Die Rolle der Fachwortschätze in der Wortschatzentwicklung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

14 Seiten, Note: 1

Anna Kiesbauer (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I.) Einleitung

II.) Zum Begriff ”Fachsprache”. Charakter, Funktion und Bedeutung der Fachsprachen

III.) Charakter und Differenzierung des Fachwortes

IV) Gliederung der Fachsprachen und ihrer Fachwortschätze

V.) Entwicklungstendenzen

VI.) Schluss (Anmerkungen zur Normierung)

VII.) Literaturverzeichnis

I.) Einleitung

Die Bedeutung des Fachwortes ist immens und wird schon daran ersichtlich, wenn man einen Blick auf die Wortschatz-Statistik von 1988 wirft.: So stellte bei den rund 100.000 Wörtern der Allgemeinsprache jedes 9. oder 10. Lexem ein Fachwort dar bzw. umfasste eine fachsprachliche Teilbedeutung[1] -D.h.: ”Element” beispielsweise weist neben der Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch (z.B. eine Person als "ein unfreundliches Element” zu bezeichnen) eine fachsprachliche Bedeutung im Rahmen der Chemie oder Architektur (”Bauelement”) auf. Die Zahl der Spezialgebiete wächst zusehends und somit auch die Menge neuer Fachwörter.

Unsere Lebenswelt ist gekennzeichnet von einem raschen Erkenntnisgewinn auf technologischer, sozialer und wirtschaftlicher Ebene. Um sich über diese Errungenschaften austauschen zu können, wird die Sprache benötigt, insbesondere die fachsprachliche Kommunikation. Aufgrund ihrer hohen Bedeutung, möchte ich im folgenden die Fachsprache(n) und Fachwortschätze näher untersuchen.

II.) Zum Begriff ”Fachsprache”. Charakter, Funktion und Bedeutung der Fachsprachen.

”Fachsprache”, in dem Sinne, in welchem ich sie im weiteren gebrauchen werde, bezeichnet die sprachliche Verständigung in einem Fachgebiet, die einen spezifischen Wortschatz, Redestil und zum Teil auch syntaktische Besonderheiten umfasst, und sich dadurch von der Allgemeinsprache unterscheidet.[2] Fachsprachen stellen aber keine jeweils selbständige Sprache dar, sondern relativ abgeschlossene Teilbereiche innerhalb einer natürlichen Sprache. Dieses lässt sich v.a. dadurch belegen, dass fachsprachliche Bezeichnungen in allgemeinsprachlich formulierte Aussagen eingeordnet werden, d.h. ein Fachwort und ein Allgemeinwort stehen nebeneinander und ergeben erst im Kontext, sich ergänzend, den Sinnzusammenhang eines Fachtextes. Fachwörter können also nicht allein/selbständig bedeutungstragende Sätze bilden. Schließlich ist es in Fachsprachen oft notwendig, abstrakte wissenschaftliche oder technische Sachverhalte mit allgemeinsprachlichen Mitteln zu umschreiben.[3]

Die Funktion der Fachsprachen liegt in der weitgehend eindeutigen und schnellen Verständigung zwischen den Experten eines Fachgebiets, aber auch zwischen Experten und Nichtexperten. Die wahrscheinlich wichtigste Eigenschaft der Fachsprachen ist die, das Wesentliche sachgemäß, richtig, präzise und knapp auszudrücken.

III.) Charakter und Differenzierung des Fachwortes.

Der wichtigste, denn umfangreichste, Bereich der Fachsprachen ist die Lexik. Das Fachwort unterscheidet sich durch markante Merkmale von den meist polysemen Wörtern der Allgemeinsprache. Da Fachwörter in der sprachlichen Realität Eigenschaften mit unterschiedlicher Ausprägung aufweisen, also keine homogene Masse darstellen, finden sich unterschiedliche Klassifikationen von Fachausdrücken in der Sprachwissenschaft. Die Mehrheit der Linguisten[4] gegenwärtig differenzieren und charakterisieren den Begriff ”Fachwort” wie folgt[5].: Auf erster Ebene gliedert sich das Fachwort in ”Termini”, ”Halbtermini” und ”Fachjargonismen”. Auf zweiter Ebene lassen sich die Halbtermini differenzieren in ”Technizismen” und ”Professionalismen”.

Termini sind definiert[6], d.h. die semantischen Merkmale wurden konkret festgesetzt. Zum anderen sind sie normiert, ihr Gebrauch wurde durch Übereinkunft der Fachleute festgelegt. Termini sind gekennzeichnet durch Fachbezogenheit, denn sie werden verstanden als ”Begriffe eines Wissenschaftszweiges oder eines Fachgebiets”[7], sie sind außerdem gekennzeichnet durch Eindeutigkeit und in der Regel durch Wertneutralität. Eine Einschränkung der Wertneutralität findet sich in den Geisteswissenschaften, da oft unvermeidliche Konnotationen geknüpft werden. Ein weiteres Phänomen der Termini ist deren Vorkommen in mehreren Fachgebieten, aber mit anderen Definitionen. So zum Beispiel der in der Einleitung erwähnte Terminus ”Element“, der in der Chemie ein Grundstoff ist, in der Physik und Technik jedoch ein Gerät ist, das chemische Energie in elektrische umsetzt (z.B. ”galvanisches Element”). Knobloch fasst den Begriff “Terminus” kurz als “kognitives Kürzel” zusammen, da es in sich einen hochgradig komprimierten und “theoriebezogen explikationsfähigen”[8] Text darstellt.

Technizismen[9] sind Fachwörter aus der Industrie und technischen Produktion. Sie sind nicht definiert, aber ihre Bedeutung ist festgelegt. Beispiele für Technizismen sind ”Filterschaltungen“ oder ”einen Hochofen beschicken”. Als zweites Glied der Halbtermini liegen die Professionalismen[10] vor. Diese sind Fachwörter, die ebenfalls nicht definiert sind, deren Bedeutung aber auch bestimmt ist[11]. Im Unterschied zu den Technizismen sind sie berufsbezogene Wörter, die Werkzeuge, Material, Arbeitsprozesse und Erzeugnisse bezeichnen, zum Beispiel: ”Staubsauger”, ”Trabant”. Dadurch dass die Technizismen und Professionalismen jeweils nicht definiert, aber in ihrer Bedeutung festgelegt sind, bilden beide die Gruppe der Halbtermini. Dagegen stellen Fachjargonismen Varianten im fachlichen Alltagsgespräch dar; d.h. sie sind umgangssprachliche Synonyme für Elemente des Fachbereichs, für die es bereits Termini oder allgemeinsprachliche Bezeichnungen gibt. Meistens handelt es sich um bildliche Benennungen, die in ungezwungenen Gesprächen unter Experten benutzt werden und eine emotionale Beziehung zwischen Sprecher und Denotat ausdrücken (z.B.: ”Hexe” für einen Materialaufzug unter Bauarbeitern, ”Stöckchen” für Gerte (Reitpeitsche) unter den Reitern).

[...]


[1] Ising, Erika: Die Sprache in unserem Leben. Leipzig 1988. S.155.

[2] Ising. S.155.

[3] Ebenda. S.165.

[4] Zum Beispiel: Ising (s.Ebenda) und Schippan, die sich auf das Modell von Schmidt berufen. Schippan, Thea: Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen 1992.

[5] Ising, S.157ff. Schippan, S.228ff.

[6] Fleischer, Wolfgang (Hg.): Kleine Enzyklopädie Deutsche Sprache. Leipzig 1983. S.301ff.

[7] Ising, S.157.

[8] Knobloch, Clemens; Schaeder, Burkhard (Hg.): Nomination- fachsprachlich und gemeinsprachlich. Ein Vorwort. In: Knobloch, Clemens; Schaeder, Burkhard (Hg.):: Nomination- fachsprachlich und gemeinsprachlich. Opladen 1996. S.12.

[9] Ising, S.158.

[10] Fluck allerdings differenziert nicht zwischen Professionalismen und Technizismen. Er fasst beide Gruppierungen unter der Rubrik ”Professionalismen” zusammen. Fluck, Hans-R.: Fachsprachen. Einführung und Bibliographie. Tübingen 1996. S.18 und S.22.

[11] Ising, S.158.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der Fachwortschätze in der Wortschatzentwicklung
Hochschule
Universität Rostock  (Institut f. Germanistik)
Veranstaltung
Hs.: Aktuelle Entwicklungen im Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V17293
ISBN (eBook)
9783638218986
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Fachwortschätze, Wortschatzentwicklung, Aktuelle, Entwicklungen, Wortschatz, Gegenwartssprache
Arbeit zitieren
Anna Kiesbauer (Autor:in), 2002, Die Rolle der Fachwortschätze in der Wortschatzentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17293

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