Die Entstehung und Entwicklung der Prätorianer in der Frühen Kaiserzeit


Seminar Paper, 2003

20 Pages, Grade: 2,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entstehung der Prätorianer

3. Tiberius und Seianus

4. Die Rolle der Prätorianer unter Caligula

5. Kaiser auf Wunsch der Garde: Claudius

6. Nero

7. Zusammenfassung

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Position der Prätorianer in der Geschichte des Römischen Kaiserreichs ist eine sehr bedeutende. Von der eigentlichen Aufgabe als Protektoren des Kaisers entwickeln sie schnell eigene Ambitionen oder werden zum Instrument kaiserlicher und nicht-kaiserlicher Macht. Doch gibt es mit Ausnahme der Bücher des Marcel Durry keine umfassende Darstellung in der Geschichtswissenschaft, erst recht keine deutschsprachigen, die sich mit den Prätorianern über einen längeren Zeitraum beschäftigen. Diese Arbeit soll sich mit der Geschichte der Kohorten und deren Präfekten von Augustus bis zur Tyrannei des Nero beschäftigen, wobei besonderes Augenmerk auf ihr Verhältnis zur kaiserlichen Familie gelegt wird. Die Arbeit ist streng chronologisch ausgerichtet, da so die Entwicklung der prätorianischen Kohorten am besten zu Geltung kommen kann.

2. Die Entstehung der Prätorianer

Prätorianische Kohorten bestanden bereits zur Zeit der Republik.

Ihre Bezeichnung kommt wahrscheinlich vom römischen Titel des Prätors, an den die Einheit gebunden war. Sie fungierten als Leibwache desselben in gefährlichen Gebieten. Das Prätorium war das Zelt des Feldherrn.

Die Prätorianer spielten unter Octavian und Antonius eine rein militärische Rolle. Laut Keppie sollen sie Stärken von mindestens sechs- bis zehntausend Mann umfasst haben, welche direkt am Kampfgeschehen teilnahmen[1].

Nach Actium wurden diese Einheiten aufgelöst und die Veteranen zur Besiedlung von Kolonien Gunugu und Aosta verwendet, bzw. mit einem Stück Land aus dem Dienst entlassen[2].

Ihre „offizielle“ Gründung erfolgte wahrscheinlich in den Jahren 27 oder 26 v.Chr. durch Augustus[3], viele Historiker vertreten aber auch die Möglichkeit einer Existenz ab 31 v.Chr.[4]. Gegliedert wurden sie in neun Kohorten zu je 500 Mann. Auch hier bestehen unterschiedliche Ansichten. So vertritt Mommsen die Meinung, Augustus habe zwar neun Kohorten aufgestellt, allerdings in doppelter Stärke (1000 Mann pro Einheit)[5]. Hierbei stützt er sich offenbar auf die Angaben Dios[6], nach denen die Leibgarde zu jener Zeit 10000 Mann stark war. Nun bieten epigraphische und literarische Quellen kaum ausreichend Information dies zu klären. Ein sehr schlagfester Beweis wird allerdings durch die Archäologie erbracht. Die Legionslager der damaligen Zeit waren ca. 18-20 ha groß und für eine Belegung mit ca. 5000 Soldaten ausgelegt. Eine Kohorte der Prätorianer muss also zwangsläufig aus 500 Mann bestanden haben, da die im Jahre 23 gegründete castra praetoria eine Fläche von ca. 17 ha einnahm[7].

Zu den neun Einheiten der Prätorianer(nummeriert I-IX) kommen drei weitere Einheiten der cohortes urbanae (nummeriert X-XII)[8], welches fälschlicherweise zu der Ansicht führen kann, die Prätorianer hätten bereits zu Zeiten Augustus aus 12 bzw. mindestens 10 Kohorten bestanden[9]. Zu den Prätorianer sind weiterhin kleinere Einheiten der Reiterei und der speculatores zu zählen[10].

Die Prätorianer setzten sich in der Regel ausschließlich aus Soldaten zusammen, deren Ursprung in Italien lag[11]. Dieser Zustand hielt weitgehend[12] konstant an, zu Zeiten Augustus und Tiberius war die Rekrutierung sogar auf Latium, Etrurien und Umbrien beschränkt. Erst ab Septimus Severus wird mit dieser Regel gebrochen und auch Nicht-Italiker treten in den Dienst der Prätorianer. Als Prätorianer war man gegenüber dem einfachen Legionär etwas Besonderes. Der Garde galt als Elitetruppe, besonders in Bezug auf Ausbildung und Ausrüstung. Die Dienstzeit[13] lag bei 12 Jahren gegenüber den 16 der Legionen, und der Lohn betrug das zwei bis dreifache[14]. Zuzüglich hierzu waren die Sonderzahlungen der Prätorianer ebenfalls wesentlich höher als jene des verbleibenden Heeres. Die Dauer des militärischen Dienstes wurde im Jahre 5 n.Chr. von Augustus für alle Einheiten um vier Jahre erweitert[15].

Eine weitere mit den Prätorianern verbundene Besonderheit war ihre Konzentrierung in Rom. Da dieses nach republikanischer Tradition eine militärfreie Zone ist, war ihre Stationierung besonders heikel. Augustus ließ nie mehr als drei Kohorten in und um Rom einquartieren, die restlichen wurden in umliegenden Städten untergebracht[16]. Genaue Angaben sind nicht bekannt, mögliche Orte könnten aber Ostia, Tibur, Praeneste, Antium, Terracina und Alba Fucens[17] gewesen sein.

Den Prätorianern war es zudem, untersagt Rom in Rüstung zu betreten, da dies die Bevölkerung zu sehr beunruhigt hätte. An militärischer Ausrüstung führten die Prätorianer daher nur Schild, Seitenwaffen und zuweilen Helm mit sich.

Die Kohorten unterstanden bis 2 v.Chr. direkt Augustus, ab dieser Zeit ging das Kommando über die Einheiten an zwei Präfekten, die praefecti praetorio. Dio liefert uns diesbezüglich eine Textstelle, welche die Ernennung der Präfekten und Aufgaben sowie Rechte der Prätorianer sehr anschaulich darlegt:

„... von den Rittern aber sollen die beiden besten deine Leibwache befehligen; denn es bringt Gefahren mit sich, sie nur einem Manne anzuvertrauen, während eine größere Zahl als zwei Verwirrung stiftet. Zwei soll es daher von diesen Präfekten geben, damit du, wenn einer von ihnen sich unpässlich fühlt, keineswegs ohne Beschützer bleibst. Männer sollen zu diesem Amt genommen werden, die schon wiederholt Feldzüge mitgemacht und zahlreiche sonstige Verwaltungsposten versehen haben! Und befehligen sollen sie natürlich sowohl die Prätorianer als auch sämtliche in Italien stehenden Truppen und dabei das Recht haben, Übeltäter zu bestrafen, ausgenommen die Centurionen und jene anderen, die den Amtsträgern senatorischen Rangs zugeteilt sind. Denn über diese Soldaten sollen die senatorischen Beamten selbst die Gerichtsbarkeit besitzen, damit sie dank der Möglichkeit, jene zu strafen und auszeichnen zu dürfen, ihrer unbedingten Hilfe sicher sein können. Über die restlichen Soldaten in Italien aber sollen die erwähnten Präfekten, unterstützt von nachgeordneten Offizieren, den Oberbefehl führen und ausserdem noch über die Caesarianer, sowohl diejenigen, die sich in deinem Gefolge befinden, als auch die anderen, soweit sie gewisse Bedeutung haben. Diese Pflichten wahrzunehmen, wird für die Präfekten passen und genügen; werden sie nämlich mit mehr Aufgaben betraut, als sie ordnungsgemäß erfüllen können, so besteht Gefahr, dass sie für wichtige Dinge keine Zeit mehr aufbringen oder überhaupt nicht mehr in der Lage sind, allen Aufgaben zusammen gerecht zu werden. Und diese Präfekten sollen ebenso wie der Stadtpräfekt und Untercensor ihr Amt auf Lebenszeit haben. Bestelle noch einen anderen Beamten als praefectus vigilum und einen weiteren verantwortlich für die Getreideversorgung und den Markt im allgemeinen, beide aus dem Ritterstand, und zwar die besten Männer nach den Präfekten! Ihre Posten aber sollen sie, gleich den aus dem Senatorenkreis berufenen Beamten, nur eine bemessene Zeitspanne innehaben !“[18]

Die ersten Präfekten waren Quintus Ostorius Scapula und Publius Salvius Aper[19].

Die Prätorianer dienen Augustus zur direkten Durchsetzung öffentlichen Darstellung seiner Macht. Keppie tendiert außerdem dazu, den Begriff Leibwache in Bezug auf die Prätorianer nicht überzubewerten[20]. Für diese Aufgabe hatte Augustus seine Germanische Leibwache, und der Einsatz der Prätorianer ging weit über die Funktion des Bodyguard hinaus. Vielmehr sollten sie ein stabilisierender Faktor in seiner Herrschaft sein, also vor allem innere Unruhen und politische Verschwörungen unterdrücken.

Bedingungsloser Gehorsam und absolute Treue waren von ihnen gefordert, doch sollte sich schon bald nach Augustus alles entgegen diesem Vorsatz entwickeln.

3. Tiberius und Seianus

Das Amt des Prätorianerpräfekten barg ein großes Machtpotential in sich. L.Aelius Seianus erkannte dies als erster und nutzte es in vollem Maße zu seinem eigenen Vorteil aus, was ihn letzten Endes zu Fall brachte.

Seianus war der Sohn des Präfekten L. Seius Strabo, ritterlicher Abstammung, und wahrscheinlich zwischen 23 – 20 v.Chr. geboren[21]. Sein Vater tauchte zum ersten mal in Zusammenhang mit dem Tod des Augustus im Jahr 14 als Prätorianerpräfekt auf[22]. Noch im gleichen Jahr erhielt Strabo von Tiberius seinen Sohn Seianus als gleichgestellten Befehlshaber der Prätorianer. Die Gunst des princeps sicherte sich dieser unter anderem durch die Niederschlagung der Legionsaufstände in Pannonien[23]. Diese sahen im Tod des Augustus eine willkommene Gelegenheit gegen die Missstände im Militärdienst zu rebellieren, wurden aber schließlich von Drusus und Seianus mit Waffengewalt beruhigt. Nachdem nun der Friede im Reich wieder hergestellt war, wurde Strabo von Tiberius nach Ägypten abbeordert, der weitläufigen Meinung, er wurde Präfekt von Ägypten, liegen jedoch keine Beweise zugrunde[24]. Seianus war mit der Abreise seines Vater nunmehr alleiniger Befehlshaber der cohortes praetoriae[25].

[...]


[1] Keppie, S.104.

[2] Dio, 53.25.5.

[3] Bohec, S. 21.

Dessau, Bd1,256.

Tac. Ann. IV 5.

[4] Keppie, 107.

[5] Mommsen, MH I 61.

[6] Dio, 55.24.6, diese Angabe Dios ist falsch, gibt sie doch den Zustand der Prätorianer zu eigenen

Lebzeiten an, d.h. in der Periode des Septimus Severrus in der die Prätorianer vorübergehend wirklich aus

1000 Mann/ Kohorte bestanden. Ebenso Tac.hist. II 93.

[7] Bohec, 21.

Keppie, 110.

Kennedy, 275.

[8] Keppie, S.107.

[9] Ein Beispiel bei Keppie (S.109) macht dies deutlich. Inschriften bezüglich des Wechsel eines gewissen

Virgius von der Kohorte XI zu der Kohorte IV lassen sich in erster Hinsicht auf die Existenz einer 11.

Kohorte deuten. Keppie jedoch ist der Ansicht, das es sich hierbei jedoch nicht um eine prätorianische

Kohorte handelt, sondern um eine städtische. Der Wechsel/ Aufstieg von den städtischen zu den

prätorianischen Einheiten war ein gängiges Verfahren.

[10] Junkelmann, S.91.

[11] Webster, S.45.

Keppie, S.116.

Tac. Ann. IV.5.

[12] Nach Dessau Bd1 S.259 z.B. Mazedonier.

[13] Nach Meinung Mommsen (Kaisergeschichte MH.I.57) erschafft Augustus hiermit wahrscheinlich zum

ersten Mal einen geregelten Militärdienst (stehenden Dienst), der in dieser Form vorher noch nicht

existierte.

[14] Dio 53.11.5, 54.25.6.

Speidel, M.A. in Eck, Kaiser & Herr, S.66-71.

Weschklein, S.48-54.

[15] Speidel, M.A. in Eck, Kaiser & Herr, S.66f.

Dio 55.23.1.

[16] Sueton Aug 49.

[17] Keppie, S.113.

zuzüglich Aquileja (Dessau, Bd1, S.257).

[18] Dio 52.24.1-6.

[19] Dio 55.10.

[20] Keppie, S.116.

[21] Laut Mommsen MH.I.150 um 7 v.Chr. dagegen Hennig, Seianus S.11.

[22] Tac.ann I 7.

[23] Tac.ann I 16-30.

Dio 57.4.

Schmitt, S.378-383.

[24] Hennig, S.20.

[25] Dio 57.19.6.

Excerpt out of 20 pages

Details

Title
Die Entstehung und Entwicklung der Prätorianer in der Frühen Kaiserzeit
College
Dresden Technical University  (Institut für Geschichte)
Course
Caligula
Grade
2,3
Author
Year
2003
Pages
20
Catalog Number
V17280
ISBN (eBook)
9783638218894
File size
520 KB
Language
German
Notes
Die Proseminararbeit beschäftigt sich mit der Entstehung der Prätorianer unter Augustus, deren Entwicklung, Verhältnis zum Kaiserhaus, eigenen Machtentwicklungen (Seianus) bis zum Ende der Julisch-Clausischen Dynastie ( Tod des Nero).
Keywords
Entstehung, Entwicklung, Prätorianer, Frühen, Kaiserzeit, Caligula
Quote paper
Marcel Jablonka (Author), 2003, Die Entstehung und Entwicklung der Prätorianer in der Frühen Kaiserzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17280

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