Religionsdidaktische Überlegungen zu "Liebe, Partnerschaft und Sexualität" im evangelischen Religionsunterricht

Unterrichtsentwurf für die Realschule


Thèse de Bachelor, 2010

71 Pages, Note: 1,15


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. GRUNDLEGENDE ÜBERLEGUNGEN ZU PARTNERSCHAFT, SEXUALITÄT UND EHE
2.1 Ehe und Familie - eine Begriffsbestimmung
2.2 Ehe, Partnerschaft und Sexualität in der Bibel
2.2.1 Zum biblischen Verständnis der Begriffe Liebe, Ehe und Sexualität
2.2.2 Ehe und Eheschließung im Alten Testament
2.2.3 Ehe und Eheschließung im Neuen Testament
2.3 Entwicklungen des Verständnisses von Ehe und Familie im 20. und 21. Jahrhundert
2.4 Die Position der christlichen und muslimischen Religionsgemeinschaften in der Gegenwart
2.4.1 Die Position der Evangelischen Kirche in Deutschland
2.4.2 Die Position der römisch-katholischen Kirche
2.4.3 Die Position des Islams

3. BIBLISCHE BETRACHTUNGEN ZU PARTNERSCHAFT UND BEZIEHUNG
3.1 Adam und Eva (Gen 1-3) - Gott stellt Mann und Frau zusammen
3.2 Jakob, Lea und Rahel (Gen 29-31) - Ein Mann lässt sich nicht abschrecken - oder: 14 Jahre Arbeit für zwei Frauen
3.3 Simson und Delila (Ri 13-16) - Die Liebe zu einer Frau bringt einen unbezwingbaren Mann zu Fall
3.4 Rut und Boas (Rut) - Liebe auf den ersten Blick
3.5 David und Batseba (2Sam 11) - ein Ehebruch mit Folgen
3.6 Maria und Josef (Mt 1,18-25) - eine schockierende Nachricht mit großer Wirkung - oder: oder Maria und Josef halten zusammen

4. SEXUALERZIEHUNG IN DER SCHULE VON HEUTE
4.1 Richtlinien für die Sexualerziehung
4.2 Grundlagen der Sexualerziehung
4.3 Neue Anforderungen an die Sexualerziehung
4.4 Sexualerziehung im Religionsunterricht
4.5 Fächerübergreifende Sexualerziehung

5. UNTERRICHTSENTWURF FÜR DEN EVANGELISCHEN RELIGIONSUNTERRICHT IN DER REALSCHULE
5.1 Die Religionsdidaktik der Elementarisierung
5.2 Elementarisierung und Kompetenz
5.3 Unterrichtsentwurf zur Unterrichtseinheit: »Wie liebe ich richtig?«
5.3.1 Sachanalyse
5.3.2 Unterrichtsziele
5.3.3 Bezug zum Bildungsplan
5.3.4 Inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen
5.3.5 Überlegungen zur Situation der Lerngruppe
5.3.6 Kurzübersicht
5.3.7 Didaktische Analyse
5.3.8 Verlaufsplan

6. ZUSAMMENFASSENDE SCHLUSSBETRACHTUNG

LITERATURVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

Begriffe wie »Generation Porno« oder »sexuelle Verwahrlosung«1 sind in Deutschland heute keine Seltenheit mehr. Kaum eine Zeitung oder Fern- sehsender hat in den vergangen Monaten nicht heutige Jugendliche und ihr Sexualverhalten in den Blick genommen. Immer früher beginnen Ju- gendliche, ja geradezu Kinder sexuelle Erfahrungen zu sammeln und sich für das andere Geschlecht zu interessieren. Liebe, Zärtlichkeit und das Gefühl der Geborgenheit bleiben dabei, so scheint es, völlig auf der Stre- cke. Es fehlt zunehmend an elterlicher Verantwortung und Vorbildern, die den oftmals erst 11- oder 12-Jährigen erklären, was das ›Geheimnis Lie- be‹ ausmacht, wie es sich zu zeigen vermag und was Liebe bedeutet. Durch Medien und Zeitschriften und selbstredend das Internet geraten Kinder und Jugendliche zuweilen in einen ›Teufelskreis‹ von Pornographie und Perversion, in dem sie nicht mehr von falsch und richtig unterscheiden können.

Aber was ist überhaupt falsch und richtig in Bezug auf die Lebensthe- men Liebe, Sexualität und Partnerschaft? Dies stellt eine Fragestellung dar, die gerade im evangelischen Religionsunterricht thematisiert werden sollte. Dieser kann dabei Möglichkeiten zu Aufklärung, Hilfestellung und Austausch anbieten. Und ihm eignet eine unbedingt zu nutzende Chance: die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt, in ihrer Wahrnehmung ›abzuholen‹ und ihnen eine Alternative anzubieten. Auch die Bibel, das Urdokument des jüdisch-christlichen Glaubens, kann hier reaktiviert werden, denn es bietet lebensnahe Geschichten und Vorbilder, die für die aktuelle Situation der Jugendlichen Klarheit und Hilfestellungen bereithalten.

Bei dieser BA-Arbeit habe ich mich dazu entschieden, dieses heraus- fordernde und umstrittene Thema zu wählen, da ich als Religionslehrerin Ansprechpartnerin für jegliche Probleme im Alltagsleben der Kinder und Jugendlichen sein möchte. Schaut man heutzutage einmal in die einzel- nen Klassen einer Realschule, ist festzustellen, dass Themen wie verliebt sein, der erste Freund, das erste Mal etc. hoch oben auf der Tagesord- nung des Alltags anzusiedeln sind. Genau deshalb erscheint es mir umso wichtiger, gerade dieses Thema auch im Religionsunterricht zu beleuchten und ausführlich in eine Unterrichtseinheit einzubetten. Gerade Religions- lehrende,2 die nicht nur ein erwachsenes Vorbild darstellen können, son- dern sich auch durch theologisches Wissen auszeichnen und mit ihrem eigenen Glauben in der Schule authentisch zu leben versuchen, müssen ihre Verantwortung an dieser Stelle wahrnehmen. Dabei ist festzuhalten, dass die Bibel und der christliche Glaube Modelle gelingenden Lebens anzubieten vermag, die den Jugendlichen als Vorbilder und zur Orientie- rung dienen können. Sie sollen dazu befähigt werden, in einer Welt voller Reizeinflüsse, die geprägt ist von Schnelllebigkeit und Medienüberflutung, ihren eigenen Standpunkt zu entwickeln und begründet zu vertreten.

In diesem Sinne wird sich die vorliegende Arbeit zuerst mit grundlegen- den Überlegungen zu Partnerschaft, Sexualität und Ehe beschäftigen, um zu Beginn die Begriffe konkret zu benennen und darauffolgend biblische Ansichten zu umreißen. Auch die Entwicklungsgeschichte von Ehe und Familie in den letzten beiden Jahrhunderten soll thematisiert werden, um das heutige Verständnis nachvollziehen und bewerten zu können. Uner- lässlich für die weitere Arbeit mit der Thematik sind die Positionen der e- vangelischen und katholischen Kirche, die nicht nur in gewissem Maße von einem evangelischen Religionslehrer vertreten werden sollten, son- dern auch zum allgemeinen Verständnis beitragen (Kap. 2). Sodann sollen mit Hilfe von exegetischen Überlegungen biblische Paare charakterisiert und umrissen werden, um deren Bezug zu heute herauszukristallisieren und in einen lebensrelevanten Bezug zum Leben der Schüler zu stellen (Kap. 3). Ferner gerät die Sexualerziehung am Lebens- und Lernort Schu- le näher in den Blick (Kap. 4), bevor die Theorie ganz konkret in die Praxis umgesetzt und ein Unterrichtsentwurf präsentiert wird, der sich an der E- lementarisierung als auch an kompetenzorientierten Lernen orientiert und die Erkenntnisse der gesamten Arbeit berücksichtigt bzw. umsetzt (Kap. 5). Die abschließende Schlussbetrachtung soll die Arbeit noch einmal re- flektieren, bewerten und schließlich auf den Punkt bringen (Kap. 6).

2. GRUNDLEGENDE ÜBERLEGUNGEN ZU PARTNERSCHAFT, SEXUALITÄT UND EHE

Gerade in der Religionspädagogik ist es von Bedeutung und großer Rele- vanz, sich zu Beginn einer intensiven Beschäftigung mit einem bestimm- ten Themengebiet sich der damit verbundenen theologischen Fragen zu stellen. Das meint insbesondere, sich der biblischen Perspektiven hierzu bewusst zu werden. Nur so ist eine ausführliche, detaillierte, aber auch vielseitige Herangehensweise gesichert, die die Problemerörterung nicht nur sinnvoll grundiert, sondern auch sicherstellt, dass theologischen Dis- ziplinen angemessen einbezogen werden. Exegetische Überlegungen, die sowohl die Entstehungsgeschichte als auch Gehalt und Intention eines biblischen Textes darzustellen suchen, dienen dazu, diesen entsprechend der Textintention angemessen, d. h. richtig, nachvollziehen und auslegen zu können. Die heutige Kultur unserer Gesellschaft, einschließlich etwa den geltenden Normen und Regeln des Zusammenlebens, gründet sich in der jüdisch-christlichen Tradition; deswegen ist eine Auseinander mit dem Grunddokument dieser Tradition, der Bibel, dringend angeraten, wenn ein Thema religionspädagogisch in den Blick kommen soll. Deshalb soll es in diesem Abschnitt der vorliegenden Arbeit gezielt um konkrete exegetische und historische Überlegungen zu den Begriffen Partnerschaft, Ehe und Sexualität gehen, um so ein Fundament für die sich daran anschließende Untersuchung und religionspädagogische Erörterung zu legen.

2.1 Ehe und Familie - eine Begriffsbestimmung

Zunächst soll die Frage nach der genauen Bedeutung sowie nach einer Begriffserklärung von Ehe und Familie in den Mittelpunkt rücken. Bevor mit den weiteren Ausführungen ins Detail gegangen werden kann, sind eben diese Begriffe zu umreißen und deutlich zu definieren. Natürlich kann an dieser Stelle keine, für alle Kulturen allgemeingültige Begriffsbestimmung erfolgen; schon die folgenden Ausführungen bleiben letztlich dem eigenen Kulturkreis verhaftet, in dem sie formuliert werden.

In dem Wort ›Ehe‹ spiegeln sich zwei Bedeutungen: Zum einen meint es »eine durch Sitte und/oder Gesetz anerkannte, a]uf Dauer angelegte Form gegengeschlechtlicher sexueller Partnerschaft. Weiterhin ist ein we- sentliches Strukturmoment aller Ehen, auch der heutigen, dass sie über das Paarverhältnis auf Familie hinausweist.«3 Für die deutsche Recht- sprechung bestimmt § 1310 BGB näher, in welchen Fällen genau eine Ehe vorliegt. Diese doch sehr verbindlichen Regelungen zur Eheschlie- ßung liegen seit circa 130 Jahren vor, obwohl sich die genauen Bedingun- gen des Vollzugs der standesamtlichen Trauung sowie des Ritualisie- rungsgrades immer wieder veränderten. Historisch gesehen war die Ehe bis zum Beginn der Neuzeit ein Vertrag zwischen zwei Familien. Erst spä- ter folgte die kirchliche Trauung, wie wir sie heute kennen. Der Sakra- mentscharakter der Institution Ehe wurde im Konzil von Trient (1563) fest- gehalten und eine kirchliche Einsegnung vorgeschrieben. Dieses katholi- sche Verständnis von Ehe stellt bis in die heutige Zeit den Gegensatz zum evangelischen Eheverständnis dar. Beide Kirchen legten jedoch einen gemeinsamen Trauritus bei entsprechenden kirchlichen Amtshandlungen fest.4

Das Konzept der bürgerlichen Kleinfamilie und der Ehe als bindende und sogar vertraglich festgehaltene Lebensgemeinschaft besteht in dieser Form erst seit dem 19. Jahrhundert. In Preußen bekam die Ehe ihren insti- tutionellen Charakter, der nicht nur eine Ehereform, sondern auch das pat- riarchalisches Eherecht nach sich zog. Dabei ging es unter anderem um eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und den Zweck der Ehe. Die Ehe stellte natürlich die Voraussetzung für eine Familiengründung und somit auch für Sexualität dar. Mit der Verabschiedung des Grundgesetzes der neu gegründeten Bundesrepublik wurde 1949 der Grundstein für die Gleichberechtigung von Mann und Frau gelegt, was der vorherrschenden Auffassung von Ehe jedoch zunächst widersprach. So bedeutete die Ehe zwar Schutz und Versorgung für eine Frau, brachte aber weiterhin zuweilen auch Bevormundung und Unterordnung mit sich.

Das Eherecht, das heute zur Anwendung kommt, beinhaltet festgelegte Pflichten, die sowohl der Mann als auch die Frau, so gut es geht, erfüllen sollen. Nicht nur der Interessenausgleich spielt hier eine wichtige Rolle, sondern natürlich auch die Gleichberechtigung. Die Eherechtsreform, die 1977 in Kraft trat, überlässt es den Eheleuten selbst, in welcher Konstella- tion von Ehe sie leben möchten. Funktionen, Pflichten und Aufgaben kön- nen ohne Einmischung durch den Staat eigenverantwortlich besetzt wer- den. Die einzige Erwartung, die der Staat beim Schließen einer Ehe erfüllt wissen möchte, ist, dass diese möglichst auf Lebenszeit geschlossen wird. Wünschenswert, aber nicht zwingend notwendig wären auch ein gleicher Ehename sowie das Zusammenleben der beiden Partner.

Durch einen Ehevertrag können zukünftige Eheleute durch gesetzliche Regelungen etwa festlegen, was im Falle einer Trennung geschieht; auch die Unterhaltspflichten für den Trennungsfall können so geregelt werden.5

In fast allen Kulturen gibt es die Möglichkeit, eine Ehe auch aufzulösen. Die Ehescheidung, die durch rechtliche und formal gesicherte Vorschriften festgelegt ist, spielt dabei eine wichtige Rolle. Der damit vollzogene Sta- tuswechsel bringt für beide Betroffene weitreichende Veränderungen mit sich. Mögliche Faktoren, die das Scheitern einer Ehe befördern, können dabei in einem geringen Heiratsalter, in einer Differenz bei der sozialen Zugehörigkeit, der Konfession, aber auch beim Bildungsniveau und der Erwerbstätigkeit gesehen werden.6

Eine einheitliche Auffassung des Begriffs ›Familie‹ gelingt ungleich schwerer. Das Wort lässt sich in dieser Form erst seit Ende des 17. bzw. Anfang des 18. Jahrhunderts in der deutschen Sprache nachweisen. Es wurde jedoch schon damals für unterschiedliche Zusammenhänge ge- braucht, wie z. B. für Abstammungslinien oder aber eine Haushaltsge- meinschaft, die aus Eheleuten, Kindern und Dienern bestand. Auch heute wird das Wort ›Familie‹ verschieden verwendet: So wird eine Ehe oftmals als Familie bezeichnet, wobei manche sich weigern, dieses Wort zu ver- wenden, wenn das zu beschreibende Beziehungsverhältnis keine Kinder mit einbezieht. Viele wiederum machen den Familienbegriff vom emotio- nalen Zugehörigkeitsgefühl abhängig, was zu den jeweiligen Personen besteht.7

2.2 Ehe, Partnerschaft und Sexualität in der Bibel

2.2.1 Zum biblischen Verständnis der Begriffe Liebe, Ehe und Sexualität

Um uns auf biblische Definitionen von Partnerschaft, Ehe und Sexualität einzulassen, sollte hier zuerst der Begriff der Liebe näher bestimmt wer- den. Das Wort ›Liebe‹ spielt in der Bibel, genau wie im gesamten Chris- tentum, eine besonders tragende Rolle. Gott selbst wird in vielen ver- schiedenen Zusammenhängen immer wieder mit dem Wort ›Liebe‹ in Ver- bindung gebracht. Gott ist die Liebe, kann es sogar im Neuen Testament heißen (1Joh 4,16); sein Handeln, die von ihm gewirkte Schöpfung und sein Reden sind von seiner liebenden Zuwendung zu den Menschen ge- prägt und angetrieben. Und auch die Menschen sind dazu aufgefordert, Gott und ihre Mitmenschen zu lieben (Lev 19,18; Mt 5,43-48; Lk 10,25- 28; Joh 13,34-35; 1Joh 4,16-21). Die Liebe steht sogar über alles andere, wie es 1Kor 13 eindeutig heißt: »Jetzt also leben wir mit Glaube, Hoff- nung, Liebe - diesen drei Geschenken. Aber die Liebe ist größte unter ihnen.« (1Kor 13,13) Demnach sollen unser Handeln, unser Tun, unser Reden und unsere Gedanken von Liebe geprägt sein, denn nur so hätten all diese Dinge überhaupt Sinn und Wert. Und auch wenn alles einmal ver- gehen wird, eines wird bleiben: die Liebe. In der Liebe findet die ganze Schöpfung überhaupt erst ihren Ursprung und durch die Liebe Gottes, die immer wieder zum Tragen kommt, sind die Menschen erst zu dem gewor- den, was sie sind. So wurde auch Jesus Christus als ein Zeichen der Liebe Gottes zu den Menschen auf die Erde gesandt (Joh 3,16). Auch der Begriff Agape ist, wenn wir über Liebe, gerade auch über part-nerschaftliche Liebe, sprechen, mit zu bedenken. So werden Männer zur Agape gegenüber ihren Frauen aufgefordert (Eph 5,25), was auch auf se-xuelle Zuneigung schließen lässt.

Die zwischenmenschliche Liebe jedoch scheint immer wieder auch mit Leid, Trauer, Sünde und Schuld verbunden zu sein. Das zeigt, dass die Liebe untereinander zwar wertvoll und wichtig ist, die Grenzen zur verletzten Liebe, zu Schuld und Verfehlung aber umso näher liegen.

Sexualität wird in der Bibel oftmals als negativ belasteter Begriff wahr- genommen und wird als sündhaft und trieblastig beschrieben. Nicht zuletzt der Kirchenvater Augustinus hat den Geschlechtsakt in Zusammenhang mit seiner Auslegung von Gen 3 und Röm 5,12ff. als ›Erbsünde‹ dekla- riert. Somit war die Sexualität zwischen Mann und Frau für lange Zeit mit Schuldgefühlen behaftet. Sexualität war auch im Protestantismus lange Zeit ausschließlich in der Ehe verortet und diente der Fortpflanzung und somit der Familie. Außerehelicher, genau wie vorehelicher, Geschlechts- verkehr war nicht nur strafwürdig, sondern galt als Sünde vor Gott.

Das Bild hat sich heute in einigen Bereichen auch dank der Textausle- gungen durch die feministische Exegese gewandelt. So können »neuere Auslegungen der Schöpfungsgeschichte […] der Sexualität Menschen- würde zugestehen«8, was eindeutig als herausragender Fortschritt be- zeichnet werden kann.9 Es ist neu wahrgenommen worden, dass der Ge- schlechtsakt genauso zum göttlichen Schöpfungswerk gehört wie alle an- deren Gegebenheiten, dass Sexualität von Gott gewollt und erschaffen worden ist. Mann und Frau sind in ihrer Dualität von gewollt und erschaf- fen worden. Sie spiegeln das Wohlwollen Gottes wider und Gott hat sei- nen Segen auf sie gelegt. Sexualität deshalb auf allein auf ihren Dienst für die Fortpflanzung reduzieren zu wollen, muss daher als unbiblisch zurück- gewiesen werden; eine solche Auffassung steht auch der weiteren Skizze des Wesens Gottes diametral entgegen, die doch von Liebe und auch Zärtlichkeit geprägt ist. Die Bibel selbst schätzt, wie das Hohelied z. B. vielfach andeutet, die Zweisamkeit von Mann und Frau und es preist regelrecht die Liebe, das Zusammengehören und auch die Sexualität als etwas absolut Einzigartiges und vor allen Dingen Kostbares.10

Jesus selbst hat keine konkrete Sexualethik formuliert, denn »eine Ethik dieser Art würde der Hauptintention Christi, den Menschen von allen Zwängen zu befreien, sowie seiner Grundeinstellung gegen jede nur äu- ßere Gesetzlichkeit widersprechen«11. Jesu Wirken in Leben und Lehre waren zielen primär auf die Befreiung des Menschen und die Aufhebung der Unheilssituation des Menschen. Demzufolge hat die von den Kirchen und vom Christentum oft energisch vertretene Sexualmoral nur wenig mit dem zu tun, was Jesus selbst intendiert hat und was ihm eigentlich wichtig war. In den wenigen Aussagen, die Jesus zu Sexualität getroffen hat (Mt 5,27-32; 19,3; 22,22-33; Mk 10,2-3; 12,18-25; Lk 20,27-38; Joh 7,53- 8,11), lässt sich nichts Sexualfeindliches finden. Natürlich müssen diese Aussagen im Zusammenhang der Lehre Jesu, seinem Leben und seinem Umfeld gesehen und interpretiert werden.12

Im Alten Testament wird die Ehe als eine »patriarchalische bestimmte Institution des privaten Vertragsrechts zwischen Familien (Gen 24,29- 54)«13 beschrieben, die jedoch in jedem Fall unter dem besonderen Segen Gottes steht. Dennoch liegt der Zweck der Ehe nach biblischer Sicht in der Fortpflanzung, also der Zeugung von Kindern. Die Ehe fungiert hierbei als sogenannter Schutzraum für die Familie. Deshalb war es im Alten Testa- ment auch durchaus üblich und geboten, dass eine Witwe vom nächst- möglichen männlichen Verwandten angeheiratet wurde (Dtn 25,5-10).14 Auch ›Nebenehen‹ z. B. mit Sklavinnen waren keine Seltenheit. Konnte eine Ehefrau beispielsweise keine Kinder zur Welt bringen, übernahm die Funktion eine andere Frau (als klassisches Beispiel sei auf die AbrahamSara-Hagar-Konstellation in Gen 16 verwiesen).

Im Neuen Testament ist Sexualität ausschließlich in der Ehe zu finden (angedeutet: 1Kor 6,16). Gerade der Apostel Paulus äußert sich in den Briefen an die Korinther detailliert über seine Vorstellungen von Ehe. Da- bei interpretierte er das Verhältnis von Mann und Frau aus seiner Lektüre der Schöpfungserzählungen im Sinne von Schöpfungsordnungen. Auch von Jesus selbst wird berichtet, dass er Sachverhalte, wie z. B. die Ehe- scheidung (Mt 19,4-6; Mk 10,6-9), kritisch zur Sprache brachte. Dennoch können im Neuen Testament durchaus ambivalente Haltungen zur Ehe wahrgenommen werden.15

2.2.2 Ehe und Eheschließung im Alten Testament

Nun sollen die oben genannten Begriffe historisch hergeleitet werden. Da- bei sollen vor allen Dingen Fragen zu ihrer eigentlichen Herkunft aufgegrif- fen, aber auch der damit verbundene historische Hintergrund erörtert wer- den.

Das Alte Testament macht eher weniger Angaben zum Begriff der Ehe, denn ausführliche Darstellungen fehlen. Es können jedoch Schlussfolge- rungen und Annahmen aus Gebotsreihen geschlossen werden, die an dieser Stelle zum Tragen kommen. Es kann sicherlich festgehalten wer- den, dass auch im Alten Testament Ehen geschlossen, diese jedoch nicht zum Thema gemacht wurden. Ehen, die geschlossen wurden, waren eher selbstverständlich und nicht unbedingt explizit nennenswert. Wie und in welchem Umfang Ehen zur damaligen Zeit geschlossen worden sind, ist uns nicht genau bekannt. Es kann jedoch durchaus vermutet werden, dass die Ehe als Ritus bereits sehr früh existierte und als ein nicht- religiöser Vorgang vollzogen wurde. Man könnte die Ehe damals sogar mit einem Rechtsgeschäft vergleichen, das von verschiedenen Parteien ein- gegangen wurde.16 D. h., dass die Ehe die Angelegenheit von zwei Fami- lien war. Sie waren in diesem Sinne der Rechtsverband. Zu bedenken ist, dass die Familie in der Frühzeit Israels eine wesentlich bedeutendere so- ziale Einheit repräsentierte, als dies heute der Fall ist. Eheschließungen waren also durchaus Familiensache. Die Frau, die nun in eine neue Fami- lie aufgenommen wurde, wurde automatisch ein neues Glied der Familie, die nun wiederum verpflichtet war, ihrem neuen Mitglied Schutz und Ver- sorgung zu gewährleisten. Der Zeitpunkt der Eheschließung war der Ab- schluss des Vertrages zwischen Bräutigam und Brautvater. Diese ›Ehe- schließungsvereinbarungen‹ beinhalteten hauptsächlich, dass die Frau nun Eigentum des Mannes, nicht mehr des Vaters, war und dass dem Va- ter für diesen ›Tausch‹ eine Art der Bezahlung vorgelegen hat. Hierbei war nicht unbedingt Geld ein Zahlungsmittel, wie sich aus der Geschichte von Jakob und den Töchtern Labans (Gen 29,15ff.) erkennen lässt. Jakob be- zahlte mit Arbeitsjahren, die er bei seinem Onkel, dem Brautvater, abar- beitete.

Sinn der Eheschließung war auch im Alten Testament die Gründung einer Familie und somit das Zeugen von Nachkommen.17

2.2.3 Ehe und Eheschließung im Neuen Testament

Es sollen nun neutestamentliche Aussagen zu Ehe, Eheschließung, aber auch zur Ehescheidung kurz skizziert und ausgewählte Aussagen von Jesus und Paulus genauer untersucht werden.

Im Neuen Testament finden sich deutlich weniger Textstellen, die sich explizit zur Lebensgemeinschaft Ehe äußern. Die, die sich finden lassen, bestechen durch ihre Variationsbreite, die von der Bejahung der Ehe bis hin zur Aufforderung zur Ehelosigkeit, ja sogar bis zur deutlichen Warnung vor einer Ehe variieren. Nach verbindlichen Anweisungen zur Eheschlie- ßung sucht man auch hier allerdings vergebens. Es lässt sich sogar eine gewisse Unsicherheit in der Geschichte des Urchristentums finden. Diese Unsicherheit zeigte sich in der Frage, in welcher Form die Ehe überhaupt geschlossen werden sollte. Aussagen darüber werden im Neuen Testa- ment so gut wie gar nicht getroffen. Das könnte auch daran liegen, dass sich das Verständnis der Ehe zur Zeit des Urchristentums im Umbruch befand. Nach dem Tod Jesu und seiner Auferstehung und der damit ver- bundenen Verpflichtung zur Nachfolge taten sich die Menschen schwer, mit der Bindung an einen Ehepartner, sollte doch die Bindung an Jesus Christus mit ganzem Herzen vollzogen werden und wurde seine Wieder- kunft, mit der das Ende der Weltzeit verbunden ist, als bald eintreffend erhofft.

Sicherlich findet die Ehe auch im Neuen Testament zum großen Teil ihren Sinn in der Fortpflanzung, jedoch lässt sich beobachten, dass die Ehe auch durchaus als geistige Gemeinschaft verstanden wird.

Gerade in Fragen der Ehescheidung entbrannten Diskussionen und Auseinandersetzungen. Trotz der Unsicherheiten kann festgehalten werden, dass die überwiegende Zahl der Christen geheiratet haben.18

Jesus selbst trifft ebenfalls ambivalente Aussagen zum Thema Ehe. Ei- nige seiner Aussagen beziehen sich auf die jüdische Tradition, die sich eindeutig gegen freien Geschlechtsverkehr und Ehebruch ausspricht (Mk 9,43ff.; 10,19; Mt 5,27ff.). Im Gegensatz dazu gibt es jedoch auch Aussa- gen, die völlig neue Aspekte aufzeigen, wie z. B. Mk 10,2ff. oder Mt 19,3ff., die sich überwiegend mit der Frage der Ehescheidung beschäfti- gen. So beruft er sich zwar auf Mose, der zugelassen hatte, einen Schei- dungsbrief zu verfassen, seinen Jüngern sagt er jedoch später, dass, wenn sich ein Mann von seiner Frau scheiden lasse würde, er damit Ehe- bruch begehen würde. Feststellen lässt sich, dass das Problem der Ehe- scheidung ein weit aus größeres zu sein scheint als das der Eheschlie- ßung.

Jesus spricht sich außerdem gegen die Wiederverheiratung zweier ge- schiedener Menschen aus (Mt 5,32). Es war zu Zeiten Jesu durchaus möglich für den Mann, ohne Komplikationen einen Scheidungsbrief aufzu- setzen, dem sich die Frau in diesem Fall unterordnen musste (Mt 5,31- 32). Deshalb war das deutliche Votum Jesu für die Ehe bzw. für ihren Erhalt als feste Lebensgemeinschaft bis zum Tode ein Vorteil für die Frauen, denen als geschiedene Frauen wenig Möglichkeiten verblieben.

In Lk 14,26; 18,26 wird noch einmal das Problem der Ehe und der Je- sus-Nachfolge, die sich allein an ihn binden will, thematisiert, in dem es darum geht, alle ›weltlichen‹ Bindungen aufzugeben, um voll und ganz Jünger Jesu zu sein. Hier wird der Widerspruch in der Eheauffassung sichtbar, die Ehe in keinem Fall zu scheiden, seine Frau jedoch im Zuge der Nachfolge zu verlassen.

Die erste authentische Aussage von Paulus findet sich in 1Thess 4,1ff. Es geht hier um die Heiligung und das Meiden von Unzucht in jeglicher Form. Paulus möchte den neugewonnenen Christen hilfreiche Anweisun- gen geben, die ihnen helfen sollen, ein gerechtes Leben in der Nachfolge Jesu zu führen. Bemerkenswert ist jedoch, dass es dabei an erster Stelle um das Thema Unzucht und die Heiligung der Ehe geht. Es scheint also ein durchaus gewichtiges Problem gewesen zu sein. Es gehört, nach Pau- lus, zur Erfüllung des Willen Gottes, die Ehe zu heiligen und sämtliche Formen der Unzucht - er schließt hier auch den Geschlechtsverkehr au- ßerhalb der Ehe ein - zu untersagen. Dieses Gebot kommt auch den alt- testamentlichen jüdischen Gesetzen gleich; es unterscheidet sich jedoch in ihrer Begründung. Durch den durch die Erlösungstat Christi aufgerichte- ten neuen Bund Gottes mit den Menschen sind neue Forderungen für das Zusammenleben der Menschen entstanden. Auch das Verhalten von Ehe- leuten wird deshalb von Paulus noch einmal explizit angesprochen. So soll der Mann seiner Ehefrau mit Ehre und Heiligung und somit Respekt gege- nübertreten.

Sicherlich eine der bekanntesten und viel diskutiertesten Stellen über Ehe und insbesondere Ehelosigkeit ist 1Kor 7, bei der Paulus es als für das Beste ereignet, ehelos zu leben. Jedoch verurteilt er die Entscheidung zur Ehe keineswegs. Im Gegenteil ermutigt er die Gemeindemitglieder in Korinth, in der Ehe ihre Pflichten zu erfüllen und sich nicht einander zu entziehen. In den nachfolgenden Versen (ab V. 7) propagiert er jedoch das Leben in der Enthaltsamkeit, welches eine Gabe Gottes sei. Nicht je- dem sei es möglich, in dieser Form zu leben, was von Paulus durchaus akzeptiert wird. Er spricht sich ab V. 10 gegen Ehescheidung aus, gibt a- ber Anweisungen für den Fall, dass doch eine Scheidung unumgänglich wird oder eine Frau verwitwet. Paulus spricht in seinen Aussagen immer gleichermaßen die Männer als auch die Frauen an (V. 4). Ein weiterer in- teressanter Punkt liegt in der Annahme begründet, dass Paulus nicht den Sinn der Ehe in der Fortpflanzung bzw. der Erzeugung von Nachkommen- schaft sieht, der doch so oft besonders im Alten Testament zur Sprache gekommen ist. Nur in V. 14 werden Kinder ein einziges Mal angespro- chen. Er sieht jedoch eine gewisse Verpflichtung der Ehe zum Ge- schlechtsverkehr, wie V. 2 zeigt.

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass Paulus sowohl die Ehe als auch den dazugehörigen Geschlechtsverkehr nicht als Sünde oder aber als etwas Wertloses erachtet. Auch die Enthaltsamkeit ist zwar erstrebenswert, aber kein besonderes Gut, was dem Menschen unaus- weichlich Heiligung verspricht und ihn gerecht vor Gott werden lässt. Si- cherlich spielt Paulus Einstellung zur Sexualität und zur Ehe eine beson- dere Rolle in der Entfaltung seiner Theologie, da er diese zu Phänomenen des vergehenden Weltgeschehens zählt und sie das Leben eines jeden Menschen konkret betreffen und beschäftigen. Umso wichtiger ist es des- halb für ihn, klare Regeln und Richtlinien auszusprechen, die dem Men- schen in seinem alltäglichen (Ehe-) Leben helfen, ein gerechtes und heili- ges Leben vor Gott zu führen.19

2.3 Entwicklungen des Verständnisses von Ehe und Familie im 20. und 21. Jahrhundert

Das Eheverständnis sowie die Aufgaben der Ehe und die jeweilige Bedeu- tung in der Gesellschaft wie für die einzelnen Personen haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt. War die Ehe früher eine vertrag- lich geregelte Schutz- und Zwangsgemeinschaft, ist sie heute eher eine individuell gestaltete Liebesbeziehung zweier Menschen, die sich vorstellen können, einen Lebensabschnitt gemeinsam zu verbringen.

Gehen wir zuerst einmal einige Jahrzehnte zurück und betrachten die Ehe im Nationalsozialismus etwas näher. Dort bestach diese überwiegend durch ihren funktionellen Charakter. Sie war den Regeln des Staates un- terworfen und es gab wenig Platz für persönliche Gestaltung oder Entfal- tung. Die »Nürnberger Gesetze« sprachen das Verbot der Eheschließung zwischen Juden und deutschen Staatsangehörigen aus, welches unter anderem auch eine ›reinrassige Reproduktion‹ sicherstellen sollte. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde jedoch von den Alliierten ein neues Ehegesetz erlassen, das sich zwar auch weiterhin am Bürgerlichen Ge- setzbuch orientierte, aber die oben genannten Klauseln wegließ. Nach Gründung der Bundesrepublik wurde das Ehegesetz abgelöst und in das neue Familiegesetzbuch aufgenommen. Junge Menschen entschieden sich in den 1950er Jahren durchaus früh für eine eheliche Gemeinschaft, da sie durch den finanziellen Aufschwung recht früh finanzielle Sicherheit erlangten. Die Ehe fungierte als fast einzig akzeptierte Lebensform zweier Menschen und war gerade für junge Frauen oftmals die einzige Möglich- keit, ihr Elternhaus zu verlassen und einen eigenen Haushalt zu eröffnen, der nach klassischen bürgerlichen Ansichten geregelt war. Die Frau küm- merte sich um den Haushalt und die Kinder, während der Mann den Un- terhalt für die Familie verdiente. Diese Rollenverteilung wurde von der Ge- sellschaft akzeptiert und sogar hoch wertgeschätzt. Die sexuelle Revoluti- on brachte dann erstmals einen Bedeutungsverlust der Ehe mit sich. Mehr und mehr Menschen entschieden sich für ein nichteheliches Zusammen- leben und somit auch für eine Familiengründung außerhalb einer eheli- chen Gemeinschaft. In den 1980er und 1990er Jahren wurden im Ehe- recht mitunter auch ökonomische Vorteile bei unterschiedlichem Einkom- men festgesetzt und dieses barg so einen neuen Anreiz. Bis zu diesem Zeitpunkt waren gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften wenig an- erkannt, wenn nicht sogar in Verruf. Seit 2001 existiert jedoch die ›einge- tragene Lebenspartnerschaft‹, die es homosexuellen Paaren ermöglicht, in einer festen und staatlich anerkannten Lebensgemeinschaft zusam- menzuleben.

Heute ist die Quote der Eheschließungen deutlich gesunken, die Schei- dungsrate dagegen gestiegen. Die sogenannten ›Lebensabschnittspart- ner‹ gehen oftmals erst gar keine feste eheliche Bindung ein, sondern le- ben in einer offenen Gemeinschaft zusammen. Das zeigt auch der deutli- che Rückgang an Eheschließungen in den letzten Jahren. Die Zahl der Scheidungen jedoch nimmt stetig zu, denn immer mehr Menschen lösen die Gemeinschaft der Ehe oftmals schon nach einigen Jahren wieder auf. Auch die Stellung der Ehe, ein Schutzraum für eine Familie zu sein, hat sie besonders im letzten Jahrzehnt mehr und mehr verloren. Uneheliche Schwangerschaften und Geburten sind keine Seltenheit mehr und werden von der Gesellschaft im gleichen Maße akzeptiert.

Aber auch die Vorherrschaft des Mannes in der Ehe gehört der Vergangenheit an. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist weiter fortgeschritten, was sich auch in der Ehe bemerkbar macht. Ökonomisch ist die Frau nicht mehr von Mann abhängig.

Welche Rolle die Ehe heute spielt, ist unter anderem durch Normen ge- regelt, die der Ehe ihre Grundlage geben. Durch die Ehe werden Regeln zur Ehemündigkeit, zur Ehescheidung, aber auch zum Eherecht festge- legt. Das gibt beiden Partner Rechte, aber auch Pflichten, die ihnen ge- setzlich auferlegt werden. Die Partnerwahl ist auch oft heute noch von Konfessions- oder Rangzugehörigkeit geprägt und auch die wirtschaftliche Sicherheit spielt heute noch eine wichtige Rolle für die Schließung einer Ehe. Auch religiöse Normen empfinden einige Menschen immer noch, ge- rade wenn es um sexuelle Fragestellungen geht, als wichtig und sogar unverzichtbar für ihr Eheverständnis.20

[...]


1 Vgl. BERND SIGGELKOW / WOLFGANG BÜSCHER, Deutschlands sexuelle Tragödie. Wenn Kinder nicht mehr lernen, was Liebe ist, München: Goldmann, 2010 (zuerst Asslar: Gerth, 2008).

2 Die vorliegende Arbeit spricht teils von Lehrerinnen und Lehrern, teils von Lehrenden (entsprechend Schülerinnen und Schüler, Lernende etc.) und meint dabei durchgän- gig beide Geschlechter.

3 ROSEMARIE NAVE-HERZ, Ehe- und Familiensoziologie. Eine Einführung in Geschichte, theoretische Ansätze und empirische Befunde, Weinheim: Juventa, 22006 (2004), 24.

4

Vgl. Gottes Gabe und persönliche Verantwortung. Zur ethischen Orientierung für das Zusammenleben in Ehe und Familie. Eine Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland, hg. vom Kirchenamt der EKD, Hannover 1997. - 7 -

5 Vgl. R. NAVE-HERZ, Ehe- und Familiensoziologie, 24.

6 Vgl. aaO, 167.

7 Vgl. ferner aaO, 29ff.

8 RAIMUND HOENEN, Freundschaft / Liebe / Sexualität, in: RAINER LACHMANN / GOTTFRIED ADAM / MARTIN ROTHGANGEL (Hg.), Ethische Schlüsselprobleme. Lebensweltlich - theologisch - didaktisch, Göttingen 2006 (TLL 4), 233-249, 242.

9 Vgl. aaO, 241ff.

10 Vgl. hierzu JÜRGEN EBACH, Liebe und solidarisches Leben - über biblische Paare. Biblische Bemerkungen - Hörbilder - Einbrüche, in: DERS., Biblische Erinnerungen. Theologische Reden zur Zeit, Bochum: SWI-Verlag, 1993, 164-184, bes. 181-183.

11 DEMOSTHENES SAVRAMIS, Religion und Sexualität, München: List, 1972, 47.

12 Vgl. aaO, 47ff.

13 CHRISTIAN GRETHLEIN, Ehe / Familie / Gleichgeschlechtliche Beziehungen, in: RAINER LACHMANN / GOTTFRIED ADAM / MARTIN ROTHGANGEL (Hg.), Ethische Schlüsselproble- me. Lebensweltlich - theologisch - didaktisch, Göttingen 2006 (TLL 4), 250-266, 256.

14 Vgl. hierzu auch ausführlich die Erzählung von Rut und Boas sowie das in Kapitel 3.4 Dargestellte.

15 Vgl. CH. GRETHLEIN, Ehe / Familie / Gleichgeschlechtliche Beziehungen, 250.

16 Vgl. etwa J. EBACH, Liebe und solidarisches Leben - über biblische Paare, 180.

17 Vgl. ALFRED NIEBERGALL, Ehe und Eheschliessung in der Bibel und in der Geschichte der alten Kirche, aus dem Nachlass hg. von ADOLF MARTIN RITTER, Marburg: Elwert, 1985 (MThSt 18), 1ff.

18 Vgl. aaO, 53ff.

19 Vgl. aaO, 58ff. - Vgl. zu diesem Themenkomplex aber auch KLAUS WENGST, Fast eine Fehlanzeige: Sexualität und Erotik im Neuen Testament, in: GERHARD BINDER / BERND EFFE (Hg.), Liebe und Leidenschaft. Historische Aspekte von Erotik und Sexualität, Trier: Wissenschaftlicher Verlag, 1993 (BAC 12), 93-104.

20 Vgl. DANIELA SCHMOHL, Die Geschichte der Ehe - ein Abriss, in: D-A-S-H-Dossier 13: Ehe und Migration, hg. vom Institut für Medienpädagogik in Forschung Praxis Mün- chen in Koop. mit dem Zentrum für Medien und Kommunikation der Univ. Leipzig [on- line].

Fin de l'extrait de 71 pages

Résumé des informations

Titre
Religionsdidaktische Überlegungen zu "Liebe, Partnerschaft und Sexualität" im evangelischen Religionsunterricht
Sous-titre
Unterrichtsentwurf für die Realschule
Université
University of Osnabrück
Cours
Evangelische Theologie
Note
1,15
Auteur
Année
2010
Pages
71
N° de catalogue
V172886
ISBN (ebook)
9783640929429
ISBN (Livre)
9783640929610
Taille d'un fichier
1637 KB
Langue
allemand
Annotations
Bewertung: sehr gut (1,3) Mit ihrer gut lesbaren Ausarbeitung widmet sich die Verfasserin dem Thema „Liebe, Partnerschaft und Sexualität“. Die deutliche Struktur und sehr ausführliche Darstellung der BA-Arbeit legitimieren eine gute Note. Ich schlage eine 1,3 vor.
Mots clés
religionsdidaktische, thematisierung, partnerschaft, sexualität‹, religionsunterricht, beispiel, unterrichtsentwurfes, realschule
Citation du texte
Esther Kaiser (Auteur), 2010, Religionsdidaktische Überlegungen zu "Liebe, Partnerschaft und Sexualität" im evangelischen Religionsunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172886

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