Die kritische Untersuchung des Denkens Augustins ist auf die Frage fokussiert, inwiefern sich im augustinischen Denken, das die Gottessuche und die Gotteserkenntnis als das Zentrum des Platonismus annimmt, die Ausschließungstendenz von Möglichkeiten sokratisch-problemerschlossenen Vernunftgebrauchs verstärkt als Folge einer verdichtet dogmatisch-positionellen Haltung, die diesbezüglich zur Hermetik neigt. Hierbei werden Bezüge zwischen dem augustinischen Denken nicht nur zu Sokrates-Platon, sondern auch zum plotinischen Denken hergestellt.
Die Rezeption des `Platonismus´ gegen Ende der Spätantike durch Augustin wird in den einschlägigen Aspekten aufgezeigt. Die für eine umfängliche Würdigung besonders bedeutsamen Gesichtspunkte, nämlich die Themenkomplexe Erkenntnis-, Ideen- und Aufstiegstheorie, Trinitätsdenken, mystische Elemente und `negative Theologie´ sowie Skepsis, Gewissheit und individualistisch verstandenes Glück in ihren je spezifischen Zusammenhängen werden entfaltet. Unter Zugrundelegung des Konzeptes sokratischen Problemwissens, das vom Autor bereits in anderem Zusammenhang ausführlich entfaltet wurde, ist die Fragestellung leitend, an welchen Wissensgestalten sich Augustin bei seiner Gewissheitssuche in Verbindung mit seinem Glückssicherungsbestreben orientiert, und welche Möglichkeiten für sokratisch-problematische Vernünftigkeit in seinem Denken im Laufe seiner Denkentwicklung verbleiben.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Augustin und die Chancen sokratisch-problemati�scher Bildung: Das augustinische Schicksal des `restsokratischen Moments´
- Einführung
- Zugänge
- Die Suche nach dem Glück
- Die Sicherung des Glücks gegen die Bedrohung durch Zweifel und Skepsis
- Das Verhältnis von Autorität und Glaube zu Wissen und Vernunft
- Die Kongruenz von Rationalität/Philosophie und Glaube/Theologie
- Eine Vorannahme zu den Möglichkeiten sokratisch-kritischer Vernünftigkeit
- Das Schriftverständnis und die Dienstbarkeit philosophischer Vernunft
- Mögliche Konsequenzen aus der Depotenzierung philosophischer Vernunft
- Sondierungen: `Überwindung´ der Skepsis in De academicis
- Vorbemerkungen
- Anliegen und Bedeutung von De academicis
- Unsokratische Dialogizität
- Der Zusammenhang zwischen beatitudo und Skepsisüberwindung
- Die wahrheitsverbürgende Rolle von Mathematik und Zahl
- Die Depotenzierung des `restsokratischen Moments´ durch den Primat der Glückssicherung
- Die Funktionalisierung des dogmatischen `Platonismus´
- Das depotenzierte `restsokratische Moment´ als Platzhalter für den Gott des Christentums
- Die Gefahr des Dogmatismus
- Die Rolle der mathematischen Gewissheit als Muster der Wissensge�wissheit und als Glücksgarant
- Der Zusammenhang von Glückskonzeption und Weltabkehr
- Untersuchung und sokratische Bewertung der `Skepsis�überwindung´ nach Augustin
- Rückblick und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Studie untersucht, inwiefern die ausschließende Tendenz von Möglichkeiten des sokratisch-problemerschlossenen Vernunftgebrauchs im Denken Augustins verstärkt wird. Dies geschieht durch die Konzentration auf die Gottessuche und die Gotteserkenntnis als zentrale Aspekte des Platonismus. Besonders fokussiert wird die Frage, inwiefern Augustins dogmatisch-positionelle Haltung Chancen für skeptisch-problemerschlossene Bildung und problematische Vernünftigkeit einschränkt.
- Augustins individualistisches Glückssicherungsstreben
- Die Rolle der Skepsis in Augustins Denken
- Das Verhältnis von Vernunft, Autorität und Glaube
- Das Verhältnis von Philosophie und Theologie bei Augustin
- Die Möglichkeiten und Grenzen sokratisch-problemerschlossener Bildung im Denken Augustins
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Das erste Kapitel beleuchtet die Chancen sokratisch-problemerschlossener Bildung im Denken Augustins. Es untersucht den Einfluss des augustinischen Eudämonismus, also seines Strebens nach Glückserreichung und Glückssicherung, auf die Ausgestaltung seiner philosophisch-theologischen Positionen. Besonders betrachtet wird die Frage, inwiefern Augustins Denkweise die Möglichkeit eines skeptisch-problemerschlossenen Vernunftgebrauchs einschränkt.
Kapitel 1.3 untersucht die "Überwindung" der Skepsis in Augustins Werk "De Academicis". Es werden Augustins Anstrengungen zur Skepsisüberwindung und die Folgen dieser Auseinandersetzung für die Möglichkeiten sokratisch-apositioneller Skepsis und sokratisch-problemerschließenden Vernunftgebrauches beleuchtet.
Das zweite Kapitel analysiert, inwiefern Augustins Überwindung der akademischen Skepsis tatsächlich eine Überwindung der Skepsis überhaupt ist. Die Frage steht im Mittelpunkt, ob Augustins Denkweise den sokratisch-problemerschlossenen Vernunftgebrauch als eine Form des Wissens imstande ist zu integrieren.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie Augustins philosophische Konzeption von Glück, die Rolle von Skepsis und Zweifel in seinem Denken, das Verhältnis von Vernunft und Glaube, die Bedeutung von Autorität und die Möglichkeiten sokratisch-problemerschlossener Bildung. Weitere wichtige Begriffe sind: Platonismus, Neuplatonismus, Gotteserkenntnis, wissendes Nichtwissen, negative Theologie, intellektuelle Schau, Aufstieg und Rückkehr, dogmatisch-positionelles Wissen, und sokratisch-problemqualifiziertes Wissen.
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- PD Dr. phil. habil. Roland Mugerauer (Author), 2011, Augustin, ein Verhängnis? - Eine kritische Offenlegung dogmatisch-hermetischer Tendenzen seines Denkens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172979