit dem Minarett
- 6.3.1 Gesetzeslage
- 6.3.2 Rechtsprechung
- 6.3.3 Verwaltungspraxis
- 6.3.4 Politisch-öffentliche Debatte
- 6.4 Zwischenfazit
- 7. Vergleichende Analyse
- 7.1 Vergleich der nationalen Rahmenbedingungen
- 7.2 Vergleich des staatlichen Umgangs mit dem Kopftuch
- 7.3 Vergleich des staatlichen Umgangs mit dem Minarett
- 7.4 Analytische Gesamtbetrachtung
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht den staatlichen Umgang mit der Religionsfreiheit in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Sie analysiert, inwiefern der Staat in diesen Ländern Diskriminierung im Namen der Neutralität betreibt, indem er beispielsweise die Religionsfreiheit durch Einschränkungen bei der Kopftuchpflicht oder dem Bau von Minaretten einschränkt.
- Der Einfluss der unterschiedlichen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen auf die Religionsfreiheit
- Die Rolle der Neutralität im Verhältnis von Staat und Religion
- Der staatliche Umgang mit religiösen Symbolen und Praktiken, insbesondere Kopftuch und Minarette
- Die Bedeutung von Rechtsprechung und öffentlicher Debatte für die Ausgestaltung der Religionsfreiheit
- Der Vergleich der drei Länder in Bezug auf ihre jeweilige Praxis der Religionsfreiheit
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor, erläutert die Fragestellung, den Forschungsstand, die Relevanz, den theoretischen Kontext, die Methodik, die verwendeten Begriffe und den Aufbau.
Kapitel 2 analysiert den Bericht von Human Rights Watch zur Diskriminierung im Namen der Neutralität und stellt wichtige Punkte in Bezug auf die Thematik der Arbeit heraus.
Kapitel 3 gibt einen Überblick über die europäische und internationale Rechtslage zur Religionsfreiheit.
Kapitel 4 untersucht den staatlichen Umgang mit der Religionsfreiheit in Deutschland. Es analysiert die Gesetzeslage, die Rechtsprechung und die öffentlich-politische Debatte in Bezug auf Kopftuch und Minarette.
Kapitel 5 fokussiert sich auf Frankreich und untersucht den staatlichen Umgang mit der Religionsfreiheit, insbesondere in Bezug auf Kopftuch und Minarette, unter Berücksichtigung der französischen Laizismus-Doktrin.
Kapitel 6 analysiert die Schweizerische Praxis der Religionsfreiheit im Vergleich zu Deutschland und Frankreich, mit besonderem Fokus auf die staatlichen Regelungen zu Kopftuch und Minaretten.
Kapitel 7 vergleicht die drei Länder in Bezug auf ihre jeweiligen nationalen Rahmenbedingungen, den staatlichen Umgang mit Kopftuch und Minaretten und liefert eine analytische Gesamtbetrachtung.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Religionsfreiheit, Staatliche Neutralität, Diskriminierung, Kopftuch, Minarette, Islam, Deutschland, Frankreich, Schweiz, Vergleichende Analyse, Recht, Politik, öffentliche Meinung.
- Citar trabajo
- Arne Träger (Autor), 2010, Discrimination in the Name of Neutrality? Zum staatlichen Umgang mit der Religionsfreiheit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172802