Dezentrales Energiemanagement. Potentiale des Smart Meterings


Diploma Thesis, 2011

92 Pages, Grade: 1,15


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation und Rahmenbedingungen
1.2 Ziele und Abgrenzung
1.3 Vorgehen

2 Elektrische Energieversorgung in Deutschland
2.1 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
2.1.1 Erzeugung
2.1.2 Distribution
2.1.3 Regelenergie
2.1.4 Handel und Vertrieb
2.1.4.1 Strombörsen
2.1.4.2 Strommärkte für Endverbraucher
2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
2.2.1 Erneuerbare-Energien-Gesetz
2.2.2 Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
2.2.3 Energieeffizienzrichtlinien

3 Energiesystemanforderungen
3.1 Motivation und Anreize der Marktrollen
3.1.1 Energielieferant
3.1.2 Endverbraucher
3.1.3 Dezentrale Erzeuger
3.1.4 Netzbetreiber
3.1.5 Messstellenbetreiber / Messdienstleister
3.2 Energiepolitische Motivationen
3.3 Anforderungen
3.3.1 Versorgungssicherheit
3.3.2 Umweltverträglichkeit
3.3.3 Wirtschaftlichkeit

4 Dezentrales Energiemanagement
4.1 Grundlagen
4.2 Erzeugungsmanagement
4.3 Lastmanagement
4.4 Voraussetzungen
4.4.1 Smart Grid
4.4.2 Smart Metering
4.4.3 Intelligente Geräte

5 Potentialanalyse
5.1 Lastmanagement
5.2 Erzeugungsmanagement
5.3 Ausgleichsbedarf
5.3.1 Szenario 2010
5.3.2 Szenario 2020
5.4 Bewertung

6 Zusammenfassung und Ausblick

7 Anhang
Anhang 1: EEG-Mittelfristprognose: Entwicklung 2000 bis 2015
Anhang 2: Virtuelle Kraftwerke
Anhang 3: Projekte und Auswirkungen variabler Tarife
Anhang 4: Übersicht Smart Meter Tarife

8 Literaturverzeichnis

9 Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kapazität und Erzeugung

Abbildung 2: Stromerzeugung aus EE

Abbildung 3: Spannungsbandmanagement

Abbildung 4: Aufbau des elektrischen Energieversorgungsnetzes

Abbildung 5: Einflussgrößen auf die Netzbetriebsführung

Abbildung 6: Zeitverlauf der Regelungsarten

Abbildung 7: Unterschied Regelenergie - Ausgleichsenergie

Abbildung 8: Ausgleichsenergiepreise

Abbildung 9: Abweichungen Nachfrage und Windeinspeisung

Abbildung 10:Strombeschaffung

Abbildung 11: Entwicklung des Handelsvolumens am Spot- und Terminmarkt

Abbildung 12 Strompreise am Spotmarkt der EEX..

Abbildung 13: Zeitbereiche der Stromhandelsmärkte

Abbildung 14: Anteile am Stromverbrauch

Abbildung 15: Entwicklung der Liquidität am EEX- bzw. EPEX..

Abbildung 16: Belastungen durch die EEG-Umlage

Abbildung 17: Motivation und Anreize

Abbildung 18: Ziele und Zukunftssäulen des intelligenten EVS..

Abbildung 19: Durchschnittliche Unterbrechungsdauer

Abbildung 20: Komponenten des dezentralen Energiemanagements

Abbildung 21: Regelkreis des Energiemanagements

Abbildung 22: Möglichkeiten der Lastanpassung

Abbildung 23: Einbindung von Lastmanagement in die Systemplanung

Abbildung 24: Zeitvariable Tarifoptionen

Abbildung 25: Wirkungsmatrix eines Smart Grids

Abbildung 26: Smart Home im Endausbau

Abbildung 27: Übersicht der Anwendungsbereiche im Haushaltssektor

Abbildung 28: Lastkurve Elektrospeicherheizung

Abbildung 29: Ausgleichsenergiebedarf und Preise

Abbildung 30: EEG-Strommengen und Vergütungszahlungen

Abbildung 31: EEG-Quote und Durchschnittsvergütung

Abbildung 32: Übersicht aktueller Pilotprojekt mit zeitvariablen Tarifen

Abbildung 33: Smart Meter Tarife des Grundversorgers

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Installierte Leistung nach Spannungsebene und EE-Art

Tabelle 2: Anforderungen für die Bereitstellung von Regelenergie

Tabelle 3: EEG-Vergütungen 2009

Tabelle 4: Voraussetzungen eines zukünftigen Energiesystems

Tabelle 5: Einflussmöglichkeiten des DR..

Tabelle 6: Aufgaben/Funktionen Smart Metering

Tabelle 7: Lastmanagementpotentiale in Haushalten

Tabelle 8: EEG-Einspeisung aus Windkraftanlagen und Regelenergiebedarf

Tabelle 9: Projekte zu Virtuellen Kraftwerken in Deutschland

Tabelle 10: Spitzenlastreduktion durch variable Tarife

1 Einleitung

Die Energiewirtschaft steht vor einem grundlegenden Veränderungsprozess, der vom Umfang als Paradigmenwechsel bezeichnet werden muss.[1] Der weltweit ansteigende Energieverbrauch bei gleichzeitigem Rückgang der Verfügbarkeit fossiler Energieträger hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einem stetigen Anstieg der Energiepreise geführt.[2] Für Länder mit einer hohen Energieimportquote steigt das Versorgungsrisiko durch eine wachsende Abhängigkeit. Darüber hinaus fordert die fortschreitende Klimaerwärmung eine Reduktion der CO2-Emissionen, an denen die zur Stromerzeugung eingesetzten konventionellen Kraftwerke einen bedeutenden Anteil haben. Die EU hat sich das anspruchsvolle Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 40% im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken.[3]

Um die Abhängigkeiten von Energieimporten zu reduzieren und dem Trend entgegenzuwirken werden seit einigen Jahrzehnten in hohem Maße Erneuerbare Energien (EE) sowohl national als auch international gefördert. Hierzu wurde in Deutschland durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die Liberalisierung der Energiewirtschaft der Grundstein gelegt. Das ursprünglich für das Jahr 2010 ausgegebene Ziel des Anteils der EE von 4,2% wurde mit knapp 16% um ein Vielfaches übertroffen. Neben dem Wandel der Energieträger nimmt auch der dezentrale Charakter der Erzeugerstruktur zu. Der Installationsort wird nun von der optimalen Ausnutzung des Wind- oder Sonnendargebots entschieden. Aus diesem Grund werden Windkraftanlagen überwiegend in Norddeutschland installiert, wohingegen die meisten Lastschwerpunkte im Süden liegen. Der Transport großer elektrischer Leistungen über lange Strecken wird dadurch zunehmen. Windkraft- und Photovoltaikanlagen sind darüber hinaus durch eine stochastische Einspeisungscharakteristik und eine fehlende Steuerbarkeit gekennzeichnet.

Das historisch gewachsene Energiesystem in Deutschland und Europa mit zentralen Steuerungs- und Kontrollkonzepten der Stromversorgungsinfrastruktur stößt bei der Integration der fluktuierenden dezentralen Erzeugungsanlagen hinsichtlich eines stabilen Netzbetriebs und benötigter Übertragungskapazitäten zunehmend an seine Grenzen. Da elektrische Energie derzeit nicht effizient und ökonomisch sinnvoll in großen Mengen gespeichert werden kann, jedoch das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu jedem Zeitpunkt hergestellt werden muss, werden die Kosten durch den verstärkten Einsatz teurer Regelleistung zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage zunehmend steigen. Einerseits steigen hierdurch die Energiekosten für die Verbraucher, auf der anderen Seite entsteht auch ein Konflikt mit dem CO2-Reduktionsziel, da die Regelleistung derzeit ausschließlich durch konventionelle Kraftwerke bereitgestellt wird und diese durch vermehrten Teillastbetrieb einen geringeren Wirkungsgrad entfalten. Die vermehrte Einspeisung dezentraler Erzeuger im bisher nur wenig überwachten Verteilungsnetz, macht zunehmend den Einsatz dezentraler Datenerfassungs- und Steuerungstechnik sowie Koordinationsmechanismen erforderlich, um auf die durch eine Umkehr des Energielastflusses entstehenden Probleme reagieren zu können. Das Smart Metering und dezentrale Energiemanagement setzen genau bei dieser Problemstellung an.

1.1 Motivation und Rahmenbedingungen

Um die ökologischen Ziele unter vertretbaren wirtschaftlichen Aufwand zu erreichen, gilt es für einen energieeffizienten Ausgleich zwischen starkschwankenden Lastanforderungen und teilweise ebenfalls fluktuierenden Erzeugungskapazitäten zu sorgen. Gleichzeitig soll die Energieeffizienz weiter gesteigert werden. Zur Zielerreichung ist zwingend der Wechsel vom passiven Stromnetzzum Smart Grid notwendig. Dieses soll durch die durchgängige kommunikative Vernetzung der Verbraucher, Erzeuger und Speicher eine aktive Steuerung des Energiesystems ermöglichen. Um ein aktives Energiemanagement in einem Smart Grid betreiben zu können, muss die Qualität und Häufigkeit der Messdatenerfassung steigen. Zudem steigen die Anforderungen an die Überwachung der Verteilnetze auf Grund der vermehrten dezentralen Einspeisung. Dem Smart Metering kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Neben einer für ein Energiemanagement erforderlichen Kommunikationsinfrastruktur führen die verbesserten Messmethoden zu einer Erhöhung der Prognosegüte und damit zu einer Optimierung in der Energiebeschaffung. Darüber hinaus können Spannungsschwankungen oder Versorgungsausfälle schneller identifiziert und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.

Neben notwendigen technischen Veränderungen müssen auch wirtschaftliche Anreize gesetzt werden, um eine intelligente Steuerung von Erzeugung und Verbrauch zu ermöglichen. Im derzeitigen Energiesystem gibt es weder für die Betreiber von EE-Anlagen durch eine feste Einspeisungsvergütung noch für die Haushalte als Stromverbraucher einen Anreiz zur zeitlichen Verlagerung und damit zur Vermeidung ineffizienter Regelenergie. Dieser Anreiz könnte aber durch die Einführung der nach § 40 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ab dem Jahr 2011 einzuführenden variablen Tarife gesetzt werden, indem diese den Verbraucher durch eine Veränderung des Strompreises zur gezielten, zeitlich optimierten Nutzungelektrischer Geräte motivieren. Durch die Verlagerung der Lastbei großer Energienachfrage oder geringemStromangebot in Zeiten mit hohem Energieangebot würde sich der Verbraucher an der Regelung des Stromnetzesbeteiligen. Durch die Infrastruktur des Smart Meterings könnten Signale zur Verbrauchs- und Erzeugungssteuerung übermittelt werden.

1.2 Ziele und Abgrenzung

Derzeit werden Abweichungen von Energie- und Nachfrageprognosen im Versorgungssystem durch den Einsatz vonRegelleistungen konventioneller Kraftwerke ausgeglichen. Der geplante Ausbau der EE wird zu weiteremAusgleichsbedarf führen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die derzeitige Problemlösung in vielerlei Hinsicht optimierungsbedürftig. Gleichzeitig stellen ehrgeizige Energieeffizienzziele hohe Anforderungen an das zukünftige Energiesystem.

Alternativ zum bisherigen Ausgleichsmechanismus könnten Abweichungen auch durch eine Steuerung der Nachfrage oder Erzeugung ausgeglichen werden. Beide Potentiale sind im Vergleich zu Energiespeichern bislang fast vollständig ungenutzt. Neben der Ausregelung konventioneller Kraftwerke werden heute hauptsächlich Energiespeicher in der Bereitstellung von Regelenergie berücksichtigt. Die Kapazitäten sind aber begrenzt. Neue Technologien zur Speicherung von Strom sind bislang noch nicht wirtschaftlich, da diese zu hohen Verluste aufweisen oder die Herstellung zu teuer ist. Aus diesem Grund werden diese innerhalb der Arbeit nicht weiter berücksichtigt.

Ziel dieser Arbeit ist die Analyse des Potentials eines dezentralen Energiemanagements in Bezug auf eine aus volkswirtschaftlicher Sicht optimierungsbedürftigen Ausregelung von Angebot und Nachfrage und der Erreichung zukünftiger Anforderungen an das Energiesystem. Dabei soll insbesondere die Rolle des Smart Meteringsbei der Zielerreichung untersucht werden.

1.3 Vorgehen

Zur Erreichung der vorgenannten Ziele ist es erforderlich die derzeitige Struktur der Energieerzeugung und des Verbrauchs sowie den Einfluss der EE zu untersuchen. Dabei wird auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der heutigen Energieversorgung Bezug genommen.Neben der Identifikation fehlender Anreizstrukturen werden im nachfolgenden Kapitel die konkreten Anforderungen aus der der fluktuierenden Einspeisung an das zukünftige Energiesystem untersucht und entsprechender Handlungsbedarf abgeleitet. Im vierten Kapitel wird auf die Eigenschaften und Ziele des dezentralen Energiemanagements eingegangen.Dabei wird auch der Beitrag variabler Tarifmodelle zu einer effizienten Laststeuerung dargestellt.Im fünften Kapitel sollen die identifizierten Potentiale detaillierteruntersucht werden. Hierzu erfolgt eine Prüfung derEnergieanwendungen und Erzeuger auf eine Eignung zur Last- bzw. Erzeugungsverlagerung. Anhand eines konkreten Einsatzszenarios wird der Ausgleichsenergiebedarfermittelt und das Potential des Energiemanagements untersucht.

2 Elektrische Energieversorgung in Deutschland

Elektrizität stellt in der industriellen Produktion und den privaten Haushalten eine wichtige Bedeutung dar.[4] Mit über 22 % ist Strom nach Gasen und Kraftstoffen die drittgrößte Endenergieverbrauchsform.[5] Maßnahmen wie die Umstellung auf Elektroantrieb und der Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen werden diesen Anteil weiter steigern. Im Unterschied zu anderen Endenergieformen ist die Elektrizität durch Nicht-Speicherbarkeit gekennzeichnet. Da bislang keine Technologien für eine effiziente und auch wirtschaftliche Speicherung von Elektrizität verfügbar sind und von den Möglichkeiten einer Laststeuerung bislang nur wenig Gebrauch gemacht wird, erfolgt die Anpassung durch die Variation des Angebots von Elektrizität. Die Erzeugung folgt demnach dem Verbrauch. Da Elektrizität als weiteres Merkmal eine Leitungsgebundenheit aufweist, ist zur Energieversorgung ein umfangreiches Leitungsnetz erforderlich, das die Verbindung zwischen allen Erzeugungsanlagen und Verbrauchern herstellt.[6]

Das oberste Ziel in der Energieversorgung ist die Erhaltung der Versorgungssicherheit unter Beachtung von Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Dabei gilt es zu jedem Zeitpunkt Erzeugung und Verbrauch im Gleichgewicht zu halten.[7] Der größer werdende Anteil fluktuierenden Energieangebots aus EE stellt die Energiewirtschaft bei der Erreichung des Ausbauziels EE zunehmend vor große Herausforderungen. In diesem Kapitel soll auf die derzeitigen wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen eingegangen werden, um Anforderungen an ein zukünftiges Energiesystem formulieren zu können.

2.1 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die Elektrizitätswirtschaft kann in verschiedene Wertschöpfungsstufen bzw. Märkte unterteilt werden, die hinsichtlich der Wettbewerbssituation unterschiedliche Strukturen aufweisen. Waren früher die einzelnen Stufen Erzeugung, Handel, Vertrieb sowie Übertragung und Verteilung meist in einem Unternehmen vereinigt, sind die Unternehmen der Energiebranche nach dem Unbundling[8] nun verpflichtet die Netzaktivitäten, welche am effizientesten als natürliches Monopol ausgeführt werden können, von den übrigen Wertschöpfungsbereichen zu trennen, um einen diskriminierungsfreien Netzzugang durchzusetzen.[9] Hintergrund der Legislativgesetze zum europäischen Binnenmarkt erlassenen Vorschriften ist die Tatsache, dass in vielen Ländern die Eigentümer und Betreiber der Stromnetze auch zugleich eine marktbeherrschende Stellung in der Erzeugung besitzen. In Deutschland wird derzeit mehr als 80% der elektrischen Energie durch die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) erzeugt und eingespeist. Dadurch entsteht die Gefahr, dass die Netzeigentümer sich selbst bei der Einspeisung ins Stromnetz bevorzugen und die Informationsvorteile entlang der Wertschöpfungskette zu ihrem Vorteil ausnutzen.[10] Darüber hinaus besteht auch weniger Anreiz ins Stromnetz zu investieren, da ein Ausbau zu besseren Bedingungen im Netzzugang für inländische Konkurrenten führt und ausländische Unternehmen dadurch erst eine Zugriffsmöglichkeit auf den deutschen Markt bekommen würden.[11] Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten erfolgte im Zuge der Umsetzung des zweiten EU-Binnenmarktpakets in Form der Novellierung des EnWG im Jahr 2005 auch die Liberalisierung des Messstellenbetriebes.

2.1.1 Erzeugung

Zur Deckung des Gesamtbedarfs an elektrischer Energie in Deutschland werden unterschiedliche Energieträger eingesetzt. Mehr als zwei Drittel entfällt auf konventionelle mit Kohle oder Kernenergie betriebene Kraftwerke. Ergänzend stehen mit Erdgas und Erdöl betriebene Kraftwerke zur Verfügung.[12]

Allgemein können Kraftwerke in die Kategorien Grund-, Mittel- und Spitzenlastkraftwerke unterschieden werden. Nach der sogenannten Merit Order werden Kraftwerke mit niedrigen Grenzkosten zuerst eingesetzt.[13] Diese Einteilung ermöglicht eine effiziente Befriedigung des stark über den Tag schwankenden Energiebedarfs. Zur Deckung des über den Tag und Nacht gleichbleibenden Strombedarfs werden grundlastfähige Braunkohle-und Kernkraftwerke eingesetzt. Merkmale von Grundlastkraftwerken[14] sind eine hohe Ausnutzungsdauer und Verfügbarkeit. Der erhöhte Bedarf tagsüber wird durch Steinkohle oder Erdgas betriebene Kraftwerke befriedigt. Die reduzierte Einsatzdauer von Mittellastanlagen[15] bedingt geringere Investitionskosten als bei Grundlastkraftwerken. Der Wärmeverbrauch liegt jedoch höher. Erdgaskraftwerke gewinnen durch einen im Vergleich geringeren CO2-Ausstoß zunehmend an Bedeutung. Spitzenkraftwerke[16] sollen die Bedarfsspitzen zur Mittags- und Abendzeit decken. Die Erzeugung erfolgt vor allem durch Pumpspeicher- und Gasturbinenkraftwerke, deren Anfahrzeiten nur wenige Minuten betragen.Letztere dienen auch der Bereitstellung von Schnellreserven. Insgesamt betrachtet nehmen Investitionskosten und die Einsatzdauer von Grund- zu Spitzenlastkraftwerken ab, während die Laständerungsgeschwindigkeit und der spezifische Einsatz von Energie zur Stromerzeugung steigen.[17]

Innerhalb der EE ist die Stetigkeit und Prognostizierbarkeit des erzeugten Stromvolumens unterschiedlich. Während die Erzeugung aus Laufwasser- und Biomassekraftwerke gut prognostiziert werden kann, ist die Bereitstellung von elektrischer Energie aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen hingegen auf Grund der Wetterabhängigkeit nur sehr begrenzt planbar. Darüber hinaus arbeiten diese Anlagen nur an wenigen Tagen im Jahr mit maximaler Leistung. Kommt es zu Abweichungen des Dargebots bei Wind und Sonne in den Prognosen müssen konventionelle Kraftwerke eine entsprechende Regelleistung an Elektrizität bereitstellen, um das Netz stabil zu halten. In der nachfolgenden Abbildung 1sieht man den Unterschied zwischen installierter Leistung und tatsächlicher Erzeugung für das Jahr 2009.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Kapazität und Erzeugung[18]

Insgesamt kommen die EE mit rund 94 Mrd. KWh bereits auf einen Anteil von knapp 16%, wovon mit 38,6 Mrd. KWh der größte Anteil auf die Windkraft entfällt. Die Abbildung 2 zeigt einen Zuwachs der EE um mehr als 200% im Vergleich zum Jahr 1999, der insbesondere aus dem Ausbau der Windkraft und Biomasse resultiert.[19]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Stromerzeugung aus EE[20]

Maßgeblich getrieben durch die Anreize und Regelungen nach dem EEG steigt dieser Anteil jedes Jahr an, mit dem Ziel bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 35 % am Bruttostromverbrauch zu erreichen.[21] Im Jahr 2020 wird alleine bei der Windkraft - je nach zugrundeliegenden Annahmen – mit einer Erzeugungsleistung in Höhe von 96 TWh bis 149 TWh gerechnet.[22] Die Bundesregierung rechnet mit 100 TWh, wovon mit 68 Mrd. TWh der größere Anteil auf Anlagen an Land (Onshore) entfällt.

Neben dem EEG führt auch das Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung zu einer zunehmenden Dezentralisierung der Erzeugung von Elektrizität. KWK-Anlagen zeichnen sich durch einen hohen Gesamtwirkungsgrad aus, da im Gegensatz zu den herkömmlichen thermischen Kraftwerken mittels eines thermodynamischen Prozesses in einer technischen Anlage auch die thermische Nutzenergie bspw. zum Heizen von Wohnungen verwendet wird. Durch die Verknüpfung können mehr als 35% des eingesetzten Brennstoffs eingespart werden.[23] Um die hohen Investitionen in Heizwassernetze und damit die Transportkosten von Wärme gering zu halten, kommen meist kleinere dezentrale Anlagen in Verbrauchernähe bzw. Lastschwerpunkten zum Einsatz. Die Einspeisung der elektrischen Energie erfolgt über vorhandene Mittel- und Niederspannungsnetze.[24] KWK-Anlagen tragen somit durch den verbrauchsnahen Einsatz und höheren Wirkungsgrad wesentlich zur Erreichung der Energieeffizienzziele bei. Gleichzeitig bieten diese insbesondere in den Wintermonaten ein Potential zur Vergleichmäßigung der fluktuierenden Einspeisung aus EE.

2.1.2 Distribution

Das deutsche Stromnetz ist als engmaschiges Verbundnetz aufgebaut und in das von der Union for the Coordination of the Transmission of Electricity (UCTE) koordinierte europäische Netz integriert. Dieses dient der Verbindung nationaler Stromnetze zwischen fast allen kontinentalen europäischen Ländern. Die Koordination des Netzbetriebs und Planung des Ausbaus der Transportnetze liegt im Aufgabenbereich der UCTE, dem auch die deutschen ÜNB angehören.[25] Neben dem zweiten großen Verbundnetz Nordic Transmission System Operators (Nordel), das aus den Stromnetzen der skandinavischen Ländern besteht, existieren noch weitere Netze von Inselstaaten wie beispielsweise Großbritannien.[26] Zwischen den Verbund- und Inselnetzen bestehen ebenfalls Verbindungen, um im Bedarfsfall einen Energieausgleich vornehmen zu können. Durch den Zusammenschluss zu großen Verbundnetzen können Ausfälle von Kraftwerken oder kurzfristige Erhöhungen des Verbrauchs in den unterschiedlichen Netzbereichen effizienter ausgeglichen werden, wodurch die Versorgungssicherheit insgesamt verbessert wird.[27]

Beim Transport wird durch den Spannungsabfall ein Teil der eingespeisten Elektrizität in Wärme umgewandelt und geht damit verloren. Da die Verluste mit steigender Spannung bei gleichbleibendem Widerstand abnehmen, erfolgt der Transport über große Entfernungen mit hohen Spannungen. Die Spannungserhöhung hat zudem eine positive wirtschaftliche Wirkung, da kleinere Leistungsquerschnitte verwendet werden können. Damit der Verbraucher den Strom nutzen kann, ist in den Verbrauchsschwerpunkten wieder eine Transformation auf niedrigere Spannungen notwendig. Das Verbundnetz lässt sich neben einer allgemeinen bzw. energierechtlichen Unterscheidung nach Übertragungs- und Verteilungsnetz in vier Netzebenen bzw. Teilnetze gleicher Nennspannung aufteilen, bei denen Transformatoren als Bindeglied fungieren.[28]

Der von Großkraftwerken mit einer Spannung zwischen 6kV bis 30 kV erzeugte Strom wird zur Minimierung von Übertragungsverlusten zunächst über Transformatoren auf die Spannung der Höchstspannungsnetze von 380 kV oder 220 kV hochtransformiert und vor jedem Übergang in eine tiefere Netzebene auf die jeweilige Spannung wieder abgesenkt. Auf der Ebene der Höchstspannung erfolgt der Transport über weite Strecken zu Umspannanlagen in der Nähe von Verbrauchsschwerpunkten.[29] Beim Bau neuer Höchstspannungsnetze hat sich die Spannung von 380 kV durchgesetzt.[30] Verbraucher auf dieser Netzebene sind sehr große Industriebetriebe und regionale Energieversorgungsunternehmen (EVU). Über diese Netzebene erfolgt auch die physikalische Lieferung von Elektrizität im grenzüberschreitenden Stromhandel.[31] Die Höchstspannungsnetze sind durch eine vermaschte Struktur und einen täglich wechselnden Energiefluss gekennzeichnet. Da an das Netz nur wenige Verbraucher angeschlossen sind, wird diese Netzebene der Funktion nach als Transportnetz bezeichnet.[32]

Gespeist durch die elektrische Energie aus den Höchstspannungsnetzen aber auch von mittleren Kraftwerken wird über das mit 110 kV betriebene Hochspannungsnetz die weitere Übertragung zu den Verbrauchszentren vorgenommen. Direkte Abnehmer der Energie im Hochspannungsnetz sind Industriebetriebe und lokale EVU.[33] Die Netze auf dieser Spannungsebene können ebenfalls vermascht mit unterschiedlichen Energieflussrichtungen als Transportnetz aufgebaut sein, aber auch sternförmig mit monotonem Energiefluss eine Verteilungsfunktion ausführen.[34] Je nach dem ob die Funktion hauptsächlich dem Transport oder der Versorgung von Stromverbrauchern gilt, wird der Netzabschnitt energierechtlich entweder zusammen mit den Höchstspannungsnetzen dem Übertragungsnetz zugeordnet oder zu den Verteilungsnetzen gezählt.[35]

Mittelspannungsnetze dienen der primären Verteilung der elektrischen Energie zu den Niederspannungsnetzen innerhalb einer Stadt bzw. eines Landkreises. Neben der Einspeisung aus den Hochspannungsnetzen sowie Mittel- und Spitzenlastkraftwerke, erfolgt teilweise auch eine Stromzufuhr aus den Höchstspannungsnetzen. Als Endverbraucher sind Industrie- und größere Gewerbebetriebe am Mittelspannungsnetz angeschlossen. Das meist ringförmig angeordnete Mittelspannungsnetz wird in städtischen Gebieten mit einer Spannung von 10 kV betrieben, wohingegen auf Grund größerer Entfernungen in ländlichen Regionen meist Spannungen von 20 oder 30 kV zu finden sind.[36] Bezogen aus den insgesamt 557.700 örtlichen Ortsnetz- oder Schwerpunktstationen der Industrie erfolgt über die ebenfalls meist in ringförmiger Struktur aufgebauten Niederspannungsnetze mit einer Spannung von 400 V oder 230 V eine sekundäre Verteilung der Energie an die angeschlossenen Haushalte und Gewerbebetriebe.[37] Da das 400 kV-Netz auf Verbraucher mit einer Leistung von 300 kW begrenzt ist, kommen in sogenannten Industrienetzen auch Spannungen von bis zu 1.000 kV vor. Mit einer Länge von über 1,5 Mio. km Länge entfällt mehr als zwei Drittel des gesamten Stromnetzes auf die Ebene der Niederspannung.[38]

Das bisherige konventionelle Energieversorgungssystem ist gekennzeichnet durch eine Einspeisung in oberen Spannungsebenen und einem unidirektionalen und vertikalen Leistungsfluss zu den niedrigeren Spannungsebenen an denen die Verbraucher angeschlossen sind. Die Netzkapazität der Verteilnetze ist auf ein Worst-Case-Szenario ausgelegt, das den gleichzeitigen Maximalverbrauch aller angeschlossenen Verbraucher unter Berücksichtigung des Gleichzeitigkeitsfaktors[39] beinhaltet. Diese Auslegung der Netze machte eine Ausdehnung der Netzüberwachung auf die Verteilnetze der Mittel- und Niederspannung bislang nicht erforderlich. Der starke Zubau dezentraler Erzeuger, die zu großen Teilen in niedrigen Spannungsebenen ihre Energie einspeisen, erzeugt jedoch zunehmend eine entgegengesetzte Flussrichtung, die im Extremfall auch zu einer Leistungsumkehr und Überlastung führen kann. Durch die fehlende Überwachung würden diese unentdeckt bleiben. Die Folge könnten Schäden an Erzeugungs- und Lastenanlagen sein. Installierte Smart Meter könnten hier die Überwachungsfunktion in dem Netz der Niederspannung übernehmen und so zur Stabilität des Netzes beitragen.[40]

Die nachfolgenden Tabellen zeigen die Verteilung der installierten EEG-Anlagen auf die Spannungsebenen und Aufteilung nach EE-Art. Hier wird deutlich, dass der überwiegende Teil der EE am Verteilnetz angeschlossen ist und die Einspeisung hauptsächlich durch die fluktuierenden Windkraft- und Photovoltaikanlagen erfolgt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Installierte Leistung nach Spannungsebene und EE-Art

Eine Methode zum Eingriff bei Spannungsbandverletzungen bzw. zur Erhöhung der Netzkapazität stellt das Spannungsbandmanagement dar. Mit Hilfe eines aktiven Verteilnetzes (Smart Grid) und Einsatz von Steuerungs- und Regelungsalgorithmen kann der Spannungsverlauf positiv beeinflusst werden (vgl. Abb. 3).[41]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Spannungsbandmanagement[42]

Die nachfolgende Abbildung 4zeigt den Aufbau des Energieversorgungsnetzes und die Anbindung von Erzeuger und Verbraucher elektrischer Energie. Die Abbildung stellt auch nochmal die vorrangige Einspeisung derEnergie aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen im Verteilnetz sowie die fehlende Überwachung des Netzes dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4:Aufbau des elektrischen Energieversorgungsnetzes[43]

In Deutschland sind die Höchst- und Hochspannungsnetze in Regelzonen unter-gliedert und auf vier ÜNB (Amprion, EnBW Transportnetze, Tennet TSO und 50Hertz Transmission) verteilt, deren Netze durch nationale Kuppelleitungen unter-einander verbunden sind.

Zu den Aufgaben der ÜNB zählen der Ausbau und die Instandhaltung der Netze, die Erfassung der Einspeisungen und Entnahmen an elektrischer Energie sowie die Aufrechterhaltung der gesetzlichen Regelungen für Frequenz und Spannung.[44]

Die Frequenz beträgt netzebenenübergreifend 50 Hertz. Diese wird durch eine in allen Kraftwerken synchrone Drehgeschwindigkeit der Generatoren vorgegeben. Wird mehr Energie verbraucht als ins Netz eingespeist wurde, sinkt die Geschwindigkeit der Generatoren und damit auch der Frequenz. Diese Absenkung der Frequenz wird in den Leitzentralen der Netzbetreiber registriert, die zur Wiederherstellung der Frequenz auf das Niveau von 50 Hertz eine kurzfristige Einspeisung von elektrischer Energie veranlassen.[45]

Damit der Lieferant seinen Verpflichtungen aus den geschlossenen Stromlieferungsverträgen nachkommen kann, ist der Abschluss von Verträgen zur Regelung des Anspruchs auf Netznutzung in Form von Lieferantenrahmenverträgen mit den Netzbetreibern erforderlich, über deren Netze die Energielieferung abgewickelt werden soll. Die Obergrenze bildet in jedem Fall die vorhandene Kapazität des jeweiligen Stromnetzes.[46]

Eine weitere Voraussetzung für den Netzzugang des Lieferanten ist der Ausgleich von Einspeisung und Entnahme über einen Bilanzkreis, der in einem vertraglich begründeten Bilanzkreissystem einbezogen ist.[47]

In jeder Regelzone werden demnach die unterschiedlichen Einspeisungs- und Entnahmestellen in Bilanzkreisen zusammengefasst. Die Durchmischung von Einspeisungen und Entnahmen elektrischer Energie soll zu einer Minimierung von Abweichungen führen. Bilanzkreise sind zudem für die Abwicklung von Handelstransaktionen notwendig und ermöglichen erst einen Wettbewerb am Strommarkt.[48]

Unter den Teilnehmern wird ein Bilanzkreisverantwortlicher (BKV) festgelegt, der gegenüber dem als Bilanzkreiskoordinator fungierenden ÜNBdie wirtschaftliche Verantwortung für eine ausgeglichene Bilanz zwischen Einspeisungen und Entnahmen eines Bilanzkreises in jeder Viertelstunde eines Tages trägt.[49] Der BKV muss bis 14:30 eines Tages für jede ¼ Stunde des Folgetages einen Fahrplan an den Bilanzkreiskoordinator übermitteln.[50] Dieser Fahrplan enthält die Höhe der an einer Einspeise- oder Entnahmestelle zugeführten bzw. abgenommenen bzw. zwischen denBilanzkreisen ausgetauschtenelektrischen Energie.[51]

Bei Abweichungen vom übermittelten Fahrplan müssen die BKV Ausgleichsenergie beziehen.Ergänzend dazu schreibt die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) für Verteilnetzbetreiber (VNB) ab 100.000 mittel- oder unmittelbar angeschlossenen Kunden die Bildung eines:

- Bilanzkreises für Verlustenergie (§10 (2) NZV),
- Bilanzkreises für Energien nach dem EEG (§11 NZV) und
- Differenzbilanzkreis (§12 (3) NZV)

vor. Die Verteilungsnetze auf der Ebene der Mittel- und Niederspannung werden überwiegend von örtlichen EVU bzw. Stadtwerken betrieben, teilweise gehören sie aber auch zu den vier großen ÜNB.

Zu den Aufgaben des ÜNB innerhalb seiner Regelzone zählt neben dem beschriebenen Fahrplanmanagement auch die Überwachung der Spannungsqualität und Frequenzregelung. Auf die Regelung der Frequenz soll im nachfolgenden Kapitel tiefer eingegangen werden.[52]

2.1.3 Regelenergie

Um eine hohe Qualität in der Energieversorgung zu gewährleisten muss zu jeder Zeit ein Gleichgewicht zwischen der nachgefragten und angebotenen Energie herrschen. Hierzu bedarf es eines ausgereiften Regelsystems. Die Bestimmungsgröße für die Dimension vorzuhaltender bzw. bereitgestellter Regelenergie richtet sich durch den mittlerweile hohen Anteil der EEnicht mehr primär nach demAusfall eines großen Kraftwerks, sondern den stochastischenEinspeisungen der Windenergie.Neben erzeugungsverursachten Frequenzabweichungen können auch auf der Seite des Stromverbrauchs Abweichungen zum ursprünglichen Fahrplan entstehen. Diese können aus dem Ausfall oder der Zuschaltung größerer Lasten oder der Abweichung der tatsächlichen Last von den Bedarfsprognosen resultieren. Aufgabe des Netzbetreibers ist die Ausregelung von Angebot und Nachfrage durch dafür zur Verfügung stehende Regelkraftwerke.[53] Da der Einsatz zentraler Regelenergie mit hohen Kosten verbunden ist, soll koordiniert durch ein intelligentes Energiemanagement ein Ausgleich über eine Steuerung der Erzeugung und Lasten sowie über den Einsatz von Speichern geschaffen werden. Dies ist bei der Netzführung des Energiesystems in Zukunft einzubeziehen (vgl. Abb. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Einflussgrößen auf die Netzbetriebsführung[54]

Ob ein kompletter Verzicht auf konventionelle Kraftwerke bei der Ausregelung des Energiesystems möglich ist, scheint zunächst fraglich. In den nachfolgenden Kapiteln sollen hierzu Analysen erfolgen die den Nutzen und die Potentiale des Energiemanagements identifizieren sollen. Um die Anforderungen an die zukünftige Regelenergiebereitstellung über ein intelligentes Energiemanagementsystem zu analysieren und einen Vergleich mit der Regelenergiebereitstellung über konventionelle Kraftwerke herstellen zu können, wird zunächst auf das bisherige Verfahren eingegangen.

Aufgabe der Regelenergiebereitstellung ist es, das Netz zu jeder Sekunde im Gleichgewicht zu halten, um eine hohe Zuverlässigkeit und Qualität in der Versorgung zu gewährleisten. Hierzu nutzen alle ÜNB innerhalb des UCTE-Netzes einen einheitlichen Regelungsmechanismus. Die sogenannte Frequenz-Leistungs-Regelung schreibt die Frequenzhaltung in einer definierten Bandbreite (50 Hz ± 5 mHz) vor. Der Regelungsvorgang bei Auftreten von Frequenzschwankungen ist in die drei Stufen Primär-, Sekundärregelung und Minutenreserve unterteilt. Der ÜNB muss jederzeit eine ausreichende Menge an vorgenannter Regelleistung vorhalten, die durch spezielle Regelenergiekraftwerke bereit gestellt werden.[55]

Die einzelnen Stufen unterscheiden sich hinsichtlich technischer Anforderungen, Leistung, Verfügbarkeit und der Region der Regelenergiebereitstellung. Die Abbildung 6 zeigt den Verlauf der Regelenergiebereitstellung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Zeitverlauf der Regelungsarten[56]

Die Primärregelung wird in Form einer rotierenden Reserve durch Kraftwerke im gesamten UCTE-Bereich zur Verfügung gestellt, indem diese im normalen Betrieb 3-5% ihrer Leistung freihalten.[57] Um die Anforderungen an die Primärregelung zu erfüllen, müssen die Kraftwerke bei Auftreten des Ungleichgewichts innerhalb von 30 Sekunden mindestens 2% ihrer Nennleistung bzw. 2 MW durchgängig für die Zeit von mindestens 15 Minuten zur Verfügung stellen können.[58] Das Gesamtvolumen an vorzuhaltender Primärregelenergie innerhalb des UCTE-Netzes beträgt 3.000 MW, die sich entsprechend der Höhe der jeweiligen Nettostromeinspeisung auf die UCTE-Mitglieder aufteilt. In Deutschland beträgt die vorzuhaltende Primärregelreserve derzeit 723 MW.[59] Durch den Einsatz der Primärregelreserve kann auf Grund der begrenzten Feinsteuerung eingesetzter Kraftwerke nur eine Grobsteuerung erreicht werden. Daher wird diese Reserveart aus Effizienzgründen möglichst erst bei Frequenzabweichungen von 10-20 mHz eingesetzt. Kleinere Abweichungen werden vorrangig durch die Sekundärregelung ausgeglichen.[60]

Um die Primärregelreserve nach dem Eingriff schnell wieder in voller Höhe verfügbar zu machen, wird diese nach 30 Sekunden durch die Sekundärregelreserve abgelöst. Diese wird von Kraftwerken der betroffenen Regelzone bereit gestellt und soll den Sollwert von Frequenz und Übergabeleistungen wiederherstellen. Die manuell zu aktivierende Minutenreserve dient der Ablösung der Sekundärreserve nach spätestens 15 Minuten. Zusammen müssen Sekundär- und Minutenreserve mindestens die Leistung der größten Erzeugungseinheit innerhalb der Regelzone abdecken. Ist die Frequenzabweichung nach einer Stunde noch nicht behoben, veranlasst der Bilanzkreisverantwortliche den Einsatz der Stundenreserve.[61] In der nachfolgenden Tabelle sind die unterschiedlichen Anforderungen dargestellt.

[...]


[1] Wiechmann, H.(2010), S. 15.

[2] Vgl. Lehnhoff, S. (2010), S. 1.

[3] Vgl. Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Bmu) (2010), S. 5.

[4] Vgl. Kamper, A. (2010), S. 7.

[5] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 7.

[6] Vgl. Erdmann, G., Zweifel, P. (2008), S. 295.

[7] Vgl.Grötschel, M., Lucas, K., Mehrmann, V.,(2009), S. 343.

[8] Bezeichnet die Trennung des Netzbetriebs von den anderen Aktivitäten.

[9] Vgl. Erdmann, G., Zweifel, P. (2008), S. 298.

[10] Vgl. Europäisches Parlament und Rat (2009), S. 56.

[11] Vgl. Haucap, J., (2007), S. 302.

[12] Vgl. Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) (2010c), S. 12.

[13] Vgl. Knieps, G. (2007), S. 75.

[14] Leistung, die mehr als 6.000 h/a mit 25 Starts verfügbar ist.

[15] Leistung, die zwischen 2.000 h/a und 6.000 h/a mit etwa einem Start pro Tag verfügbar ist.

[16] Leistung, die im Mittel über 2.000 h/a verfügbar ist.

[17] Vgl. Oeding, D., Oswald, B. R. (2004), S. 51-54.

[18] Quelle: entnommen aus: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) (2010c), S. 12-13.

[19] Vgl. Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) (2010c), S. 14.

[20] Quelle: entnommen aus: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) (2010c), S. 14.

[21] Vgl. Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Bmu) (2010), S. 5.

[22] Vgl. LichtBlick und bne Bundesverband Neuer Energieanbieter (2009), S. 15.

[23] Vgl. Schaumann, G., Schmitz, K. W. (2010), S. 5.

[24] Vgl. Schaumann, G., Schmitz, K. W. (2010), S. 7-8.

[25] Vgl. Lehnhoff, S. (2010), S. 17 bis 18.

[26] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 402.

[27] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 393.

[28] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 393-394.

[29] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 393-394.

[30] Vgl. Heuck, K., Dettmann, K.-D., Schulz, D. (2010), S. 86.

[31] Vgl. Lehnhoff, S. (2010), S. 18.

[32] Vgl. Schwab, A. J. (2009), S. 19-20.

[33] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 395.

[34] Vgl. Schwab, A. J. (2009), S. 20.

[35] Vgl. RICHTLINIE 2009/72/EG (2009)

[36] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 395.

[37] Vgl. Schwab, A. J. (2009), S. 20.

[38] Vgl. Heuck, K., Dettmann, K.-D., Schulz, D. (2010), S. 84.

[39] Der Gleichzeitigkeitsfaktor berücksichtigt die Tatsache, dass Anschlüsse eines elektrischen Netzes nie gleichzeitig mit ihrer Maximalleistung verwendet werden. Der Gleichzeitigkeits­faktor stützt sich dabei auf empirische Werte und gilt lediglich als Richtwert [50]. Es gilt: Pmax = g · Pinst, hierbei ist Pmax die erwartete maximale Leistung, Pinst die installierte Anschlussleistung und g der Gleichzeitigkeitsfaktor. Vgl. ITG Informationstechnische Gesellschaft im VDE (2010), S. 27.

[40] Vgl. ITG Informationstechnische Gesellschaft im VDE (2010), S. 27-28.

[41] Vgl. Lugmaier, A., Brunner, H. (2008), S. 12.

[42] Quelle: entnommen aus: Lugmaier, A., Brunner, H. (2008), S. 13.

[43] Quelle: in Anlehnung an: Lehnhoff, S. (2010), S. 19.

[44] Vgl. Lehnhoff, S. (2010), S. 20.

[45] Vgl. Lehnhoff, S. (2010), S. 23-24.

[46] Vgl. StromNZV (2008), S. 3.

[47] Vgl. EnWG (2010), S. 19.

[48] Vgl. EnWG (2010), S. 6.

[49] Vgl. StromNZV (2008), S. 3.

[50] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 55.

[51] Vgl. StromNZV (2008), S. 2.

[52] Vgl. Energietechnische Gesellschaft im VDE (ETG) (2008), S. 12.

[53] Vgl. Energietechnische Gesellschaft im VDE (ETG) (2007), S. 21.

[54] Quelle: entnommen aus: Energietechnische Gesellschaft im VDE (ETG) (2007), S. 21.

[55] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 409-410.

[56] Quelle: entnommen aus: Energietechnische Gesellschaft im VDE (ETG) (2007), S. 21.

[57] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 410-411.

[58] Vgl. Kamper, A. (2010), S. 14.

[59] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 411.

[60] Vgl. Kamper, A. (2010), S. 14.

[61] Vgl. Konstantin, P. (2009), S. 411.

Excerpt out of 92 pages

Details

Title
Dezentrales Energiemanagement. Potentiale des Smart Meterings
College
University of Applied Sciences Berlin
Grade
1,15
Author
Year
2011
Pages
92
Catalog Number
V173100
ISBN (eBook)
9783640932351
ISBN (Book)
9783640932641
File size
6428 KB
Language
German
Keywords
Meter, Smart Grids, Energieversorgung, Energie, Erneuerbare Energien, Lastmanagement, Erzeugungsmanagement, Energiemanagement, dezentral, Demand Side Management, Demand Response, EEG, KWK, Erzeugung, Distribution, Regelenergie, Strombörse, Handel, Vertrieb, Energieeffizienz, Motivation, Anreize, Marktrollen, Messstellenbetreiber, Netzbetreiber, Verteilnetz, Windenergie, Photovoltaik, fluktuativ, Energiesystemanforderungen, Energielieferant, Dezentrale Erzeuger, Energiepolitik, Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit, Energiepolitisches Dreieck, Einspeisung, Dezentrales Energiemanagement, Intelligente Geräte, Ausgleichsbedarf, 2020, 2030, Virtuelle Kraftwerke, variable Tarife, RTP, Real time Pricing, TOU, Time of Use, Smart Meter, Kunde, Kriterien, Bilanzkreisverantwortlicher, Smart Metering, Smart Home
Quote paper
Dipl. Wirtschaftsinformatiker (FH) und Dipl. Kaufmann (FH) Christian Schäfer (Author), 2011, Dezentrales Energiemanagement. Potentiale des Smart Meterings, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173100

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